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Provokation statt Konversation | von Jens am 27.09.2007, um 18:00 Uhr. |
Es gibt viele Möglichkeiten, einer Aussage mehr oder eine andere Bedeutung zu verleihen, sie ironisch oder satirisch klingen zu lassen. Ja mitunter sogar, subtile Botschaften zu übermitteln. All jene Möglichkeiten würden natürlich vom Redner ein bestimmtes Maß an Finesse, an Redegewandtheit und vielleicht sogar an Talent abverlangen. Kein Wunder also, dass man davon in der heutigen Presse kaum etwas zu lesen bekommt. |
So spricht ein Verteidigungsminister offen darüber, dass er ohne jegliche rechtliche Grundlage Flugzeuge abschießen lassen würde, in denen sich Terroristen befinden (ob dazu auch der Innenminister zählt, ließ er aber offen). Weshalb solche Aussagen immer in Zeiträumen gemacht werden, in denen sich die übrigen Kolleginnen und Kollegen zurückhalten, ist offensichtlicht. Nur dann werden selbige Figuren überhaupt angehört!
Im gleichen Atemzug meint der immer noch Innenminister (Rücktrittsforderungen gibt es ja inzwischen aus allen Reihen, selbst aus seiner eigenen), dass man einerseits alle Bürger stärker überwachen muss und andererseits ein atomarer Terroranschlag auf jeden Fall kommen wird – die Frage ist nur, wann.
Welches Ziel Herr Schäuble mit seinen provokativen Aussagen verfolgt, ist ebenfalls klar (wenn auch nicht so offensichtlich). Die Taktik ist dabei durchaus bemerkenswert und effektiv. So wird in der ersten Phase ein vollkommen überzogener Vorschlag eingebracht, von dem alle wissen, dass er keinesfalls genehmigt wird. Beispielsweise seine Forderung im August 2006, das Internet grundsätzlich stärker zu überwachen, auch unter Zuhilfenahme von Sprachexperten. Da das Internet aber ein sehr großer Ort ist, konnte dieser Vorschlag keine Zustimmung finden.
In der zweiten Phase wird geruht, immer Ausschau haltend nach einem Ereignis, das die alte Forderung unterstützen könnte. Ist dieses eingetroffen, wird Phase drei gestartet, welche eine abgeschwächte Forderung von Phase eins darstellt. So wird nicht mehr die vollständige Überwachung des Internets gefordert, sondern lediglich die so genannten Online-Durchsuchungen propagiert. Hierbei soll ein schädliches Programm, ein so genannter Trojaner, vom Bundesinnenministerium verbreitet werden, der Zugriff auf Computer der Deutschen ermöglicht. Es war stellenweise sogar angedacht, dafür die Gesetzeslage so zu ändern, dass Virenscanner, die diesen Trojaner erkennen würden, gesetzlich verboten werden.
Sollte auch Phase drei keinen Erfolg zeigen, also die abgeschwächte Phase eins doch genehmigt werden, wird der Vorgang wiederholt.
Wirklich traurig ist lediglich, dass der Innenminister mit solchen Provokationen grundsätzlich auf der Titelseite landet.
Und nicht nur er; die Exkurs-Domina und möchte gern bayerische Innenministerin Dr. Gabriele Pauli hat mit ihrer Forderung "Ehe auf Zeit – 7 Jahre" zumindest erreicht, dass man über sie spricht.
Dabei stammt der Vorschlag nicht von ihr, sondern vom Kabarettist Erwin Pelzig, doch so ganz den humoristischen Ansatz hat die Aussage auch bei ihr nicht verloren.
Dabei scheint der Vorschlag so ungewollt gar nicht zu sein, nur eben in Bayern nicht. Andernorts wäre man froh, man wäre nicht so ewig gebunden, zumal die "Ewigkeit" mitunter schon sehr lang erscheinen kann. Läuft die Ehe aber nach sieben Jahren aus, muss man sich schon mit den Formalitäten einer Scheidung nicht herumschlagen und sich auch nicht um die Beseitigung seines Partners/seiner Partnerin Gedanken machen.
Auch die noch-Landrätin reiht sich in die illustre Gesellschaft derjenigen ein, die lediglich deshalb im Gespräch sind, weil ihre Aussagen polarisieren, anstatt konstruktiv einen Beitrag zu leisten.
Als nächstes fordert die Kanzlerin (sofern nichts politisch Interessantes geschieht) noch die Zwangs-Pony-Frisur. Der Innenminister möchte die chinesische Interpretation einer Demokratie auch in Deutschland durchsetzen. Oder der Papst leugnet die Evolutionstheorie.
Was immer die Herren (und Damen) in die Schlagzeilen bringt, ist ihnen gerade recht. Dabei rauben sie den Zeitungen nicht nur nötigen Platz für wirklich wichtige Neuigkeiten, sondern den anständigen Bürgern auch unnötigerweise Nerven.
Schweigen ist eben doch Gold – und Reden oftmals völlig überflüssig.
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