From the World of John Wick: Ballerina [2025]
Wertung:
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Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 4. Juni 2025
Genre: Action / Thriller
Originaltitel: Ballerina
Laufzeit: 125 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2025
FSK-Freigabe: ab 18 Jahren
Regie: Len Wiseman
Musik: Tyler Bates, Joel J. Richard
Besetzung: Ana de Armas, Anjelica Huston, Gabriel Byrne, Keanu Reeves, Catalina Sandino Moreno, Lance Reddick, Norman Reedus, Ian McShane, Sharon Duncan-Brewster, Choi Soo-young, David Castañeda, Victoria Comte
Kurzinhalt:
Als junges Mädchen musste Eve Macarro (Victoria Comte) mitansehen, wie ihr Vater von Männern des finsteren Gangsters, der nur der Kanzler (Gabriel Byrne) genannt wird, getötet wurde. Der mysteriöse Winston Scott (Ian McShane) hatte sich um Eve gekümmert und sie zur Direktorin (Anjelica Huston) gebracht, die ihr die Wahl ließ, ein unbehelligtes Leben zu führen, oder im Dienst der Ruska Roma aufzuwachsen. Sie entschied sich für letzteres und 12 Jahre später beendet Eve (Ana de Armas) ihre Ausbildung als Kikimora, die Attentäterin oder Beschützerin sein kann. Bei einer Mission begegnet sie Männern, die dieselbe Narbe tragen wie die Mörder ihres Vaters. Sie stellt Nachforschungen an und sich gleichzeitig gegen die ausdrücklichen Anweisungen der Direktorin. Auf ihrer Suche nach der vom Kanzler angeführten Organisation stößt sie auf Daniel Pine (Norman Reedus), der wie Eves Vater seine Tochter aus den Fängen der Attentäter befreien will. Doch Eves Handlungen haben für den brüchigen Frieden zwischen der Direktorin und dem Kanzler ungeahnte Konsequenzen, so dass die sich genötigt sieht, ihren tödlichsten Mann auszusenden, um Eve aufzuhalten …
Kritik:
Das erste Spin-Off des John Wick-Franchises, zeitlich angesiedelt zwischen dessen Teilen drei und vier, bietet Fans der Reihe genau das, was diese erwarten. Actionreich von Anfang bis Schluss und durchweg stylisch in Szene gesetzt, erzählt From the World of John Wick: Ballerina eine Geschichte um Rache, in der auch bekannte Figuren der vorigen Filme auftauchen. Aber auch, wenn Ana de Armas die Titel gebende Protagonistin merklich facettenreich zu verkörpern bemüht ist, die bekannt klingende, eindimensionale Story wiegt das nicht auf.
Die beginnt mit einem Rückblick im Rückblick, bei dem die junge Eve mitansehen muss, wie ihr Vater von einem Trupp Attentäter ermordet wird. Eve wird von Winston Scott zur Direktorin der Ruska Roma gebracht und entscheidet sich, das Angebot anzunehmen, um als Kikimora ausgebildet zu werden. Die Kikimora sind mehr als reine Attentäterinnen. Eine Kugel kann den Lauf der Geschichte beeinflussen und die Kikimora sollen diese Kugel aufhalten. Sie können sowohl Killerin als auch Beschützerin sein. Jahre später entdeckt Eve bei einem Einsatz am Handgelenk des Mannes, der sie angegriffen hat, eine Narbe, wie die Mörder ihres Vaters sie trugen. Als sie sich aufmacht, den Tod ihres Vaters zu rächen, stellt sie sich nicht nur gegen die Ruska Roma, sondern legt sich gleichzeitig mit einer sektenartigen Organisation an, die viel umfangreicher ist, als sie ahnt. Und die im Gegensatz zu den Ruska Roma nach keinem Regelwerk tätig ist, sondern mitunter sogar zum Spaß tötet.
Die Idee einer ausgebildeten Attentäterin, die sich durch Unmengen von Gegnern und bis an die Spitze einer Verbrecherorganisation kämpft, um Rache zu nehmen, klingt bekannt. Immerhin ist genau das die Grundstory von John Wick [2014]. Aber während dessen Titelfigur bereits eine Legende war, deren bloßer Name Angst und Schrecken bei ihren Gegnern auslöste, ist Eve Macarro zu Beginn noch vollkommen unbekannt. Sie kommt als junges Mädchen zu den Ruska Roma und absolviert dort eine zermürbende Ausbildung zur Ballerina wie auch zur gefährlichen Attentäterin. Die Trainingssequenzen zu Beginn zählen dabei zu den gelungensten des Films, da Eve ihren Gegnern vor allem beim Zweikampf merklich unterlegen ist und lernen muss, ihre Fähigkeiten zu nutzen, um sich zu behaupten. Gleichzeitig wirkt der Auftakt aber spürbar zu lang mit dem langen Rückblick, Eves erster Mission in einem Nachtclub, bei der sie zahlreiche Schläge einstecken muss, ohne auch nur einen Kratzer davon zu tragen, und die für den restlichen Film vollkommen unwichtig ist. Kommt sie schließlich der Organisation auf die Spur, die ihren Vater ermordet hat, fällt Regisseur Len Wiseman in dasselbe Muster zurück, das bereits die John Wick-Filme geprägt hat.
Von einer Lokalität zur nächsten muss sich Eve gegen Wellen an maskierten und damit gesichtslosen Gegnern kämpfen, wahlweise mit Schusswaffen, Messern oder was sonst an Hilfsmitteln zur Verfügung steht. Die Gegner werden dabei nicht weniger und kein einziger Ort ist frei von ihnen. Man könnte sogar behaupten, die Menschheit besteht nur aus verdeckten Killern, die darauf warten, jemanden ins Visier zu nehmen, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt ist. Immerhin findet das Drehbuch im letzten Drittel einen Grund, weshalb dem dort so ist, wo Eves Weg sie hinführt, während bei John Wicks Gefechten sogar Metropolen von Killern überrannt waren. Doch mit mehr Inhalt als dem wartet Ballerina bedauerlicherweise nicht auf. Zwar gibt es einen kurzen Bezug zu Eves Kindheit im Verlauf der Erzählung, doch hat sich der buchstäblich bereits Minuten später wieder erledigt, ohne nennenswerte Auswirkungen zu entfalten. Auch könnte man vermuten, dass Eve sich an ihr eigenes Schicksal erinnert fühlt, wenn sie der jungen Ella gegenübersteht, die sich in der gleichen Situation befindet, wie sie sich einst, sodass Eve als Kikimora zu der eingangs erwähnten Beschützerin werden muss. Aber ihre weiteren Handlungen werden davon nicht definiert, vielmehr „liegt“ Ella zufällig auf Eves Weg zum Ziel. Es ist also nicht, dass die Figur kein Potential bieten würde, eine merklich andere Geschichte zu erzählen, vielmehr entscheiden sich die Verantwortlichen bewusst dagegen. Das auch dadurch, dass sie viele bekannte Gesichter zurückbringen, von denen das bekannteste bereits in der Vorschau und auf den Postern zum Film verraten wird: John Wick selbst.
Keanu Reeves wieder in der Rolle zu sehen, wird nicht nur bei Fans für ein Lächeln sorgen, doch seine Gastauftritte sind inhaltlich nicht notwendig und nehmen Eve spürbar das Rampenlicht. Beinahe, als wären die Verantwortlichen nicht überzeugt gewesen, dass Ballerina ohne ihn ein Erfolg werden könnte. Dabei warten sie bei den Actionszenen durchaus mit gute neue Ideen auf. Die Sequenz mit den Flammenwerfern ist toll umgesetzt dank erstklassiger Stunts und beeindruckenden Bildern. Auch sieht man durchaus, dass Eve anders kämpfen muss als John, da sie ihren Gegnern körperlich grundsätzlich nicht ebenbürtig ist. Das Ergebnis ist dennoch immer dasselbe und die sichtbar computergestützte Action ist am Ende ebenso störend, wie die mitunter mäßigen Trickeffekte. Selbst ein an sich toll choreografierter Zweikampf von zwei Frauen in einer österreichischen Gaststätte wirkt am Ende vollkommen künstlich, da die Bewegungen der Personen sichtbar schneller ablaufen, als sie gedreht wurden. Wie bei den John Wick-Filmen ist die Action hier geradezu comicartig überzeichnet und stilisiert, was den stets steigenden Gewaltgrad insofern erträglich macht, da meist zu sehen ist, dass dies eben nicht echt ist.
Was dies von den bisherigen vier Filmen abhebt, ist Ana de Armas, die nicht nur einen eindrucksvollen Körpereinsatz zeigt, sondern gleichzeitig sichtlich versucht, ihre von einem traumatischen Verlust geprägte Figur verletzlich erscheinen zu lassen. Sowohl emotional als auch körperlich, wenn sie zwischen den Gefechten sichtbar um Kraft und Atem ringt. Doch in die Situation, dass sie tatsächlich überwältigt werden könnte, bringt Ballerina sie nur bei ihrer allerersten Mission. Zwar bietet die Figur Potential, das aber bereits auf der Strecke bleibt, wenn zwei Mal gefragt wird, ob Eve weiß, wer ihre Eltern wirklich waren, die Geschichte aber keine Antwort darauf gibt. Vielleicht soll die in der Fortsetzung gegeben werden, zu der sich die Verantwortlichen die Tür offen lassen. Aber selbst wie sie das tun, hat man so bereits gesehen.
Fazit:
Es ist nicht, dass Filmemacher Len Wiseman keine Ideen hätte, die Kampfsequenzen interessant zu gestalten, oder neue Figuren vorzustellen. Selbst bei dem von Norman Reedus gespielten Charakter könnte man sich vorstellen, dass er für die Story wichtig wird, doch außer in einem längeren Gastauftritt ist er nicht zu sehen. Die Gegnerhorden, denen sich Eve wie in einem Computerspiel levelartig stellen muss, bestehen aus undefinierten Widersachern. An Brutalität mangelt es der Action dabei nicht, obwohl sie ganz offensichtlich computergeneriert oder wenigstens -unterstützt ist, was den Videospielcharakter zusätzlich unterstreicht. Nimmt man die klischeehaft abgedroschenen Dialoge hinzu, die um einen Coolnessfaktor bemüht sind, den man aus der Reihe bereits kennt, wirkt From the World of John Wick: Ballerina umso mehr wie durchaus aufwändig in Szene gesetztes „Action Fast Food“. Nie langweilig, aber eben auch selten überhaupt irgendwie packend und nicht nachhaltig. Immerhin, Fans der John Wick-Filme werden sich bei der Variation der bekannten Story nicht nur auf Grund der vielen Auftritte bekannter Figuren sicher wohlfühlen. Auch Ana de Armas macht ihre Sache gut. Man würde sich nur wünschen, das Drehbuch wäre mutig genug, ihr Potential auch erkunden zu wollen, anstatt mehr von demselben zu bieten.