Timothy Zahn: "Star Wars: Die Kundschafter" [2006]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 23. Januar 2019
Die Kundschafter-Cover
Urheberrecht des Covers liegt bei
Blanvalet | Verlagsgruppe Random House GmbH
978-3-641-07827-0 (eBook epub [epub]); Preis € (D) 9,99
.
Verwendet mit freundlicher Genehmigung.
Autor: Timothy Zahn

Genre: Science Fiction

Originaltitel: Outbound Flight
Originalsprache:
Englisch
Gelesen in:
Englisch
Ausgabe:
E-Book
Länge:
454 Seiten
Erstveröffentlichungsland:
USA
Erstveröffentlichungsjahr:
2006
Erstveröffentlichung in Deutschland:
2008
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe):
978-1-448164-29-5


Kurzinhalt:

Erst vor wenigen Jahren musste der Jedi-Orden erkennen, dass unentdeckt in ihrer Mitte ein dunkler Sith Lord an Macht gewonnen hat. Da die Anzahl der Jedi-Ritter stetig abnimmt, ist Meister Jorus C’baoth bestrebt, einen kühnen Plan in die Tat umzusetzen: Er will in den Unbekannten Regionen am Rande der Galaxis nach neuen Jedi-Rekruten suchen. Ihm wird ein Schiff zur Verfügung gestellt, Outbound Flight, mit einer Besatzung von fünfzigtausend und zahlreichen Jedi an Bord. Sie ahnen nicht, dass der Sith Lord beabsichtigt, die Mission zu sabotieren. Unterdessen treffen die Schmuggler um Jorj Car’das, Dubrak Qennto und Maris Ferasi auf die zurückgezogen lebenden Chiss und deren Commander Mitth’raw’nuruodo, genannt Thrawn. Er ist skeptisch, als er durch sie von der Galaktischen Republik erfährt, die auf eine Expansion ihres Territoriums sinnt. Outbound Flight könnte für ihn die Befürchtungen bestätigen, dass hier ein neuer Feind entsteht. So wandelt sich die friedliche Mission der Jedi unerwartet in einen Kampf ums Überleben …


Kritik:
In Die Kundschafter widmet sich einer der erfolgreichsten Autoren des erweiterten Star Wars-Universums, Timothy Zahn, der Figur, die nicht nur zu einer der beliebtesten der Kenner der Reihe geworden ist, sondern nach der sogar eine eigene Trilogie benannt wurde: Commander Mitth’raw’nuruodo der Chiss Ascendancy, genannt Thrawn. Dass der Autor gleichzeitig die Geschichte eines glücklosen Jedi-Kolonisierungsraumschiffes erzählt, an Bord dessen sich auch Anakin Skywalker und Ben Kenobi befunden haben, gerät da beinahe zur Nebensache.

Dabei schließt Outbound Flight, wie der Roman im Original heißt, einige Lücken, die Zahn in seinem zeitlich später angesiedelten, aber früher veröffentlichten Roman Star Wars: Die Verschollenen [2004] eröffnete. Fünf Jahre nach Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung [1999] operiert der finstere Sith Lord Darth Sidious im Verborgenen. An sich als Assistent von Kanzler Palpatine tätig, arbeitet Kinman Doriana im Geheimen für Sidious und ist damit beauftragt, eine von dem mächtigen Jedi-Meister Jorus C’baoth lange gehegte Mission mit einem extragalaktischen Flugprojekt zu manipulieren. C’baoth hat den Rat der Jedi dazu gebracht, ihm neben zehntausenden Kolonisten eine beträchtliche Menge ausgebildeter und potentieller Jedi an die Seite zu stellen, um jenseits der bekannten Regionen der Galaxie auf eine Forschungsmission zu gehen. Sein Ziel ist es, neue Rekruten für die Jedi zu finden. Doch mit so vielen Jedi an Bord würde sich Darth Sidious eines großen Problems entledigen, könnte er sicherstellen, dass Outbound Flight, wie das Raumschiff genannt wird, nie zurückkehren würde.

Es ist seit jeher eine von Timothy Zahns größten Stärken, bekannte Figuren aus dem Star Wars-Universum mit einer geradezu verblüffenden Detailgenauigkeit zu treffen und seine Geschichten nahtlos mit den bekannten Ereignissen zu verweben. Insofern verwundern die zahlreichen Details nicht, die an die bisherigen Geschehnisse auf dem Planeten Naboo erinnern, oder die in Bezug auf Palpatine oder die Jedi selbst erahnen lassen, wohin all dies führen wird. Mit Mace Windu, einem jungen, aber ebenso mächtigen Anakin Skywalker und einem weiser werdenden Obi‑Wan Kenobi kommen auch vertraute Figuren zur Geltung, die alle ihren jeweiligen Moment zugeschrieben bekommen. Aber auch wenn sich Die Kundschafter zudem mit dem damals noch jungen Schmuggler Jorj Car’das und den bekannten Jedi Jorus C’baoth sowie Lorana Jinzler beschäftigt, der eigentliche Star ist Commander Mitth’raw’nuruodo – Thrawn.
Hier erfährt die Leserschaft mehr über den militärisch brillanten Chiss-Soldaten, der die zurückhaltende Doktrin seines Volkes ablehnt und unter Umständen auf Bedrohungen bereits reagiert, bevor sie überhaupt entstanden sind. Mit seinem höflichen Auftreten, seiner gewählten Aussprache und einem offenen Geist zählt er zu den faszinierendsten Figuren des erweiterten Fantasy-Universums. Wie gehabt fügt Autor Zahn dem Charakter neue Facetten hinzu, während er dennoch mysteriös und distanziert bleibt.

Das ist gleichzeitig in Bezug auf diese Figur der größte Kritikpunkt, denn so sehr Die Kundschafter offensichtlich Wert darauf legt, Thrawn prominent in Szene zu setzen, er bleibt dennoch unnahbar. Das mag zwar dafür sorgen, dass seine Entscheidungen stets übernatürlich taktisch erscheinen, aber werden sie stets erst im Nachhinein aufgelöst, ist es beinahe, als wollte der Autor nicht zu viel im Vorfeld verraten, da am Ende ebenso viel Glück wie Planung in das Ergebnis einfließen würden. Auch erfährt man weiterhin wenig über den Ursprung des Charakters oder die Chiss im Allgemeinen. Dafür widmet sich der Roman in weiten Teilen politischen Absprachen und dem wachsenden Unmut der Bevölkerung gegen die immer übergriffiger agierenden Jedi unter der Leitung von Jorus C’baoth. Es ist interessant zu beobachten, wie sich der mächtige Jedi verändert, ehe er schließlich den Weg geht, von dem Kenner bereits wissen, dass er ihn beschreiten wird. Doch selbst über ihn erfährt man kaum etwas, ebenso über die sympathische Lorana Jinzler, die erst im letzten Drittel wirklich in Aktion treten darf.

Betrachtet man die vielversprechenden Figuren und wie wenig sie am Ende tatsächlich ausgebaut werden – eine löbliche Ausnahme ist hier Jorj Car’das – dann scheint es beinahe unverständlich, weswegen der Autor mit bekannten Charakteren wie Anakin Skywalker oder Jedi-Meister Kenobi so viel Zeit verbringen sollte. An ihrer Stelle hätten die neuen Figuren ins Zentrum gerückt werden können, um ihren Kampf am Ende umso packender zu machen. Man ist beinahe versucht zu glauben, dass sie hauptsächlich deshalb eingeflossen sind, um zwei der prominentesten Figuren von George Lucas’ Prequel-Trilogie und damit eine stärkere Verbindung zum damaligen Kanon herstellen zu können. Sei es drum, ihre Szenen sind durchaus gelungen, ebenso die Verstrickung mit Kanzler Palpatine bzw. Darth Sidious. Auch die Bedrohung durch die Vagaari überzeugt und sieht man, wie mühelos Zahn am Ende die verschiedenen losen Enden verknüpft, fliegen die Seite nur dahin. Dennoch werden nicht nur Fans von Thrawn feststellen, dass sie weniger bekommen haben, als erwartet.


Fazit:
Die Terminologie des Star Wars-Universums fällt Autor Timothy Zahn offensichtlich leicht. Darum versprüht die Geschichte von Beginn an bereits ein unvergleichliches Flair, das auch dann nicht nachlässt, wenn sich der Roman unbekannten Spezies und neuen Figuren widmet. In vielerlei Hinsicht werden neue Aspekte von Commander Thrawn beleuchtet und Fans wird es freuen zu hören, dass er einen bedeutenden Platz innerhalb der Geschichte einnimmt. Ebenso wie der Flug des Titel gebenden, extragalaktischen Flugprojekts, an Bord dessen sich neben zahlreichen Jedi auch Tausende Zivilisten befinden. Ihnen wird allerdings keine Aufmerksamkeit geschenkt, überhaupt erscheint Outbound Flight nie so groß oder mächtig, wie das Schiff wohl sein muss. Viele Figuren, die hier ihren letzten Auftritt haben, erhalten zudem nicht unbedingt den Abschied, den man sich wünschen würde. Als unterhaltsamer Science Fiction-Roman hat mir Star Wars: Die Kundschafter dennoch gefallen, was einerseits an der überzeugenden Stimmung und den vielen Referenzen auf das bestehende Universum liegt. Dabei eignet sich die Geschichte aber nur für diejenigen, die mit den grundlegenden Zusammenhängen vertraut sind. Neueinsteiger werden sich kaum zurechtfinden. Nichtsdestotrotz hatte ich mir für einige Figuren, auch wenn ihnen hier viel Platz eingeräumt wird, mehr erwartet.