Blog
Der Blog stellt eine Art Internettagebuch dar, in dem die Mitglieder der Redaktion ihre Gedanken mit den Lesern teilen. Er bietet Einblicke in den Alltag und in die Themen, die die jeweiligen Autoren am meisten beschäftigen.Für den Inhalt sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Auch spiegelt die Meinung eines einzelnen Autors nicht die Meinung der gesamten Redaktion wider.
Streik als Olympische Disziplin | von Jens am 18.02.2008, um 18:00 Uhr. |
Sieht man sich die Schlagzeilen der letzten sechs Monate (oder der letzten acht) einmal im Schnelldurchlauf wie bei einem Daumenkino an, wird einem ein Wort immer wieder auffallen: Streik. Zuerst wurde bei der Bahn gestreikt, zuerst mit Zuspruch der Reisenden, als die Forderungen immer höher wurden dann ohne deren Zuspruch, dann wurde der Streik beigelegt, mit der Folgerung, dass die Fahrkarten einmal mehr teurer, die Stellen abgebaut werden und die übrigen Gewerkschaften eine neue Idee bekommen haben, wie man in Zukunft richtig streiken kann. Es scheint beinahe so, als wäre 2007 das Jahr gewesen, in dem die moderne Streikkultur, sozusagen Streik 2.0 oder "Streik: Reloaded" geboren wurde. Der Streik hat das dritte Jahrtausend begrüßt und statt digital, online zu streiken geht es "Back to the Roots", gestreikt wird, wo's wehtut. Nun, 2008, ist es an der Zeit, die im letzten Jahr gewonnenen Erkenntnisse umzusetzen. Insofern verwundert es nicht, dass bereits im Laufe des ersten Quartals eine ganze Menge Menschen streiken. Behörden, Darsteller, Drehbuchautoren, Regisseure – und Manager streiken auch. Zumindest so zu sagen. |
Insofern verwundert es ein wenig, dass es den Damen und Herren der Gewerkschaft ver.di (darunter versteht man die "Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft" und nicht wie gemeinhin vermutet der "Verein Dummer Idioten") so übel aufstößt, dass die Arbeitgeberverbände auch eine Gegenleistung für ihr Angebot von 5% mehr Lohn haben möchten. Mit einer Verlängerung der Arbeitszeit könne man sich nicht anfreunden. Gut. Dann aber bitte nicht beschweren, wenn wieder Stellen abgebaut werden. Es ist allerdings schön zu sehen, dass die Damen und Herren Gewerkschaftsvorsitzende von diesen kleineren Nebensächlichkeiten gar nicht berührt werden.
Auch in Hollywood wurde / wird gestreikt (werden). Ist endlich das Debakel mit den Drehbuchautoren vom Tisch – und die kommende Oscarverleihung wurde sicherlich auch nicht als Druckmittel benutzt – beschweren sich die Studios und Verbraucher schon darüber, dass das mehr an Abgaben für die Autoren durch höhere DVD- und Video-Preise realisiert werden soll. Denn die Gewinnmarge der Studios an den Silberscheiben und der Wiederverwertung wird mit Sicherheit nicht freiwillig kleiner werden.
Doch das Thema Streik ist in der Traumfabrik noch nicht wirklich vom Tisch, denn der Vertrag mit der Schauspielergewerkschaft läuft in Kürze aus – und auch die haben schon Streiks angekündigt, sollte man ihren Forderungen nicht nachkommen. Die Darsteller haben in etwa dasselbe Problem, wie die Arbeitnehmer und Manager in Deutschland. Während die meisten für gerade so viel arbeiten, dass es für den Alltag reicht, verdienen sich die prominenten Vertreter eine goldene Nase. Die schließen sich natürlich auch momentan zu Kampagnen zusammen und hoffen darauf, dass ein Streik vermieden werden kann. Denn wer in Hollywood arbeitet, muss Mitglied der Gewerkschaft sein, und wer Mitglied ist, darf nicht arbeiten, wenn die Gewerkschaft zum Streik aufruft. Kein Wunder also, dass DiCaprio, Pitt, Hanks und Konsorten nicht an einem Streik interessiert sind.
Bei einem Streik geht es bekanntlich immer um Geld – so tut es das auch, wenn die Manager (und Prominente) in Deutschland quasi streiken und sich weigern, die volle Summe an Steuern zu zahlen. Dumm nur, wenn sich ein Informant findet, der für viel Geld Informationen an die hiesigen Behörden verkauft, die letztlich dazu dienen, selbige Steuerbetrüger dingfest zu machen.
Dabei handelt es sich ja offiziell nicht um Steuerhinterziehung, sondern um den selbstaufopfernden, gemeinnützigen Versuch, durch eine vorsätzlich begangene Straftat die Regierung unseres Landes auf die Missstände in Sachen Steuern hinzuweisen, wofür die Großverdiener unseres Landes auch öffentliche Demütigung in Kauf nehmen.
Vielleicht möchten uns die Herren (und Damen) Prominenz auch nur darauf aufmerksam machen, wie leicht es in Deutschland ist, die Steuern nach eigenem Ermessen zu zahlen? An sich arbeiten sie alle undercover und sind verdeckte Mitglieder des Finanzministeriums!
Oder aber sie tun es einfach, weil sie wissen, dass ihnen im Endeffekt nichts passieren wird. Es ist beinahe so, als gäbe es eine Gewerkschaft – nennen wir sie mal Lobby – für Besser- und Bestverdiener in unserem Land. Diese Lobby sorgt dafür, dass ein Schaf ihrer Herde, das auf der Weide in einem Gewittersturm gefangen ist, keinesfalls vom Blitz getroffen wird. Will heißen, während ein ärmeres, weniger gut verdienendes Schaf vom Gesetzesblitz getroffen, geschoren, gebrandmarkt und eingesperrt wird, passiert dem besserverdienenden Schaf überhaupt rein gar nichts, sollte es getroffen werden. Der Donner ist zwar zu hören, als wäre etwas passiert (beispielsweise als würde die betreffende Person tatsächlich ein Gefängnis von innen zu sehen bekommen), doch dies ist an sich nur als Ablenkung für die weniger verdienenden Schafe gedacht. Diese würden sich ja empören, käme heraus, dass ein hochgestellter Steuerbetrüger an sich weniger zu befürchten hat, als ein normaler Mensch. Doch solche Lobbyarbeiten sind in Deutschland gar nicht vorhanden, beziehungsweise nur sehr selten möglich ...
Man könnte auch meinen, dass Steven Spielberg nach viel Lobbyarbeit von seinen Kollegen das Mandat als Berater der Olympischen Spiele in China dieses Jahr niedergelegt hat. Hat man ihm doch vorgehalten, dass er damit indirekt ein Land unterstütze, das zu wenig tue, um das Leiden in Darfur zu lindern – oder es indirekt fördere.
Was die vielen Streiks, die erhöhten Gehaltsforderungen und die Gewerkschaften fördern, ist offensichtlich, doch will dies kaum einer wahrhaben.
Wer allen ernstes glaubt, dass eine Firma oder ein Arbeitgeber mehr zahlen, weniger Leistung erwarten und dafür vom eigenen Gewinn eine Scheibe abschneiden würde, hat schon das unternehmerische Denken im letzten Jahrtausend nicht verstanden. Wer lange genug am eigenen Ast sägt (und dies mit einer Vehemenz, dass selbst gute Angebote ausgeschlagen werden), braucht sich nicht wundern, dass der dazugehörige Baum in Zukunft in eine andere Richtung wächst. Und ist der eigene Ast einmal ab, gibt es auch keinen Halt mehr.
Zurück