Die Eiskönigin 2 [2019]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 11. November 2019
Genre: Animationsfilm / Musical / Komödie

Originaltitel: Frozen II
Laufzeit: 103 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ohne Altersbeschränkung

Regie: Chris Buck, Jennifer Lee
Musik: Christophe Beck
Besetzung (Stimmen): Idina Menzel (Dina Kürten, Willemijn Verkaik), Kristen Bell (Yvonne Greitzke, Pia Allgaier), Jonathan Groff (Leonhard Mahlich), Josh Gad (Hape Kerkeling), Evan Rachel Wood (Gundi Eberhard, Sabrina Weckerlin), Jason Ritter (Jonas Lauenstein), Rachel Matthews (Lara Trautmann), Alan Tudyk, Sterling K. Brown (Bernd Egger), Ciarán Hinds, Alfred Molina (Bernd Vollbrecht)


Kurzinhalt:

Sechs Jahre sind vergangen, seit die mit Zauberkräften ausgestattete Elsa (Idina Menzel /Dina Kürten, Willemijn Verkaik) Königin von Arendelle wurde. Ihre Schwester, Prinzessin Anna (Kristen Bell / Yvonne Greitzke, Pia Allgaier), ist mit Kristoff (Jonathan Groff / Leonhard Mahlich) glücklich – doch Elsa verspürt eine Unruhe, die täglich größer wird. Als sie den Ruf einer geheimnisvollen Stimme vernimmt, hofft sie, Antworten auf ihre drängendsten Fragen zu finden. Doch damit erweckt sie die Geister eines verzauberten Waldes zum Leben, die Arendelles Sicherheit bedrohen. Also reist Elsa mit Anna, Kristoff, seinem Rentier Sven und dem Schneemann Olaf (Josh Gad / Hape Kerkeling) zum verzauberten Wald, wo das Volk der Northuldra leben soll. Es beginnt ein Abenteuer, das Elsa und Anna nicht nur auf die Probe stellt, sondern auch Antworten bereithält, die alles, was sie zu wissen glaubten, in Frage stellen …


Kritik:
Sechs Jahre sind vergangen, seit Chris Buck und Jennifer Lee mit Disneys Die Eiskönigin - Völlig unverfroren [2013] ein immenser Erfolg gelungen ist. Umso höher sind die Erwartungen, was die Macher sich für Die Eiskönigin 2 einfallen lassen. Nun, es ist keine große Überraschung, dass dies wieder eine Geschichte der beiden Schwestern Anna und Elsa ist. Auch Annas Freund Kristoff ist erneut dabei, ebenso sein Rentier Sven, und der durch Elsas magische Kräfte zum Leben erweckte Schneemann Olaf rundet das Ensemble ab. Ungewöhnlich ist, dass es kaum neue Figuren zu entdecken gibt, dafür jedoch ein neues Kapitel aus der Vergangenheit des Königreichs Arendelle, in dem Elsa Königin ist. Die enge Verknüpfung dieser Hintergrundgeschichte mit dem ersten Teil ist es, was die Fortsetzung ausmacht, zusammen mit den beiden tragenden Figuren. Doch das macht umso deutlicher, worauf die Filmemacher hier hätten mühelos verzichten können.

Der von Elsas und Annas Vater erzählte Prolog setzt die Stimmung für das neue Abenteuer in dieser magischen Welt. König Agnarr berichtet davon, wie er selbst noch ein Junge war und seinen Vater auf eine diplomatische Reise zum Volk der Northuldra begleitete. Dieses Volk lebt in einem verzauberten Wald, in dem Geister der Elemente Erde, Wasser, Feuer und Luft wohnen. Doch das Volk des Waldes habe sich gegen Arendelle gewandt und aus Zorn hätten die Elemente einen mysteriösen Nebel über den Wald gelegt, in den seither niemand hineingehen und aus dem niemand herauskommen kann. Jahre später spürt Elsa, dass sie immer noch nicht die Antworten auf ihre drängendsten Fragen kennt. Weshalb sie magische Fähigkeiten besitzt, beispielsweise. Als sie eine Stimme vernimmt, die außer ihr niemand hört, ahnt sie, dass es mehr in dieser Welt geben muss, als sie bereits weiß, und dass sie noch nicht diejenige ist, die sie sein könnte. Als sie dem Ruf dieser Stimme folgt, erweckt sie die Geister des verzauberten Waldes zum Leben. Da diese Arendelle bedrohen, reisen Anna, Elsa, Kristoff, Olaf und Sven zu dem Wald, auf der Suche nach Antworten.

Das klingt durchaus vielversprechend und tatsächlich ist die mystische Fantasy-Geschichte so gelungen, dass es umso unverständlicher erscheint, wie viel Zeit das Drehbuch von Die Eiskönigin 2 damit verbringt, Wege zu finden, die eigentliche Story nicht weiterzuverfolgen. Stattdessen fällt der Blick immer wieder auf Kristoff, der vergeblich versucht, Anna einen Heiratsantrag zu machen und wie Olaf sogar einen eigenen Song zugeschrieben bekommt. Beide Lieder spielen im Kontext der Haupthandlung keine Rolle. Dass die Macher spürbar Wert darauf legen, das zweifelsohne fest eingeplante Musical zum Film mit neuen Songs zu füllen, merkt man schon daran, dass gerade in der ersten Filmhälfte gefühlt mehr Lieder als gesprochene Dialoge vorkommen.
Doch so amüsant es eingangs ist, den verliebten, aber in dieser Situation leicht tollpatschigen Kristoff zu sehen, seine Szenen ziehen die Geschichte ohne wirklichen Mehrwert in die Länge. Ebenso verhält es sich mit vielen Situationen um Olaf, dessen oftmals naives Auftreten keine neue Perspektive eröffnet, sondern sich wie ein Running Gag, der zu oft wiederholt wird, schnell abnutzt.

Dass dem nicht so sein muss, beweist Die Eiskönigin 2 in der zweiten Hälfte, die ernster erzählt ist, mit einem Hinweis darauf, was den Eltern von Anna und Elsa widerfahren ist. Elsas Solo „Show Yourself“ („Zeige dich“), wenn sie erfährt, wie all dies mit ihr und auch ihren Fähigkeiten zusammenhängt, ist der erzählerische wie musikalische Höhepunkt des Films, dicht gefolgt von „Into the Unknown“ („Wo noch niemand war“), beide im Original vorgetragen von Idina Menzel. Die Künstlerin besitzt eine Stimmgewalt und eine Präsenz, dass Gänsehautstimmung garantiert ist. Dann, wenn alles verloren scheint, gewinnt auch Olaf an Profil und Anna tritt mit „The Next Right Thing“ („Der nächste Schritt“) sogar gesanglich aus dem Schatten ihrer Schwester, sodass für das Finale kaum mehr auf dem Spiel stehen könnte.

Die Geschichte erweitert die Sage um das Königreich Arendelle sowie Anna und Elsa gekonnt und nicht im geringsten aufgesetzt. Insofern ist es umso bedauerlicher, dass sie in der ersten Filmhälfte offensichtlich auf der Stelle tritt. Das mag das Zielpublikum nicht stören, zumal Fans des ersten Teils genügend frische Ideen finden, um die Magie des Vorgängers wiederaufleben zu lassen. Doch es schmälert etwas den Gesamteindruck. Nimmt man die vielen neuen Lieder, von denen die Hälfte hätte aus dem Film gestrichen werden können, ohne dass es auffallen würde, bleibt der Eindruck, als wäre dies nicht ganz der Film, den die Macher erzählen wollten, aber mussten, um ihn bestmöglich vermarkten zu können. Mit zwei so starken Frauenfiguren hätte es so viel Platz für Olaf und Kristoff nicht gebraucht. Selbst wenn die das junge Publikum vermutlich am meisten begeistern werden.


Fazit:
Eine Königin mit magischen Kräften, die sie sich nicht erklären kann, ein mysteriöser Nebel um einen verzauberten Wald, in dem Geister die Elemente beherrschen – und die Erkenntnis, dass Wasser ein Gedächtnis besitzt. Jennifer Lee und Chris Buck setzen die Erwartungen ziemlich hoch. Dass sie sie am Ende erfüllen können, verdanken sie der zweiten Filmhälfte. Während die erste zwar Vieles vorstellt, aber abgelenkt durch Nebenhandlungen kaum weiterverfolgt, wird die mystische Geschichte um diese zwei starken Schwestern und das Band, das sie verbindet, im späteren Verlauf merklich handfester und konsequenter erzählt. Das Aussehen des Films ist fantastisch, viele Bilder sind schlicht atemberaubend und die Stimmung so toll eingefangen, dass man an sich gern mehr Zeit in Arendelle verbringen würde. Insofern, auch wenn an Die Eiskönigin 2 nicht alles so gut gelingt, wie die Macher es vermutlich selbst erhofften, dank der beiden packenden Hauptfiguren und der einladend atmosphärischen Story ist man emotional so sehr investiert, dass am Ende stellenweise die Dämme brechen. Wer sich in der Welt von Die Eiskönigin - Völlig unverfroren bereits wohlfühlte, wird auch dieses Abenteuer genießen. Darauf kommt es am Ende auch schließlich an.