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Vom Geist der Weihnacht | von Jens am 06.12.2011, um 21:00 Uhr. |
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Auf der anderen Seite bedeuten längere Ladenöffnungszeiten auch höhere Betriebskosten, denn selbst wenn die Belegschaft je später die Stunde ist, umso kleiner gehalten wird, der Stromverbrauch bleibt konstant hoch. Ob sich das rechnet sei dahingestellt. In beratungsintensiven Berufen hat sich indes gezeigt, dass Kunden, die jetzt bereits samstagabends sich nur schwer entscheiden können, ihre getroffene Wahl am Montag oft noch widerrufen – immerhin war es am Samstag ja schon so spät. Ob diese Gruppe mit ihrer Wahl zufriedener ist, wenn sie sich erst drei bis vier Stunden später als bislang zu einem Urteil durchringt, darf auch jeder selbst beantworten.
Vor allem bleibt jedoch die Frage welche Konsequenzen die erweiterten Ladenöffnungszeiten auf die Frauen und Männer haben würden, die im Einzelhandel beschäftigt sind. Wie wird sich das auf die Familien auswirken, wenn die Mütter und Väter meist erst nach ein Uhr zuhause sind? Die Politik kann sich ruhig vor die Kameras stellen und Zuschüsse für diejenigen Eltern ankündigen, die sich selbst um die Kindeserziehung kümmern, doch was nützt es dem einen Elternteil, daheim zu bleiben, wenn man den Partner oder die Partnerin nie zu Gesicht bekommt? Wie es für die arbeitenden Eltern sein muss, die ihre Kinder in Standbildern aufwachsen beobachten, wenn sie sie des Nachts im Bett liegen sehen, aber nur am Wochenende oder im Urlaub Zeit mit ihnen verbringen können, mag man sich nicht vorstellen.

Womit die Arbeitgeber das danken werden, hat man jüngst an Beispielen wie E.ON gesehen, wo trotz Erlösen weit im zweistelligen Milliardenbereich[3] weltweit 11.000 Stellen abgebaut werden sollen[4]. Zusätzlich dazu fordert der Energieriese nach dem Atomausstieg Milliarden vom Staat zurück[5]. Passend sieht man, wie die Großabnehmer und die Industrie entlastet werden, während der Normalbürger mehr leisten soll. So jüngst geschehen durch die Änderungen beim Stromsteuergesetz[6].
Es gibt noch genügend Menschen im Land, die sich erinnern können, dass früher die Geschäfte des Einzelhandels wochentags bis 18 Uhr geöffnet hatten, samstags gar nur bis 14 oder 16 Uhr. Interessanterweise haben es die Menschen damals ebenso geschafft, ihre Erledigungen zu machen. Wie hoch, inflationsangepasst, die damaligen Umsätze verglichen mit den heutigen waren, wird einem nirgendwo vorgerechnet. Damals gab es eine niedrigere Realarbeitslosenquote und die arbeitenden Menschen klagten nicht wie heute über eine mangelhafte Lebensqualität. Was hat sich verändert? Ist der Anspruch der Käuferschaft gewachsen? Oder wurde uns von der Industrie, der Politik und den Verantwortlichen ein Bedarf an Verfügbarkeit suggeriert und aufgedrängt, der gar nicht bestanden hatte, und den wir uns heute nicht mehr wegdenken wollen, weil uns dafür das Vorstellungsvermögen fehlt? Weil es bequemer ist, nichts zu ändern, als doch die 20% zu verprellen, die nach 18 Uhr einkaufen gehen? Dabei würden sie ja nicht verprellt, sondern nur gezwungen, früher zu gehen. Was wiegt mehr, das Wohl der Mehrheit, oder der Luxus der Wenigen?

Der Geist der Weihnachtszeit sollte die Menschen eigentlich dazu bewegen, nicht im eigenen Sinne, sondern in dem der Mitmenschen zu denken, und die Bedürfnisse der anderen über die eigenen zu stellen. Laut der Christen ist es die die fleischgewordene Nächstenliebe, die am Heiligen Abend in die Welt tritt, und deren Aufopferung im Osterfest ihren Höhepunkt findet.
Es ist beschämend, wie gerade in jener Jahreszeit der Einzelhandel sein wahres Gesicht zeigt und unter dem Deckmantel des Schenkens nur die eigene Profitgier befriedigt.
Das traurige Armutszeugnis ist dabei, dass es nicht überrascht zu sehen, wie die Politik hier einstimmt und ebenfalls im eigenen Interesse handelt. Wann waren die anderen Menschen zuletzt das Ziel des politischen und zwischenmenschlichen Handelns? Wann sind wir so vom Kurs abgekommen?
Sieht man sich die Aussage des bevorstehenden Weihnachtsfestes an, ist es wohl ein Ungleichgewicht, das schon seit tausenden von Jahren besteht. Es liegt an uns, daran etwas zu ändern.
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