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Ein Rückblick nach vorn
Treffpunkt: Kritik Wo immer man hinsieht, begegnet einem derzeit ein Rückblick auf ein Jahr, das wir alle nur allzu gut kennen. 2009 liegt in den letzten Zügen, von vielen verhasst oder verschmäht gibt es an sich nur zwei Sorten Menschen, die 2009 vermissen werden: zum einen diejenigen, denen es gelungen ist, sich an Anderen zu bereichern und ihren Status in der Gesellschaft zu festigen und zum anderen die Pessimisten, die davon überzeugt sind, dass 2010 noch viel schlimmer werden wird.
So wundert es nicht, dass auch die Gruppe der Berufswahrsager wieder Hochkonjunktur hat und ihre Visionen wieder meistbietend an die Presse verkauft. Manch einer hatte beispielsweise für 2009 auch die Wiederwahl von Angela Merkel oder gar den Tod Michael Jacksons vorhergesagt.
Wieso sollte man also nicht auch einen Ausblick auf 2010 wagen? Raum für Spekulationen gibt es genug – nur immer ohne Gewähr.
Nach dem Scheitern des Klimagipfels wäre es beispielsweise möglich, dass die Verbände für Wintertourismus die Bundesregierung auf Schadensersatz verklagen. Immerhin könnte man allen Staaten das kollektive Scheitern beim jüngsten Klimagipfel so in Rechnung stellen. Frau Merkel hätte dann immerhin wieder einen Grund, den Klimaschutz (und nicht nur das Gerede darum) zur Chefsache zu erklären. Wobei, wenn man es sich genauer überlegt und einmal zurückdenkt, wie sie 2009 die Kanzlerin aller Deutschen sein wollte, wie sie Bildung, Wohlstand und das Bemühen, so schnell wie möglich wieder dahin zu kommen, wo Deutschland vor der Krise war, in den Mittelpunkt ihres Schaffens gerückt hat, ist es vielleicht besser, man überlässt den Klimaschutz fähigen Personen. Nur wer soll das sein?
Mit dem ins Saarland zurückgezogenen Oskar Lafontaine ist auf einer ernst gemeinten politischen Bühne leider auch kein Blumentopf zu gewinnen und die derzeitigen Regierenden fallen allesamt unter die Kategorie der unangenehmen Notwendigkeiten, so dass man sie garantiert nicht über die Feiertage zu sich nach Hause einladen, oder gar mit ihnen verwandt sein wollte. Da hilft auch die Verjüngungskur nicht, welche die neu gewählte Administration aus schwarz/gelber Regierung vorlebt. Eine Familienministerin, die bis vor wenigen Jahren selbst noch Kindergeld erhielt, und die nach einer Gebärmaschine im Amt nun auf merkelschen Pfaden kinderlos wandelt, oder ein Gesundheitsminister, der zwar Erfahrungen im medizinischen Sektor gesammelt, dabei aber nur im behüteten Umfeld der Bundeswehr beschäftigt gewesen war und nie den Alltag eines praktizierenden Arztes erfahren hat, lassen dabei sogar das vermeintliche Tom Cruise-Lookalike Karl-Theodor zu Guttenberg alt aussehen. Nur wo wird das hinführen? Dass auch kinderlose Paare nicht mehr per Gesetz finanziell geschröpft werden? Oder dass den Menschen eine klassenlose Gesundheitsversorgung zur Verfügung gestellt wird, die auch bei Impfstoffen nicht mehr zwischen normalen Menschen und "besser gestellten" unterscheidet? Wohl eher nicht. Stattdessen muss man auch im nächsten Jahr damit rechnen, dass die Beiträge für die Gesundheitskassen steigen werden und auch trotz angekündigter Steuerentlastungen (die ohnehin erst später kommen sollen) wird den Menschen am Ende des Monats weniger Geld in den Taschen bleiben. Daran ändert auch eine Finanzkrise nichts, die von einigen wenigen Industriezweigen ausgelöst wurde, aber auf dem Rücken aller ausgetragen wird. Da mag zwar auch der Letzte noch nicht verstanden haben, dass die Auswirkungen der Krise noch gar nicht in alle Bereiche durchgedrungen sind, doch spätestens, wenn im kommenden Jahr die Automobileinkäufe ausbleiben oder gar die Kurzarbeit gestrichen wird und viele Firmen ihre Belegschaft drastisch reduzieren werden, wird sich jene Erkenntnis durchsetzen. Da mögen die Glücklicheren noch so sehr davon reden, dass es gar keine wirkliche Krise gegeben hat, oder gar manch einer behaupten, es handle sich um eine natürliche Bereinigung des Marktes, solche Aussagen wagt nur derjenige zu treffen, der nicht direkt betroffen ist. Gerade deshalb ist es wichtig, dass man sich die Auslöser dieser Situation ansieht, um besser zu erkennen, wenn wie beispielsweise jetzt die Banken erneut dieselben Fehler begehen oder Manager wieder dieselben spekulativen Risiken mit anderer Leute Lebensgrundlage eingehen. Die weltweit viele Millionen Menschen ins Unglück stürzende Krise ist 2010 jedenfalls noch nicht vorbei.

Wird Anfang nächsten Jahres die große Welle der Schweinegrippe-Mutationen bei uns eintreffen? Während Skeptiker immer noch davor warnen, wie schnell das Virus mutiert und dass es gerade deswegen so gefährlich ist, hält sich nach wie vor ein hartnäckiger Kern, der der festen Überzeugung bleibt, dass die angelaufene Impfwelle hauptsächlich eine finanzielle Spritze für eine Berufsgruppe bedeutete. Dabei ging es den Pharmaunternehmen zuvor schon nicht schlecht, jetzt aber ein wenig besser. Und das obwohl, oder gerade weil noch gar nicht absehbar ist, welche Nebenwirkungen diese Massenimpfung denn gehabt hat. Langzeitstudien werden somit wieder einmal am Versuchskaninchen "Patient" durchgeführt.

Vielleicht ist auch 2010 endlich das Jahr, in dem nicht nur gut verdienende TV-Moderatoren, die ehemals vom Privatfernsehen ins Öffentlich Rechtliche gewechselt waren und nun wieder die Flucht in die Verstandlosigkeit antraten, sondern in welchem gleich die bekanntesten Formate von ARD und ZDF ans Privatfernsehen abgetreten werden. Wer würde sich nicht über die Tagesthemen abwechselnd auf ProSieben und Sat.1 freuen, während gleichzeitig die Ausstatter der Nachrichtensprecher im unteren Bilddrittel dauerhaft eingeblendet werden? Oder das HeuteJournal auf RTL und RTL II, wobei vor dem Auslandsabschnitt zuerst Prominews und Hundefrisiertipps eingeschoben werden müssen. Dann könnte man endlich alle beliebten und bekannten Fratzen der deutschsprachigen TV-Landschaft auf den Wahlkanälen der Deutschen erleben und müsste nicht schlechten GEZwissens auf die kulturbetonten Beitragsverschleuderer zurückgreifen. Wer möchte denn Bauer sucht Frau, das mit Bildungspreisen ausgezeichnete Dschungelcamp oder ultra-realistische Krankenhausserien wie Klinik am Alex nicht am liebsten auf dem gleichen Kanal sehen können wie hochwertige Nachrichtenverwurstungen? Nachdem auf der ARD nicht einmal Eine für alle eine Chance bekam, gibt es an sich keinen Grund, das erste Programm überhaupt im Senderspeicher zu behalten.
2010 könnte auch das Jahr werden, in dem Dieter Bohlen auf RTL eine moderne Variante von Wetten, dass … vorstellt – mit Thomas Gottschalk als Co-Moderator in Stöckelschuhen und mit dem gleichen Hairstylisten wie Michelle Hunziker (immerhin ist ihr Auftreten der derzeitige Haupteinschaltgrund der übrig gebliebenen ZDF-Zuschauer).

Das wichtigste innenpolitische Instrument des kommenden Jahres wird aber einmal mehr die Angst der Menschen sein. Angst vor dem Terror, vor der Umwelt, vor ansteckenden Superkrankheiten und auch Angst voreinander. So werden sich auch zu Beginn des nächsten Jahrzehnts wieder genügend Gründe finden, weshalb sich jeder um sich und nicht um Andere kümmern sollte. Gleichzeitig wird einem die soziale Verantwortung dadurch abgenommen werden, dass insbesondere Großstädte flächendeckend mit Überwachungskameras ausgestattet werden und die Privatsphäre eines jeden einzelnen sich auf den Ort beschränkt, an welchem man seine Notdurft verrichtet. E-Mails, Bankgeschäfte und Telefonate werden ebenso überwacht wieder jeder Schritt, den man vor die eigene Türe setzt. Nur leider hat niemand von uns Einfluss darauf, wer diese Informationen auswertet und wie. Und wofür.
So könnte es schon kommendes Jahr soweit sein, dass Google mit den kostenlosen Angeboten wie Mail, Chat, Bildbearbeitung, Office-Programmen, Navigation und Handy-Betriebssystem inklusive Standortermittlung die Vernetzung mit den internationalen Geheimdiensten offenbart. Der gläserne Bürger war dann nur noch ein Schreckgebilde des letzten Jahrzehnts – die Realität wird viel durchsichtiger ausfallen.
Das Traurige daran ist nur, dass gewaltbereite Mitmenschen, die Andere auf offener Straße (halb) tot prügeln solch eine Entwicklung der grenzenlosen Überwachung tatsächlich rechtfertigen.

Ob 2010 Michael Schumacher seinen ersten Seniorenweltcup gewinnt oder George W. Bush Jr. endlich für seine herausragenden diplomatischen Leistungen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wird (was ja dieses Jahr schon fällig gewesen wäre), wagt man kaum vorherzusagen.

Nichtsdestotrotz sei allen ein gesundes, glückliches und gutes Jahr 2010 gewünscht!
Zwar werden wir vermutlich nicht die 7 Milliarden-Grenze der Weltbevölkerung erreichen, 6,9 werden es aber wohl werden. Wie viele davon die Welt mitformen werden, das kommende Jahr ebenso unvergesslich werden lassen wie das vergangene, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich liegt es an einem jeden von uns, nicht die Zukunft zu gestalten, sondern das hier und jetzt. Der Rest ergibt sich dann von ganz allein.
Auf dass wir also im nächsten Jahr vom Schlimmsten verschont bleiben!

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