The Alto Knights [2025]
Wertung:
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Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 19. März 2025
Genre: Biografie / Krimi
Originaltitel: The Alto Knights
Laufzeit: 120 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Barry Levinson
Musik: David Fleming
Besetzung: Robert De Niro, Debra Messing, Cosmo Jarvis, Kathrine Narducci, Michael Rispoli, Michael Adler, Ed Amatrudo, Joe Bacino, James Ciccone, Anthony J. Gallo, Wallace Langham, Belmont Cameli, Louis Mustillo, Frank Piccirillo, Matt Servitto, Robert Uricola
Kurzinhalt:
Im Jahr 1957 wird der einflussreiche und gut vernetzte Frank Costello (Robert De Niro) in der Lobby des Hotels, in dem er wohnt, angeschossen. Der Attentäter verfehlt sein Ziel, doch die Botschaft ist unmissverständlich. Costello, der gemeinhin als Glücksspieler und Immobilieninvestor bekannt ist, ist tatsächlich der oberste Mafia-Boss. Seine Ermordung hat niemand anders in Auftrag gegeben, als Vito Genovese (Robert De Niro), einst selbst an dieser hohen Position und lange Franks bester Freund seit Kindertagen. Doch die unterschiedlichen Charaktere haben, ebenso wie ihre verschiedenen Werdegänge dafür gesorgt, dass aus Frank und Vito Feinde wurden. Während Frank seiner Frau Bobbie (Debra Messing) versichert, dass er sich zurückziehen und die Geschäfte an Vito übergeben will, weiß er doch, dass dieser sich damit allein nicht zufrieden geben wird …
Kritik:
Filmemacher Barry Levinson (Rain Man [1988], Good Morning, Vietnam [1987]) erzählt in The Alto Knights im Grunde nicht nur die Biografie eines Gangsters, sondern von zweien. Aus Sicht des in Italien geborenen und mit der Familie in die USA gekommenen Gangsterbosses Frank Costello schildert er nicht nur dessen Werdegang, sondern auch denjenigen von seinem Freund seit Kindertagen, Vito Genovese. Zum Ende hin überraschend amüsant und mit einem Blick auf die politischen Verwicklungen im Hintergrund, eignet sich das am ehesten für ein ruhigeres Publikum.
Ein wenig seltsam mutet dabei die eigentliche Erzählweise an, bei der Frank sich wie in einem Interview direkt an die Kamera und das Publikum richtet und ausgehend von einem Attentatsversuch im Jahr 1957 den Weg dorthin und darüber hinaus erzählt. Gemeinsam aufgewachsen, übertraten Frank und Vito oftmals gemeinsam das Gesetz, doch als Frank soweit war, zu sagen, dass er wenigstens nach außen hin ein respektables Unternehmen gründen wollte, erkannte er seinen Unterschied zu Vito, der nicht in die Gemeinschaft investieren wollte, sondern lediglich davon profitieren. Vito selbst sieht sich auch später noch als Gangster, während Frank mit seinem diplomatischen Geschick über Jahrzehnte ein Netzwerk in New York City und darüber hinaus aufgebaut hat. Polizei und Politik haben von ihm profitiert, wie andersherum, bis er, als Vito auf Grund einer Mordanklage für Jahre das Land verlassen muss, von den Mafia-Familien zum Boss der Bosse gemacht wird. Nach Vitos Rückkehr, fordert dieser seinen Platz zurück, doch die Familien lehnen ab. Zu ertragreich war Franks politisches Geschick, als dass man sich dies durch Vitos Unberechenbarkeit zunichtemachen möchte. Vitos Unmut steigt immer weiter, wobei er sich und die gesamte Organisation mit seinen Drogengeschäften in Gefahr bringt.
Worauf dieser Machtkampf unter anderem zusteuert, nimmt The Alto Knights ganz zu Beginn vorweg, wenn Frank in der Lobby des Hotels in dessen Penthouse er wohnt, angeschossen wird. Auch hier versucht er sich im Nachgang zurückhaltend und diplomatisch. An sich wäre es so, dass wer in der Organisation die Waffe auf den eigenen Boss richtet, Freiwild wird und liquidiert werden muss. Doch für Frank ist es ein Weckruf, endlich, wie er es seiner Frau Bobbie seit langem versprochen hat, aufzuhören und sich zur Ruhe zu setzen. Aber egal, welchen Ausweg er auch sucht, um Vito die Geschäfte wieder zurück zu übertragen, der wittert einen Hinterhalt nach dem anderen. Mehrmals stellt die (mit zwei Stunden Laufzeit stark verkürzte) Biografie heraus, dass Frank und Vito einst beste Freunde waren. Doch bei ihren Aufeinandertreffen mag man das kaum glauben. So beschützend und brüderlich Frank auftritt, so abweisend und hinterhältig agiert Vito, während die Stadt selbst nach dem Attentat fürchtet, unter der Gewalt eines Mafia-Krieges begraben zu werden.
Diese Stimmung erzeugt Filmemacher Levinson jedoch kaum. Zu sehr springt seine Erzählung zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her, ohne die Jahreszahlen aber überhaupt zu benennen, und zeigt Jugendaufnahmen der beiden aufkommenden Gangster. Hinzu kommt, dass die vermeintlichen Interviews, in denen sich Frank an das Publikum wendet, auch in verschiedenen Situationen entstanden sein sollen. Mal sitzt er im Park und blickt in die Kamera, dann wieder zeigt er eine Diashow und erzählt, was auf den Bildern zu sehen ist. Sich in die Struktur von The Alto Knights hineinzufinden, ist nicht ganz einfach und wird dadurch nicht leichter, dass der biografische Krimi zwei Figuren beleuchtet, ohne sie wirklich zu vertiefen. Dass Frank Costello die eigentliche Hauptfigur ist, steht außer Frage, doch verwendet die Erzählung viel Zeit mit privaten Einblicken in Vitos Leben, wie seine Hochzeit und Scheidung, ohne dass diese Nebenhandlung für das Grundverständnis dieser Figur oder der Geschichte aber wirklich notwendig wäre.
Dass man dem dennoch bereitwillig folgt, liegt zum großen Teil an der Besetzung. In einer Doppelrolle, in der er sowohl Frank als auch Vito verkörpert, zeigt der 80jährige Robert De Niro eine Wandlungsfähigkeit, die in der Tat verblüfft. Auch dank einer unauffälligen, tollen Maskenarbeit schlüpft er in zwei grundverschiedene Figuren, die er nicht nur mit eigenen Verhaltensweisen zum Leben erweckt, sondern im englischen Original sogar mit einer anderen Art zu sprechen. Es ist eine tolle Darbietung, die sogar vergessen lässt, dass die gemeinsamen Auftritte der beiden Personen beinahe zu spärlich sind. Ebenso interessant sind die politischen Verstrickungen, die das Drehbuch in den Mittelpunkt rückt und in denen ein Schlaglicht auf das landesweit organisierte Verbrechen in den USA zu jener Zeit geworfen wird, das sogar das FBI seinerzeit noch leugnete. Wie es Frank gelang, seinen Aufstieg zu einem der mächtigsten Männer New Yorks vor den Strafverfolgungsbehörden und den Augen der Öffentlichkeit geheim zu halten, ist ebenso faszinierend, wie ihm dabei zuzusehen, wie er versucht, die zunehmende Eskalation durch Vitos Alleingang zu verhindern.
Dies ist ebenso gelungen, wie die Ausstattung erstklassig, sei es bei den Autos, der Kleidung oder der gesamten Stadt, bei der sicherlich mit Trickeffekten nachgeholfen wurde, doch dies so unauffällig, dass man es schlicht nicht sieht. Die durchweg routinierte Inszenierung setzt in vielen Momenten auf Collagen, die vorherige Szenen mit augenscheinlich realen Fotografien verbindet. Das wirkt manchmal unnötig modern, während die sonstige Bilderauswahl eher ruhig und getragen erscheint. Doch gerade diese Stärken zeichnen The Alto Knights so sehr aus, dass man sich beinahe wünschen würde, die Verantwortlichen würden sich mehr Zeit nehmen, den Aufstieg der Figuren tatsächlich vorzustellen, anstatt sie immer wieder in Situationen zu bringen, in denen sie minutenlang über alltägliche Themen fachsimpeln – das mag unter anderem an Die Sopranos [1999-2007] erinnern, doch in jener Serie kamen die Charaktere nicht so kurz.
Fazit:
Immer wieder ist es, als würde Filmemacher Barry Levinson die eigentliche Erzählung geradezu pausieren, um zu zeigen, wie sich seine Figuren über irgendetwas aufregen und immer wieder über dasselbe Thema sprechen (meist mit entsprechenden Kraftausdrücken). Das mag amüsant sein, es bringt jedoch weder die Charaktere, noch die Geschichte selbst wirklich voran. Die größten Stärken der Biografie liegen einerseits darin, die unterschiedlichen Persönlichkeiten von Vito Genovese und Frank Costello vorzustellen, wie auch die Verstrickungen des letzteren zu beleuchten. Der eine cholerisch, unbeherrscht, nachtragend und zunehmend paranoid, der andere überlegt, ausgleichend und diplomatisch. Beide kommen an demselben Punkt im Leben an, nur auf ganz unterschiedlichen Wegen. Hier gibt es viel Potential, diese stärker zu beleuchten, das jedoch nicht genutzt wird. Dafür präsentiert The Alto Knights einen sehenswerten Robert De Niro in einer fordernden Doppelrolle, der eine Erzählung zum Leben erweckt, die beim Finale unerwartet leichtfüßig gerät. Toll ausgestattet und gut gespielt, wird dies nur ein ruhiges Publikum ansprechen, das jedoch durchaus auf seine Kosten kommt.