Star Trek: Nemesis [2002]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 13. August 2019
Genre: Science Fiction / Action / Thriller

Originaltitel: Star Trek: Nemesis
Laufzeit: 116 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2002
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Stuart Baird
Musik: Jerry Goldsmith
Besetzung: Patrick Stewart, Jonathan Frakes, Brent Spiner, LeVar Burton, Michael Dorn, Marina Sirtis, Gates McFadden, Tom Hardy, Ron Perlman, Shannon Cochran, Dina Meyer, Jude Ciccolella, Kate Mulgrew


Kurzinhalt:

Durch einen tödlichen Putsch ergreift Prätor Shinzon (Tom Hardy) die Macht auf Romulus und löst den romulanischen Senat ab. Währenddessen auf dem Weg, Commander Riker (Jonathan Frakes) und Deanna Troi (Marina Sirtis) zu ihrer Hochzeitszeremonie zu begleiten, entdeckt die Crew der U.S.S. Enterprise‑E ungewöhnliche Signale und stößt auf einem abgelegenen Planeten nahe der Neutralen Zone auf ein Rätsel um den Androiden Data (Brent Spiner). Noch als die Besatzung, darunter Ingenieur Geordi La Forge (LeVar Burton), Worf (Michael Dorn) und Dr. Beverly Crusher (Gates McFadden) versucht, die Hintergründe zu verstehen, wird Captain Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) nach Romulus beordert. Dort bittet Shinzon um ein Treffen mit der Föderation. Als er dem jungen Mann gegenübersteht, ist es, als würde er in die eigene Vergangenheit blicken – Shinzon ist sein jüngerer Klon …


Kritik:
15 Jahre waren vergangen, seit die Crew um Captain Jean-Luc Picard zu ihrem ersten Abenteuer aufgebrochen war. Star Trek: Nemesis sollte, das hatte das Marketing zum Film verraten, die letzte Reise dieser Generation werden. Zumindest der Beginn derselben. Seinerzeit eingebettet zwischen Kinostarts von Harry Potter und die Kammer des Schreckens [2002], James Bond 007 - Stirb an einem anderen Tag [2002] und Der Herr der Ringe – Die zwei Türme [2002] in der ohnehin sehr dicht gedrängten Zeit vor Weihnachten, war Stuart Bairds Science Fiction-Film kein Erfolg an den Kinokassen vergönnt. Weltweit spielte der Film sein reines Produktionsbudget gerade einmal ein und war damit ein finanzielles Desaster. Dabei geben sich die Macher merklich Mühe, alle Kritikpunkte der vorigen Filme zu beseitigen und präsentieren ein Leinwandabenteuer dieser Crew, das mehr auf Unterhaltung, denn auf philosophische Fragestellungen setzt. Wer sich darauf einlässt, kann mitgerissen werden, auch dank eines actionreichen Finales, das besser nicht zu machen ist.

Das größte Problem des Films liegt in der Story bzw. den beiden Handlungsbögen, die im Grunde auf zwei Filme hätten aufgeteilt werden können und hier unnötigerweise zusammen erzählt werden. Die hauptsächliche Story handelt von einem gewalttätigen Putsch auf Romulus, durch den sich ein neuer Machthaber mit dem Militär auf seiner Seite an die Spitze setzt. Seit jeher immer wieder bei Star Trek zu sehen, waren die Romulaner nie in dem Maße im Mittelpunkt gestanden, wie beispielsweise die Klingonen oder die Vulkanier. Da Picards Geschichte mit der Romulus’ verwoben ist, ist es im Grunde eine gute Idee, sie für ein Leinwandabenteuer stärker zu beleuchten. Aber während Drehbuchautor John Logan die vielen Charaktermomente, die Anlehnungen an vorige Filme und Serien gut gelingen, er die Figuren im Kern toll erfasst, gibt er dem Publikum kaum Informationen zum Zustand des romulanischen Imperiums an die Hand und weswegen das Militär einem Außenseiter überhaupt folgen sollte. Auch die Beziehung zu den Remanern, die von Maskenbildner Michael Westmore mit einem fantastischen Design, das an Nosferatu erinnert, zum Leben erweckt werden, werden kaum vorgestellt.

Der eigentliche Star ist Picards Klon Shinzon, toll gespielt von Tom Hardy. Die Dynamik der beiden Figuren und wie Picards anfängliche Skepsis einer hoffnungslosen Enttäuschung weicht angesichts dessen, welche Person sein Ebenbild geworden ist, ist ebenso gelungen, wie Shinzons Zögern und Hadern mit seinem Potential. Die beiden Akteure profitieren so sehr voneinander, dass die zweite „Doppelrolle“ im Film merklich verblasst. Bereits in der Serie Raumschiff Enterprise - Das nächste Jahrhundert [1987-1994] verkörperte Brent Spiner mehrere Versionen und Varianten des Androiden Data. Auch in Star Trek: Nemesis ist er in einer solchen Abwandlung der bekannten Figur, die hier auf den Namen B‑4 (ausgesprochen „Bevor“) hört, zu sehen. Wie gewohnt gelingt es Spiner, dem Charakter eigene Wesenszüge zu verleihen, so dass an seiner Darbietung nichts zu bemängeln ist. Allerdings ist die bloße Idee nicht nur lediglich eine neue Version von bekannten Themen der Serie, sie scheint angesichts der parallelen Geschichte um Picard, der auf eine jüngere Version seiner selbst trifft, ein Kernelement des Films unnötig zu verdoppeln. Vor allem kostet diese Nebenhandlung die übrigen Figuren erneut merklich Gelegenheiten, ihr Können ebenfalls unter Beweis zu stellen.

Handwerklich gibt es bei Star Trek: Nemesis kaum etwas besser zu machen. Filmemacher Stuart Baird versteht es, das Publikum durch interessante Perspektiven und überraschende Kamerafahrten in die Szenerie zu versetzen. Gleichzeitig räumt er genügend Übersicht in den jeweiligen Action-Sequenzen ein. Insbesondere nach dem in dieser Hinsicht enttäuschenden Vorgängerfilm Star Trek: Der Aufstand [1998] sind die Trickeffekte hier schlicht eine Wucht. Die Zerstörung der Schiffe beim Finale, dessen Highlight Picards unvorhergesehenes Manöver darstellt, mit dem er es mit Shinzons eindrucksvollem Kampfschiff Scimitar aufnimmt, ist mit einem Detailreichtum umgesetzt, dass es auch nach beinahe 20 Jahren noch sprachlos macht.
Ebenso gelungen ist die Musik von Altmeister Jerry Goldsmith, der die ruhigen Elemente ebenso passend untermalt wie die Actionszenen.

Die größte Enttäuschung bei Star Trek: Nemesis ist hingegen das tatsächliche Ende. Beim letzten Leinwand-Abenteuer der Crew um Captain Kirk, Star Trek VI: Das unentdeckte Land [1991], verabschiedeten die Macher die Figuren auf eine Weise, dass alles möglich schien und die Familie in größten Teilen erhalten blieb. Nemesis erweckt den Anschein, als wäre dies nicht das Ende, sondern gewissermaßen ein Cliffhanger auf dem Weg zum tatsächlichen Abschied dieser Crew. Es ist bedauerlich, dass eine geplante Fortsetzung nie umgesetzt wurde. Für sich genommen, ist der zehnte Film der Reihe ein unterhaltsames Science Fiction-Abenteuer mit tollen Action-Momenten, bei dem die ganze Crew jedoch etwas zu kurz kommt.


Fazit:
Obwohl die Macher oft betonen, das sich diese Filme auch für ein Publikum eignen, das nicht mit dem Quellmaterial vertraut ist, werden diesem die vielen Anspielungen wie das „Chateau Picard“ auf dem Etikett einer Weinflasche, Datas Katze Spot, die einmal mehr zu sehen ist, oder viele kleine Kommentare schlicht verborgen bleiben. Fans auf der anderen Seite werden bestimmte Erwähnungen und Referenzen, wie diejenige von Datas bösem Bruder Lore, vermissen. Doch das ändert nichts daran, dass Regisseur Stuart Baird viele Kritikpunkte der vorigen Leinwand-Abenteuer ausräumt. Die Action ist mitreißend inszeniert, die Trickeffekte sind fantastisch und die Story wartet mit tollen Momenten für Captain Picard und seinen jüngeren Klon auf. Entsprechend ist auch die Besetzung gefordert, so dass es nur wenig gibt, was man hier hätte besser machen können. Dies betrifft hauptsächlich die Geschichte selbst, die mit Picard/Shinzon und Data/B‑4 das zentrale Storyelement unnötigerweise verdoppelt. Nichtsdestotrotz gelingt Drehbuchautor John Logan ein packendes Abenteuer dieser Crew, die zu früh ihren Abschied feiert. Brillant gemacht und mit einem explosiven Finale, ist Star Trek: Nemesis ein sehenswerter Ausstand, bei der der Abschied umso schwerer fällt.