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Einmal Hamster und zurück
Treffpunkt: Kritik Würde man heute eine Umfrage starten, wer sich denn am meisten die nächste Fußball-Weltmeisterschaft in unseren Landen wünscht, würden mit Sicherheit erstaunliche Ergebnisse zutage gefördert. Die namenlosen Fußball-Fans wären dabei vermutlich nicht einmal unter den ersten drei. Nirgendwo vertreten wäre sicherlich der Einzelhandel, für den das Geschäft mit den längeren Öffnungszeiten nichts weiter als ein Wirtschaften in die Verlusttasche dargestellt hat. Relativ weit oben wäre sicherlich die Alkohol produzierende Industrie, und während man in Fachkreisen immer noch darauf wartet, ob sich im horizontalen Gewerbe (wo ja speziell für die WM in einigen Städten Deutschlands Verrichtungshütten aufgestellt werden sollten) tatsächlich eine Potenz-, beziehungsweise Umsatzsteigerung spürbar gemacht hat, hat die Gastronomie nicht zuletzt durch die vor der WM nochmals angezogenen Preise einen saftigen Bonus herausholen können.
An der einsamen Spitze aber stehen die Politiker, denn es lässt sich freilich niemals so gut regieren, wie wenn die lästigen Fußvölkchen allerorts beschäftigt sind und von den weit- und Leid tragenden Entscheidungen nichts mitbekommen. Die Mehrwertsteuererhöhung war dabei ja schon vorher abgesegnet gewesen, so dass dem fröhlichen Hamsterkauf nun Tür und Tor geöffnet sind. Schnäppchen kann man dabei zwar nun keine mehr machen, denn die Industrie wäre schön blöd, würde man die Preise erst zum 1.1.07 anheben, aber die allgemeine Bevorratung, für die die Deutschen neben den Lederhosen und d'r Maß weltweit bekannt sind, ist schon aus ganz anderen Gründen notwendig: Es kann sein, dass es das, was heute in den Regalen steht, morgen schon gar nicht mehr gibt.
Dies gestaltet sich im Alltag in etwa so, dass man als ahnungsloser Käufer bei einem richtigen Sonderangebot zuschlägt und beispielsweise eine Uhr für teures Geld (aber immerhin schon um 20-50% reduziert) erwirbt, und sich im ersten Moment wie ein Schneeglöckchen in der Hand eines Sonnenkuchenmanns freut. Doch versagt besagter Zeitmessgegenstand nach einer respektablen Laufzeit von sechs Monaten den Dienst und tritt man daraufhin den Gang zum Händler des Vertrauens an, muss man mitunter enttäuscht feststellen, dass diese Uhr, dieses Modell gar nicht mehr erhältlich ist. Die Produktzyklen sind nicht mehr so lange, dass es sich lohnt, mehr als ein, zwei Stück pro Filiale anzuschaffen, Reparaturen sind ohnehin nicht mehr in, zumal der Kaufgegenstand ja auch nicht hierzulande, sondern in Südostasien gefertigt wurde, und auch wenn anstandslos den Kaufpreis zurück erstattet bekommt, bleibt doch einerseits ein übler Nachgeschmack, worin man denn sein Geld noch investieren soll, und andererseits, dass man in Zukunft andere Menschen freundlich um eine Zeitangabe bitten muss.
Dies ist zweifelsfrei kein Einzelfall, wer sich gelegentlich aufmacht, Kleidungsstücke oder ein neues Paar Schuhe zu erwerben, wird erstaunt feststellen müssen, dass auch hier die Produktzyklen weitaus kürzer sind, als die Tragedauer. So kann es sein, dass man sich nach wenigen Wochen in exakt dasselbe Geschäft bemüht und auf die Bitte gegenüber dem Verkäufer, einfach "genau dasselbe" noch mal zu wünschen, entweder einen unverständigen Blick kassiert, oder aber einem höhnisches Gelächter entgegen schallt. Es ist ja schon schwer genug, beim Erstkauf gleich zwei Exemplare mitnehmen zu wollen, weil meistens nur eines vorrätig ist, ein zweites bestellt werden müsste und auch dann keine Liefergarantie gegeben werden könnte … wieso es also überhaupt versuchen?
Dadurch wird die Gesellschaft zwar individualisiert, aber eben denjenigen wird der Einkauf erschwert, die mit genauen Vorstellungen und Wünschen in die Läden gehen, nur um feststellen zu müssen, dass ein solcher Wunsch meist kein zweites Mal erfüllt werden kann.

Ähnlich sieht es momentan bei denjenigen aus, die wie verrückt auf Sonys PSP-Zug aufgesprungen sind, und gleich nach Veröffentlichung mehrere der bekannten UMD-Discs ihr Eigen nannten.
Während sich der Großteil der denkenden Bevölkerung doch zurecht die Frage stellte, weswegen jemand für einen Film im Mini-Format, meist nicht im korrekten Bildformat und nicht den Vorzügen einer DVD gleich viel Geld wie für eine Silberscheibe ausgeben würde, erfreuten sich die UMD-Filme zu Beginn großer Beliebtheit und immer öfter konnte man Menschen in Öffentlichen Verkehrsmitteln und Plätzen bestaunen, die auf ihrer Portablen PlayStation kein detailliertes Videospiel auf dem Mikroschirm spielten, sondern stattdessen ganze Hollywood-Filmopern verschlangen.
Doch dieser Trend hat sich umgekehrt, die UMDs blieben in den Regalen liegen, und inzwischen gibt es das beschnittene Kinoerlebnis meist zum Spottpreis, wobei viele große Ketten – darunter wohl auch Wal-Mart – sich inzwischen dazu durchgerungen haben, die Filme gänzlich aus dem Programm zu nehmen.
Sony ist indes in entsprechende Panik verfallen und darum bemüht, das zwergenhafte Heimkinoerlebnis zum Mega-Preis doch noch an den Mann, beziehungsweise die Frau zu bringen. So sollen in Zukunft vier Filme auf einem der neuen USB-Microsticks gespeichert werden, wobei jeweils ein Film mittels Codeeingabe freigeschalten werden kann – kostenpflichtig versteht sich. Ob dies Zukunft hat, wird sich weisen, da die Problematik bei den UMD-Filmen wohl weniger in der Tatsache begraben liegt, dass die Käufer kleine Discs in ihr PSP einführen müssen, als dass das Heimkinoerlebnis kaum mit dem mithalten kann, was einerseits eine Heimvideoanlage zu bieten hat, oder andererseits im Kino zu sehen ist. Der horrend hohe Preis der UMD-Discs (oder aber der kommenden Sticks) ist als Kaufentscheidungshilfe nicht unbedingt zu Sonys Gunsten zu sehen.

So heißt es nun also, wer nur eines kauft, hat schon verloren, heute zuschlagen bringt mehr, als morgen bei eBay ersteigern – ob das aber von der Industrie so gewünscht ist, darf bezweifelt werden. Tatsache ist, dass man auf diese Weise eher bei angebotenen Artikeln zuschlägt, auch wenn diese durch die kommende Mehrwertsteuererhöhung schon gen oben in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Und das ist zweifelsohne ganz sicher im Interesse der Anbieter.
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