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Der Blog stellt eine Art Internettagebuch dar, in dem die Mitglieder der Redaktion ihre Gedanken mit den Lesern teilen. Er bietet Einblicke in den Alltag und in die Themen, die die jeweiligen Autoren am meisten beschäftigen.
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Von guten Vorsätzen und schlechten Absichten
Treffpunkt: Kritik Entgegen allen Erwartungen ist das neue Jahr(zehnt) doch noch über uns hereingebrochen. Manch einer mag es kaum für möglich gehalten haben. Doch kaum ist 2010 eine Woche alt, hat man es erneut mit denselben alten Problemen zu tun, die man hoffte, in der vorangegangenen Dekade zurückgelassen zu haben. Und dabei sind interessanterweise nicht nur die Politiker gemeint, von denen sich ausgerechnet während der Feiertage Postenbesetzer zu Wort melden, die man das ganze Jahr über nicht zu hören bekommt.
Ein Blick auf die aktuelle Nachrichtenlandschaft verrät, 2010 ist bislang nicht wirklich besser als 2009. Oder als 2008 streng genommen. Das heißt nicht, dass es nicht noch besser werden kann, sondern vielmehr, dass es derzeit danach aussieht, als stünde uns ein weiteres Jahr bevor, das nach den anfänglichen Ruhepausen wieder denselben Kurs einschlägt wie die letzten. Ein Rundumblick ...
Ein im alten wie im neuen Jahr aktuelles Thema ist verständlicherweise die Schweinegrippe. Das weniger auf Grund ihrer akuten Verbreitung, als vielmehr deswegen, weil sie viel zu wenig zu sehen ist. Das ist nicht nur all denjenigen Experten ein Dorn im Auge, die vor Monaten noch orakelten, welche Welle die Bevölkerung jetzt denn erfasst haben müsste, sondern sie beschert Pharmakonzernen und Regierungen derzeit Erklärungsnöte. Dass Politik und Pharmaindustrie eine sehr innige und enge Beziehung zueinander hegen, ist hinlänglich bekannt (und kein Privileg des bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer). Dass erstere sich zumindest gelegentlich vor dem Volk rechtfertigen sollte, aber auch. Nun scheint es so, als wäre die Schweinegrippe nicht so explosiv wie vermutet und obendrein das als Doppelimpfung angekündigte Serum so wirksam, dass eine einzelne Dosis ausreicht. Was nun mit den Millionen überflüssigen Impfdosen werden soll, ist die große Frage, denn diese werden derzeit noch hergestellt und müssen laut Vertrag von den Regierungen auch abgenommen werden. Oder nicht?
Ab heute soll Berichten zufolge zwischen den Ländern und der Industrie verhandelt werden, immerhin bleibt der Bund jetzt schon auf einem Teil der bislang produzierten 18 Millionen Impfdosen sitzen und insgesamt wurden 50 Millionen bestellt!
In Frankreich ist die Lage wohl noch dramatischer: 90 Millionen Impfdosen wurden bestellt, davon sind vermutlich 70 Millionen gar nicht notwendig. Ob diese nun ohne Entschädigung storniert werden, ist noch nicht klar. Man darf also gespannt abwarten, ob die Pharmaindustrie 2009 erneut ein Jahr mit Rekordgewinnen verbuchen kann und wenn ja, dürfen sich alle Bürger freuen, unbeabsichtigt einen Teil dazu beigetragen zu haben.

Viel mehr als zwangsläufig gewollt soll man als Reisender ja künftig an den Flughäfen von sich preisgeben. Nach erneuten Anschlagsversuchen in den USA sind die vielgerühmten Nacktscanner wieder in der Diskussion – das wären sie zwar vermutlich nicht, hätte man ihnen nicht einen solch reißerischen Namen gegeben, doch hat sich jener Begriff inzwischen in die Medienlandschaft mit eingebrannt.
War die ablehnende Haltung hierzulande bislang uniform, wanken inzwischen hauptsächlich die Regierungsparteien, bei denen sich zwischen den Jahren die unbekanntesten Gesichter vor den Fernsehkameras abwechselten mit Bekundungen, das klare Nein zu den Nacktscanner habe sich auf alte Versionen der Geräte bezogen. Die aktuelle Generation wäre beinahe so etwas wie privatsphärenfreundlich. Die EU hingegen lehnt die Geräte nach wie vor ab. Vielleicht hat man sie, wie nun zu lesen ist, gerade deshalb seit Jahren im Keller liegen und verstauben lassen. Vor Jahren bereits erwarb die Europäische Union sechs solcher Geräte im Gesamtwert von einer Dreiviertelmillion Euro und hatte sie fernab jeglicher Verwendung gar nicht erst ausgepackt. Wer über den Erwerb informiert war, ist nur halb so interessant, wie wer alles nicht informiert war und man mag sich fragen, was noch in den Kellergewölben des Europaparlaments schlummert.
Demnächst soll es eine öffentliche Ausschreibung geben, durch welche die Geräte neue Käufer finden sollen. Wer die Geräte erwirbt, muss aber nicht publik gemacht werden. Ob terroristische Organisationen bevorzugt behandelt werden (immerhin müssen diese ja Mittel und Wege finden, unentdeckt Gepäck am Flughafensicherheitspersonal vorbeizuschmuggeln), ist nicht bekannt. Denkbar wäre auch, dass Bewerber bei Daimler demnächst zusätzlich zum Bluttest auch eine Runde im Nacktscanner durchlaufen müssen. Immerhin wollen die Chefs auch wissen, wen sie sich da ins Bett/Büro/Boot holen.

Dass Wissen dabei Macht bedeutet, ist nichts Neues. Und auch dass Regierungen ihre Macht benutzen, um Wissen einzuschränken nicht. Wohl aber, dass ein Land wie Weißrussland angesichts anstehender Präsidentenwahlen die Internet-Zensur einführt. Internetseiten und Nutzer sollen streng von der Regierung überwacht werden, damit der auch als "letzter Diktator Europas" bezeichnete Machthaber Alexander Lukaschenko seinen Posten behalten kann. Sind Print-, Radio- und Fernsehmedien doch sehr leicht im Zaum zu halten, galt immerhin im Internet noch die freie Meinungsäußerung für die Bürger Weißrusslands. Damit soll nun aber Schluss sein. Dass die Opposition ihre Chancen somit gering einschätzt, bei der kommenden Wahl dieses Jahr punkten zu können, ist verständlich. Unverständlich ist nur, weswegen dies in Europa und auch speziell in Deutschland keine Welle der Empörung ausgelöst hat, oder zumindest einen Sprung auf die Titelseiten der tagtäglichen Schmierblätter wert war.
Dafür werden hier Meldungen alltäglich breitgetreten, dass der so genannte Y2K-Bug erst 2010 zuschlägt und darum zahlreiche EC-Karten-Besitzer, E-Mail-Nutzer und andere Empfänger von IT-Dienstleistungen auf dem Trockenen sitzen. So traurig und an sich beschämend für die Industrie eine solche Situation ist, man sollte meinen, dass es international mindestens ebenso wichtige Themen gibt, die sich ungeachtet der öffentlichen Meinung vor Augen aller abspielen. Fraglich ist dabei aber auch, wie die Problematik mit den EC-Karten denn bei ausländischen Banken aussieht, oder ist dies einmal mehr ein Problem "Made in Germany"?

Was das Jahr 2010 sonst noch bringen wird, bleibt abzuwarten. Angekündigt wurden erneut aktuelle Preissenkungen von Discountern, zu denen selbst die Rewe-Gruppe ihre "Ja!"-Produkte zählt und darum direkt mit Mitbewerber Aldi in den Preiskampfring steigt. Auch beim Erfolgsgarant mit der Nord/Süd-Teilung Deutschlands verspricht man unterdessen, dass erneut die Preise gesenkt wurden.
Wer aber genauer hinsieht, wird feststellen, dass bei den dabei beworbenen Produkten in den letzten Wochen die Packungsgröße verkleinert wurde und somit doch ein Mehrpreis übrig bleibt. Die Produkte im Kühlregal (darunter auch die Aldi-Hausmarke der Kräuterbutter) ist hierbei leider kein Alleinbeispiel.

Die Täuschung der Käufer, der Menschen im allgemeinen, geht also ungehindert weiter und während viele Firmen weniger auf Grund eines Umsatzrückgangs, als vielmehr auf Grund einer Gewinnerwartungssteigerung den Gürtel enger schnallen, findet man sich allerorts erneut auf der Empfängerseite einer Ohrfeige wieder. Statt dass sich die Menschen im Land Jahr für Jahr neue Vorsätze fassen, die sich dann meist doch nicht über die ersten Wochen hinaus retten lassen, sollte man vielleicht gesetzlich verpflichtend den Entscheidungs- und Machtträgern Vorsätze auferlegen. Wohlgemerkt welche, die tatsächlich zu unseren Gunsten ausfallen. Vorsätze mag man ihnen ja nicht absprechen, nur ob es ehrbare sind, darf nicht nur, sondern muss angezweifelt werden.
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