Nie wieder Sex mit der Ex [2008]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 25. Juni 2008
Genre: KomödieOriginaltitel: Forgetting Sarah Marshall
Laufzeit: 112 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2008
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Nicholas Stoller
Musik: Lyle Workman
Darsteller: Jason Segel, Kristen Bell, Mila Kunis, Russell Brand, Bill Hader, Liz Cackowski, Maria Thayer, Jack McBrayer, Taylor Wily, Davon McDonald, Steve Landesberg, Jonah Hill, Paul Rudd
Kurzinhalt:
Nicht mit heruntergelassener, sondern ganz ohne Hose erwischt es Peter Bretter (Jason Segel), als seine Freundin Sarah Marshall (Kristen Bell) nach fünfeinhalb Jahren mit ihm Schluss macht. Dass er die Musik für die Fernsehserie schreibt, in der sie die Hauptrolle spielt, macht es für Peter nicht einfacher, darüber hinweg zu kommen.
Peters Stiefbruder Brian (Bill Hader) kommt schließlich auf die rettende Idee: etwas Urlaub soll den gebrochenen Mann wieder aufbauen. Dass Peter jedoch ausgerechnet in dem Hotel auf Hawaii eincheckt, in dem Sarah mit ihrem neuen Freund, dem bekannten Musiker Aldous Snow (Russell Brand), ihren Urlaub verbringt, verbessert Peters Laune nicht wirklich.
So stolpert er von einem peinlichen Moment zum nächsten, wäre da nicht Rachel (Mila Kunis) von der Rezeption. Aber wie soll er Sarah vergessen, wenn er ihr unzählige Male am Tag über den Weg läuft? …
Kritik:
Es kommt nicht allzu oft vor, dass bei zerbrochenen Beziehungen im Film die Männer als Opfer beschrieben werden. Umso erfreulicher ist es, dass die Macher von Nie wieder Sex mit der Ex – der reißerische deutsche Titel wird dem Original mit Forgetting Sarah Marshall nicht wirklich gerecht – dies zum Anlass nehmen, um eine ganze Menge Klischees auszugraben, und sich nach Herzenslust daran ergötzen, diese vorzuführen. Dabei betreffen die Klischees beide Lager, männliche wie auch weibliche Protagonisten.
Weswegen das Skript von Hauptdarsteller Jason Segel dann aber am Ende nicht konsequent genug ist, um seine Aussage auch bis zum bitteren Ende zu führen, ist unverständlich. Es hätte der zotenreichen Geschichte mit Sicherheit einen besseren Abschluss verpasst als das, was man in dem sehr versöhnlichen Finale serviert bekommt.
Angeblich basiert der Klavier spielende Mime sein Skript sogar auf einer wahren Begebenheit; oder zumindest Teile davon. So habe tatsächlich eine seiner Freundinnen einmal mit ihm Schluss gemacht, während er unbekleidet vor ihr stand, und vor seiner nicht unerfolgreichen Schauspielkarriere habe er auch ein Dracula-Musical ins Auge gefasst. Doch mit diesen beiden Einfällen enden auch schon die subtilen Einfälle der Drehbuchvorlage, und wer unterschwelligen, romantischen Humor im Stile eines Harry und Sally [1989] erwartet, wird leider enttäuscht. Mit dem Holzhammer wird ein Witz nach dem anderen vor dem Publikum zerschlagen, wobei manche dabei besser zünden als andere.
Doch spätestens, wenn sich die Dialoge vom Trennungsschmerz auf die männliche und weibliche Fortpflanzungsanatomie beschränken, und die eingängigsten Verben für die Reproduktion im Sekundentakt aus den Lautsprechern fetzen, wird klar, dass es den Machern weniger um den Humor an sich geht, als darum, mit unkonventionellen Gesprächen zu schockieren. Dies sieht man auch daran, dass Hauptdarsteller Segel sein bestes Stück gleich mehrmals in die Kamera halten muss, um damit die Zuschauer aus der Wiederholung bekannter Szenen aufzuwecken. Denn wirklich neue Einfälle gibt es außer der sehr plastischen Darbietungsweise des Themas Sex nicht wirklich.
Dafür sind einige Dialoge (interessanterweise, wenn sie sich nicht um das Lieblingsthema des Films drehen) wirklich gelungen und überzeugen auch bei leiseren Tönen. Doch gibt es davon zwei Momente innerhalb der knapp zwei Stunden – und dies allein reicht nicht, um den Film aus dem großen Topf der eher durchschnittlichen Komödien heraus zu heben. Wie die letztliche Aussage des Films zu verstehen ist, die das festhalten möchte, dass ein Seitensprung nicht gleich ein Seitensprung ist, bleibt ebenfalls ungeklärt. Hier hätte das Skript mehr Mut beweisen können und sollen, um Peter wenigstens die Konsequenzen seines Handelns tragen zu lassen. Mag sein, dass manche Momente in der Tat wie aus dem Leben gegriffen sind – die letzten 10 Minuten sind es sicher nicht.
Die Darsteller scheinen sich indes wirklich wohl zu fühlen. Allen voran Jason Segel, der mehr darum bemüht ist, seine Kleidung aus, statt anzuziehen. Aber auch Kristen Bell macht ihre Sache gut, obwohl ihrer Figur das Quäntchen Bösartigkeit fehlt, um sie wirklich als Negativpol zu Peter zu sehen. Dasselbe Problem hat auch der Brite Russell Brand, der als Aldous Snow zwar für die meisten geschmacklosen Momente sorgt, aber gleichzeitig nicht völlig unsympathisch erscheint. So sehr man sich also an der Seite von Peter Bretter wähnt, es fehlt leider an einem Charakter, in den man alle Wut und Enttäuschung hinein projizieren kann. Wenn später auch noch ein Aspekt der Geschichte beleuchtet wird, durch den Peter in einem ganz anderen Licht dasteht, fühlt man sich als Zuschauer völlig allein gelassen.
Nur gut, dass in der in Kiew geborenen Mila Kunis wenigstens eine Hauptdarstellerin zugegen ist, mit der man sich wirklich identifizieren kann. Schade nur, dass ihre ruhigen Momente so selten sind – sie zählen zu den besten des Films.
Von dem leidlich geforderten Bill Hader ist glücklicherweise kaum was zu sehen, und auch Liz Cackowski hat keine nennenswerten Momente. An bekannten Gesichtern ist sonst noch Paul Rudd zu erkennen, der als realitätsfernen Surfer Chuck aber genauso blass bleibt, wie die meisten Nebenfiguren.
Der Cast scheint sich also gut zu verstehen, schade nur, dass ihre Rollen so ausgelegt sind, dass niemand wirklich böses dabei ist; dies hätte zumindest insofern geholfen, als dass man sich eher mit dem Underdog hätte identifizieren können.
Für Nicholas Stoller, der für einige Komödien bereits die Vorlagen lieferte (darunter auch Dick und Jane [2005]), war es die erste Regiearbeit. Umso bedauerlicher, dass er sein Erstlingswerk nicht wenigstens mit einigen netten Ideen schmückt. Zwar wurde am Originalschauplatz auf Hawaii gedreht, doch gibt es weniger großartige Landschaftsaufnahmen zu sehen, noch weisen die Szenen selbst eine originelle Choreografie auf. Nicht einmal die Zimmer-an-Zimmer-Situation im zweiten Drittel des Films wird in irgendeiner Form ausgenutzt. Stattdessen bekommt man immer wieder dieselben Schauplätze zu sehen, immer wieder die gleichen Einstellungen der bekannten Gesichter.
Mehr Originalität hätte der Umsetzung nicht geschadet, die ganz offensichtlich darauf aus ist, mit eingestreuten Rückblenden eine Skurrilität aufzubauen, die jedoch so erzwungen scheint, dass sie ihr Ziel klar verfehlt. Wirklich dynamisch erscheint das Gezeigte ebenso wenig, dafür setzt Regisseur Stoller zu sehr auf feste Kameraperspektiven, anstatt den malerischen Hintergrund als Teil der Geschichte einzubinden.
Für Jungfrau (40), männlich, sucht [2005] konnte Komponist Lyle Workman sogar Preise einheimsen; bei Nie wieder Sex mit der Ex ist seine Musik kaum zu hören und wenn, dann so zusammenhangslos, dass es zwar zum jeweiligen Moment passt, sich aber in keiner Weise auszeichnet.
Dafür ist der gesungene Soundtrack gut gelungen, wartet mit vielen, eingängigen Melodien auf, die im Nu Urlaubsstimmung aufkommen lassen und das Karibik-Flair gekonnt einfangen. Ein solches Album mag für Fans sicherlich interessanter sein, als der instrumentale Score, der nicht einmal 20 Minuten füllen dürfte.
Was nach den knapp zwei Stunden bleibt ist ein grundsätzlich guter Ansatz, der aber weniger durch den Inhalt, als vielmehr durch die Präsentation desselben überzeugen möchte. Statt zu überraschen lieber schockieren will und so sehr mit den Klischees spielt, dass man sich am Schluss selbst in einem verliert. Wie die FSK einen solch derben Humor für Kinder zugänglich machen kann, verstehe wer will; da passt es auch dass die Filmbewertungsstelle in Wiesbaden den Film mit "Prädikat: Wertvoll" auszeichnet. Nur muss man sich über den Umgangston der Jugend heute dann auch nicht wundern.
Das Skript wäre insofern ausbaufähig gewesen, aber in der vorliegenden Form wirkt es wie ein Rohschliff. Die Schauspieler scheinen Spaß am Dreh gefunden zu haben, und letztlich sind es die sympathischen Mimen, die die mitunter derben Zoten erträglich machen. Statt so vielen Gags hätten auch weniger gereicht, wenn sie denn überzeugen würden. Dass die ruhigen Momente die besten sind, verwundert nicht; es überrascht lediglich, dass es so wenige davon gibt.
Fazit:
Man hatte es immer geahnt: Frauen sind Schweine. Aber Männer auch! Und wie so oft im Film wie im wahren Leben, haperte es bei Sarah und Peter schlicht an der Kommunikation – auch wenn der eigentliche Grund ihres Seitensprungs erst sehr spät im Film thematisiert wird. Das mag im ersten Moment wie eine Entschuldigung klingen, doch dass Peters anschließende Dummheit am Ende nicht bestraft wird, ist nicht nur unverständlich, sondern auch inkonsequent. Das hätte Autor und Hauptdarsteller Jason Segel entweder anders lösen, oder aber getreu seinem Credo auch zum Abschluss bringen können.
Doch der große Teil der Zuschauer wird sich an dieser Tatsache nicht stören. Auch nicht daran dass das Thema Sex mitunter recht vulgär porträtiert wird. Und genau daran sieht man, dass sich Nie wieder Sex mit der Ex weniger an ein Publikum richtet, das gerne nachdenkt, als an eines, das sich gern durch stellenweise derben Humor unterhalten lässt. Wen das nicht stört, der wird hier zwar seinen Spaß haben, doch hätte der Film viel mehr Nuancen besitzen können. Hätten sich die Macher denn mehr getraut, anstatt nur zu provozieren.