The Last Showgirl [2024]
Wertung:
|
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 11. Dezember 2024
Genre: Drama
Originaltitel: The Last Showgirl
Laufzeit: 88 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Gia Coppola
Musik: Andrew Wyatt
Besetzung: Pamela Anderson, Jamie Lee Curtis, Dave Bautista, Brenda Song, Kiernan Shipka, Billie Lourd, Jason Schwartzman
Kurzinhalt:
Seit mehr als dreißig Jahren steht Shelly (Pamela Anderson) auf der Bühne für die einst legendäre Las Vegas-Revue „Le Razzle Dazzle“. Ihre Kolleginnen Marianne (Brenda Song) und Jodie (Kiernan Shipka), für die Shelly beinahe so etwas wie eine mütterliche Figur darstellt, ist es nur ein Job, eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Für Shelly ist es ihr Leben, für das sie sogar ihre Tochter Hannah (Billie Lourd) vernachlässigte, weswegen sie kaum Kontakt mit ihr hat. Doch dann offenbart Produzent Eddie (Dave Bautista), mit dem Shelly eine gemeinsame Vergangenheit hat, dass die Show eingestellt wird. Während die anderen Tänzerinnen nach neuen Engagements Ausschau halten, weiß Shelly nicht, wie es weitergehen soll. Wohin dies führen könnte, sieht sie an ihrer etwas älteren Freundin Annette (Jamie Lee Curtis), die früher ebenfalls auf der Bühne stand, und inzwischen als Kellnerin im Casino arbeitet. Am Boden zerstört, blickt Shelly in eine ungewisse Zukunft …
Kritik:
Gia Coppolas The Last Showgirl ist ambitionierter, als das Drama letztendlich einzulösen vermag. Die Geschichte um eine Revuetänzerin, die nach Jahrzehnten im Showbusiness vor dem Scherbenhaufen ihrer Existenz steht, wird von Pamela Anderson in einer Darbietung getragen, wie man das ehemalige Pin-up-Girl, das nicht nur Schauspielerin, sondern auch eines der bekanntesten Gesichter der 1990er-Jahre wurde, noch nie gesehen hat. Es ist schade, dass der Film erst ganz zum Ende ihr Potential offenbart.
Anderson spielt das Titel gebende Showgirl Shelly, das seit Jahrzehnten in Las Vegas in der Bühnenshow „Le Razzle Dazzle“ auftritt. Doch nach 38 Jahren wird die Show eingestellt. Nicht nur, dass Shelly keine gute Beziehung zu ihrer studierenden Tochter Hannah hat, die sie seit einem Jahr nicht gesehen hat, auch ihre Karriere steht nun urplötzlich vor dem Aus. Als eine der ältesten Tänzerinnen der Show ist sie eine Legende, die inzwischen jedoch in die hinteren Reihen der Revue verbannt wurde. Macht sie sich schließlich auf, sich woanders zu bewerben, sieht sie sich nicht nur mit deutlich jüngeren Konkurrentinnen konfrontiert, sondern erfährt eine Ablehnung, die ihre ganze Welt ins Wanken bringt.
Die Geschichte klingt von Haus aus nicht allzu komplex und tatsächlich fühlen sie die nicht einmal eineinhalb Stunden Laufzeit länger an, als sie sollten. Das liegt unter anderem daran, dass The Last Showgirl zwar früh vorstellt, worum sich die Geschichte dreht, aber Shellys Tiefpunkt ihres Weges zurück in eine hoffnungsvolle Zukunft nicht an den Anfang oder die Mitte des Films legt, sondern ganz ans Ende. Bis dahin stellt Regisseurin Coppola Nebenfiguren wie die jungen Tänzerinnen Marianne und Jodie vor, die sich nach der Ankündigung des Endes der Show auf die Suche nach neuen Beschäftigungen machen und Shellys Begeisterung für „Le Razzle Dazzle“ nicht teilen. Shelly schwärmt davon, in glitzernden Kleidern, teilweise auch unbekleidet, auf der Bühne zu stehen und sieht dies als eine Kunstform, deren Wurzeln aus Frankreich stammen. Sie hängt dem Glamour der vergangenen Tage nach, als die Tänzerinnen gefeiert wurden und die Shows gut besucht waren. Für ihre jungen Kolleginnen hingegen ist es eine Form Geld zu verdienen, bei der sie über die öffentliche Bloßstellung hinwegsehen. Sie sehen in Shelly eine mütterliche Figur, die wiederum in der ehemaligen Tänzerin Annette sieht, wohin ihr Leben führen kann. Vor sechs Jahren aus der Show ausgeschieden, verdient Annette inzwischen als Cocktail-Kellnerin im Casino ihren Lebensunterhalt, den sie überwiegend für Alkohol wieder ausgibt.
Abgesehen davon, dass sie immer wieder als Stichwortgeber auftreten dürfen, haben Marianne und Jodie jedoch keine nennenswerte Auswirkung auf die Geschichte und auch bei Annette scheint es, als wäre die Figur interessanter, als The Last Showgirl daran interessiert, ihren Hintergrund zu erzählen. Stattdessen stellt das Drehbuch in Produzent Eddie eine mögliche Liebschaft für Shelly vor, mit der er eine gemeinsame Vergangenheit besitzt, die aber ebenfalls nirgendwo hinführt. Vielmehr konzentriert sich Filmemacherin Gia Coppola darauf, ihre Figuren in verrauschten, oft unscharfen Bildern, die zudem mit Dropouts und Kratzern gespickt sind, anfangs geradezu unangenehm dicht und wackelig zu begleiten. Der Look erinnert an die späten 1990er-Jahre, was jedoch mit der gezeigten Technik nicht zusammenpassen mag. Die gewählten Kameralinsen lassen außer den Figuren ganz im Zentrum stellenweise alles andere unscharf erscheinen, oder tauchen die gesamte Szenerie in ein Aussehen, als hätte man altes Filmmaterial benutzt. Das ist durchaus interessant und kleidet die zahlreichen Gegenlichtaufnahmen in ein Vintage-Aussehen, das zusammen mit dem Soundtrack Nostalgie fördert. Doch wirken die Stilmittel nicht, als wären sie genutzt, Shellys Perspektive auf die Welt zu unterstreichen, sondern als wären sie einfach nur da.
Ähnlich hören sich die Dialoge an, die meist darin enden, dass Shelly ihre Sicht auf die Dinge mantraartig vorträgt, stets in der Vergangenheit verhaftet. Die wenigen Male, in denen sie unverblümt die ehrlichen Aussagen ihrer Gegenüber gesagt bekommt, einmal von ihrer Tochter, die zum ersten Mal ihre Show besucht und ihre Mutter anschließend damit konfrontiert, dass sie deshalb als Kind hinter Shellys Karriere zurückstehen musste, ein anderes Mal bei einem Casting, das nicht zu dem gewünschten Ergebnis führt, verschließt sich Shelly und ergreift die Flucht. Was The Last Showgirl merklich fehlt, ist eine Entwicklung der zentralen Figur, die sich angesichts ihrer ungewissen Zukunft ihrer jetzigen Situation stellt und aus dem Tief herausarbeitet. Stattdessen begleitet das Drama sie auf dem Weg zur letzten Vorstellung, doch hat man am Ende nicht das Gefühl, als würde Shelly wissen, wohin ihre Reise sie führen wird.
Das ist unbefriedigend und vor allem kaum packend, obwohl Pamela Anderson merklich engagiert ist, selbst wenn ihre Figur über weite Strecken eine Naivität erkennen lässt, für die man sie beinahe belächeln möchte. Dass die Darstellerin in der Lage ist, über sich hinauszuwachsen, beweist sie jedoch in einem der letzten Momente, in dem Shelly nach einer verheerenden Zurückweisung zusammenbricht. Statt den mühsamen Aufstieg, der folgen müsste, zu zeigen, findet das Drama einen Abschluss, dessen Lächeln so aufgesetzt scheint, wie es im Showbusiness oftmals ist. Passend ist er nicht.
Fazit:
Mit einem geradezu dokumentarischen Look zeigt Filmemacherin Gia Coppola ihre weiblichen Figuren nicht als Hochglanzmodels, sondern wirft einen buchstäblich ungeschminkten Blick hinter das Showbusiness. Authentisch erscheint der aber nur selten, was nicht nur an Jamie Lee Curtis’ aufgesetzt sonnengebräuntem Teint liegt. Sie gibt sich merklich Mühe, ihrer Figur eine gewisse Tiefe zu verleihen, wie auch Pamela Anderson in einer sehenswerten Darbietung, deren Potential allerdings erst ganz am Ende und damit merklich zu spät offengelegt wird. Shellys Leidenschaft für das, was sie als ihr Lebenswerk betrachtet, ist zu sehen und entsprechend verständlich ist ihre Verzweiflung, da sie nicht weiß, wie es weitergeht. Doch vermag ihre Existenzkrise nicht zu packen, was auch daran liegt, dass die Rolle lange zeit oberflächlicher präsentiert wird, als man glaubt, was nicht nur die abgedroschenen Dialoge in den Konfliktsituationen belegen. Vermutet man zu Beginn noch zu wissen, wohin all das führen soll, beschreibt das Drehbuch nur die erste Hälfte einer Geschichte, bei der die Hauptfigur einen Weg für ihre Zukunft finden soll. So ist The Last Showgirl ein Drama, das spürbar mehr sein will, als es der Besetzung an die Hand gibt. Insbesondere für die ist es schade.