Airport [1970]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 4. Juni 2025
Genre: Unterhaltung

Originaltitel: Airport
Laufzeit: 137 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1969
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: George Seaton, Henry Hathaway
Musik: Alfred Newman
Besetzung: Burt Lancaster, Dean Martin, Jean Seberg, Jacqueline Bisset, George Kennedy, Helen Hayes, Van Heflin, Maureen Stapleton, Barry Nelson, Dana Wynter, Lloyd Nolan, Barbara Hale, Gary Collins, John Findlater, Jessie Royce Landis, Larry Gates, Peter Turgeon, Whit Bissell


Kurzinhalt:

An sich hatte Flughafendirektor Mel Bakersfeld (Burt Lancaster) seiner Ehefrau versprochen, früher nach Hause zu kommen, doch nachdem am Lincoln International Airport unerwartet viel Schnee gefallen ist, herrscht Ausnahmezustand. Der wird noch schlimmer, als ein Flugzeug der Trans Global Airlines von der Landebahn rutscht und im Schnee steckenbleibt, wodurch die Landebahn blockiert wird. Dies sorgt nicht nur für mehr Aufwand bei Mechaniker Joe Patroni (George Kennedy), sondern auch dafür, dass die Flugzeuge andere Start- und Landebahnen nutzen müssen, was zu Verwerfungen mit den Anwohnenden führt. Die Leiterin des Kundenservice von Trans Global Airlines, Tanya Livingston (Jean Seberg) versucht, die verärgerten Fluggäste zu beruhigen und der regelmäßig als blinde Passagierin fliegenden Ada Quonsett (Helen Hayes) Einhalt zu gebieten, während Mels Schwager Vernon Demerest (Dean Martin) sich als Pilot bei ihm beschwert, dass er unter diesen Voraussetzungen nicht fliegen will. Da ahnt der Pilot noch nicht, was ihm die Stewardess Gwen Meighen (Jacqueline Bisset) in Kürze mitteilen wird, mit der er eine Affäre hat. Doch die Situation wird noch unberechenbarer, als sich Hinweise häufen, dass ein Fluggast womöglich eine Bombe in ein Flugzeug geschmuggelt haben könnte …


Kritik:
Verkörpert von einem namhaften Ensemble und mit sichtlichem Aufwand zum Leben erweckt, markiert Airport den Beginn einer ganzen Ära Hollywoods, an der sich selbst heute noch große Produktionen orientieren. Für einen dramatischen Actionfilm ist weder das Drama packend genug, noch nimmt die Action genügend Raum ein. Als Zeugnis einer in gewisser Hinsicht unbeschwerteren Zeit in der Traumfabrik, ist George Seatons und Henry Hathaways Katastrophenfilm immer noch eine Entdeckung wert.

Basierend auf Arthur Haileys gleichnamigem Roman aus dem Jahr 1968 handelt die Geschichte von einer dramatischen Nacht auf dem in der Nähe von Chicago gelegenen Flughafen Lincoln International Airport. Dort hat der Direktor des Flughafens Mel Bakersfeld auf Grund eines unerwartet schweren Wintereinbruchs bereits alle Hände voll zu tun, während die Leiterin des Kundenservice der Trans Global Airlines, Tanya Livingston, mit allerlei kleineren Katastrophen zu kämpfen hat, angefangen von Zollstreitigkeiten bis hin zu blinden Passagieren. Doch der Abend nimmt eine unerwartete Wendung, als ein Flugzeug von der Landebahn rutscht und somit den Weg für andere Passagierflugzeuge blockiert, ehe der Verdacht aufkommt, dass ein Passagier womöglich eine Bombe in ein Flugzeug geschmuggelt haben könnte.

Zahlreiche Figuren in mehreren Handlungssträngen werden zuerst vorstellt, um sie teilweise zusammentreffen oder sich nur begegnen zu lassen, ehe sie auf verschiedenen Ebenen letztlich aufgelöst werden. Diese Art der Erzählung, in der sich vor gigantischer Kulisse eine Katastrophe anbahnt, die aus verschiedenen Blickwinkeln begleitet wird, wird das Genre des Katastrophenfilms mit Filmen wie Die Höllenfahrt der Poseidon [1972], Erdbeben [1974] oder Flammendes Inferno [1974] auszeichnen und zu einem Publikumsmagneten machen. Airport war hierfür Wegbereiter und wurde für insgesamt zehn Oscars nominiert, von denen lediglich Helen Hayes für ihre Darbietung als die gewiefte Ada Quonsett ausgezeichnet wurde. Drei Fortsetzungen zog der erfolgreichste Film jenes Jahres nach sich, der sich dabei erstaunlich viel Zeit lässt, seine vielen Figuren in Position zu bringen, ehe die Katastrophe überhaupt ins Rollen kommt.

Anfangs stellen die Regisseure Seaton und Hathaway die vielen Personen vor, von denen keine einzige in ihrer aktuellen Situation glücklich ist. Flughafendirektor Mel sucht Gründe, um nicht nach Hause zu seiner Frau und den beiden Töchtern gehen zu müssen, da er und seine Frau sich seit Jahren auseinandergelebt haben. Gleichzeitig fühlt er sich zu Tanya Livingston hingezogen, kann diesen Gefühlen aber nicht nachgeben. Mels Schwester ist mit dem Piloten Vernon verheiratet, der wiederum eine Affäre mit der Stewardess Gwen pflegt, aber die Sicherheit seiner Ehe nicht aufgeben möchte. Der einzig glücklich verheiratete ist Chefmechaniker Joe Patroni, auf dessen Expertise Mel setzt, um das im Schnee stecken gebliebene Flugzeug zu befreien. Mit der ohne Ticket reisenden Ada und zahlreichen anderen Nebencharakteren hat Airport schließlich mehr als genügend Figuren, die es zu entwickeln gilt, doch die wenigsten von ihnen werden tatsächlich vertieft. Auch deshalb fühlt es sich in den ersten eineinhalb Stunden an, als wäre dies weniger ein Katastrophenfilm, als ein an einem internationalen Flughafen spielendes Drama, in dessen Zentrum die Liebesleben der Hauptfiguren stehen. Merklich spät wird überhaupt die Person erst vorgestellt, die aus einer persönlichen Not heraus einen so endgültigen wie verheerenden Plan gefasst hat und damit das Leben von zahlreichen Menschen an Bord eines Flugzeugs in Gefahr bringt.

Das bedeutet nicht, dass es nicht durchaus unterhaltsam wäre, Mel Bakersfeld zu beobachten, wie er versucht, die unterschiedlichen Interessen an seinem Flughafen auszubalancieren. Nur fragt man sich durchaus berechtigterweise nach einer gewissen Zeit, wohin all dies führen soll, zumal die persönlichen Krisen der Charaktere kaum mitzureißen vermögen. Da helfen auch die teils amüsanten Seitenhiebe und Kommentare nicht weiter, die die Dialoge auszeichnen. Führen die Verantwortlichen aber schließlich die verschiedenen Erzählstränge zusammen, entwickelt das Finale durchaus Tempo, das überdies mit einem sichtbaren Aufwand zum Leben erweckt ist. Haben die übrigen, klassischen Katastrophenfilme die Erzählstruktur insoweit abgewandelt, dass sich nach einem dramatischen Auftakt die Spannung der verschiedenen Erzählungen steigert, ehe es zu einem mitreißenden Schluss kommt, verlagert Airport die gesamte Dramaturgie in den letzten Akt.

Das macht den Film aber nicht nur mit einem zeitlichen Abstand von mehr als 55 Jahren weniger zugänglich, als heutige Genrevertreter, sondern auch auf Grund der Laufzeit selbst. Sieht man Airport allerdings als das, was das überraschend unterhaltsame Katastrophendrama ist, kann man darin einerseits viele Aspekte wiederfinden, die das Genre später prägen sollten, und sich gleichzeitig von dem merklich hohen Aufwand mitnehmen lassen, der bis hin zu den detaillierten Funksprüchen im Tower reicht. Das mag im Gegensatz zu heutigen Produktionen nicht beständig durch irgendwelche Entwicklungen der Geschichte vorangetrieben werden, aber das muss nicht als Kritik gemeint sein.


Fazit:
Als wäre die Prüfung für Flughafendirektor Mel Bakersfeld nicht bereits groß genug, wenn sein internationaler Flughafen, der ohnehin kaum den Strom an Passagieren bewältigen kann, auf Grund starken Schneefalls weit über seine Grenzen hinaus beansprucht wird, als ein möglicher Bombenleger in den Fokus gerät, nimmt die Dramatik eine ganz andere Dimension an. Doch bis es soweit ist, verbringen die Filmemacher George Seaton und Henry Hathaway nicht nur viel Zeit am Boden, sondern damit, die Charaktere vorzustellen, die einem aber doch nicht ans Herz wachsen wollen. Vielleicht auch deshalb, weil sie sich – abgesehen von dem von Dean Martin gespielten Piloten Vernon – ohnehin bereits im Vorfeld entschieden haben, was sie tun wollen. Doch ungeachtet der Tatsache, dass der Katastrophenfilm den Weg für ein ganzes Genre ebnete, beweist Airport überraschend viel Leichtigkeit in manchen Dialogen der Starbesetzung oder der Darstellung der Figur der Ada Quonsett, sodass nie Zweifel aufkommen, wie all dies enden wird. Das kostet zwar etwas Spannung, schmälert aber kaum das eindrucksvoll und flott umgesetzte letzte Drittel. Allein das lohnt bereits das Einschalten.