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Eine Perspektive für 3D | von Jens am 09.05.2013, um 15:00 Uhr. |
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![Die wahre Bedeutung von 3D für die Studios.](/media//specials/blogs/Blog_2013_05_09_01.png)
Im Gegenzug kostet eine aktuelle Blu-ray bei Veröffentlichung drei bis sechs Monate nach Kinostart durchschnittlich 13,- Euro, die 3D-Variante ca. 25,- Euro. Den Film kann man Zuhause dann so oft ansehen, wie man möchte und auch mit so vielen Gästen wie gewünscht. Über den Verleih gibt es die Discs schon ab 2,50 Euro, beziehungsweise als Video on Demand für ca. 5,- Euro. Die Größenordnung der Kostenersparnis wird umso offensichtlicher, wenn man den Fall nur bei einem Film pro Monat auf das Jahr hochrechnet.
Aber, so argumentieren Studios, Kinobetreiber und viele Filmfans, das Heimkino ist mit dem richtigen Kino nicht zu vergleichen, mit der riesigen Leinwand, dem ohrenbetäubenden Ton und dem Gefühl, mit mehreren Hundert Menschen gleichzeitig das filmische Ereignis zu teilen.
Lange Zeit habe ich dieselben Gründe für die Überlegenheit des Kinos vorgebracht. Aber stimmt das noch?
Popcorn auf den Sitzen, am Boden, an der Decke, ein Filmprojektor, der trotz digitaler Quelle schlicht zu dunkel und kontrastarm eingestellt ist, und eine Tonanlage, die auf Bass und Lautstärke getrimmt, nicht aber für den jeweiligen Film abgestimmt wird. In Folge ist der Ton laut, aber detailarm – und die Räumlichkeit geht bei der Beschallung so auch verloren. Eine vernünftig ausbalancierte Vorstellung zu erwischen, ist eine Herausforderung und die Ankündigung der Kinobetreiber, noch mehr Vorführer zu entlassen[3], stellt keine Besserung in Aussicht. Bleibt als Hauptargument für das Kino das 3D, das auf der großen Leinwand angeblich besser zur Geltung kommt, als im heimischen Wohnzimmer.
Doch auch hier ist ein Urteil bei weitem nicht so einfach, wie es den Anschein haben mag. Während manche 3D-Produktionen im Kino durchaus beeindrucken, sind viele andere eher mau, deren räumliche Tiefe kaum zu sehen. Dieselben Filme entwickeln im 3D-Heimkino oft einen bedeutend plastischeren Effekt und offenbaren eine bessere Tiefenwirkung, als im Kino. Woran liegt das?
![Keine Technik kann alles.](/media//specials/blogs/Blog_2013_05_09_02.png)
Schlussendlich bleibt die Frage, ob 3D für die Erfahrung des Films wirklich notwendig ist. 3D-euphorischen Filmfans wird hier mit Argumenten nicht beizukommen sein. Der eigentliche Knackpunkt ist doch, ob die Technik eine gute Geschichte verbessern kann, oder eine mittelmäßige?
Immer wieder beweisen Produktionen, dass eine emotionale oder beeindruckende Story keine Dialoge benötigt, manchmal auch keine Farbe, oder beides. Wieso also 3D? In Avatar verstärkte die dritte Dimension, dass sowohl die fremde Welt, die Wesen, ja das ganze Erlebnis dieser Welt etwas völlig Neues war. Es ist ein Erfolgsmodell, das sich seither nicht wiederholen ließ. Selbst Der Hobbit – Eine unerwartete Reise [2012] in 3D provozierte beim Großteil des Publikums nicht dieses Gefühl. Im Gegenteil, viele empfanden es als befremdlich (auch dank des HFR)[5]. Filmemacher Christopher Nolan (Die Batman-Trilogie mit Christian Bale als maskierten Helden) meinte sogar einmal, dass alle seine Filme perspektivisch gedreht sind, immerhin berücksichtige er Unschärfen, Entfernungen und den Raum in seinen Bildern[6]. Wie alle anderen Regisseure auch.
Bei guten Filmen ist das 3D ein willkommener Zusatz, ob es tatsächlich einen Mehrwert bietet, muss jeder für sich entscheiden. So sieht beispielsweise auch die nachträgliche Konvertierung von Titanic [1997] im Heimkino beeindruckend aus und bietet insbesondere in den Innenaufnahmen eine spürbare Räumlichkeit. Doch drei Stunden lang eine (unbequeme) Brille auf der Nase zu haben, ist ein Kompromiss, den ich nicht bereit bin einzugehen, insbesondere, da der Film in 2D ein brillantes Farbspektrum bietet und ich die komponierten Szenen ebenso genießen kann. Und dabei genauso ein Gefühl für die Beklemmung und die Weitläufigkeit der Areale bekomme.
![Nach wie vor keine bequeme Brille.](/media//specials/blogs/Blog_2013_05_09_03.png)
Wer sich wirklich für 3D interessiert und sich im Einzelhandel informiert, sollte bedenken, dass die Vorführgeräte meist keinen realistischen Eindruck vermitteln. Zum einen entwickelt das Format seine Stärken in einem abgedunkelten, am besten stockfinsteren Raum (Umgebungslicht ist ein Feind der Technik) und zum anderen sind die Geräte in den seltensten Fällen vernünftig kalibriert. Vielmehr werden oft alle Einstellungen auf Maximum gedreht, in der Hoffnung, dass die Kaufwilligen dann eher zuschlagen.
Ob es wirklich wichtig ist, einen Film in 3D zu sehen, man also mehr in die Geschichte gezogen wird oder man gar einen anderen Film zu sehen bekommt, ist in etwa so, als wenn ein Buch in unterschiedlichen Schriftfarben gedruckt ist. Das hat bei Michael Endes Die unendliche Geschichte [1979] für eine andere Wahrnehmung der unterschiedlichen Erzählebenen geführt, doch die fantastische Geschichte wurde damit nicht noch besser, sie kam nur anders zum Ausdruck.
Ich persönlich empfinde das durch die 3D-Brille dunklere Bild und die Einschränkung, nicht in jeder Perspektive, also auch nicht mit geneigtem Kopf, durch die Brille sehen zu können, als ein Hindernis. Das macht den Film mitunter anstrengender als er sein muss. Insofern bleibt für mich 3D ein Nischenformat, das ohne Frage seine Fans hat und findet. Und eines, das durchaus seine Berechtigung besitzt. Aber weder wird ein Film damit neu erfunden, noch eine Story besser erzählt. Und für ein "nettes" Extra sind mir der damit verbundene Preis und die Kosten schlicht zu hoch.
(ohne Fußnote) Forbes: CES 2013: 3D TV Is Dead, Long Live 4K
[2] International Business Times: Hollywood's Incredible Shrinking Audiences
[3] Heise: Kino-Digitalisierung: Auch Cinestar entlässt Vorführer
[4] The Digital Bits: The Hobbit Unexpected, Hobbit, The: An Unexpected Journey 3D
[5] Gizmodo: The Hobbit: An Unexpected Masterclass in Why 48 FPS Fails
[6] ScreenRant: Christopher Nolan Talks IMAX, 3D & CGI in Movies
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