Air America [1990]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 23. März 2025
Genre: Action / Komödie

Originaltitel: Air America
Laufzeit: 113 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1990
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Roger Spottiswoode
Musik: Charles Gross
Besetzung: Mel Gibson, Robert Downey Jr., Nancy Travis, Ken Jenkins, David Marshall Grant, Lane Smith, Art LaFleur, Ned Eisenberg, Marshall Bell, David Bowe, Burt Kwouk, Tim Thomerson, Harvey Jason


Kurzinhalt:

Nachdem ihm während des Vietnamkrieges im Jahr 1969 seine Pilotenlizenz entzogen wird, wird der junge Billy (Robert Downey Jr.) in Los Angeles angeworben, für „Air America“ zu fliegen, ein ziviles Luftfahrtunternehmen, das Hilfsgüter in Laos, Kambodscha und Südvietnam verteilt. Billy sagt zu, muss jedoch, als er in einer nicht auf der Karte eingezeichneten Stadt in Laos auf dem Flugfeld ankommt erkennen, dass hinter „Air America“ der Geheimdienst CIA steckt, der darüber auch Waffen verteilt. Die Piloten wissen um die Gefahr, über Kriegsgebiet zu fliegen, über dem sie zudem regelmäßig beschossen werden. Sie alle haben sich damit arrangiert, so auch Gene Ryack (Mel Gibson), der mit eigenen Waffengeschäften an seiner Altersversorgung arbeitet. Doch als der US-Senator Davenport (Lane Smith) eintrifft, wird auch der Leiter der Operation, Major Lemond (Ken Jenkins), zusammen mit dem für die Piloten verantwortlichen Robert Diehl (David Marshall Grant) nervös. Denn Davenport soll nicht erfahren, dass „Air America“ für den ortsansässigen General Lu Soong (Burt Kwouk) auch Drogen verteilt, durch die sich der Krieg überhaupt erst finanziert. Eine solche Erkenntnis könnte das US-Engagement vor Ort und damit den ganzen Krieg gefährden. Im Zweifel muss der Senator mit einem entsprechenden Fund abgespeist werden – zusammen mit dafür verantwortlichen Piloten …


Kritik:
Inspiriert von wahren Begebenheiten erzählt Filmemacher Roger Spottiswoode (Mörderischer Vorsprung [1988], Scott & Huutsch [1989], James Bond 007 - Der MORGEN stirbt nie [1997]) in Air America von einem Kapitel, das die US-amerikanischen Geheimdienste ungern ansprechen. Vielleicht klaffen auch deshalb der Inhalt und die Stimmung des Films so merklich auseinander. In manchen Momenten überaus amüsant und mit aufwändiger Action umgesetzt, ist dies im Kern eine ernste, an sich auch packende Geschichte, die jedoch kaum zur Geltung kommt.

Basierend auf dem Buch von Christopher Robbins steht die Titel gebende, vom Geheimdienst CIA finanzierte Fluglinie „Air America“ im Zentrum, deren Motto „Alles. Überall. Jederzeit.“ kaschiert, dass sie im Jahr 1969 während des Vietnamkrieges nicht nur Waffen und Hilfsgüter in Laos verteilte, sondern auch Drogen schmuggelte, mit denen der Krieg finanziert wurde. Gene Ryack ist einer der Piloten der Fluglinie, die von einer geheimen Stadt aus in Laos operiert, die auf keiner Karte eingezeichnet ist. Gene ist wie die übrigen Piloten das ständige Adrenalin bei den Einsätzen gewohnt, bei denen die Piloten auch beschossen werden. Neben den offiziellen Missionen arbeitet Gene an seiner Altersversorgung, indem er privat Waffen schmuggelt. Sein neuer Ko-Pilot Billy, der frisch aus Los Angeles zu ihnen stößt, nachdem ihm dort die Fluglizenz entzogen wurde, hat dagegen auch nichts einzuwenden. Doch Billy stört sich daran, dass sie – mit Wissen von Major Lemond – auch Fracht für den ansässigen General Lu Soong befördern, der seine Armee mit Geld aus dem Drogengeschäft finanziert. Erschwerend kommt hinzu, dass aus Washington, D.C. Senator Davenport angereist ist, der sich eben darüber informieren will, ob US-Behörden tatsächlich in Drogengeschäfte vor Ort verwickelt sind.

Das eigentliche Abhängigkeitsgeflecht, das Air America hier aufzeigt und in dem die Zivilbevölkerung die Leidtragenden sind, wenn am Ende Flüchtlingscamps in der Nähe von Mohnfeldern beschossen werden, ist dabei durchaus interessant. Ebenso, dass die Verantwortlichen für die US-Operation am Boden und in der Luft sich entscheiden, dem Senator Sündenböcke zu liefern, um den Erfolg (und das einträgliche Geschäft) des gesamten Krieges nicht zu gefährden. Diesbezüglich greift das Drehbuch überaus ernste und politisch relevante Themen auf, mit deren Aufarbeitung sich die Behörden lange Zeit schwertaten. Doch an eben diesem Hintergrund scheint Regisseur Roger Spottiswoode nicht wirklich interessiert. Zu zaghaft und zu spät greift er diese Aspekte auf, die sich darüber hinaus allesamt in Wohlgefallen auflösen. Die wenigen tatsächlich ernsten Momente, wie wenn Piloten nach eine Abschluss nur tot geborgen werden können, werden gewissermaßen als Randnotiz eingestreut.

Stattdessen konzentriert sich die Erzählung auf den Alltag der Piloten, die tagsüber Hilfs- und andere Güter abwerfen, um abends den Stress durch die teilweise lebensgefährlichen Situationen im Alkohol zu ertränken. Die Wortwechsel zwischen Mel Gibson und dem jungen Robert Downey Jr. sorgen dabei ebenso für amüsante Augenblicke wie die inhaltlich aber doch klischeehafte Darstellung des Senators, der von den hochrangigen Militärs hingehalten und abgespeist wird. Doch gerade hier geraten die Situationen und Dialoge nicht so bissig, wie sie sein könnten, während Nebenfiguren wie die USAID-Mitarbeiterin Corinne, die ein Flüchtlingscamp betreut, für die Geschichte selbst vollkommen unwichtig ist, wäre es nicht um einen Auftritt beim Finale. Weder daran, das Leid der Zivilbevölkerung zu schildern, noch an einem Thriller um fälschlicherweise des Drogenschmuggels bezichtigte Piloten ist Air America spürbar interessiert. Nicht einmal eine durchgehende Authentizität hat für die Verantwortlichen Priorität, sind manche Songs doch merklich nach 1969 veröffentlicht worden.

Stattdessen scheint Filmemacher Spottiswoode mehr an der Stimmung seiner Erzählung interessiert. Die ist trotz der grundsätzlich bedrohlichen Lage überraschend leichtfüßig, voller Kommentare und Momente, in denen man mit den Figuren lachen muss. Sei es, wenn Billy an einem Seil am Helikopter baumelnd zur Arbeit gebracht wird, oder sich außer ihm niemand daran zu stören scheint, dass unweit der Basis im Hintergrund Raketen einschlagen. Selbst wenn Air America dabei nie so actionreich gerät, wie man vermuten würde, die wenigen Highlights und insbesondere die Bruchlandung der großen Frachtmaschine sind stark umgesetzt. Lässt man sich darauf ein, erwartet das Publikum ein Nachzügler der Unterhaltungsfilme der 1980er-Jahre, der zu keinem Moment in irgendeiner Art und Weise dem gerecht wird, was er anstrebt zu sein, der aber dank der Besetzung doch für ein kurzweiliges, wenn auch nie wirklich spannendes Filmerlebnis sorgt.

Die bei STUDIOCANAL veröffentlichte, restaurierte Fassung von Air America in 4K Ultra-HD bietet dabei die unumwunden beste Möglichkeit, Roger Spottiswoodes leider finanziell leider enttäuschende Actionkomödie zu erleben. Das Mediabook mit einem sehr informativen Begleittext von Tobias Hohmann präsentiert den Film in einer tollen Bild- und im englischen Original auch Tonqualität, während die deutsche Sprachspur leider nur in Stereo vorliegt. Zusätzlich zu beinahe einer Stunde Bonusmaterial gibt es auch einen Audiokommentar mit Autor John Eskow zu entdecken. Dass die bei vorigen Veröffentlichungen enthaltenen gelöschten Szenen hier nicht dabei sind, ist aber bedauerlich. Das sollte Fans oder Interessierte allgemein aber nicht abhalten.


Fazit:
So echt und überzeugend die Aufnahmen in Roger Spottiswoodes Actionkomödie aussehen, den durchaus enormen Aufwand hinter der Produktion sieht man kaum, was nicht als Kritik gemeint ist. Zu authentisch erscheinen die Flug- und Landschaftsaufnahmen, als dass man sich vorstellen könnte, dass allein die Infrastruktur für die Dreharbeiten in Thailand erst einmal geschaffen werden musste. Weiß man darum, weiß man auch die Action selbst noch mehr zu schätzen, von der es – von Flugzeugstunts abgesehen – weniger gibt, als man vermuten würde. Leider weiß die Story nicht wirklich, was sie überhaupt sein will. Als satirischer Kommentar auf den Vietnamkrieg ist dies nie zynisch genug, als Thriller um die zum Sündenbock gemachten Piloten nie packend. Der reale Bezug verleiht der Geschichte selbst ein anderes Gewicht, mitreißender wird sie dadurch aber nicht. Sieht man Air America jedoch als aufwändig produzierten Unterhaltungsfilm, dessen Besetzung eine Story veredelt, die kritischer ist, als es auf den ersten Blick scheint, kann man sich darin zwei Stunden lang verlieren. Es lohnt durchaus, selbst wenn weder das Potential der Beteiligten, noch der Geschichte ausgeschöpft wird.