Spider-Man: Homecoming [2017]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 5. Juli 2017
Genre: Action / Science Fiction / Thriller

Originaltitel: Spider-Man: Homecoming
Laufzeit: 133 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2017
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Jon Watts
Musik: Michael Giacchino
Darsteller: Tom Holland, Michael Keaton, Marisa Tomei, Jon Favreau, Robert Downey Jr., Laura Harrier, Zendaya, Donald Glover, Jacob Batalon, Tony Revolori, Bokeem Woodbine, Gwyneth Paltrow


Kurzinhalt:

Nachdem vor acht Jahren Aliens New York großteils zerstörten, war Adrian Toomes (Michael Keaton) vor Ort und wollte mit seiner Firma die Stadt von der zerstörten Alien-Technologie befreien. Doch als eine neu ins Leben gerufene Behörde diese Aufgabe übernahm, stand Toomes, der sich hierfür verschuldet und zusätzlich Männer angeheuert hatte, auf der Straße. Mit geborgener Technologie baute er sich daraufhin ein neues Standbein auf. Inzwischen hat sich Spider-Man in der Stadt einen Namen gemacht und wird auf die Geschäfte des im Kampfanzug fliegenden Vulture und seine Schergen aufmerksam. Aber auch wenn sich der Teenager Peter Parker (Tom Holland), alias Spider-Man, als Superheld bewähren möchte, sein Mentor Tony Stark (Robert Downey Jr.) hält ihn zurück. Zumal er mit der Schule und der Tatsache, dass er in seine Mitschülerin Liz (Laura Harrier) verliebt ist, bereits alle Hände voll zu tun hat. Je näher die Bedrohung durch Vulture rückt, umso schwerer wird es für Peter eine Balance zu finden zwischen sich – und Spider-Man ...


Kritik:
Keine Comicfigur wurde in den letzten 15 Jahren so oft auf der großen Leinwand neu erfunden wie Spider-Man. Auch wenn Fans des Superhelden die durchaus komplizierte Konstellation um die Filmrechte der Figur kennen, die den ständigen Neustarts zugrundeliegen, die meisten Zuschauer möchten nur wissen, ob Spider-Man: Homecoming, der erste alleinige Auftritt des aus Captain Americas The First Avenger: Civil War [2016] bekannten Peter Parker, gelungen ist. Nun, er ist sogar mehr als nur das.

Das liegt zum großen Teil daran, dass die Macher offensichtlich verstehen, was die Zuschauer sehen möchten. Wer angesichts eines erneuten Reboots der Figur zumindest die Augen rollt, dass nun wieder dieselbe, bekannte Ursprungsgeschichte auf einen zukommt, der darf aufatmen. Bis auf einen kurzen Kommentar durch den grundsympathischen Sidekick Ned wird nicht darauf verwiesen, wie aus Peter Parker Spider-Man wurde. Statt sich mit der emotionalen Verantwortung um den Tod seines Onkels beschäftigen zu müssen, ist Peter ein ganz normale Schüler mit ganz alltäglichen Problemen, der eben nicht immer die richtige Antwort parat hält, insbesondere, wenn er mit Erwachsenen spricht.

Die Hauptgeschichte von Spider-Man: Homecoming setzt nach Civil War an und zeigt einen Teenager, der mit dem von Tony Stark bereitgestellten, hochtechnologischen Anzug, beweisen möchte, was in ihm steckt. Dabei lernt er sowohl seine Fähigkeiten, als auch die Funktionen seines auf ihn zugeschnittenen Anzuges erst noch kennen. In der Filmvorschau, die zwar nicht alles, aber dennoch zu viel verrät, hatte es den Anschein, als wäre dies mehr ein Iron Man-Film mit Auftritten von Spider-Man. Aber auch wenn Tony Stark, der für Peter eine Mischung aus Mentor und Vaterfigur zu werden scheint, wichtige Momente zugeschrieben bekommt, in denen Robert Downey Jr. vor allem sein komödiantisches Talent voll ausspielen kann, er nimmt erfreulicherweise nur eine kleine Rolle ein.

Peters Ansprechperson ist stattdessen Starks Assistent, der von Jon Favreau mit einem subtilen Augenzwinkern erstklassig verkörperte Happy Hogan. Er versucht, den jungen Spider-Man zu bremsen, der wiederum dem kriminellen (und fliegenden) Vulture auf die Schliche kommt. Dieser nutzt die von den Aliens beim Angriff auf New York auf die Erde gebrachte Technologie, um verheerende Waffen zu bauen, mit deren Hilfe er ein Vermögen ansammelt. Dass ausgerechnet Michael Keaton, der nicht nur einen unvergesslichen Batman verkörperte, sondern für Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) [2014] sogar eine Oscar-Nominierung erhielt, hier erneut in ein geflügeltes Kostüm schlüpft, ist eine Ironie des Schicksals. Wie viele Schurken im Marvel-Universum ist er dabei nicht von Grund auf böse, tut jedoch böse Dinge.

Es ist keine Seltenheit, dass die Bösewichte bei den Superhelden-Comic-Verfilmungen an sich nicht wirklich wichtig sind. Spider-Man: Homecoming ist hier keine Ausnahme. Peter ist in dem Maße mit sich beschäftigt und der Tatsache, dass er in seine Mitschülerin Liz unglücklich verliebt ist, dass die tatsächliche Motivation des Schurken nur am Rande interessiert. Es ist der generalstabsmäßigen Planung der Produzenten, die dem der übrigen Einzel-Marvel-Comic-Filme in nichts nachsteht, zu verdanken, dass dies in den leichtfüßig erzählten und immens unterhaltsamen zwei Stunden nicht ins Gewicht fällt. Dennoch halten die Autoren eine Wendung parat, die man so nicht kommen sieht und die der Geschichte in der zweiten Filmhälfte nochmals Auftrieb verleiht.

So zeichnet die Machart Spider-Man: Homecoming mehr aus als seine Geschichte. Die Darsteller sind alle passend besetzt: Tom Holland gelingt der Spagat zwischen frech-kühnem Jung-Superheld, der sich beweisen möchte auf der einen Seite und schüchtern, leicht unbeholfenem Teenager auf der anderen tadellos. Als Tante May setzt Marisa Tomei unter anderem einen Schlussmoment, der passender kaum sein könnte.
Die erstklassige Musik und die gelungene Szene nach dem Abspann, die hervorragend den Ton des Films trifft, entschädigen zusätzlich dafür, dass der Film der Figur keine neuen Facetten hinzufügt. Dafür werden bekannte, die in den letzten 10 Jahren in Vergessenheit geraten sind, wieder zum Vorschein gebracht. Das ist für einen unbeschwerten Sommerfilm mit viel offensichtlichem und verstecktem Humor genau das Richtige.


Fazit:
Auch wenn Regisseur Jon Watts (Cop Car [2015]) Vieles gelingt, es gibt zwei offensichtliche Punkte, die es nicht tun. So ist die 3D-Vorstellung gerade in den in der Nacht spielenden Actionmomenten viel zu dunkel, was sich auch stark auf die letzte Konfrontation auswirkt. Das Finale ist dabei gegenüber den vorigen Höhepunkten, beispielsweise dem Fahrstuhl beim Washington Monument oder der Fähre, sowohl hinsichtlich des Aufbaus als auch der Umsetzung merklich schwach. Der Grund ist einfach, dass keine greifbar realen Figuren beteiligt sind und somit auch die vermeintliche Gefahr nicht fesselt.
Dafür erzeugt der Filmemacher eine leichtfüßige Atmosphäre und mit ihr einen spaßigen Actionfilm, der genau weiß, wann er sich ernst nehmen sollte und wann nicht. Er stellt im wahrsten Sinne des Wortes den "freundlichen Spider-Man aus der Nachbarschaft" vor, dem ein erstklassiger Tony Stark als Vaterfigur zur Seite gestellt wird. Das ist in den Action-Highlights durchaus packend, nie zu schwer und durchweg unterhaltsam, so dass das "Marvel Cinematic Universe" mit einer Figur abgerundet wird, von der man gar nicht wusste, wie sehr man sie in dieser Form darin vermisst hat. Spider-Man: Homecoming ist mit Leichtigkeit der beste Spider-Man, den es seit 2002 auf der Leinwand zu sehen gab. Und das mit einem Ende, das Lust auf mehr macht.