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Der Blog stellt eine Art Internettagebuch dar, in dem die Mitglieder der Redaktion ihre Gedanken mit den Lesern teilen. Er bietet Einblicke in den Alltag und in die Themen, die die jeweiligen Autoren am meisten beschäftigen.Für den Inhalt sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Auch spiegelt die Meinung eines einzelnen Autors nicht die Meinung der gesamten Redaktion wider.
Ein Patch zum Update | von Jens am 23.02.2008, um 09:00 Uhr. |
Diejenigen, die sich insbesondere in der IT-Branche auskennen, in Sachen Software bewandert sind, werden mit den Ausdrücken Patch, Update oder der viel gerühmten "Produktaktualisierung" etwas anfangen können. Ein Patch (wörtlich übersetzt ist es an sich ein Pflaster) sorgt bei einem Computerprogramm dafür, dass Fehler minimiert werden, Lücken oder bekannte Schwachstellen beseitigt. Ein Update kann indes auch neue Funktionen implementieren – die später mit einem Patch erneut optimiert werden. Bei vielen Softwareveröffentlichungen hat man als Anwender heute das Gefühl, man erwirbt mit dem Endprodukt keine fertige Entwicklung, sondern sozusagen "work in progress", also ein fehlerhaftes Produkt, das noch gar nicht marktreif gewesen wäre. Kein Wunder also, dass mancherorts der erste Patch veröffentlicht wird, sobald die Applikation erhältlich ist, um sicherzustellen, dass sie überhaupt läuft! Doch wer meinen würde, dass so etwas in der heutigen Zeit selten ist, beziehungsweise die Qualitätssicherung in allen Bereichen gut genug, um solche Pannen zu verhindern, der irrt leider. Und das Wort "Recall" stammt an sich nicht aus der Sendung "Deutschland Sucht Den Dümmsten Star". |
Man erinnere sich, als vor einigen Jahren namhafte große Automobilhersteller weltweit ihre Wagen zurückrufen mussten, weil sich der Airbag entweder gar nicht, oder einfach während der Fahrt öffnete. Dies war im Vergleich zu den Schwierigkeiten mit Selbstentzündungen beim Tanken ja noch gerade noch harmlos. Im Jahr 1993 wurden ganze 35 Rückrufaktionen in Deutschland über das Kraftfahrt-Bundesamt organisiert. Im Jahr 1998 waren es 55. Im Jahr 2000 immerhin schon 72, 2002 waren es 105 Rückrufe und 2006 waren es 167 Rückrufe. Die Zahlen für 2007 liegen noch nicht vor. An sich ist das alles andere als ermutigend; zumal man sicher überlegen muss, wie groß ein Defekt an einem neuen Fahrzeug sein muss, dass dieser einen "Recall" rechtfertig. Um es anders auszudrücken, tritt ein Fehler bei einem Fahrzeughalter auf, ist dies ein "Zufall". Tritt er bei zweien auf, ist es ein "unglücklicher Zufall". Wie groß muss der befürchtete Schaden, beziehungsweise die Häufigkeit sein, damit eine Firma einen so Image-schädigenden Recall überhaupt erst einleitet? Wenn gerade in mancherlei Fällen tatsächlich gerechnet wird, ob sich ein Recall eher lohnt, als eine Abfindungszahlung an die Betroffenen, sollte einem als Kunde an sich Angst und Bange werden.
Es helfen einem Umtauschrecht, Garantieleistungen und Gewährleistungen nicht viel, wenn man gar nicht weiß, dass ein erworbener Artikel überhaupt betroffen ist.
Umso besser, dass es Internetseiten wie die sehr lehrreiche ProduktRueckrufe.de gibt.
Leser sollten allerdings entweder eine gehörige Portion schwarzen Humors mitbringen, oder aber abgehärtet sein, ehe sie die Seite aufrufen. Mitunter kann einem nämlich die Lust am Einkaufen dabei deutlich vergehen. Einige Highlights seien hier aufgelistet, wobei diese bei weitem nicht alle Bereiche abdecken, oder gar repräsentativ sind.
Die Danfoss GmbH Kühl- und Gefriergeräte zurück, mit der Begründung, "Starter kann im ungünstigsten Fall einen Funkenschlag (Lichtbogen) auslösen, was im Einzelfall zu Brandrisiko führen kann".
Bei der TALLY WEIJL Trading AG warden Halstücher zurückgerufen, da sie eine zu hohe Konzentration an Benzidin enthalten. Ebenso Tuniken der Street One GmbH.
Während bei der Ritchey International Ltd. linke Rennradkurbelarme zurückgerufen werden, weil die "zu geringe Materialstärke [...] zu Brechen des Kurbelarms und zu Stürzen führen kann", scheint man EMTEC Schwierigkeiten mit USB-Sticks nicht in den Griff zu bekommen, bei denen es zu Datenverlust kommen kann – ups.
Interessant ist auch die Kettensäge der OBI Bau- und Heimwerkermärkte GmbH & Co.
Franchise Center KG; bei der ist es "in seltenen Fällen [...] möglich, dass die Kette im Leerlauf langsam weiterläuft, wodurch ein erhöhtes Verletzungsrisiko besteht".
In Boxsäcken der Vedes AG können sich mitunter " scharfkantige Metallteile" in der Füllung befinden.
Bei Lautsprechern der Loewe AG kann es "durch Überhitzung einer Zulieferbaugruppe [...] im ungünstigsten Fall zu einer Entzündung innerhalb des Gerätes kommen - es besteht Brandgefahr".
Manche Süßwaren der Rapunzel Naturkost AG enthielten "erhöhte Werte an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen = PAK (Anmerkung: Fast alle PAK sind nachweislich krebserregend!)".
Ebenso die Fahrradhandschuhe der five fingers GmbH, deren "chwarzes Fleecematerial des Innenfutters [...] krebserzeugende Azofarbstoffe" enthalten.
Auch Shimano Europe hat bei seinen Fahrradhandschuhen mit zu hohen Benzidin-Konzentrationen zu kämpfen gehabt.
Kinderjeans des Markenbekleidungssherstellers Peek & Cloppenburg KG wurden behandelt "mit einem in der EU für den Einsatz in Textilien verbotenen Farbstoff, welcher geringe Mengen von so genannten aromatischen Aminen freisetzt, die als solche krebserregend sein können".
Bei Süßwaren von Mars Süßwaren Deutschland konnten betroffene Artikel "mit kleinsten Mengen von Gummi verunreinigt sein", während man bei Haribo das Problem hatte, dass gewisse Produkte "kleine Metallteile" enthalten konnten.
Und auch wenn IKEA vor knapp einem Jahr mit "Glasbruchstücke" bei seinen Fischkonserven zu kämpfen hatte, ist das traurige Highlight diesen Frühjahres allerdings eine Konfitüre der Kaufland Dienstleistung GmbH & Co. KG, da sich in einzelnen Gläsern, die im Januar 2008 verkauft wurden "einzelne [...] Metallteile befinden" können.
Nur fragt man sich, weswegen man als Konsument und Käufer über all diese Dinge nicht informiert wurde, während Probleme bei MATTEL, Nokia und Co. in der Presse breit getreten wurden.
Vielleicht einfach, weil man den Konsumenten nicht erschrecken möchte. Die Vorstellung, Tester für Produktneuheiten zu sein ist an sich schon beunruhigend genug. Zu wissen, dass man dafür täglich auch noch gutes Geld zahlt, ist an sich schon etwas zuviel.
Dass man weder auf Bio-Produkte, noch auf Markenware zählen kann, kann einem mitunter den Glauben an die Kraft der Marke nehmen. Es sollte einen aber zumindest dafür sensibilisieren, dass man sich zuerst anschaut, was man isst – und sich regelmäßig informiert, ob nicht erneut ein Patch für den Alltag verfügbar ist.
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