The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben [2014]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 25. August 2015
Genre: Drama / Biografie

Originaltitel: The Imitation Game
Laufzeit: 114 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Morten Tyldum
Musik: Alexandre Desplat
Darsteller: Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Matthew Goode, Rory Kinnear, Allen Leech, Matthew Beard, Charles Dance, Mark Strong, James Northcote


Kurzinhalt:

In einem ungewöhnlichen Bewerbungsgespräch gelingt es Alan Turing (Benedict Cumberbatch) im Jahr 1939, Commander Denniston (Charles Dance) davon zu überzeugen, dass er der Richtige für die Stelle ist – auch wenn er gar nicht weiß, worum es geht. Im Bletchley Park soll Turing zusammen mit einigen weiteren daran arbeiten, die Meldungen der Deutschen zu entschlüsseln. Auch wenn die Gruppe im Besitz der Chiffriermaschine Enigma ist, in welcher Art und Weise die Nachrichten verschlüsselt wurden, vermögen sie nicht zu sagen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, bei dem Turing auf die Hilfe von Joan Clarke (Keira Knightley) zurückgreift, die als Frau nicht in der Männergruppe arbeiten darf. Doch selbst wenn es ihnen gelingen würde, die Nachrichten zu entschlüsseln, welche Informationen dürften sie nutzen, damit die Deutschen die Chiffre nicht ändern?


Kritik:
Stellen Sie sich vor, Sie hätten geholfen, die Welt zu retten und dürften es niemandem sagen. Wie würde es einen verändern, ein solches Geheimnis für sich behalten zu müssen? Was, wenn es noch nicht einmal das größte Geheimnis wäre, das man bewahrt? The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben deckt trotz der kurzen Laufzeit für eine Biografie so viele verschiedene Aspekte ab, dass der Film in der Tat wie ein Querschnitt durch ein ganzen Leben erscheint. Es war ein ebenso tragisches wie inspirierendes.

Bis zur Begnadigung des einflussreichen Mathematikers und Theoretiker Alan Turing dauerte es mehr als 60 Jahre. Sieht man hier, weswegen er in Ungnade gefallen war und wie die britische Regierung seinerzeit darauf reagierte, finden sich erschütternde Parallelen dazu, wogegen Turing erfolgreich gekämpft hatte.
Filmemacher Morten Tyldum erzählt seinen Film nicht der Reihe nach, sondern springt zwischen mehreren Zeitebenen hin und her. Umrahmt wird der Film aus der Sicht des Jahres 1951, in dem in Turings Haus eingebrochen wird und der ermittelnde Polizist auf Unstimmigkeiten stößt. Ihm erzählt der damals 40jährige Turing, weswegen seine Akten aus dem Zweiten Weltkrieg leer sind: Damals arbeitete Turing zusammen mit einigen Kryptoanalytikern an der unlösbaren Aufgabe, die Verschlüsselung der deutschen Enigma zu brechen, mit der sämtliche, strategisch wichtigen Funksprüche der deutschen Wehrmacht codiert waren.

In der Rolle des arrogant auftretenden, eigenbrötlerischen Turing, der meist schlauer ist als alle übrigen Personen im Raum, spielt Benedict Cumberbatch die meiste Zeit augenscheinlich dieselbe Figur, die ihn ihm Fernsehen weltberühmt gemacht hat. Im letzten Drittel geht das Porträt Turings jedoch weiter und diese Momente sind es, die Cumberbatch zurecht eine Oscarnominierung einbrachten. Er verleiht dem rätselhaften Wunderkind eine Verletzlichkeit und zeigt ihn in einer Art und Weise gebrochen, dass erst nach seinen größten Erfolgen zuvor klar wird, was er verloren hat.
Bis es soweit ist, schildert The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben, wie Turing, Hugh Alexander und die übrigen erfolglos versuchen, hinter die Chiffrierung der Enigma zu kommen, stellt Joan Clarke als starke Frauenpersönlichkeit vor und wirft immer wieder einen Blick in Turings Kindheit, in welcher der Junge von anderen gehänselt wurde.

Sieht man, wie Alan im Kindesalter im Internat von Gleichaltrigen unter dem Fußboden eingesperrt wird, sie ihn verhöhnen mit "Du bist doch keine Judenmemme?" und er weit nach Kriegsende wegen seiner Homosexualität geächtet und sogar verurteilt wird, weisen diese diskriminierenden Behandlungen auf Grund seines Andersseins traurige Parallelen zu dem Regime auf, das Turing half zu besiegen. Antisemitismus oder die grausame Verfolgung von Homosexuellen beschränkten sich nicht nur auf die Grenzen des Dritten Reiches – doch offen angesprochen wird dies im Film leider nicht.

Nichtsdestotrotz gelingt Morten Tyldum ein fesselnder Blick auf einen Kampf gegen die Zeit und auf eine faszinierende Persönlichkeit, die viel zu spät die Anerkennung bekam, die sie verdiente. Das zu beobachten ist insbesondere im letzten Drittel traurig und bewegend.


Fazit:
Die authentische Farbpalette, der Blick für bewusste Schärfen und Unschärfen zeichnen die gelungene Optik so sehr aus, wie Alexandre Desplats hervorragender Score die vielen Schattierungen der Hauptfigur ebenso einfängt wie die Unlösbarkeit des sich ständig wandelnden Puzzles der Enigma. The Imitation Game - Ein streng geheimes Leben glänzt in vielen Bereichen und bietet eine hervorragende Besetzung bis in die kleinsten Nebenrollen.
So toll Benedict Cumberbatch und Keira Knightley jedoch sind, als junger Alan Turing ist Alex Lawther die größte Überraschung. Als Biografie beschränkt sich der Blick auf Turings Leben auf zu wenige Stationen. Doch dafür packen das Geschehen und die Figuren, angeführt von einer Persönlichkeit, deren Schicksal einschüchtern kann, dazu zu stehen, dass man anders ist. Sieht man, was er erreicht hat, macht es uns aber auch Mut und ist gerade deshalb sehenswert.