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Das Ende der Narrenzeit – oder die ewig währende Herrschaft der Narren?
Treffpunkt: Kritik Faschingsdienstag – nach viermonatiger "Regierungszeit" der saisonalen Pappnasen neigt sich deren Omnipräsenz (glücklicherweise) dem Ende zu. Was gäbe es für einen besseren Moment, um den Menschen im Land vorzuführen, dass die Narren ständig unter uns weilen?
Begibt sich ein ehemals renommiertes Nachrichten-Boulevard-Magazin des ZDF schon auf populistische Gleise mit Beiträgen wie "Killerspiele im Kinderzimmer" und "Massenmord als Kindersport", die ebenso erbärmlich recherchiert wie für fachkundige Zuschauer unfreiwillig komisch sind, dabei aber doch auf erschreckende Weise demonstrieren, dass die Macht des Wortes nicht gleichzusetzen ist mit dessen Wahrheitsgehalt, offenbart das Urgestein der deutschen Unterhaltungsindustrie einmal mehr, dass ein Studium in Soziologie oder Pädagogik nicht gleichbedeutend mit sozialem oder pädagogischem Verständnis ist.

Es ist ohne Zweifel erschreckend und verachtenswert, wenn Kinder und Jugendliche Hand an Unterhaltungsmedien wie Videospiele legen, die ansich nicht für ihr Alter gedacht sind. Dabei der Industrie allerdings einen Vorwurf zu machen und auf breiter Fläche ein Verbot jener Spiele zu fordern, ist so irrsinnig wie ansich verfassungswidrig. Immerhin sind diese Spiele von der dafür vorgesehenen Kontrollbehörde USK mit Altersfreigaben jenseits der "16 Jahre" freigegeben und sollen auf Grund dessen auch nie in Kinderhände gelange.
Tun sie es dennoch, liegt es entweder an der mangelnden Aufsicht der Eltern oder Geschwister, oder aber an der desolaten Umsetzung des niedergeschriebenen Rechts durch die Verkäufer im Fachhandel, die eben lieber den fünfzig €-Schein, statt dass Gesicht des jugendlichen Käufers sehen. Als dritte Möglichkeit fällt sicherlich der Bezug über ohnehin nicht legale Wege und ohne Erwerb des Originalprodukts ein – aber das ist einerseits auf die mangelnde Aufsicht zurück zu führen und steht gleichermaßen berechtigterweise unter Strafe.
Ohne hier jetzt aber den moralisch dicken Zeigefinger heben zu wollen, möchte ich vielmehr das Augenmerk darauf lenken, dass bei Videospielen die grundsätzliche Kontrollfunktion durch die USK gegeben ist, und man meinen sollten, die Entwickler wären zumindest insofern abgesichert, als dass per Definition keine Medien in Kinderhände gelangen sollten – auch wenn die Videospiele heutzutage gern als Kern allen Übels heraufbeschworen werden und neuesten Theorien zufolge auch an der Frisur einiger Regierungsmitglieder Schuld tragen.

Während allerdings die verruchten Videospiele nicht für Kinder gedacht sind, hat sich bei der anderen Hauptunterhaltungsindustrie ein entgegen gesetzter Trend abgezeichnet.
Waren bestimmte Filme früher von der FSK noch sehr hoch eingestuft worden, sehen das die patentierten Altersempfehlungsgurus inzwischen anders. Besonders deutlich ist das dann, wenn Filme von vor 15 Jahren neu auf DVD erscheinen und vom Verleih der FSK zur erneuten Bewertung vorgelegt werden. Da hatten Filme wie Stirb langsam 1988 noch eine FSK-Freigabe von nicht unter 18 Jahren erhalten (und war dabei an einigen Stellen noch gekürzt!), um nun bei der Neuveröffentlichung auf DVD ungeschnitten ab 16 Jahren freigegeben zu werden. Ein Schelm, wer davon spricht, dass die Jugend von heute gewaltbereiter und gewaltverträglicher sei.
Dass sich das aber nicht nur auf ältere Titel bezieht, sondern die FSK auch bei Neueinstufungen lieber tiefer als höher greift, sieht man schon an den zahlreichen Pressemitteilungen und Stellungnahmen, in denen sich die Kontrollbehörde zu ihrer Entscheidung äußert. Jüngst darf dabei sowohl Steven Spielbergs Krieg der Welten, als auch King Kong, Jarhead, Tal der Wölfe und das Fantasy-Epos Die Chroniken von Narnia – Der König von Narnia genannt werden. Bei all jenen Titeln waren sich die Zuschauer im Unklaren, wie die FSK zu ihrer Freigabeentscheidung kam und so wurde von Seiten der FSK begründet; da wird mit dem "fiktive Charakter der gewalthaltigen und erregenden Szenen" entschuldigt, behauptet, dass ein Film "trotz einiger problematischer Einzelszenen und Sprachbilder auch schon von 12-Jährigen verstanden und verarbeitet werden" kann und zuletzt sei auch "das ausführlich in Szene gesetzte Happy End, das den Kindern Zeit und Raum gibt, sich von den aufwühlenden Filmpassagen zu erholen" entscheidend.
Dabei attestieren die Prüfer, dass Kinder von nur 6 Jahren einer wahren Flut an audio-visuellen Reizen über zweieinhalb Stunden aufmerksam folgen können und anschließend immer noch aufnahmefähig sind. Wie gerechtfertigt dieses Vertrauen in die potentiellen Rentenkasseneinzahler ist, darf heftigst diskutiert werden.

Ebenso auch die unverständliche Entscheidung der FSK, den neuen George Clooney-Film Syriana, ein aktuelles Polit-Thriller-Drama mit (zwar von den Filmemachern distanziertem, aber nichtsdestotrotz beabsichtigtem) Realitätsbezug. Hier wird auf realistische Weise gefoltert und verprügelt, eine verschachtelte, komplexe Story voll von zwielichtigen Figuren erzählt, Mord und Totschlag gehören ebenso dazu wie die subtile Entwicklung von Selbstmordattentätern – aber die FSK ist der Meinung, dass all das für Kinder ab 12 Jahren ohne weiteres zu verarbeiten ist. Darüber unverständig den Kopf zu schütteln ist eine ansich nicht gerechtfertigte Pose des Respekts.

Sieht sich die Videospielindustrie vermehrt Anschuldigungen gegenüber, die alleinig davon zeugen, dass die gar nicht beabsichtigte Zielgruppe in Besitz der Medien gelangt, hat die deutsche Kinokultur damit zu kämpfen, dass sehr wohl diejenigen Personen Zugang zu den Filmen haben, die sie laut FSK besuchen dürfen – nur werden die Alterseinstufungen grundsätzlich so niedrig angelegt, dass man die verpflichtende Altersfreigabe eigentlich ganz abschaffen könnte.
Den Kinobetreibern ist dabei kein Vorwurf zu machen, sie setzen nur einen Gesetzesentscheid um, der im April drei Jahre alt wird, und laut dem Kinder ab 6 Jahren auch in Begleitung von Erziehungspersonen Filme ab 12 Jahre besuchen dürfen – wohingegen die Filme ab 6 Jahren ohnehin für beinahe alle sprechenden Kinogänger freigegeben sind.
Aber was nützen die besten Gesetze, wenn eine weltfremd agierende Behörde Altersfreigaben wie Lotterielose verteilt? Vielleicht ist es ja nicht einmal nötig, die FSK gänzlich umzukrempeln, vielleicht sollte man nur Entscheidungsträger einbeziehen, die auch in der Lage sind, vernünftige Entscheidungen zu treffen?
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