Switchback - Gnadenlose Flucht [1997]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 18. Februar 2012
Genre: Thriller

Originaltitel: Switchback
Laufzeit: 118 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1997
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Jeb Stuart
Musik: Basil Poledouris
Darsteller: Dennis Quaid, Danny Glover, Jared Leto, R. Lee Ermey, William Fichtner, Ted Levine, Walton Goggins, Maggie Roswell, Allison Smith, Julio Oscar Mechoso, Kevin Cooney, Leo Burmester, Ted Markland, Gregory Scott Cummins, Claudia Stedelin, Orville Stoeber


Kurzinhalt:
In der texanischen Stadt Amarillo wird FBI-Agent Frank LaCrosse (Dennis Quaid) auf einen Killer aufmerksam, den er schon seit Jahren verfolgt. Im Bezirk von Sheriff Buck Olmstead (R. Lee Ermey) hat dieser schon drei Menschen ermordet, was Olmsteads Konkurrent bei der anstehenden Wahl, Jack McGinnis (William Fichtner), gern medienwirksam ausnutzen möchte. Zumal Olmsteads Deputy Braden (Ted Levine) die Wahl ohnehin schon für schwer zu gewinnen hält. Die Spuren führen LaCrosse und den Sheriff weiter, doch hat er noch nicht einmal ein Bild des Täters vorzuweisen.
Auf dem Weg nach Utah trifft unterdessen Bob Goodall (Danny Glover) auf den Tramper Lane Dixon (Jared Leto). Dabei muss Bob den jungen Mann schon wenig später aus einer brenzligen Situation befreien. Sie setzen ihre Reise gemeinsam fort, allerdings wird beiden klar, dass der andere ein Geheimnis mit sich trägt, das er nicht verraten möchte. Für LaCrosse wird die Zeit indes knapp, nicht nur, weil seine Aktivitäten inzwischen für Aufmerksamkeit gesorgt haben, sondern weil der Täter ihm eine sehr persönliche Nachricht hinterlassen hat ...


Kritik:
Letztendlich ist Switchback - Gnadenlose Flucht nicht so überraschend geraten, wie man es erhoffen würde, will heißen, im Grunde genommen kommen einem sowohl die Geschichte wie auch viele Versatzstücke bekannt vor. Doch wovon der stimmige Thriller lebt ist eine passende, ernste Atmosphäre, eine gelungene Optik und das Flair, das meist nur Romanverfilmungen vorweisen können, Regisseur und Autor Jeb Stuart hier jedoch von Grund auf selbst aufbauen kann. Insofern überzeugt die Hatz auf einen brutalen Mörder, selbst, wenn sie nicht vollends ausgenutzt ist.

Die Story wirft das Publikum unversehens in eine andauernde Ermittlung, auch wenn man hiervon später erst erfährt. Dabei wird der Thriller zweigleisig erzählt. Die Ermittler, darunter Sheriff Olmstead und FBI-Agent Frank LaCrosse sind einem Killer auf der Spur, der innerhalb weniger Stunden drei Menschen in der texanischen Stadt Amarillo ermordet hat, und wie der Sheriff von Frank mitgeteilt bekommt, hat er zuvor schon über ein Dutzend Morde begangen. Sein Vorgehen ist immer ähnlich, die Opfer werden mit einem einzigen Schnitt getötet, der beinahe schon eine chirurgische Präzision aufweist. Und wie man erschreckenderweise feststellen musste, verstand der Täter die Suche nach ihm als Wettkampf, bei welchem er bei jeder Tat größere Risiken einging und immer kühner wurde. Bis er von einem Tag auf den anderen verschwand – ehe er im Gebiet von Olmstead wieder auffiel. Was auf dem Spiel steht lässt sich erahnen, selbst wenn die Zusammenhänge der ersten Szenen später im Verlauf des Films erst geklärt werden. Der zweite Erzählstrang handelt von Bob Goodall und dem Tramper Lane Dixon, die gemeinsam auf dem Weg nach Utah sind. Dass einer von beiden der Täter ist, wird schnell offensichtlich, aber wer? Wir vermuten einen großgewachsenen, starken Mann wie Bob, der durch seine offene Art auffällt. Doch sind Killer nicht meist verschlossen? Außerdem sucht die Polizei nach jemandem, dessen Beschreibung auf Lane zutreffen würde.

Nicht nur durch diese Komponenten, einen Täter, den es zu enttarnen gilt, Ermittler, die verzweifelt auf der Jagd sind und einem Schauplatz, der durch die bildgewaltige Naturkulisse kaum einen stärkeren Akzent zur Geschichte setzen könnte, erinnert Switchback ein wenig an Mörderischer Vorsprung [1988]. Beide Filme sind geradlinig erzählt und verlassen sich auf Figuren, über die man trotzdem nicht sehr viel erfährt, die aber nichtsdestoweniger fesseln. Angesichts der Atmosphäre würde man den Thriller sogar zehn Jahre früher ansiedeln, als er tatsächlich entstanden ist.

Störend ist einzig, dass die Überleitungen zwischen manchen Szenen und Schauplätzen etwas holprig erscheinen, beinahe, als würden immer wieder Einstellungen fehlen. Dafür schmückt Stuart sein Skript mit Nebenfiguren und Handlungen, die zwar nicht zwingend notwendig sind, dafür jedoch zu einem stimmigen Gesamtbild beitragen. Sieht man den anstehenden Wahlkampf von Sheriff Olmstead, lernt seinen Konkurrenten McGinnis kennen, oder beobachtet, wie Bob sich in seiner Heimat mit Freunden und Bekannten trifft, hat man das Gefühl, dass diese Welt und die Figuren schon existiert haben, wenn man sie zum ersten Mal sieht. Die Verflechtungen der Personen untereinander, die kleinen Informationen, die man aus ihrer Vergangenheit erfährt, runden Switchback nicht nur ab, sondern heben die Vorlage trotz der Tatsache, dass sie nicht durchgängig feingeschliffen scheint, über den Durchschnitt.

Die namhafte Besetzung veredelt den Thriller, der von einem getriebenen, aber kontrolliert handelnden Dennis Quaid solide angeführt wird. Dass man den eigentlichen Star des Films erst nach 12 Minuten zum ersten Mal zu Gesicht bekommt, sein Charakter als letzter der gesamten Kernbesetzung vorgestellt wird, ist eher ungewöhnlich, verleiht ihm jedoch ein merklich anderes Gewicht. Danny Glover und Jared Leto tragen den zweiten Storyzweig solide und lassen das Publikum immer wieder rätseln, wer nun wofür verantwortlich sein könnte. In ebenso wichtigen Rollen glänzen R. Lee Ermey, Ted Levine und William Fichtner, die selbst weniger stark geforderte Figuren mit einer Präsenz verleihen, dass man spürt, wie entscheidend sie für die Wirkung der Geschichte sind.


Fazit:
Es gibt Filme, die könnte man, sieht man ihren Aufbau, ihre Erzählstruktur und ihre Umsetzung an, schwer einer bestimmten Zeit zuordnen. Dank der Arbeit von Kameramann Oliver Wood gelingt Switchback - Gnadenlose Flucht dieses Kunststück. Er verweilt nicht nur verschwenderisch in Naturaufnahmen, sondern verbindet einzelne Szenen mit kleinen Details, sodass ein Gefühl bleibt, man sehe eine Erzählung, die im Fluss der Geschehnisse entstand. Dem stehen allerdings (inhaltliche) Sprünge entgegen, die nicht so recht zum Rest passen wollen. Manche Überleitungen scheinen vergessen worden zu sein. Und so klassisch und bedacht der Thriller erzählt ist, er lässt kaum ein Klischee aus, das Kenner mit dem Genre verbinden.
Der tadellosen Besetzung gelingt es, darüber hinwegzuhelfen. Sie veredelt eine Produktion, die ohne sie viel gewöhnlicher erschienen wäre. So bleiben letztlich die Überraschungen zwar aus, doch das macht den Thriller von Jeb Stuart nicht weniger atmosphärisch oder unterhaltsam.