Blog

Der Blog stellt eine Art Internettagebuch dar, in dem die Mitglieder der Redaktion ihre Gedanken mit den Lesern teilen. Er bietet Einblicke in den Alltag und in die Themen, die die jeweiligen Autoren am meisten beschäftigen.
Für den Inhalt sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Auch spiegelt die Meinung eines einzelnen Autors nicht die Meinung der gesamten Redaktion wider.


Zurück
15 Minuten Scham
Treffpunkt: Kritik Es gibt eine Unterteilung, die ist älter als die Menschheit selbst. Seit Jahrtausenden bereits gibt es Jäger und Beute. Dem ist nicht nur im Tierreich so, sondern auch unter den Menschen, egal ob Männer oder Frauen oder welchen Alters. Auch heute in unserer schnellen, von äußeren Einflüssen meist bestimmten Welt, bleiben diese Gruppen erhalten. Sie bekommen zwar sowohl in den Lehrbüchern wie in den Tageszeitungen neue Namen zugeschrieben, doch im Kern bleiben sie unverändert.
Auf die Frage hin, was man lieber sein möchte, der Jäger oder das Beutetier, würden wohl die meisten antworten, dass sie lieber als Gewinner aus einer Konfrontation hervor gehen und damit wohl lieber der Jäger sein möchten. Manchmal gelingt es aber auch der Beute, einen Sieg zu erringen. Zumindest auf lange Sicht.
So haben die Opfer der jüngsten Gewaltattacken – und dies ist und bleibt ein Thema, das auch einem Unbeteiligten vor Zorn das Blut zum Kochen bringt – zumindest bewirkt, dass die kommende Regierung härtere Strafen für solch gewaltbereite und gewalttätige Jugendliche vorsieht.
Wo die Ursachen einer solchen Welle an Brutalität liegt, sei den Psychologen überlassen, die an sich alle schon seit Jahren vor diesen Auswirkungen gewarnt haben, aber trotzdem alle erst dann aus ihren Löchern gekrochen kommen, wenn das Unheil schon geschehen ist. Die Frage, die sich einem als Vernunft begabten Menschen viel eher stellt ist ab wann jemand nicht mehr als resozialisierbar gilt. Oder einfacher, ab wann jemand der Gesellschaft mehr schadet denn nützt. Hält man sich vor Augen, dass in einem jüngst bekannt gewordenen Fall ein 16jähriger Täter bereits 30 Einträge im Strafregister vorzuweisen hat, macht sich irgendwann Fassungslosigkeit breit. Ab wie viel Strafanzeigen hat man sein Recht verwirkt, die Gesellschaft aktiv mit zu formen? In den USA versucht man, mit dem vereinfacht dargestellten Prinzip "three strikes and out" hierzu ein Gegengewicht zu etablieren. Ob dies der Weisheit letzter Schluss ist, sei dahingestellt. Nur hilft es in dem Falle nicht, das Problem aus der Welt schweigen zu wollen. Nebst den immer häufigeren Gewalttaten unter Jugendlichen und von Jugendlichen gegen Erwachsene wird eine Lücke in der Rechtssprechung deutlich, die es endlich zu schließen gilt. Ob hier lediglich höhere Strafen die Lösung bringen, bleibt abzuwarten. Geben die meisten Täter ihren Opfern ja keine Chance, muss man sich fragen, wie viele Chancen diese Täter denn verdient haben. Und wodurch sie sich diese verdienen können.

Ob die zukünftige Bundeskanzlerin auch das einmal zu ihrem "wichtigsten Thema" macht, die sie ja bekanntermaßen jede Woche abwechselt, ohne das vorige aber tatsächlich gelöst zu haben? Im Moment noch hat sie mit ihren zukünftigen Koalitionspartnern ganz andere Schwierigkeiten zu meistern.
Insbesondere der FDP stehen im Moment ihre eigenen Versprechen im Weg und damit ihre Glaubwürdigkeit auf der Kippe. Wie vor der Wahl bereits abzusehen, ist die versprochene Erhöhung des Kindergeldes erst Mal nicht finanzierbar und auch die Erhöhung des Kinderfreibetrages wurde auf "irgendwann einmal" verschoben. Keine Streitpunkte gibt es bei den verlängerten Laufzeiten der Atomkraftwerke, die so lange weiterstrahlen dürfen, wie es niemandem auffällt. Nur mit den versprochenen Steuersenkungen haben die Parteien so ihre Schwierigkeiten. Die Kanzlerin, von der man außer Kommentare zur Friedensnobelpreisvergabe nichts zu hören bekommt, will sparen. Die FDP wie versprochen die Bürger entlasten und anders, das hatte man letztlich auch lautstark verkündet, wäre eine Regierung mit den so genannten "Freien Demokraten" auch nicht zu machen. Bei all dem Säbelrasseln fragt man sich doch, was geschieht, wenn es hart auf hart kommt? Würde Guido Westerwelle eine Beteiligung an der Regierung in den Wind schießen, weil seine Forderungen nicht erfüllt werden? Wohl eher nicht, dafür hat er selbst lange genug für diese Position gekämpft. Wie es in einer US-Serie ein aufstrebender Karrierist einmal so treffend ausgedrückt hat: "Meine Loyalitäten sind flexibel".
Nicht weniger kann man als mündiger Bürger doch von den Politikern in Berlin erwarten, die ihre Gemeinsamkeiten derzeit so lautstark feiern, dass darüber diejenigen Punkte, die als nicht verhandelbar galten und die schließlich in einem Kompromiss münden, sang- und klanglos untergehen. Die Jäger des öffentlichen Lebens bringen so ihre Wahlversprechen still und heimlich auf dem Opferaltar dar.

Eine Manipulation durch die Medien, denen gerne das Unheil der Welt angelastet wird, ist das nur insofern, als dass hier nicht die richtigen Fragen gestellt, beziehungsweise diese nicht mit Nachdruck verfolgt werden. Dies ist aber ein Phänomen, welches zwar in den letzten Jahren merklich schwächer geworden, das man im heutigen Journalismus immer wieder beobachten kann. Denn was keine Auflage bringt, wird schlichtweg nicht gedruckt. Und wenn die Leser einen Aspekt eines Themas lieber nicht hören wollen, wird dieser bei der Berichterstattung unter den Teppich gekehrt. So kürzlich geschehen bei vielen Artikeln, die sich mit den "gehackten E-Mailkonten" zahlreicher Anbieter beschäftigten. Dass es dabei sogar die Großen der Branche wie Microsoft traf, brachte zugleich die Augen all derjenigen zum Leuchten, die es ohnehin gerne sehen, wenn jene Monopolisten ins Stolpern kommen. Von Sicherheitslücken war die Rede, von Diebstahl der persönlichen Daten, wenn Listen mit Kennwörtern und Konteninformationen im Internet verfügbar waren. Wie es aber soweit kommen konnte, haben viele Berichterstatter leider verschwiegen. So wurden die Konten nicht im eigentlichen Sinne gehackt, sondern die Datendiebe kamen mittels sogenannter Phishing-Angriffe an die Daten der Nutzer. Entweder über präparierte E-Mails oder speziell gestaltete Internetseiten. Nicht ohne Grund ist das A und O eines jeden im Internet präsenten Nutzers eine aktuelle Version des Internetbrowsers, des Mailprogramms und nicht zuletzt des Virenscanners. Sie alle bieten aktuellen Schutz vor solchen Phishing-Versuchen, bei denen den Nutzern persönliche Daten abgeluchst werden. Worum ein jeder aber nicht herum kommt ist, seinen eigenen Verstand sinnvoll einzusetzen. Würde man einen Anruf der eigenen Bank zuhause erhalten, bei dem sich nach der PIN der Bankkarte erkundigt wird, weil diese wohl "verlegt" wurde, würden bei jedem die Alarmglocken klingeln. Ebenso, wenn man eine E-Mail der Bank bekommt, wo das Login, Passwort und die nächsten fünf TANs abgefragt werden – zu Sicherheitszwecken. Hier würde ein jeder böse Absichten vermuten und das zurecht. Nur wieso bringen die Menschen eine solche Umsicht und Sorgfalt bei ihren Bankdaten mit, nicht aber bei ihrer elektronischen Identität, die sich meist über die E-Mailadresse definiert? Wieso geht man hier so sorglos mit den persönlichen Daten um? Ebenso im Web 2.0, wo jedes geschriebene Wort auf Ewigkeiten im Cache der Suchmaschinen eingebrannt ist und von überall aus auf persönlichste Ansichten und Meinungen – oder gar Fotos und Erinnerungen – zugegriffen werden kann. In einer Welt, in der sich die Jugend nicht mehr vorstellen kann, ohne Internet leben zu können, sollte man gerade darauf Wert legen, sich ebenso umsichtig, gepflegt und anständig zu benehmen wie im richtigen Leben. Oder hier gar noch mehr, weil das Web nicht vergisst. Doch stattdessen sind überall arglos online gestellte Bilder, Onlinetagebücher mit personenbezogenen Daten oder Texte mit persönlichen Angriffen verfügbar, bei denen die Autoren keine zwei Schritte in die Zukunft, auch nicht in ihre eigene, denken.

Aber während sich manche Menschen zunehmend der Tatsache bewusst werden, wie durchsichtig sie tatsächlich sind, man gegen die Vorratsdatenspeicherung prozessiert, gegen Bundestrojaner und Onlinedurchsuchungen, die bislang ohnehin noch nicht durchgeführt wurden und deren Nutzen damit mehr akademisch und populistisch denn praktisch ist, scheinen eben diejenigen trotz allem seltsamerweise darum bemüht, sich der globalen Datensammelflut hilflos auszuliefern.
Dazu tragen die Web 2.0-Einträge verhältnismäßig wenig bei. Gewichtiger sind hier die andauernden Kreditkarten- und EC-Karten-Zahlungen, anhand derer sich nicht nur das Einkaufsverhalten, sondern sogar eine genaue Lokalisierung des Einkaufsmusters erstellen lässt. Und wer sich manch einen zu unterschreibenden Lastschriftbeleg genauer durchliest, wird im Kleingedruckten erkennen, dass die aufgeführten Positionen zu statistischen Zwecken an Dritte Parteien weitergegeben werden dürfen. Nur liest man sich jenes Textgewirr aus Juristendeutsch in den seltensten Fällen durch, wenn hinter einem die Schlange an der Kasse immer länger wird. Bei aller in die Wiege gelegter und optimistisch gestimmter Naivität sollte man nie vergessen, dass man es zum großen Teil selbst im Griff hat, wie viel die Welt über einen weiß und wie viele Daten im Zweifel über einen bekannt werden können, wenn es einmal wieder ein großes Unternehmen mit einer solchen Datenpanne betrifft. Wer aber (alte) Kontoauszüge, Lastschriftdurchschläge mit Angabe von Kontonummer und Bankleitzahl, Rechnungen oder andere Belege im normalen Hausmüll entsorgt, muss sich nicht wundern, wenn manche Organisationen mitunter besser über die eigenen Finanzgeschäfte bescheid wissen, als man selbst.

Die beiden Gruppen der Jäger und der Opfer haben sich in den vielen Jahrtausenden ihrer Existenz nicht wirklich gewandelt. Allenfalls die Art der Auseinandersetzungen, die früher im Gegensatz zu heute geführt werden. Und auch sind die Ziele heute andere geworden. War der Jäger früher darauf aus, mit der Beute sich selbst in dem Moment zu ernähren, planen viele der modernen Beutefänger weit im Voraus. Und bei längerfristigen Zielen ist es für das Beutetier auch nur schwer nachvollziehbar zu wissen, wann es dem Jäger tatsächlich entkommen ist, und wann einem jene Sicherheit nur vorgegaukelt wird.
Auch der Informationshunger der Datenkrake Google, die ihre Beute meistens mit dem magischen Lockruf "gratis" in ihr Netz zieht, sollte mit Vorsicht genossen werden. Was ihr tatsächliches Ziel ist, darüber streiten sich auch Experten. Dass es eines gibt, sieht man an der generalstabsmäßigen Planung, mit der jenes Unternehmen vorgeht. Auch hiergegen gab es bereits Etappensiege. Wenn die Beute hier auf lange Sicht hin gewinnen will, wird sie nicht nur immer wachsam bleiben müssen, sondern darf auch nie vergessen, dass man in den seltensten Fällen etwas geschenkt bekommt, ohne dass der Schenkende dafür eine Gegenleistung erwarten würde. Auch diese Weisheit gibt es schon seit Jahrtausenden.
Zurück