The Thing [2011]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 25. November 2011
Genre: Horror / Science Fiction

Originaltitel: The Thing
Laufzeit: 103 min.
Produktionsland: USA / Kanada
Produktionsjahr: 2011
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Matthijs van Heijningen Jr.
Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Mary Elizabeth Winstead, Joel Edgerton, Ulrich Thomsen, Eric Christian Olsen, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Paul Braunstein, Trond Espen Seim, Kim Bubbs, Jørgen Langhelle, Jan Gunnar Røise, Stig Henrik Hoff, Kristofer Hivju, Jo Adrian Haavind, Carsten Bjørnlund, Jonathan Walker, Ole Martin Aune Nilsen, Michael Brown


Kurzinhalt:
Im Winter 1982 entdecken die Forscher einer norwegischen Antarktisstation ein riesiges, vergrabenes Raumschiff. Unweit daneben ist im ewigen Eis eine fremdaussehende Kreatur eingeschlossen. Dr. Sander Halvorson (Ulrich Thomsen) bittet die Paläontologin Kate Lloyd (Mary Elizabeth Winstead) um Hilfe bei dem Fund. Sie reist zur Station und überwacht die Bergung des Wesens. Doch so groß die Freude bei den Wissenschaftlern ist, wenig später ist das Ding im Eis wieder zum Leben erwacht und richtet große Zerstörung an. Kurz darauf sind die ersten Toten zu beklagen.
Es scheint, als würde das Ding sein Opfer kopieren und es bis ins Detail nachbilden. Als Beweise einer solchen Übernahme durch das Ding von einem Moment auf den anderen verschwinden steht fest, dass einer nicht derjenige ist, der er ausgibt zu sein. Doch Hilfe zu holen wäre ebenso fatal, wie die Flucht. Was würde das Ding in einer dichtbesiedelten Stadt anstellen? Zusammen mit dem nicht Englisch sprechenden Norweger Lars (Jørgen Langhelle) versucht Kate, das Ding in der Station aufzuspüren, gegen den Widerstand Sanders und der anderen – doch wie soll sie unterscheiden, wer noch ein Mensch ist, und wer nicht?


Kritik:
Es ist bei einem Horrorfilm eigentlich leicht zu erraten, welche Figur bis zum Schluss durchhalten wird. Man muss sich dafür nur ansehen, wer sehr weit oben auf der Besetzungsliste steht. Davon einmal abgesehen erzählt dieser Film hier die Vorgeschichte zu John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt [1982], wie die Geschehnisse also ausgehen ist vorgegeben und auch bekannt. Was The Thing erfreulich über seine Genrekollegen der Splatterschocker hebt ist einerseits die Tatsache, dass die Geschichte überraschend altmodisch erzählt ist, aber auch, dass die nicht sehr zimperlichen Szenen sehr schnell vonstattengehen. Der einzige wirkliche Vorwurf, den sich Regisseur Matthijs van Heijningen Jr. gefallen lassen muss ist, dass er letztlich nichts viel anderes erzählt, als eine vertraut wirkende Variation des bekannten Stoffes. Und wie oft kann man dieselbe Geschichte schon neu angehen, ohne sich zu wiederholen? Selbst der 1982 entstandene Film war dabei schon die zweite Umsetzung der Novelle Das Ding aus einer anderen Welt [1938] (englischer Titel: Who Goes There?) von John W. Campbell, die bereits unter dem gleichnamigen Titel 1951 verfilmt worden war.

Dass es gemeinhin keine gute Idee ist, in Science Fiction-Filme auf empfangene Notsignale zu reagieren, ist Filmfreunden hinlänglich bekannt. In The Thing fangen Wissenschaftler einer norwegischen Forschungsstation in der Antarktis im Winter 1982 ein Signal unbekannten Ursprungs auf. Bei der Suche nach der Quelle machen sie eine unglaubliche Entdeckung: Tief im ewigem Eis vergraben ist ein riesiges Raumschiff, das seit mindestens 100.000 Jahren hier verborgen liegt. Unweit davon entfernt finden sie im Eis eingeschlossen eine Kreatur, vermutlich ein Teil der Besatzung. Das Wesen wird unter der Leitung der Paläontologin Kate Lloyd samt einem Eisblock herausgeschnitten. Es scheint eine Konvention in Horrorfilmen zu sein, dass es in jeder Forschungsgruppe eine Person gibt, die mit Vernunft sich dafür einsetzt, das Richtige zu tun, und eine Person, die dem entgegensteht. Alle übrigen sind Mitläufer, die sich zuerst für die falsche Seite entscheiden, bis sie das Ausmaß ihres Fehlers erkennen. Hier ist es der selbst ernannte Expeditionsleiter Sander Halvorson, der entscheidet, von der tiefgefrorenen Figur eine Gewebeprobe zu nehmen und den Fund geheim zu halten. Wir ahnen, dass es keine gute Idee ist, in den Eisblock hineinzubohren. Kenner des alten Films wissen auch, was passieren wird, nämlich dass das Ding im Eis nicht tot ist und einer nach dem anderen der Gruppe ihm zum Opfer fallen wird. Dabei ist es nie ratsam, mit einer Taschenlampe in dunkle Ecken zu leuchten, insbesondere, wenn man von dort schon schleimige Geräusche hört. Der Ausgangsidee von The Thing muss man zugutehalten, dass die Charaktere nicht einfach davon laufen können, wie es am sinnvollsten wäre – rings um die Antarktisstation gibt es nicht viel, wohin man fliehen könnte.
So entdeckt die Gruppe um Kate und den amerikanischen Piloten Sam Carter, was viele interessierte Zuschauer im alten Film schon erfahren haben, nämlich dass das Ding sein Opfer Zelle für Zelle kopiert, um die übrigen so zu täuschen. Seine wahre Gestalt werden wir vermutlich nie erfahren, auch wenn uns allerlei eklige Mischwesen zugemutet werden. Nur wenn man das Ding äußerlich nicht von den Menschen unterscheiden kann, wem kann man dann noch trauen? Sich selbst dabei auch?

Die klaustrophobische Station in der lebensfeindlichen Einöde mit der ständigen Bedrohung und der Ungewissheit, wer infiziert ist, hatte John Carpenter bereits hervorragend eingefangen. Matthijs van Heijningen Jr. steht dem in nichts nach. Er findet bei manche Fragen, wie man beispielsweise ausschließen kann, wer noch er/sie selbst ist, sogar einen interessanten, neuen Ansatz, der aber nicht so effektiv oder einfallsreich ist, wie der vor beinahe 30 Jahren gefundene. Die Suche nach dem Ding mündet schließlich darin, dass sich die Menschen gegenseitig verdächtigen und angreifen. Es ist eine Stimmung, die sich auf das Publikum überträgt, und deren Schockmomente nicht zuletzt dank der erstklassigen Masken- und Trickeffekte gut funktionieren. Doch gibt es hier nicht viel Neues zu entdecken und ist zwar nach wie vor für Jugendliche trotz der Freigabe ungeeignet, aber nicht so erzwungen brutal, wie viele andere (aktuelle) Produktionen.

Kenner des 1982er-Films werden dafür mit vielen Einfällen und Anspielungen belohnt, die während des Abspanns schließlich nahtlos an den danach spielenden Vorgänger anschließen. Die Entwicklung wirkt dabei nicht nur stimmig, sondern beantwortet manche Frage, die man sich damals angesichts der verwüsteten Station gestellt hatte. Nur je mehr Antworten wir erhalten, umso weniger bleibt von dem Mysterium übrig, das uns damals in den Bann gezogen hatte.


Fazit:
Handwerklich gibt es The Thing nichts vorzuwerfen. Im Gegenteil, eine solch solide, überraschend altmodische und darum gelungene Umsetzung hätte man kaum erwartet. Die authentische Besetzung, die sogar teilweise aus skandinavischen Darstellern besteht, und deren Gespräche untereinander großteils untertitelt statt synchronisiert sind, trägt dazu ungemein bei. Regisseur Matthijs van Heijningen Jr. gestaltet seinen Film stilistisch so, dass er nahtlos zu dem danach spielenden überleitet. Auch inhaltlich versucht das Drehbuch, der bekannten Geschichte einen neuen Dreh zu geben und schildert einen glaubhaften, stimmungsvollen Hintergrund zu den Geschehnissen in der norwegischen Antarktisstation.
Nur sind die Geschichte und ihr Ausgang in groben Zügen zumindest schon bekannt, sodass sich hier wenige Überraschungen finden. Wer The Thing gleichermaßen als Ergänzung und Hommage zu Das Ding aus einer anderen Welt sieht, wird mit eben dem belohnt. Beides ist dabei zwar nicht notwendig, aber hier erstaunlich gut gelungen.