Das "Star Trek"-Phänomen
Special-Kategorie: Diverses | von Jens Adrian | Hinzugefügt am 18. Januar 2003
Star Trek – ein Phänomen, das über 30 Jahre lang für fantastische Geschichten, zukunftsweisende Technologie, Gleichheit unter den Menschen, provokative, aktuelle Bezüge, gute Unterhaltung und gefüllte Kinokassen stand. Doch bereits Mitte der 90er gingen die Zuschauerzahlen immer weiter zurück und obwohl der neunte Film keinen sehr guten Ruf unter den Fans besitzt, spielte er zumindest seine Kosten ein. Der zehnte Teil hingegen ist bislang ein finanzielles Debakel, das dem Franchise womöglich das Genick brechen könnte.Es gibt sehr viele Fanseiten im Internet, die sich mit dem bekannten Star Trek-Universum beschäftigen, ein Universum, das Worte wie "Warp", "Beamen" oder gar "Klingone" in den alltäglichen Wortschatz und sogar in in Wörterbücher gebracht hat.
Schon 30 Jahre vor der Zeit waren Konzepte des Handys oder die heute sehr beliebten PDAs vorweggenommen - Star Trek hat nicht nur das Science Fiction-Genre, sondern auch das Leben selbst geprägt, und dem zollen viele Fans weltweit Respekt.
Da es wie erwähnt, sehr viele Internetseiten gibt, die sich mit dem Thema beschäftigen (einige sind am Ende dieses Artikels aufgelistet), möchte ich nur einen kleinen Einstand geben, wie sich das Franchise seit den Anfängen Mitte der 60er Jahre entwickelt hat, und was alles geschah, bis es zum 10. Kinofilm kam, der jüngst in den Kinos gestartet ist.
Passend dazu gibt es (auch als Ergänzung) die aktuelle Kinokritik zu Star Trek: Nemesis [2002], die Sie weiter unten über einen Link, oder über das Menü erreichen können.
Alles begann 1965, als Erschaffer der Serie Gene Roddenberry mit Raumschiff Enterprise: Der Käfig eine neue Ära im Science Fiction-Genre einläutete und den Zuschauer auf ein fremdes Raumschiff mitnehmen wollte, das gegen übermächtige, telepathisch begabte Außerirdische kämpfte; doch trotz der guten Spezialeffekte und der interessanten Geschichte war es für die Senderverantwortlichen zu anders, zu neu, um es zu akzeptieren: Eine Frau als erster Offizier, außerirdische Wesen, die die Realität durch ihre Gedanken manipulieren konnten – für die damalige Zeit unvorstellbar. So schien die Serie keine Zukunft zu haben.
Ein Jahr später geschah etwas, das niemand vorhergesehen hatte, und das es vorher noch nie gab; ein weiterer Pilotfilm zur selben Star Trek-Serie wurde gedreht, mit einem neuen Captain auf dem Chefsessel, einem spitzohrigen Vulkanier als erstem Offizier und viel Humor. Raumschiff Enterprise [1966-1969] war geboren. Die Abenteuer um das Dreigespann James T. Kirk (William Shatner), Spock (Leonard Nimoy) und den Arzt Leonard 'Pille' McCoy (DeForest Kelley) und ihrem tapferen Schiff, der U.S.S. Enterprise NCC-1701, das eine Fünfjahresmission antrat, wurden zur Legende. Zahlreiche Kopien, Plagiate und Veräppelungen zog das Trio nach sich, wurde jedoch nie wieder erreicht.
Die Abenteuer des Raumschiffes waren phantastisch und beinhalteten Dinge, die es nie zuvor im TV zu sehen gab: ein Nazi-Planet wurde besucht (in Deutschland nie ausgestrahlt!), eine riesige Weltraumamöbe studiert und es gab den ersten Kuss zwischen einem weißen Mann und einer schwarzen Frau im US-Fernsehen. Damals ein Skandal, der durch die amerikanische Gesellschaft fuhr.
Doch trotz der treuen Fangemeinde und den für die Zeit guten Spezialeffekten, wurde die Serie nach nicht einmal 80 Folgen wieder eingestellt. Zu kostspielig, zu wenige Zuschauer. Da halfen auch zahlreiche Fanbriefe und Protestaktionen nichts, die Enterprise sollte nicht weiterfliegen.
10 Jahre später betrat die bekannte Crew die Kinoleinwand und erstaunte die Zuschauer in Star Trek: Der Film [1979] mit faszinierenden Effekten, hypnotischen Farbspielereien und grandiosen Sets. Der 35 Millionen Dollar teure Film (dreimal soviel wie Star Wars – Krieg der Sterne nur zwei Jahre zuvor!) spielte weltweit 140 Millionen wieder ein. Star Trek lebte und war größer, aufwendiger und faszinierender als zuvor. Doch die Fans sind sich einig, trotz der visuellen Rafinesse ist der erste Kinofilm nur die Langfassung einer bereits bekannten Episode aus der Serie und obendrein nur mäßig unterhaltsam. Damals allerdings kümmerte das niemanden, man war gespannt, was sich die Macher für den zweiten Kinofilm einfallen lassen würden, der auf Grund des Erfolges zwangsläufig kommen musste.
Star Trek II: Der Zorn des Khan [1982] kostete weniger als der erste Film, brachte unter der Regie von Nicholas Meyer allerdings einen der besten Bösewichte aus der Serie wieder zum Vorschein und offenbarte den Fans genau das, was sie sich immer erträumten: Eine Raumschlacht mit zwei Schiffen, bei denen weder an den Kosten, noch an den Verlusten gespart wurde. Zum ersten Mal wurden Computereffekte in Kinofilmen eingesetzt und die Schlacht im Mutara-Nebel ist legendär. Nicht zuletzt dank der guten Darsteller, der interessanten Geschichte um das Genesis-Projekt und dem heldenhaften Einsatz des emotionslosen Vulkaniers gilt der Film bis heute als einer der besten der Reihe.
Nur zwei Jahre später machte man sich in Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock [1984] auf, den Erfolg zu wiederholen. Wieder einmal hielten nie dagewesene Spezialeffekte her, doch weder künstlerisch, noch finanziell konnte der Teil an seinen Vorgänger anschließen, was sicherlich an dem schwachen Bösewicht lag.
Im Deutschen kommt erschwerend hinzu, dass sowohl im zweiten, als auch im dritten Teil William Shatner und DeForest Kelley nicht ihre gewohnten Synchronstimmen besitzen, was den Film beinahe unerträglich macht.
Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart [1986] war Leonard Nimoys zweite Filmregiearbeit nach dem dritten Star Trek-Film und brachte die Crew in die USA der 1980er. Dabei wurde nicht nur das Genre, sondern auch Star Trek selbst auf die Schippe genommen und gleichzeitig mit einer aktuellen Story der Fokus der Zuschauer auf die Verschwendung gelenkt, mit der die Welt ihr Leben genoss. Der Erfolg war gesichert und der Humor tat der Reihe sichtlich gut – vor allem eigente sich der Film eindeutig auch für Zuschauer, die die Reihe nicht seit Beginn verfolgt hatten.
Gleichzeitig bereitete der Schöpfer des Star Trek-Universums eine neue Serie vor, die den Titel Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert [1987-1994] trug und im Laufe ihrer Zeit eine ungeheure Fangemeinde in ihren Bann zog. Mit aktuellen, auch politischen Themen, fantastischen Welten und einem Gespür für Technik eroberte die Serie den Ruf von guter Science Fiction-Unterhaltung im Fernsehen zurück. Charismatische und sympathsiche Darsteller trugen dazu ebenso bei, wie die im Verlauf der Serie ausbalancierte Crew, die den Zuschauern nach wenigen Jahren vertraut wie eine Familie vorkam.
Star Trek V: Am Rande des Universums [1989] besiegelte den Ruf der Reihe, dass alle Filme mit geraden Zahlen sehr gut und alle mit ungeraden weniger gut und auch weniger erfolgreich waren. Inszeniert von William Shatner schipperte das Franchise seinem ersten Flop entgegen, eine abstruse Story, auf Krampf witzige Inszenierung und ein schlicht unterdurchschnittlicher Film waren dafür verantwortlich. Shatner hatte zwar mit Drehbuchänderungen und Budgetkürzungen zu kämpfen, besser macht das den Film allerdings selbst aus heutiger Sicht nicht.
In Star Trek VI: Das unentdeckte Land [1991] schlugen die Autoren eine inhaltliche Brücke zwischen der originalen Serie (TOS) und Das nächste Jahrhundert, was die politischen Verwicklungen innerhalb des Star-Trek-Universums angeht, und vermischten sehr gute Special Effects mit einer top-aktuellen Story um Frieden und Einheit. Gleichzeitig lieferten sie einen würdigen Abschied für die legendärste Crew des Raumschiffes Enterprise, die zwar sichtlich in die Jahre gekommen war, aber nie von ihrem Charme eingebüßt hatte.
Am Ende flossen bei den Fans die Tränen, und Kirk & Co. nahmen ihren Hut – beinahe. Ihnen gelang der bisher beste Star Trek-Film, der mit einer ausnahmslos guten Geschichte, Charakterzeichnungen und einer tadellosen erneuten Inszenierung von Nicholas Meyer glänzte.
1993 wurde einer weitere Serie im bekannten ST-Universum geboren: Star Trek: Deep Space Nine [1993-1999]. Hier versuchten sich die Macher an einem anderen Ansatz: Statt einem Raumschiff stand eine Raumstation in einem instabilen Machtgefüge im Vordergrund. Neben der düsteren Grundhandlung spielten religiöse Aspekte eine Rolle, etwas, das der überzeugte Atheist Gene Roddenberry wahrscheinlich niemals so konzipiert hätte – er verstarb bereits 1991.
Deep Space Nine war kein großer Erfolg vergönnt, trotz der komplexen Handlung und der gestiegenen Produktionskosten.
Kurz nachdem auch die TNG-Crew 1994 ihre Zelte im Fernsehen abbaute, wurde sie auf die große Leinwand eingeladen und mit ihnen ein paar Bekannte aus der ersten Crew der Reihe: William Shatner als Kirk spielte eine zentrale Rolle in Star Trek: Treffen der Generationen [1994]. Die Produzenten befürchteten, dass die neue Crew alleine nicht genügend Publikum in die Säle ziehen würde und versuchten daher mit einer zusammengeschusterten Story und guten Effekten den Ruf der ungeraden Filme Lügen zu strafen. Ohne Erfolg.
Zwar war das Kinoabenteuer sichtlich aufwändig, wirkte aber vielerorts verkrampft und nicht viel anspruchsvoller als ein TV-Zweiteiler. Lediglich die äußerst sehenswerte Zerstörung der beliebten Enterprise-D blieb den Zuschauern im Gedächtnis haften.
Nur ein Jahr später startete eine weitere Science Fiction-Serie aus selbem Hause, Star Trek - Raumschiff Voyager [1995-2001] berief sich auf alte Tugenden und kehrte auf ein fliegendes Gefährt zurück, doch auch hier wurde in die Trickkiste gegriffen, um den Zuschauern etwas Neues zu bieten: Statt einem Mann saß nun erstmals eine Frau auf dem Captain-Sessel und das Schiff wurde in der ersten Folge in eine weitenfernte Galaxie transportiert, von der aus die Crew über 70 Jahre für den Heimweg benötigen würde – ohne Hoffnung auf Unterstützung.
Star Trek grub sich selbst die Fans ab mit dieser Doppelbeschallung Voyager/DS9, und auch Voyager verlor nach anfänglicher Euphorie immer mehr an Boden – zwischendurch konnten zwar neue Darsteller in hautengen Kleidern einiges ändern, aber am Schluss kam es auf dasselbe heraus.
Im achten Star Trek-Film, Der erste Kontakt [1996], bestritt die Crew um Captain Picard zum ersten Mal ein Abenteuer ganz allein und reiste dafür sogar in der Zeit zurück. Die Borg wollten bekämpft werden und mit dem Darsteller des ersten Offiziers, Jonathan Frakes, auf dem Regiestuhl überzeugte der Film die Macher endgültig davon, dass diese Crew auf der Leinwand sehr wohl überzeugen konnte.
Brilliante Spezialeffekte, eine interessante und vielschichtige Geschichte und bestens aufgelegte Darsteller ermöglichten einen sehr guten Film, dessen einziger Makel in der fehlenden Raumschlacht lag, die man als Fan und Zuschauer einfach sehen wollte.
Auch der neunte Film, Star Trek: Der Aufstand [1998] vermochte es nicht, die Reihe ungerade Filme vor dem künstlerischen Kollaps zu bewahren; trotz der interessanten und aktuellen Geschichte um die ewige Jugend und ihren Preis, und obwohl der Film viel Humor und einige Action bot, konnte er gerade die Fans nicht vollends überzeugen.
Schuld daran waren vor allem die unterdurchschnittlichen Spezialeffekte, die mit einem Wort "billig" aussahen.
Auch die Darsteller waren mit dem Ergebnis nicht sehr zufrieden und so dauerte es vier Jahre, bis der nächste Streifen in die Kinos kommen sollte.
2001, kurz nach dem 11. September, kam die fünfte Star Trek-Serie ins US-Fernsehen, die sich grundlegend von den bisher dagewesenen unterscheiden wollte. Enterprise spielt zeitlich vor Kirk und schlägt in vielerlei Hinsicht die Brücke zur Jetztzeit, doch nach anfänglichen Lobeshymnen bedauerlicherweise nicht sehr erfolgreich. Die Einschaltquoten gingen in den ersten eineinhalb Jahren in den Keller; ob die Serie wie ihre drei Vorgänger sieben Jahre überleben wird, ist fraglich. Star Trek scheint seinen Reiz für die Zuschauer verloren zu haben, daran ändern sympathische und talentierte Darsteller, ein hoher Unterhaltungswert und einige wirklich gute Episoden offensichtlich leider wenig.
Mit dem zehnten Film, Star Trek: Nemesis, wollten die Macher das Genre neu aufleben lassen und der TNG-Crew zu einem Erfolg verhelfen. Ein neuer Regisseur und ein neuer Autor wurden verpflichtet, und die Crew im bisher teuersten Star-Trek-Film auf den "Beginn ihrer letzten Reise" geschickt, so der Werbeslogan.
Bei Erfolg sollte relativ schnell ein weiterer Teil folgen. Als Abschluss könnte Nemesis aber auch dienen; die ersten Zahlen, vier Wochen, nachdem der Film in den USA angelaufen ist, sind vernichtend. Etwas mehr als die Hälfte der Produktionskosten von 70 Millionen Dollar sind wieder eingespielt worden, renommierte Kritiker zerrissen den Film in der Luft und einige Fans wissen nicht recht, was sie davon halten sollen.
Zu allem Überfluss startete der Film vor Weihnachten, eine Zeit, in der Science-Fiction-Filme ohnehin nicht sehr gefragt sind, sondern Komödien traditionell Hochkonjunktur haben. Hinzu kommt eine ungeheuer starke Konkurrenz mit Harry Potter und die Kammer des Schreckens [2002], James Bond 007 - Stirb an einem anderen Tag [2002] und dem allmächtigen Der Herr der Ringe - Die zwei Türme [2002]. Wieso die Macher für einen so wichtigen Star Trek-Film ein so ungünstiges Erscheinungsdatum aussuchten, wird auf ewig ihr Geheimnis bleiben; es wirkt jedoch unübersehbar vorsätzlich, als ob Paramount dem Franchise den Todesstoß versetzen wollte.
Auch wenn es müßig ist, wage ich zu behaupten, dass der Film ein voller Erfolg gewesen wäre, wenn er im Februar oder März angelaufen wäre. Verdient hätte er es jedenfalls.
Ausführliche Film-Kritik zu Star Trek II: Der Zorn des Khan
Ausführliche Film-Kritik zu Star Trek III: Auf der Suche nach Mr. Spock
Ausführliche Film-Kritik zu Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart
Ausführliche Film-Kritik zu Star Trek V: Am Rande des Universums
Ausführliche Film-Kritik zu Star Trek VI: Das unentdeckte Land
Erste ausführliche Film-Kritik zu Star Trek: Nemesis
Zweite ausführliche Film-Kritik zu Star Trek: Nemesis
Es gibt viele Seiten im Internet, die sich mit "Star Trek" beschäftigen.
Hier ein paar gute Anlaufstellen:
StarTrek.com - Offizielle amerikanische Webseite
TREKNews.de - DAS Star Trek Portal
The Daily Trekker.de (Deutsche Fanseite)
TrekToday (Englische Fanseite)
TrekCore.com (Englische Fanseite)