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Geiz war geil?
Treffpunkt: Kritik Immer wieder gibt es Ereignisse, die das Antlitz der Welt so sehr verändern, dass sie sogar in die Geschichtsbücher aufgenommen werden. Seien dies nun Naturkatastrophen, größenwahnsinnige Staatsmänner in Russland oder den USA, Fernsehstars, die sich heldenhaft durch künstlich gestaltete Parcours schlagen oder aber ehemalige Pop(p)sternchen, von denen man vor der Fortpflanzung eigentlich ein Zertifikat hätte verlangen sollen, ob das überhaupt zulässig war.
Manchmal sind es aber auch Werbeslogans, die laut Firmenangabe so erfolgreich und populär waren, dass sie dem werbenden Konzern ein nie geahntes Maß an Ruhm und Manna bescherten. Doch diese Zeit ist nun angeblich vorüber, ein neues Zeitalter ist angebrochen, in dem man dem Kunden nun suggerieren möchte, dass es ein Höchstmaß an Technik auch zum Niedrigstpreis gibt. Doch bei der ständigen Trommelei auf Preis und Blödheit bleibt die Frage, wo Kundenservice, Freundlichkeit, Kompetenz und nicht zuletzt die Qualität geblieben sind?
Es bedarf wie immer eines bestimmten Auslösers, um die Menschheit – stellenweise "Human Resources" oder selten auch "Kunden" genannt – auf ein Thema aufmerksam zu machen. So mussten ganze Generationen von Menschen leiden, um die Weltbevölkerung auf die Nachteile und Gefahren der Atomkraft aufmerksam zu machen. Und vor gar nicht so langer Zeit einmal starben Tausende von Tiere einen qualvollen Tod, um der Menschheit zu zeigen, dass aufgezwungener Kannibalismus bei der Tierzucht mitunter ganz ungeahnte Folgen haben könnte. Es scheint fast so, als wolle die Natur sich nicht grundsätzlich gegen den Strich reden lassen.
Es ist noch nicht lange her, dass die Menschen an der Wurst- und Fleischtheke notwendigerweise auf weniger billige, dafür aber doch eher kontrollierte und nachvollziehbare Produkte zurückgriffen, weil ihnen schmerzlich vor Augen geführt wurde, wie verhängnisvoll es sein kann, immer zum Billigsten zu greifen.

Fortan waren Markforscher und selbst ernannte Experten in Diskussionsrunden und Fachmagazinen der Meinung, dass beim Konsument ein Umschwung stattgefunden hätte, dass man sich von der Billigware hin zum Qualitätsprodukt entscheiden würde. Und dennoch werben alle Supermärkte und andere Händler nach wie vor mit Rabatten, Sales, Preisstürzen, %en und anderen Vergünstigungen, die aber nicht von ungefähr kommen, sondern ihren Niedrigpreis doch irgendwo begründen.
Wenn ein T-Shirt in Shop K beispielsweise nur 99 Cent kostet, ein augenscheinlich vergleichbares bei Herren- oder Damenausstatter C aber 39,99 Euro, kann der Preisunterschied (hoffentlich) nicht nur durch den direkteren Vertriebsweg aus den geschundenen Kinderhänden im chinesischen Hochland liegen, sondern wohl auch vom verwendeten Ausgangsmaterial, der Färbemittel und schlicht der Qualität des Stoffes.
Insofern braucht man sich als Käufer auch nicht beschweren, wenn bei einem angepriesenen Edelstahlbesteck nach dem zweiten Waschgang die Lackierung abblättert und man beim zehnten Bissen einen Zacken aus der Gabel im Mund hat.

Qualität hat, das steht außer Frage, ihren Preis. Wie gravierend da die Unterschiede sein können, sieht man bei weniger käuflichen Testergebnissen, zum Beispiel, wenn der Fahrer und Fahrgast selbst beim asiatischen Billigauto als Knautschzone herhalten müssen. Weswegen dann aber die Packung Aspirin in Deutschland vier Mal so teuer ist, wie in Australien, oder die in Deutschland produzierten Autos in den USA für die Hälfte oder zwei Drittel des einheimischen Preises angeboten werden, steht auf einem anderen Blatt – und sollte ebenfalls zum Nachdenken anregen.

Gerade der aktuelle Umschwung bei einem der großen Elektromärkte in Deutschland regt diesbezüglich zum Nachdenken an. Das umso mehr, weil der direkte Konkurrent vom selben Mutterkonzern derzeit weder mit "Mutti", noch mit "Blödheit" oder "Schweinen" wirbt, sondern einen neuen Slogan schuldig bleibt.
Aber wie gehabt wird es sich auch bei MM nicht in jene Richtung entwickeln, die statt einem vermeintlichen Billigangebot auch Qualität verheißt, sondern weiterhin auf die Geizlust der Käufer setzen. Diese haben sich nämlich – zumindest in jenem Gebiet, noch nicht weiter entwickelt.
Hier scheinen auch die Erfahrungen aus dem Bereich der wie Zeitbomben tickenden Kinderspielzeuge oder der sich selbst vernichtenden Billigprodukte im Elektromarkt nichts zu ändern.

Vielleicht erst, wenn dort auch flächendeckend Katastrophen auftreten. Andererseits macht man sich selbstverständlich auch mehr Gedanken darüber, ob die Biobanane nun in umweltfreundlichen Kartons von den verarmten afrikanischen Bauern in den Supermarkt um die Ecke geflogen wurde, als darüber, ob die elektronischen Verkabelungen im 1,99-EUR-Radio im Kinderzimmer auch vor Spannungsspitzen geschützt sind.
Qualität zählt ja nur bei Nahrungsmitteln. Noch.
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