Salt - Director's Cut [2010]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 12. Dezember 2010
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: Salt
Laufzeit: 100 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Phillip Noyce
Musik: James Newton Howard
Darsteller: Angelina Jolie, Liev Schreiber, Chiwetel Ejiofor, Daniel Olbrychski, August Diehl, Daniel Pearce, Hunt Block, Andre Braugher, Olek Krupa, Cassidy Hinkle, Corey Stoll


Kurzinhalt:
Der russische Überläufer Orlov (Daniel Olbrychski) behauptet, Evelyn Salt wäre eine russische Schläferspionin, die ein politisches Attentat plane. Evelyn Salt (Angelina Jolie) ist die Agentin, die ihn soeben verhört hat. Salt, eine langjährige, verdiente CIA-Mitarbeiterin, wird für weitere Befragungen eingesperrt, während Peabody (Chiwetel Ejiofor) und ihr Kollege Ted Winter (Liev Schreiber) beraten, wie vorzugehen ist. Als es Salt nicht gelingt, ihren Ehemann Mike (August Diehl) ans Telefon zu bekommen, vermutet sie, dass sie als CIA-Agentin enttarnt wurde und ihr Mann eine Zielscheibe wurde. Sie flieht aus der Einrichtung und macht sich auf, ihren Mann zu finden. Dieser scheint entführt worden zu sein.
Darum macht sich Salt auf den Weg zu dem vermeintlich geplanten, politischen Attentat auf den russischen Präsidenten. Nur: begibt sie sich zum Tatort des Attentats, um es zu verüben, oder um die Hintermänner aufzuspüren? Peabody und Winter sind ihr dicht auf den Fersen ...


Kritik:
Die erste Frage, die sich stellt, wenn man Salt anschauen möchte ist: welche Version? Mussten Kinogänger sich mit einer Filmfassung abfinden, hat man bei der jüngsten Heimvideoveröffentlichung die Wahl zwischen drei verschiedenen Schnittfassungen. Zum einen der Kinofassung, aber auch dem Director's Cut und einer Erweiterten Version. Diese unterscheiden sich allerdings nicht wie bei vielen anderen Veröffentlichungen allein durch den Zusatz von mehr Gewaltdarstellungen, sondern verändern Schlüsselmomente der Geschichte, beziehungsweise ändern das Ende ab oder ergänzen es um einen minutenlangen Epilog. Schon um der Vision des Regisseurs am nächsten zu kommen, bietet sich der Director's Cut an, auch wenn alle drei Fassungen in einem sehr ähnlich sind: keine ergibt einen rundum sehr guten Film.

Evelyn Salt ist eine verdiente CIA-Agentin, die selbst eine grausame Inhaftierung im Rahmen ihres Dienstes in Korea überstanden hat. Ihr Ehemann, der Spinnenforscher Mike setzte damals alle Hebel in Bewegung, um sie zu befreien. Ein russischer Überläufer kündigt bei einem gemeinsamen Verhör mit Evelyn an, sie sei eine russische Agentin, die den russischen Präsidenten ermorden wolle. Als Vorsichtsmaßnahme wird Salt eingesperrt, flieht jedoch aus Sorge um ihren Ehemann, zu dem der Kontakt abgebrochen ist. Auf der Suche nach ihm macht sich Salt immer weiter verdächtig, oder ist sie gar ein Doppelspion?
Die Ausgangslage bei Salt wäre gar nicht so absurd, wäre sie nicht durch völlig überzogene Actionsequenzen darauf stilisiert. Angelina Jolie kämpft sich eindrucksvoll und ihre männlichen Kollegen mühelos in die Schranken verweisend durch Hochsicherheitsgebäude, prügelt und schießt, ohne ihr Ziel zu verfehlen und lässt es so aussehen, als wäre es ein Leichtes, auf einem Highway von einem Lastwagen zum nächsten zu springen. Nicht zuletzt dank der Eröffnung, die ihre Misshandlungen während der Gefangenschaft zeigen, ist man als Zuseher auf ihrer Seite, auch wenn ein Rest Zweifel bleibt, ob sie nicht doch die Agentin eines ehemaligen russischen Geheimprojekts sein könnte. Überraschend früh wird aufgeklärt, was es damit tatsächlich auf sich hat, anstatt die Spannung und die Erkenntnis bis zum Schluss zu bewahren. Nach etwa einer Stunde erfährt die Geschichte in einem Schlüsselmoment, der in zwei Filmfassungen zwar unterschiedlich, im Ausgang aber ähnlich ist, einen Knick, ab dem die comichaft angehauchte, überzogene Action einem Rachefeldzug weicht, bei dem man jedoch als Zuseher den Bezug zu Salt verliert. Was sie fortan motiviert ist zwar offensichtlich, nur verliert sie durch ihre Passivität in jenem Moment viel von ihrer Sympathie und was mit ihr geschieht interessiert nicht mehr so sehr wie zu Beginn. Trotz des verschärften Untertons setzt das Drehbuch seinen Weg mit immer noch fantastischeren und übertriebeneren Situationen fort und wer von Anfang an der Meinung ist, es müsse noch einen weiteren Bösewicht im Film geben, der wird im letzten Drittel auch noch bestätigt.

So unvorhergesehen zu Anfang die Entwicklungen der Drehbuchvorlage sind, so konsequent vorhersehbar sind sie, hat man sich mit der Ausgangslage erst einmal abgefunden. Die zugrunde liegenden Theorien über Schläfer, Terroristen, die in hochrangigen Positionen auf ihre Aktivierung warten, sind nicht neu, würden aber genügend Spielraum bieten, um daraus einen spannenden Thriller zu gestalten. Das gelingt auch, bis Salt ihre Sympathiewerte verliert und statt von der Sorge um ihren Mann nur noch vom Gedanken an Vergeltung getrieben wird. Regisseur Phillip Noyce verpackt das in sehr routiniert und übersichtlich gefilmte Action, die in gewissem Sinne darum erfreulich altmodisch wirkt. Auch die Spezialeffekte bei der Stuntarbeit können überzeugen, wären nicht immer wieder manche Einstellungen mit einem aufdringlichen Weichzeichner gefilmt. Dafür entschädigt die rhythmische musikalische Untermalung von James Newton Howard. An der Art und Weise, wie Salt inszeniert ist, gibt es nichts zu bemängeln. Die Probleme, die man als Zuschauer hat, sich mit der Figur Evelyn Salt zu identifizieren, oder mit ihr mitzufiebern, ergeben sich einzig und allein aus dem Drehbuch, das einen Haken schlägt, der weg vom Publikum führt. Angesichts des Aufwands und der Ansätze, die über weite Strecken, trotz der absurden Ideen enthalten sind, ist das sehr bedauerlich. Die kompromisslose Ernsthaftigkeit, mit der Salt erzählt wird, nimmt dem Film außerdem sein Spaßpotential.


Fazit:
Wer ist Salt? Um diese Frage dreht sich die erste Hälfte des gleichnamigen Actionthrillers. Wer jedoch damit rechnet, dass erst am Schluss geklärt wird, ob Evelyn Salt eine russische Spionin oder eine CIA-Agentin ist, der irrt. Salt klärt die Frage für einen Film dieses Genres sehr früh und schickt den Zuschauer fortan auf eine Reise, auf der man der Protagonistin jedoch nur ungern folgt, da ihre Absichten unklar bleiben. Hätte sie jemanden, dem sie sich anvertraut oder würde sie ausdrücken, was in ihr vorgeht, dann würde es leichter fallen, mit ihr mitzufiebern. Doch dies bleibt nur der Erweiterten Fassung vorbehalten und erfolgt auch dann viel zu spät.
Handwerklich tadellos gefilmt und gut gespielt, überzeugt die Action trotz der übertriebenen Situationen. Man könnte diese Momente auch genießen, würde sich Salt nicht zu ernst nehmen.