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Der Blog stellt eine Art Internettagebuch dar, in dem die Mitglieder der Redaktion ihre Gedanken mit den Lesern teilen. Er bietet Einblicke in den Alltag und in die Themen, die die jeweiligen Autoren am meisten beschäftigen.
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Durchsichtig und zerbrechlich
Treffpunkt: Kritik Drei Wochen ist das neue Jahr schon wieder alt, noch knapp 11 Monate bis Weihnachten und wenn man lange genug sucht, findet man mit Sicherheit auch schon die ersten Schokohasen in den Verkaufsregalen.
Es ist offiziell das " Charles Darwin-Jahr". Der Evolutionsforscher würde dieses Jahr 200 Jahre alt und man möchte nicht wissen, wie viele religiös-fanatische Gruppen sich das Datum schon rot im Kalender markiert haben. Dabei findet die Evolution doch vor unseren Augen statt, permanent und unaufhaltsam. Bestes Beispiel hierfür sind die USA, wo die Menschen endlich weit genug entwickelt waren, um nicht erneut ein politisches Bushfeuer zu entfachen, sondern auf Veränderung zu setzen. Diese kommt auch schon an den ersten Tagen mit Entscheidungen des neuen US-Präsidenten Barack Obama, die in der Tat für einen neuen Kurs sprechen.
Schon deshalb wird die Amtszeit für den neuen mächtigsten Mann der Welt überaus schwierig – er steht derart im Licht der Öffentlichkeit, dass man ihn beinahe schon als gläsernen Staatsmann bezeichnen könnte. Damit ist er uns inzwischen ähnlicher, als man vermuten würde.
Entsprechend groß war auch die Aufregung, als sich der neue Präsident bei der Amtseinschwörung verhaspelte und Millionen Menschen den Atem anhielten. Die Presse wie die Menschen rund um den Planeten werden einen ganz genauen Blick auf das neue Staatsoberhaupt werfen, jede Bewegung, jede Entscheidung bekommt ein ganz neues Gewicht. Immerhin soll Obama einen neuen Kurs vorgeben, der zwar mit der in Aussicht gestellten Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo sicherlich für Aufsehen sorgt, aber noch lange nicht alles darstellt, was der Präsident aus dem Ärmel schütteln wird.
Auch die Familie wird nun in der Presse noch ausführlicher durchleuchtet als bislang. Alte Bekannte, vergessene Kommentare und verblichene Fotos werden herausgekramt um ein paar Minuten des Ruhms zu teilen – oder das zahlende Publikum mit dem zu unterhalten, was es am meisten Verlangt. Skandale. Drama. Tragödien.
Man stelle sich vor, das Weiße Haus würde zu einem "Big Brother"-Bunker umfunktioniert. Die Einschaltquoten kann man sich nicht einmal im Traum vorstellen.

Dabei ergeht es uns nicht wirklich anders. Auch wir leben unter dem Mikroskop – nur nicht dem der Öffentlichkeit. Wie sich langsam herauskristallisiert, hat Bundesminister Wolfgang Schäuble im Entwurf des " Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes" am 14. Januar diesen Jahres das weiter vorbereitet, wo er im letzten Jahr trotz der massiven Proteste bei der Datenspeicherung zurückrudern musste.
Nun soll den Internetanbietern das Recht eingeräumt werden, ohne vorherige richterliche Anweisung das Surfverhalten aufzuzeichnen und dieses an Kriminalamt, Polizei oder private Firmen weitergeben zu können. Was als Mittel zum Erkennen von Störungen propagiert wird, bedeutet nichts anderes, als dass jeder einzelne Mausklick, jede Tastatureingabe über das Internet protokolliert werden darf. Ein richterlicher Beschluss ist demnach für eine Freigabe gar nicht mehr erforderlich. Mit welchen Mitteln die Regierung die Internetanbieter dazu "motivieren" könnte, ihre Daten zu sammeln und auf Anfrage herauszugeben, bedarf nicht viel Fantasie.
Dass die sich formierenden Proteste im Internet hieran etwas zu ändern mögen, darf allerdings bezweifelt werden. Wie in der Vergangenheit bereits wird die Regierung beschließen, was ihr einträglich erscheint – ob dabei die Persönlichkeitsrechte eingeschränkt werden, spielt doch im ersten Moment keine große Rolle.

Insofern ist es nur erstaunlich, dass sich "Bohlen sucht den nächsten zum Beschimpfen" noch nicht gemeldet hat, weil er seine Rechte eingeschränkt sieht, wenn alle künftigen "Superdeppen"-Sendungen vorab geprüft werden müssen, ob sie jugendgefährdende Inhalte besitzen. Wenn man dies streng nimmt, dürfte doch außer dem Vorspann gar nichts mehr ausgestrahlt werden, oder doch?
So ähnlich eben wie bei "Wär' ich ein Star, wär' ich nicht hier" im selbst auferlegten Ekelcamp. Hier scheinen es Millionen Zuschauer zu genießen, wenn sich Menschen für Geld ihrer Persönlichkeitsrechte entledigen.

Vielleicht ist Herr Schäubles Vorstoß ja nur die Rechnung, die wir für das Konjunkturpaket zahlen? Hilfe vom Staat erhält nur, wer seine Seele den Regierenden überschreibt.
Schon deswegen wird es nicht nur sehr interessant zu sehen, wie in den USA ein Neuanfang gelingt. Daraus sollte man seine Lehren ziehen und aus ihren Erfahrungen auch eigene gewinnen.
Im Vorfeld wurde Barack Obama vielerorts als "Messias" beschrieben, sehr zum Unmut der Gläubigen. Man sollte nur nicht vergessen, wie laut der Bibel mit dem "Menschensohn" vor 2.000 Jahren verfahren wurde.
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