Late Night with the Devil [2025]
Wertung:
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Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 1. Juni 2025
Genre: Horror
Originaltitel: Late Night with the Devil
Laufzeit: 93 min.
Produktionsland: Australian / Vereinigte Arabische Emirate / USA
Produktionsjahr: 2023
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Cameron Cairnes, Colin Cairnes
Musik: Roscoe James Irwin, Glenn Richards
Besetzung: David Dastmalchian, Laura Gordon, Ian Bliss, Ingrid Torelli, Fayssal Bazzi, Rhys Auteri, Georgina Haig, Josh Quong Tart, Steve Mouzakis, Paula Arundell, Christopher Kirby, John O’May, Michael Ironside (Stimme)
Kurzinhalt:
So erfolgreich seine Late-Night-Show „Night Owls mit Jack Delroy“ im Lauf der vergangenen Jahre war, nachdem Moderator Jack Delroy (David Dastmalchian) sich nach dem Tod seiner Frau Madeleine (Georgina Haig) zurückgezogen hatte, ehe er zurück vor Kameras trat, sind die Quoten im freien Fall und seine Vertragsverlängerung alles andere als gewiss. Für die Sendung zu Halloween 1977 hat er sich mit seinem Team daher etwas Besonderes überlegt. Dem Datum angemessen, soll sich die Show um das Okkulte drehen, mit dem Auftritt des Mediums Christou (Fayssal Bazzi) sowie dem ehemaligen Magier Carmichael Haig (Ian Bliss), der es sich inzwischen zur Aufgabe macht, vermeintliche Geisterbeschwörer als Scharlatane und Spuk als Betrug zu entlarven. Star der Sendung soll allerdings die 13jährige Lilly D’Abo (Ingrid Torelli) sein, die vor einigen Jahren aus den Fängen einer satanischen Sekte gerettet wurde und seither unter der Obhut der Parapsychologin Dr. June Ross-Mitchell (Laura Gordon) steht. June ist der Überzeugung, dass Lilly von einem Dämon besessen ist und diesen soll sie vor laufender Kamera heraufbeschwören. Doch die Sendung, die gedacht ist, die Einschaltquoten anzukurbeln, gerät zunehmend außer Kontrolle …
Kritik:
Präsentiert als verschollene Aufzeichnung einer Late-Night-Show vermischt Late Night with the Devil die Genres des Found-Footage-Horrorfilms mit einer Dokumentation. Die starken Darbietungen machen dabei vergessen, dass die Verantwortlichen ihr Konzept nicht bis zum Ende durchhalten und die gelungene, zunehmend unheimlichere Atmosphäre tröstet darüber hinweg, dass das Finale nicht nur äußert kurz ist, sondern zudem so stark auf den Fantasyaspekt setzt, dass man gar nicht mit den Figuren mitfiebert.
In einem dokumentarischen Prolog wird der Late-Night-Show-Moderator Jack Delroy vorgestellt, der zu Beginn der 1970er-Jahre mit seiner Sendung Night Owls mit Jack Delroy spätabends Erfolge feiert. Dennoch bleibt er hinsichtlich der Einschaltquoten stets hinter The Tonight Show Starring Johnny Carson [1962-1992] zurück. Nach dem Tod seiner Frau zieht sich Delroy vorübergehend aus dem Showgeschäft zurück und hat nach seiner Rückkehr mit noch schlechteren Zahlen zu kämpfen. Die Verlängerung seines Vertrags steht auf der Kippe, weshalb er das Publikum mit einer besonderen Sendung zu Halloween 1977 fesseln möchte. Dem Anlass entsprechend sollen nicht nur ein Medium auftreten und ein ehemaliger Zauberer, der Tricks vermeintlich übersinnlich Begabter enttarnt, sondern auch die Parapsychologin Dr. June Ross-Mitchell. In ihrer Behandlung befindet sich die inzwischen 13jährige Lilly, die als einzige den Massenselbstmord einer satanischen Sekte überlebt hat und angeblich von einem Dämon besessen ist. Obwohl June sich eingangs sträubt, soll sie auf Drängen von Jack den Dämon vor laufender Kamera heraufbeschwören. Was als unheimliche Show beginnt, gerät zunehmend völlig außer Kontrolle.
Die Präsentation erinnert dabei, wie bereits gesagt, an eine Mischung aus einer Dokumentation und der verschollenen, nie gezeigten Aufzeichnung der verhängnisvollen Sendung. Nach einer Einleitung wird das Geschehen daher (überwiegend) aus dem Blickwinkel der bei der live übertragenen Late-Night-Show verwendeten Fernsehkameras gezeigt. Passend mit einer leicht unscharfen Bildwiedergabe im 4:3-Format, den von Videoaufzeichnungen aus jener Zeit bekannten Farben und leichten Doppelkonturen nebst gelegentlicher Bildstörungen. Wenn die Sendung durch Werbeanzeigen unterbrochen wird, wechseln die Regisseure Cameron und Colin Cairnes in eine andere Ansicht, zeigen das Geschehen bildschirmfüllend in schwarzweiß und mit sichtbarem Filmkorn, als handle es sich dabei um Dokumentaraufnahmen einer zusätzlichen Filmcrew, die hinter den Kulissen aufzeichnete. Nicht zuletzt der Wechsel unterstreicht umso mehr, wie eindrucksvoll es Late Night with the Devil gelingt, das Flair jener Zeit einzufangen. Aufmerksamen Zuschauerinnen und Zuschauern wird dabei auffallen, dass gegen Ende noch weitere Kameraeinstellungen verwendet werden, die hervorheben, in welcher Ebene man sich befindet, doch gerade hier durchbrechen die Verantwortlichen die Grenzen ihrer eigenen Erzählung. Zumindest dann, wenn man darüber nachdenkt, anstatt sich von dem Gezeigten einfach mitnehmen zu lassen.
Das wird dem Anspruch des Genres durchaus gerecht und steigert Zug um Zug die Spannung, ohne dabei mit bösen Spitzen auf das Showgeschäft oder diejenigen zurück zu halten, die mit dem Okkulten und Übersinnlichen Geld zu machen versuchen. Angefangen vom Medium Christou, der vermeintlich Kontakt mit Geistern aus dem Jenseits aufnehmen kann, beim Publikum der Sendung aber mit so allgemeinen Aussagen im Nebel stochert, dass deutlich wird, wie sehr er mit den Erwartungen der Menschen spielt, ohne tatsächlich mit Geistern in Kontakt treten zu können. Zumindest zu Beginn. Aber auch der ehemalige Zauberer Carmichael Haig bekommt sein Fett weg, wie auch Delroy selbst, der für die Einschaltquote und seine Karriere bereit ist, alles zu tun, selbst wenn ihn sämtliche Menschen vor den Konsequenzen warnen. Late Night with the Devil verrät über die Personen in seiner Umgebung zwar nicht viel, aber der Besetzung gelingt es dennoch, sie greifbar zu verkörpern. Neben Jack, der von David Dastmalchian erstklassig zum Leben erweckt wird, mit einer geradezu unheimlichen Mischung aus Ehrgeiz, jovialer Leichtigkeit, wenn die Kameras auf ihn gerichtet sind, und einer unerwarteten Verletzlichkeit, wenn sein privater Verlust in den Mittelpunkt gerückt wird, steht vor allem die junge Ingrid Torelli als Lilly hervor. Ihre Momente zählen zu den beunruhigendsten des mit etwas mehr als eineinhalb Stunden kompakten Horrorfilms.
So gelungen die handwerklichen Aspekte und auch die Darbietungen dabei sind, das überraschend kurze Finale, das merklich auf Trickeffekte setzt, anstatt die sich in Gefahr befindenden Figuren einen Weg suchen zu lassen, sich daraus zu befreien, mag nicht wirklich zum sonstigen Aufbau des unheimlichen Genrefilms passen. Hinzu kommt ein Epilog mit Eindrücken, die nicht Teil der Aufzeichnung sein können, aber als solche präsentiert werden. Es macht in gewisser Weise die zuvor so durchgängig umgesetzt Präsentation von Late Night with the Devil zunichte, bei der sich die Verantwortlichen merklich Mühe gegeben haben und die in vielerlei Hinsicht gelungen ist. Sieht man darüber hinweg, gibt es hier Vieles, das zu entdecken sich lohnt, einschließlich einer Geschichte, die in Bezug auf den Protagonisten beinahe an Johann Wolfgang von Goethes Faust. Eine Tragödie [1808] erinnert.
Fazit:
Sets, Beleuchtung, Musik wie auch Frisuren, Make-up und Kostüme sind so erstklassig eingefangen, dass man sich tatsächlich vom ersten Moment an in einer Fernsehsendung aus den 1970er-Jahren wiederzufinden glaubt. Die Regisseur Cameron und Colin Cairnes beweisen hier ein ebenso gutes Händchen wie beim langsamen Aufbau einer unheimlichen und zunehmend bedrohlicher werdenden Atmosphäre, in der kleine Einblendungen im Hintergrund ein wiederholtes Ansehen rechtfertigen und lange ankündigen, worauf dies hinauslaufen wird. Stark gespielt, verbindet Late Night with the Devil außerdem so nahtlos wie selten die Genres des greifbaren Found-Footage-Films und einer fiktiven Dokumentation. All das ist, auch auf Grund der vielen Verweise ins tatsächliche Showgeschäft, nicht nur für Genrefans unterhaltsam und sehenswert, sondern mit vielen gelungenen Elementen gespickt. Dass ausgerechnet das Finale in mehrerlei Hinsicht aus dem Rahmen fällt, ist schade, wird aber vermutlich den Großteil des Publikums nicht stören.