Steve Alten: "Meg – Die Angst aus der Tiefe" [1997]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 10. Juni 2007
Autor: Steve AltenGenre: Horror / Science Fiction / Action
Originaltitel: Meg
Originalsprache: Englisch
Gelesen in: Englisch
Ausgabe: Taschenbuch
Länge: 363 Seiten
Erstveröffentlichungsland: USA
Erstveröffentlichungsjahr: 1997
Erstveröffentlichung in Deutschland: 1997
ISBN-Nr. (gelesene Ausgabe): 0-9761659-1-0
Kurzinhalt:
Vor sieben Jahren glaubte der Navy-Tiefsee-Pilot Jonas Taylor, bei einem Erkundungstauchgang im elf Kilometer tiefen Marianengraben, ein riesiges, Angst einflößendes Tier gesehen zu haben – in Panik tauchte er zu schnell auf, wurde dabei schwer verletzt, während seine zwei Begleiter starben. Auf der Suche nach einer möglichen Ursache, wurde Taylor auf den Carcharodon Megalodon aufmerksam, ein urzeitlicher, riesiger Hai, der vor Jahrmillionen die Meere beherrschte. Taylor studierte die fossilen Funde, informierte sich, und wurde zu einem der führenden Experten auf dem Gebiet.
Nun bittet ihn ein alter Freund, der Meeresforscher Tanaka, mit seinem Sohn D.J. in einem der modernsten Einmann-U-Boote, den Meeresgrund des Marianengrabens aufzusuchen, um einen dort defekten Roboter zu bergen. Der Tauchgang verläuft planmäßig, ehe die zwei Taucher in den Tiefen des Grabens auf zwei Exemplare des längst ausgestorben geglaubten Megalodon treffen. D.J.s U-Boot wird schwer beschädigt, während sich der Hai in einem angebrachten Bergungskabel verheddert.
Hilflos muss Taylor mit ansehen, wie der Megalodon geborgen wird – im Schlepptau ein noch größeres, zwanzig Meter langes und 30 Tonnen schweres, schwangeres Weibchen, das in wenig später im Pazifik sein Unwesen treibt. Es liegt an Taylor, zusammen mit D.J.s Schwester Terry, den Riesenhai aufzuhalten, ehe noch mehr Menschen sterben. Dabei wollen Taylors Frau Maggie, ihr Liebhaber Bud Harris und einige andere, Profit aus dem Megalodon schlagen. Doch mit seinen seit unzähligen Jahren perfektionierten Instinkten, ist der riesige Hai seinen Jägern stets einen Schritt voraus ... und scheint alsbald Gefallen an seinem bedeutend größer gewordenen Jagdrevier gefunden zu haben.
Kritik:
Wem die Idee eines blutrünstigen Riesenhais bekannt vorkommt, denkt mit Sicherheit an Peter Benchleys Der weiße Hai [1973], effektvoll für das Kino umgesetzt von Steven Spielberg. Gekoppelt mit Theorien über ein Überleben der Spezies, untermauert von "wissenschaftlichen" Fakten, sind Bezüge zu Michael Crichtons Dino Park [1990] (auch bekannt als Jurassic Park) nicht von der Hand zu weisen.
Weder sprachlich, noch inhaltlich, gelingt es Steve Alten in seinem Erstlingswerk, die beiden Paten seines Romans Meg zu erreichen, gleichwohl ihm einige Hommagen sicher sind. Für sich allein genommen allerdings, bietet Meg immerhin schnelle und spannende Unterhaltung – gleichwohl ohne Anspruch, so immerhin nie langweilig. Wäre es dem Autor gelungen, seinen Figuren außer flotten Sprüchen, auch ein wenig Selbstironie in den Mund zu legen, hätte aus Altens Monster-Horror ein noch spaßigeres Buch werden können.
Am Inhalt hätte dies freilich nichts geändert, und auch wenn die meisten Fakten, die der Autor über seinen urzeitlichen Riesenhai beschreibt, bestenfalls als Theorien zu handeln sind, an vielen Ungereimtheiten darf man sich als Leser schlicht nicht stören, um den Roman dennoch genießen zu können. Bis zum Finale hin gelingt dies Steve Alten auch ganz gut, ehe sein Buch allerdings in fantasievolle Sphären abdriftet, bei denen jeder aufgeweckte Leser seine Augen gen Himmel rollen wird.
Grundsätzlich spricht für Meg die Story an sich, die zwar ohne Überraschungen auskommt, und bei der von vorneherein abzusehen ist, welche Figur wann das Zeitliche segnen wird, die aber so flott und schnörkellos erzählt ist, dass man gar nicht zum Nachdenken kommt, so schnell fliegen die Seiten an einem vorbei. Von den technischen Grundlagen eines richtigen Techno-Thriller, ist Alten allerdings weit entfernt, zumal man sich schon zu Beginn die Frage stellt, woher der Wissenschaftler Jonas Taylor seine zahlreichen Informationen über die Anatomie, die Haut und das Jagdverhalten eines seit Jahrmillionen ausgestorbenen Urzeithais nehmen möchte.
Hält man sich damit aber nicht weiter auf, entfaltet sich die Geschichte in einem rasanten Tempo, das kaum Zeit zum Luftholen lässt. Weswegen Alten aber nicht die Möglichkeiten nutzt, um während der Ruhephasen des Romans (wenn beispielsweise zwischen zwei Sichtungen des Hais mehrere Tage vergehen) in Nebenhandlungen die Figuren zu vertiefen, bleibt unklar – hier hätten auch die Charaktere noch einige Feinheiten mitgeliefert bekommen können, die sie von den eindimensionalen Figuren ihrer Art abheben würden.
So absurd also die Story von Meg sein mag, sie bleibt stets unterhaltsam – solange man nicht auf der Suche nach der Beweisbarkeit der dargestellten Verhaltensmuster oder der reinen Physiologie des Megalodon ist.
Dahingegen bieten die verschiedenen Figuren gerade genügend Substanz, um ihre Dialoge zu tragen, und auch die recht flott erzählten Hintergrundgeschichten zu den einzelnen Charakteren vermögen daran nicht wirklich etwas zu ändern.
Geradezu grotesk wirken die Wandlungen, die die "bösen" Figuren im Roman durchlaufen, seien es nun Bud Harris oder Frank Heller. Ihre Motivation wirkt derart plakativ, dass sich einem schon die Nackenhaare beim Lesen aufstellen.
Im Gegensatz dazu ist es überaus interessant, die Veränderungen in Jonas Taylor zu sehen, der sich vom schüchternen Akademiker zum Abenteurer wandelt. Dies kommt zwar nicht unerwartet, und entwickelt sich auch genau so, wie man das in einem Roman dieser Art gewohnt ist, macht aber immerhin Spaß zu lesen. Auch die obligatorische Liebesbeziehung wird eingebaut, wenn auch nicht in dem Maße übertrieben, wie es hätte sein können.
Die Nebenfiguren werden akkurat in die Lager "gut" und "böse" eingeteilt, so dass der Leser auch hier nicht unnötig verwirrt wird.
All das täuscht allerdings nicht darüber hinweg, dass es Alten ausgesprochen gut gelungen ist, den Megalodon selbst als Figur zu etablieren. Auch wenn er den Hai selbst nicht personifiziert, durch die Beschreibungen des Jagdverhaltens, der einzelnen Attacken aus Sicht des Weibchens, und ihrer Reaktionen auf die verschiedenen Umwelteinflüsse, verleiht der Autor seinem Antagonist ein gewisses Charisma, das trotz der Brutalität und der schieren Boshaftigkeit immer noch natürlich wirkt. Bemerkenswert ist außerdem, wie bildlich Alten die Größenverhältnisse zu seinem Carcharodon Megalodon beschreibt, so dass man sich als Leser grundsätzlich ein sehr genaues Bild von der Szenerie und der Bedrohung für die Figuren machen kann.
Was Autor Steve Altens Roman an Charakterzeichnungen fehlt, macht er mühelos in Sachen Schnelligkeit wieder wett. Kaum ein Buch, auch kein Unterhaltungsroman, besitzt ein dermaßen schnelles Erzähltempo, wie die Jagd nach dem Urzeithai. Die Kapitel, die allesamt mit sehr aussagekräftigen Überschriften versehen sind, fliegen vor den Augen des Lesers vorbei, und wer der Meinung ist, dass schon die normale Geschichte recht spannend erzählt ist, der wird sich wundern, wie gelungen die großen Actionsequenzen im Roman ausfallen.
Hier spinnt Alten auf mehreren Ebenen (gerade beim Finale) mitreißende Situationen, die einen zum Weiterblättern animieren. Zwar verkommt gerade der eigentliche Höhepunkt des Romans und die Konfrontation Taylors mit dem Megalodon auf Grund der abstrusen Storywendung zu einem kaum fassbar-hanebüchenen Showdown, doch bleibt auch hier, trotz der grotesken Sequenz, die Spannungsschraube angezogen und der Unterhaltungsgrad hoch.
Umso erstaunlicher ist es, dass der Autor sein Tempo von der ersten Seite an halten kann, und zum Schluss sogar noch steigert.
Sprachlich reiht sich Meg nur knapp über gängiger Pulp-Literatur ein, ist somit zwar nicht in dem Maße vulgär, wie manch andere Veröffentlichungen, aber alles andere als anspruchsvoll.
Einzig die vielen Fremdwörter und anatomische Beschreibungen heben den Schwierigkeitsgrad von Altens Stil ein wenig an – dennoch bleibt der Roman auch für Einsteiger sehr leicht zugänglich.
Wie sich die Karriere eines Autors entwickeln kann, beschreibt Steve Alten in dem neu verfassten Vorwort der hier vorliegenden "Überarbeiteten und erweiterten Fassung" des Romans, in dem er sich auch bei den Lesern bedankt. Inzwischen ist die Meg-Reihe um zwei weitere Bücher gewachsen und wird 2008 voraussichtlich noch um einen weiteren Band ergänzt, wohingegen die Filmrechte an der Monsterhatz bereits seit zehn Jahren in Hollywood kursieren. Angeblich soll ebenfalls im nächsten Jahr der von manchen Fans lang ersehnte Film kommen. Wie notwendig das allerdings ist, muss jeder für sich entscheiden.
Sicher ist nur, dass Alten mit seinem Erstling ein überaus spannendes, unterhaltsames, wenn auch inhaltlich mitunter haarsträubendes Werk gelungen ist, das sich voll und ganz darauf stützt, dass die Leser die hier dargebrachten Theorien über den Carcharodon Megalodon glauben – wie beweisbar sie sein mögen, sei allerdings dahingestellt. Nichtsdestotrotz, wie Steve Alten seinen Monsterhai beschreibt, wäre es eine perfekt ausgetüftelte und auf Grund der instinktiven Handlungen umso Furcht einflößendere Tötungsmaschine.
Fazit:
Als Der weiße Hai 1975 in die Kinos kam, fegte er die Strände leer – und das im doppelten Sinne. Erstens, weil die Zuschauer den Film immer wieder sehen wollten, und zweitens, weil sie sich anschließend nicht mehr ins Wasser trauten. Dieser Effekt wurde Steve Alten vorenthalten, was aber hauptsächlich daran liegt, dass man als Leser auf Grund der genauen Beschreibungen des Monsters, der ausgeklügelten Taktiken des Angreifers und der natürlichen Perfektion des Räubers das Gefühl bekommt, es würde sich um ein Phantasieprodukt handeln. Dem Megalodon in Meg haftet trotz seiner Bedrohlichkeit und der zweifelsohne gelungenen Schilderung dieser imaginären Urzeithaiart nichts Reales an.
Zwar versucht der Autor, dies durch seine "wissenschaftlichen Beweise", die durch Jonas Taylor dargebracht werden, zu festigen, wirklich überzeugend, gelingt ihm dies aber nicht. So bleibt Meg immer packend und liest sich immens schnell – konnte für mich aber nie über den Status eines durchweg amüsanten und kurzweiligen Trashromans wachsen, was sicher auch damit zusammenhängt, dass Alten trotz der absurden Entwicklungen und des völlig unglaubwürdigen Finales kaum Selbstironie beweist, sondern in der Tat davon ausgeht, dass man ihm als Leser seine Szenerien abnimmt.
Schlecht macht es den Roman zwar nicht, und man sollte auf jeden Fall im Hinterkopf behalten, dass es sich bei Steve Altens Meg um den ersten Roman des inzwischen weltweit erfolgreichen Autors handelt, doch er erfüllt für mich nicht all jene Erwartungen, die ich an ihn hatte. Gerade, wenn man sich im Vergleich dazu andere aktuelle Pop-Literatur-Autoren wie Dan Brown, Michael Crichton oder auch Stephen King ansieht, steht der Carcharodon Megalodon immer schlechter da.