Blog

Der Blog stellt eine Art Internettagebuch dar, in dem die Mitglieder der Redaktion ihre Gedanken mit den Lesern teilen. Er bietet Einblicke in den Alltag und in die Themen, die die jeweiligen Autoren am meisten beschäftigen.
Für den Inhalt sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Auch spiegelt die Meinung eines einzelnen Autors nicht die Meinung der gesamten Redaktion wider.


Zurück
Ein König ohne Thron
Treffpunkt: Kritik Es ist ein Leitsatz, den ein jeder gern benutzt, wenn irgendwo etwas nicht so funktioniert, wie man es gerne hätte. "Der Kunde ist König." Oder war es einmal. Oder sollte es zumindest sein. Nur wo ist das heute noch der Fall? Die Kunden werden beim Betreten des Ladens durch die Verkäufer (oder zumindest die Verkaufsleiter, die darin geschult sind) in Kaufkraftgruppen unterteilt. In Geschäften mit einer kundenfreundlicheren Philosophie werden alle Gruppen auf dieselbe Art und Weise begrüßt, aber spätestens, wenn die Kunden weiterverwiesen werden findet die erste Kategorisierung statt. Während sich Menschen mit geringerer Kaufkraft erst einmal selbst umschauen oder in der Wartereihe Platz nehmen dürfen, bekommen Kunden mit vermeintlich höherer Investitionsbereitschaft gleich einen Berater an die Seite gestellt. Immerhin sollen ihnen auch gezielt Produkte vorgestellt werden, nicht dass sie gar noch einen umfassenden Überblick verschaffen. Es ist eine traurige Erkenntnis, wenn man feststellt, dass man selbst in Gedanken eine solche Einteilung vornimmt. Entwürdigend ist es jedoch, wenn man sich selbst in einer solchen Klassifizierung vorfindet.
Kunden bedeuten Umsatz und Umsatz bedeutet Ertrag. Dieser gedankliche Leitfaden endet meist, sobald der Kunde die Ware bezahlt hat. Eine Pflege der Beziehung Verkäufer/Käufer findet nur in den seltensten Fällen statt. Manche Firma erkundigt sich gar mit Umfragebriefen, wie zufrieden die Kunden mit ihrem Kauf gewesen sind, doch kann dies auch schnell in einem Bumerang enden. Was, wenn der Kunde nicht zufrieden war? Wird dann anstandslos getauscht? Und wie sieht es mit Maßanfertigungen aus, kann man die zurückgeben? Einfacher haben es da Firmen, die sich damit zufrieden geben, wenn der Käufer mit dem Bezahlen der Ware seine Pflicht erfüllt hat. Dann kann man sich bei Problemen auf den Standpunkt stellen, dass dies nicht die Schuld des Verkäufers ist.
Dies ist beispielsweise eine gängige Praktik der allseits beliebten Lifestyle-Firma Apple. Zum Start des erfolgreichen iPads gab es viele Berichte über Kunden, die Schwierigkeiten hatten, das WLAN-Modul des iPad mit ihrem Router zum dauerhaften Einklang zu bringen[1]. Die Antwort von Apple lautete damals zuerst, man solle Router einsetzen, die von Apple zertifiziert wären. Erst später wurde das Problem dann wirklich eingestanden und versprochen, an einer Lösung zu arbeiten.
Nun ist das iPhone 4 gerade erschienen und die Berichte über Probleme mit dem Nobeltelefon nur wenige Tage nach dem Verkaufsstart reißen nicht ab. Viele Kunden beklagen Verfärbungen in den Displays oder Pixelfehler, die als dauerhaft schwarze Punkte zu sehen seien[2].Apple unter BeschussDas größte Problem ist allerdings der Empfang bei dem Hightech-Gerät. Nicht nur, dass dieser merklich schlechter ist als beim iPhone 3G(s), hält man das Handy in der linken Hand und berührt die Linke untere Ecke des Telefons, schließt man mit der Haut einen freien Punkt zwischen zwei Antennen, was dazu führt, dass das Telefon zuerst an Empfangsqualität verliert und schließlich die Verbindung ganz abbricht[3]. Während manch einer nun im Internet davon berichtet, dass dieser Fehler auch beim Vorgängertelefon auftreten würde und mit einem Software-Update zu tun hätte, argumentiert am Problem vorbei. Apple selbst gestand ein, dass dieses Verhalten auftreten könne. Man sollte es mit einer Hülle für das Telefon umgehen können, die für diejenigen, die sich beschweren sogar kostenlos zur Verfügung gestellt wird[4]. Apple-Chef Steve Jobs antwortete in einer E-Mail kurz und knapp, man solle das Telefon eben nicht so halten[5]. An dieser Stelle einen tatsächlichen Designfehler einzugestehen würde bedeuten, dass das Produkt nicht marktreif beim Zeitpunkt der Einführung war, oder dass die hauseigene Qualitätssicherung unzureichend gewesen ist. Im schlimmsten Fall würde es eine kostspielige Rückrufaktion bedeuten, bei der spätestens die Aktionäre protestieren würden. Interessant ist dabei, dass bei der offiziellen Vorstellung des iPhone 4 dieselben Probleme aufgetreten waren[6]. Damals hatte Jobs enorme Schwierigkeiten, eine WLAN-Verbindung aufzubauen, obgleich er zeigen wollte, um wie vieles schneller dies im Vergleich zum Vorgängerhandy funktionieren sollte. Diese Demonstration wurde schließlich abgebrochen mit der Begründung, die anderen anwesenden Handys würden den Empfang stören und die Bandbreite zu stark beschränken. Auch lässt die schnelle Verfügbarkeit der speziellen iPhone 4-Hüllen die Frage zu, ob das Antennenproblem denn bekannt war. Ob Apple in der Lage sein wird, die Verbindungsschwächen beim neuen iPhone zu beheben wird von einer anderen Frage in den Schatten gestellt: haben sie daran überhaupt Interesse? Denn so bedienerfreundlich die Produkte aus dem Apfelhaus meist sind und so groß das Thema Kundenbindung geschrieben wird, Kundenservice scheint dort eher ein Fremdwort. Nur so ist zu erklären, dass neben allerlei Einschränkungen in der Benutzung mit dem neuen Update des Betriebsystems iOS 4.0 Punkte in die Geschäftsbedingungen mit aufgenommen wurden, laut denen Apple jederzeit Daten aus dem iPhone erhält, die neben Seriennummer und eingesetzter Software auch den Standort beinhalten[7]. Auch wer nicht telefoniert sendet somit konstant Daten an Apple zur Weiterverwertung. Man erinnere sich an den Aufschrei, den Googles Verhalten bei den Datenschützern ausgelöst hatte und der es sogar bis in die Abendnachrichten schaffte. Bei Apple scheint man das gemeinhin zu akzeptieren, auch wenn Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger nun medienwirksam Einblick in die Datenbanken des Konzerns fordert[8].

Bildvergleich Predator Blu-ray-VeröffentlichungenOb man es auch im Sinne des Kunden gehandelt nennen kann, was manche Filmstudios derzeit bei der Veröffentlichung von Klassikern im High-Definition-Format Blu-ray vorweisen, sei dahingestellt. Man stelle sich folgende Situation vor: angesichts eines Jubiläums oder einer kommenden Kinoveröffentlichung kündigt ein Studio eine Neuerscheinung eines Klassikers an. Um diesen Umstand zu feiern wird eine Neuabtastung des Originalfilms vorgenommen, um mit einer Restaurierung ein besseres Filmerlebnis zu bieten. Zwar war der Film bereits auf Blu-ray erhältlich, doch bislang in einer eher durchschnittlichen Bildqualität.
Nun muss man im Voraus wissen, dass jedes Filmmaterial (sofern nicht digital) etwas grieselig ist. Das Filmkorn entsteht durch einen chemischen Prozess auf dem Filmmaterial. Lange Belichtungszeiten bei Nachtaufnahmen beispielsweise, erhöhen das Filmkorn ebenso wie eine Vergrößerung der Aufnahme. Dank der heutigen Aufnahmetechniken sieht man dies (sofern nicht vom Filmemacher gewünscht) kaum mehr, bei Filmen die 20 oder 30 Jahre alt sind und nun im hochauflösenden HD-Format 1080p veröffentlicht werden, eben stärker.
Viele Studios gehen nun bei Neuveröffentlichungen ihrer Klassiker dazu über, den Film digital zu "entkörnen", ihn also weichzuzeichnen. Wozu dies führen kann sieht man an diesem kleinen Bildvergleich zwischen der ersten Predator-Blu-ray und der nun erschienenen Neuauflage (Bildquelle: Cinefacts.de-Forum, zur vergrößerten Ansicht Bild bitte speichern und separat öffnen). Die Studios rechtfertigen ihre Entscheidung damit, dass Käufer eines HD-TVs kein grieseliges Bild sehen wollen und die weich gezeichneten Bilder dem digitalen Schönheitsideal eher entsprächen. Von dem künstlichen, plastilinartigen Aussehen, das unfreiwillig an Wachsfiguren erinnert abgesehen, gehen mit diesem Vorgang auch Bildinformationen verloren. Details werden im matschigen und konturlosen Farbbrei verschluckt. Wer ein solches Aussehen bevorzugt, kann dies durch eine starke Weichzeichnung sowohl in seinem HD-Fernseher, wie auch in seinem Player einstellen – bei jedem Film, den er/sie sich ansieht. Allen Käufern der sehnlichst erwarteten Neuauflagen eine solche Entfremdung des ursprünglichen Films zuzumuten ist jedoch eine Unverschämtheit. Zumal inzwischen auch Studios zu diesem Verhalten übergegangen sind, die sich bisher mit sehr viel Liebe zum Detail um Prestigeklassiker bemüht haben. Was einen in den kommenden Monaten erwartet, wenn Filme wie die Alien-Reihe, Zurück in die Zukunft oder Der weiße Hai auf Blu-ray erscheinen werden, steht in den Sternen – und zwingt den Fans zurecht den Schweiß auf die Stirn. Auch was George Lucas mit seiner Star Wars- und Indiana Jones-Saga anstellen wird, bleibt abzuwarten. Aber auch hier scheinen die Verantwortlichen nicht wirklich auf die Käufer hören zu wollen. Im Gegenteil, wer sich jetzt beschwert wird vermutlich die nächste Veröffentlichung, die womöglich Besserung verspricht, erneut kaufen. Immerhin war die Kaufkraft beim ersten Mal ja schon gegeben.
Alternativ geschieht es immer wieder, dass Neuveröffentlichungen auf Blu-ray mit Jahre alten HD-Mastern vertrieben werden[9]. Die Bildqualität ist entsprechend enttäuschend, so dass viele Fans auf ihre alten DVDs zurückgreifen.

Königliche Bedienung ausgeschlossenDass der Kunde König ist, war vielleicht schon seit jeher nur ein Wunschgedanke. Dass man dafür heutzutage von den Kundenbetreuern buchstäblich ausgelacht wird, ist jedoch eine Schande. Es hat letztlich nicht viel damit zu tun, dass die Konsumenten und Käufer nur nach tatsächlicher Kaufbereitschaft einsortiert werden, sondern vielmehr damit, dass die meisten Firmen nur bis zum nächsten Quartalsabschluss denken. Die nächste Aktionärsversammlung ist wichtig, der schnelle unmittelbare Profit. Die Kunden langfristig durch eine hohe Beratungsqualität und entsprechend treffende Produktqualität an sich zu binden, passt in das heutige Finanzgeschehen, das immer nur die nächste Börsennotierung im Sinn hat, nicht hinein. Das merkt man beispielsweise schon, wenn man sich in einem der zwei führenden deutschen Elektrofachgeschäfte "beraten" lässt und einem der Verkäufer alle Vorteile und Funktionen eines Geräts erzählt, ohne jemals danach zu fragen, wofür der Käufer es überhaupt einsetzen will.
Dabei, seien wir einmal ehrlich, wollen wir gar nicht wie Krösus bedient werden. Es würde doch schon ausreichen, wenn wir nicht mehr so offensichtlich auf unseren Geldbeutel reduziert würden. Dabei könnte der Respekt und Anstand des Verkäufers uns gegenüber sogar gespielt sein. Nur dass sie sich nicht einmal mehr diese Mühe machen ist so frustrierend.


[9] The Digital Bits: In Which We Answer The Question: Why Are Catalog Sales Down 20%?

Zurück