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Der Blog stellt eine Art Internettagebuch dar, in dem die Mitglieder der Redaktion ihre Gedanken mit den Lesern teilen. Er bietet Einblicke in den Alltag und in die Themen, die die jeweiligen Autoren am meisten beschäftigen.
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Paarung der Verpackung
Treffpunkt: Kritik Wenn man es sich einmal genauer überlegt, lebt der Mensch von Anbeginn seiner Existenz an in den aller seltensten Fällen doch tatsächlich für sich selbst. Von klein auf ringt man um die Gunst der Eltern, fühlt sich ständig im Zugzwang, zu gefallen (übrigens ein Verhalten, das auch im Erwachsenenalter noch anhält). Im Kindergarten und der Schule geht es in der gleichen Art und Weise weiter, um Freunde zu gewinnen, bei ihnen hoch im Kurs zu stehen und bei so vielen wie möglich beliebt zu sein. Später im Jugendalter oder frühen Erwachsenenalter ist es ja nicht anders. Dann versucht man mit allen Mitteln, das andere Geschlecht zu beeindrucken und diesbezüglich haben Frauen deutlich mehr Möglichkeiten als Männer. Sie in unserer Gesellschaft als benachteiligt zu betrachten mag durchaus angemessen sein, aber wenn es um Paarungsrituale geht, sind sie klar im Vorteil.
Durch hochhackige Schuhe wird frau größer, durch den Lippenstift der Mund voller und verführerischer. Mit dem Lidschatten die Augen geheimnisvoll und das Make-up sorgt für einen gleichmäßigen Teint, der eventuelle Unregelmäßigkeiten in der Hautpigmentierung überdeckt. Die Haare erscheinen mit Volumenshampoo voller und gepflegt, die Taille mittels Corsage perfekt getrimmt und dank des Push-up-BHs die Oberweite einladend und wie die durch die Figur fördernde Hose für die Fortpflanzung wie geschaffen.
Mann lässt man sich somit auf die Verpackung ein, ohne zu wissen, was sich dahinter verbirgt. Ist das Mindesthaltbarkeitsdatum schon überschritten? Die Ware angeknackst und der Lack neuer als der Unterbau? Wie soll man wissen, ob "das Produkt", wie es im BWL-Deutsch heute ubiquitär genannt wird, den Ansprüchen nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft standhält?
Dabei läuft es letztlich immer auf Dasselbe hinaus: Man sucht jemanden, mit dem man seine zukünftige Familienplanung gestalten kann. Sei das nun ein Paar mit den gleichem Chromosomen oder den jeweils anderen. Und sei es nun eine Familie aus zwei, drei, vier oder mehr. Heute scheinen sich die meisten Menschen dabei häufiger auf Angebotssuche zu begeben, wie es früher der Fall war. Statt sich gleich mit der ersten Ausführung abzugeben, holt man lieber weitere Angebote ein und verschafft sich einen Überblick über den Markt. Die Nachfrage bestimmt eben das Angebot. Anders ist es auch kaum zu erklären, dass sich die Damen heutzutage überall und für jeden sichtbar in der Öffentlichkeit, auf der Tanzfläche und wo man sie sich überhaupt vorstellen kann küssen – und das am liebsten auf den Mund. Umarmungen, Begrabschungen, die auf Arbeit von männlichen Kollegen ausgehend sofort als sexuelle Belästigung zur Anzeige gebracht werden, sind unter den Mitarbeiterinnen nicht nur an der Tagesordnung, sondern ein Ritual, das von der Popkultur eingepflegt wurde, als hip und modern wahrgenommen wird und den Männern gleichzeitig signalisieren soll, dass frau auch experimentierfreudig ist. Vielleicht ist sie ja für Dinge zu haben, für die andere nicht zu haben wären? Hätte das männliche Geschlecht diesen Wunsch nicht, und würden die überflüssigen Umfragen und Interviews mit so genannten Männern (14-29jährige, auf cool getrimmte Pseudointellektuelle, die glauben sie hätten die Lebensweisheit mit ihrem Hinterausgang aufgesogen, wenn sie sich einen dämlich aussehenden Hut wie Schmalzjammerer Roger Cicero aufsetzen und damit ein Image kopieren, das in sich schon eine Kopie darstellt) eine solche Nachfrage nicht suggerieren, würden die Frauen nicht unterbewusst krampfhaft versuchen, diese zu erfüllen.

Die Menschen wähnen sich bei der Paarungssuche vielleicht auch deswegen wie beim Buffet mit dem häppchenweisen probieren, ohne sich wirklich was auf den Teller zu packen, weil es einem tagtäglich so vorgelebt wird.
Das Angebot eines durchschnittlichen, großen amerikanischen Supermarktes umfasst 40.000 Artikel. Wie viele verschiedene Ausgaben vom beinahe selben Produkt es dabei nebeneinander gibt, kann man sich ausmalen. Dass einem die Hersteller nichts schenken ist klar und man achtet heutzutage deutlich mehr auf den Inhalt als nur die Verpackung, wie es früher einmal der Fall war.
Kein Wunder, erweisen sich die meisten Anbieter doch als wahre Zahlenjongleure, wenn es darum geht, dem Kunden das Geld aus der Tasche zu locken.
Ein ganz einfaches Rechenbeispiel: kostete ein Pack Müsliriegel eines bekannten Anbieters – nennen wir ihn Kohrnie (Name geändert) – mit 10 Stück Inhalt bislang 1,99 EUR, was einem Stückpreis von ca. 20 Cent entspricht, ist die neu designte Packung nun mit 1,59 EUR deutlich günstiger geworden. Dafür allerdings sind auch nur noch 6 Stück drin, was einem Stückpreis von ca. 27 Cent entspricht (ergibt eine Preissteigerung von 35%).
Es lohnt sich also zu vergleichen und wieso sollten die Menschen diese Mentalität nicht auch in ihr normales Leben mit übernehmen.

Das Äußere täuscht und es täuscht leider allzu oft, wovon auch Kinofans derzeit wieder ein Lied singen können. Denn wer den aktuellen Streifen Wolverine in Deutschland im Kino gesehen hat, der musste sich trotz einer FSK-Freigabe "ab 16 Jahren" leider mit einer um eine Minute gekürzten Fassung zufrieden geben. Und als wäre das nicht genug, ist nun für den Heimvideomarkt eine "Extended Edition" angekündigt, die ungekürzt erscheint – und ebenfalls "ab 16" freigegeben wurde. Das Ganze erinnert verteufelt an The Happening, wo der Verleih ebenfalls eine höhere Freigabe fürchtete, den Film darum beschnitt und ihn erst hinterher der FSK vorlegte. Denn hätte die FSK eine höhere Freigabe verhängt, als der Verleih wollte, hätte man die Kürzungen dann durchführen müssen und den Film nochmals vorlegen ... und zwei Mal zahlen müssen.
Wo nun allerdings Geld gespart sein soll, wenn die "Extended Edition" auch geprüft werden muss, ehe sie in Deutschland erscheint, weiß wohl niemand so recht.

All das erinnert allerdings daran, wie leicht man vom ersten Schein getrügt wird und wie es überall wichtiger wird, zweimal hinzusehen.
Das Ende vom Lied ist dabei wohl leider, dass es auch in Zukunft genügend Menschen geben wird, die sich anderen anbiedern. Die sich so stark bewerben und zu Schleuderpreisen verkaufen, dass man früher oder später eher zur Verpackung als zum Inhalt greift. Schon allein auf Grund der schieren Menge. Allerdings, und das lehrt einen ein Blick auf die Vergangenheit auch, jede Verpackung verwittert mit der Zeit. Was dann noch übrig bleibt, ist was drinnen steckt. Und wenn aller Lack abgeblättert ist, muss das Grundgerüst überzeugen können und das Interesse des Käufers weiterhin für sich gewinnen. Wer das auf Seiten der Nachfrage bereits verinnerlicht hat, wird mit seinem "Erwerb" auch in Zukunft glücklich sein, weil er die Fassade auch als solches wahrnimmt.
Und wer sich selbst als "Angebot" sieht, sollte darauf achten, dass die Umverpackung nicht interessanter ist, als des Pudels Kern. Denn dann könnte der Schock beim bösen Erwachen sich als irreparabel erweisen. Und andere Angebote, die dann verlockender erscheinen, gibt es draußen, das wurde ja schon festgestellt, immer noch mehr als genug.
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