Elio [2025]
Wertung:
|
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 17. Juni 2025
Genre: Animation / Komödie / Science Fiction
Originaltitel: Elio
Laufzeit: 99 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2025
FSK-Freigabe: ab 6 Jahren
Regie: Madeline Sharafian, Domee Shi, Adrian Molina
Musik: Rob Simonsen
Stimmen: Yonas Kibreab, Zoe Saldaña, Remy Edgerly, Brad Garrett, Jameela Jamil, Shirley Henderson, Matthias Schweighöfer, Brandon Moon, Naomi Watanabe, Ana de la Reguera, Anissa Borrego
Kurzinhalt:
Sowohl Elio (Yonas Kibreab) als auch seine Tante Olga Solis (Zoe Saldaña) wissen nicht, wie sie mit ihrer neuen Situation umgehen sollen. Nach dem plötzlichen Tod von Elios Eltern kümmert sich Olga um ihren elfjährigen Neffen. Dafür gibt die Offizierin auch ihre Pläne auf, am Astronautenprogramm teilzunehmen, selbst wenn ihre Vorgesetzten sie gern dort sehen würden. Während Olga sich in die Arbeit stürzt, da sie keinen Zugang zu Elio findet, hat dieser eine Idee. Da er nicht das Gefühl hat, irgendwo auf der Erde dazuzugehören, könnte er sich von Aliens entführen lassen. Vielleicht wäre er in deren Gemeinschaft ja besser aufgehoben? Zunehmend isoliert, probiert Elio alles aus, was er sich vorstellen kann und eines Tages werden seine Rufe erhört. Er wird von Außerirdischen zu einem unbeschreiblichen Ort gebracht, dem Communiverse, wo viele außerirdische Spezies zusammenleben. Doch deren Botschafter sind der Auffassung, Elio wäre der Anführer der Erde und könnte den Planeten repräsentieren. Um nicht aus dem Communiverse ausgeschlossen zu werden, bietet sich Elio an, im Konflikt mit dem finsteren Lord Grigon (Brad Garrett) zu vermitteln, der die Gemeinschaft zerstören will, das seine Aufnahme verweigert wird. Dabei erhält Elio unerwartet Hilfe von Grigons Sohn Glordon (Remy Edgerly), der sich wie Elio allein und vernachlässigt fühlt und vor allem nicht den Weg gehen will, den sein Vater für ihn vorgesehen hat …
Kritik:
Mit Elio gelingt es der Animationsschmiede Pixar seit langem wieder, den Charme einzufangen, den viele ihrer unvergleichlichen Geschichten auszeichnen. Mit viel Feingefühl erzählen sie darin, wie verloren sich der junge Elio nach dem Verlust seiner Eltern fühlt, während seine Tante versucht, einen Zugang zu ihm zu finden und selbst mit der neuen Situation klarzukommen. Das Abenteuer, das er erlebt, ist nicht von dieser Welt und so warmherzig witzig wie mit unbeschreiblich viel Fantasie zum Leben erweckt. So sehr, dass man dem selbst mit staunenden Kinderaugen beiwohnt.
Wenn wir dem elfjährigen Elio zum ersten Mal begegnen, kauert er sich unter dem Tisch in der Cafeteria eines Luft- und Raumfahrtmuseums zusammen. Bei ihm ist seine Tante Olga, eine Offizierin, die ihre Pläne, am Astronautenprogramm teilzunehmen, verworfen hat, da sie sich nach dem Tod ihres Bruders und ihrer Schwägerin um ihren Neffen kümmert. Auf einem Streifzug im Raumfahrtmuseum kommt Elio auf die Idee, dass er, wenn er schon auf dieser Welt nicht hinein zu passen scheint und ganz allein ist, bei Außerirdischen gut aufgehoben wäre. Also versucht er fortan, Kontakt aufzunehmen, schwänzt die Schule und bringt sich immer wieder in Schwierigkeiten, bis seine Rufe tatsächlich erhört werden. Elio wird an einen unbeschreiblichen Ort gebracht, an dem zahlreiche außerirdische Spezies friedlich zusammenarbeiten – das Communiverse. Und da die Aliens glauben, dass Elio der Anführer der Erde ist, geben sie seinem Wunsch statt, dass er im Konflikt des Communiverse mit dem finsteren Lord Grigon vermitteln darf, der droht, die Gemeinschaft zu zerstören, da er nicht aufgenommen werden soll. Dabei erhält Elio unerwartete Hilfe von Grigons Sohn Glordon, der wie Elio keine Freunde hat und den Erwartungen der Erwachsenen in seinem Leben nicht gerecht wird.
Trotz ihrer offensichtlichen Unterschiede, immerhin ist Elio ein Menschenjunge und Glordon ein wurmähnlicher Außerirdischer, der weder Augen, noch Arme oder Beine hat, haben sie also viele Gemeinsamkeiten. Ähnlich ergeht es auch Olga und Grigon, die mit der Situation, ein Kind alleine großzuziehen, jeweils ganz unterschiedlich umgehen. Während Grigon versucht, mit unerbittlicher Stärke voranzugehen, vergräbt sich Olga in die Arbeit. Elio, der nicht nur die zwei wichtigsten Menschen in seinem Leben verloren hat, sondern dessen Welt vor seinen Augen zusammengebrochen ist, sehnt sich danach, dazu zu gehören. Umso mehr hat er das Gefühl, als er im Communiverse ankommt, als hätte er endlich wieder ein Zuhause gefunden. Das Abenteuer, das er auf sich nimmt, muss er nur bewältigen, um dieses Zuhause nicht wieder zu verlieren und seine neu gewonnene Freundschaft zu Glordon verstärkt lediglich, was auf dem Spiel steht. Alleinzusein, eine tief empfundenen Einsamkeit, als wäre man ein Alien auf der Erde und würde nirgendwo dazugehören, können wohl viele von uns nachempfinden. Die Filmschaffenden von Elio fangen dieses Gefühl auf eine so zugängliche wie greifbare Weise ein, dass Elios Bemerkungen, wenn er seine Situation beschreibt, einen bis ins Mark treffen. Ebenso Olgas Geständnis, wenn sie am Telefon jemandem erzählt, dass sie nicht weiß, ob sie es schaffen kann, Elio großzuziehen. Nicht nur, dass sie in diese Rolle nicht hineinwachsen konnte, sondern sie ihr gewissermaßen über Nacht zufiel, sie hat ebenfalls einen wichtigen Teil ihrer Familie verloren. Wie auch die Zukunft, für die sie so hart gearbeitet hat.
Elio beschreibt diese Zweifel, die zu einer Verzweiflung werden können, auf eine Weise, dass Zuschauerinnen und Zuschauer aller Altersklassen sie verstehen können. Der Humor, insbesondere, wenn Elio das Communiverse mit Gordon erkundet, richtet sich dabei zwar spürbar an ein jüngeres Publikum, aber insbesondere Science Fiction-Fans werden viele, viele Anspielungen an bekannte Werke entdecken können. Wenigstens dann, wenn man sich von der tollen Optik losreißen und auf die Details achten kann. Die Regisseurinnen Madeline Sharafian und Domee Shi, unterstützt durch Adrian Molina, erschaffen eine atemberaubend schöne Welt, sowohl auf der Erde als auch im Communiverse. Das Aussehen von Elios Umgebung oder der Basis, in der Olga arbeitet, ist so greifbar und natürlich, dabei aber doch verspielt, wie auch das Aussehen der Figuren, dass man sich förmlich darin verlieren kann. Beim Communiverse explodiert der Animationsfilm dann in Farben und Formen. Das Design dieses Ortes wie auch die außerirdischen Wesen sprühen geradezu vor Fantasie.
Dem beizuwohnen, zaubert einem über weite Strecken ein Lächeln ins Gesicht und bringt dabei verständlich und nahbar in starken Momenten auf den Punkt, was Erwachsene wie Kinder wissen und erstere letztere auch jederzeit spüren lassen sollten: wie wichtig es ist, akzeptiert und geliebt zu werden. Inhaltlich mag Elio dabei kaum überraschen und im Mittelteil ein wenig an Fahrt verlieren, aber es schmälert nicht die warmherzige Atmosphäre einer Geschichte, die zum Träumen einlädt und handwerklich so toll wie einfallsreich zum Leben erweckt ist. Toll!
Fazit:
Wenn Elio seine Tante vor lauter Wut, Trauer und Enttäuschung mit seinen Worten verletzt, ohne es zu wollen, oder Olga aus Überforderung mit der Situation ihrem Neffen nicht das Gefühl gibt, dass er in ihrem Leben willkommen ist, erzeugen die Filmschaffenden Augenblicke, in denen sich eine bzw. ein jeder wiederfinden kann. Gerade auf Grund dieser leisen Momente berührt Elios Reise, bei der man, um sie zu genießen, kein Science Fiction-Fan sein muss, aber die junge Zuschauerinnen und Zuschauer zu solchen machen könnte. Mit einer wundervollen, universellen Botschaft und mit spürbar viel Herz erzählt, gelingt Pixar mit Elio ein bezaubernder Film für die ganze Familie. Inhaltlich kaum neu und mit vielen Figuren versehen, die leider kaum zur Geltung kommen, aber wichtig wie wertvoll und schön in jeder Hinsicht. Dabei gewinnen die Worte des prägenden Dr. Carl Sagan am Ende in diesem Zusammenhang eine zusätzliche Bedeutung und sind mehr, als nur eine Aufforderung an Erwachsene, der nachfolgenden Generation das Gefühl zu geben, dass sie nicht allein ist. In einer Welt, in der Soziale Medien für eine nie dagewesene Form von Isolation sorgen, umso mehr. Sie bekräftigen auch, dass uns alle vereint, was Elio, Glordon, Olga oder Grigon empfinden. Und ist das Wissen darum nicht ein erster Beweis, dass wir selbst dann nicht allein sind, wenn wir uns einsam fühlen? Der Gedanke kann uns mehr als nur Trost spenden – er kann uns Hoffnung schenken und den Mut, aufeinander zuzugehen.