Blog

Der Blog stellt eine Art Internettagebuch dar, in dem die Mitglieder der Redaktion ihre Gedanken mit den Lesern teilen. Er bietet Einblicke in den Alltag und in die Themen, die die jeweiligen Autoren am meisten beschäftigen.
Für den Inhalt sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Auch spiegelt die Meinung eines einzelnen Autors nicht die Meinung der gesamten Redaktion wider.


Zurück
Déjà-vu-Gesellschaft
Treffpunkt: Kritik Die Dinosaurier hatten es ihrerzeit einfach; nicht nur, dass sie sich ständig weiterentwickelten und neue Spezies hervorbrachten. Nach 170 Millionen Jahren Herrschaft über unseren Planeten war immerhin ein Ende absehbar. Nicht für die Dinosaurier natürlich, aber aus unserer Sicht.
Im Vergleich zu den urzeitlichen Echsen (die manchen Glaubensrichtungen zufolge ja nie existierten) sind wir Menschen noch vergleichsweise kurz auf unserem blaugrünen Planeten. Wir bemühen uns zwar, dass auch unserer Herrschaft ein Ende gesetzt ist, doch statt mit Asteroiden beschäftigen wir uns lieber Zahlungsmitteln, die Dinosauriern vermutlich mehr als gleichgültig waren. Insofern hätte es Tyrannosaurus Rex vermutlich nicht im Geringsten Interessiert, ob die Deutsche Bank im ersten Quartal 2008 einen Verlust von 141 Millionen Euro netto gemacht hätte (nachdem im ersten Quartal 2007 noch drei Milliarden Euro Gewinn gemacht wurden!). Doch fragen wir uns heute zurecht, wie die Dinosaurier die lange Zeit auf unserer Welt überhaupt überstanden haben – gehen uns doch heute schon die Ideen aus.
So wundert es nicht, dass, wohin man sieht, überall Bekanntes neu aufgelegt wird. Coverversionen und Remakes sind dabei noch das geringste Übel. Ein Schritt weiter geht es da schon, wenn man sich überlegt, dass sogar in der rasant entwickelten Softwarebranche kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen scheint, so dass das ohnehin unbeliebte Betriebssystem Windows Vista nun noch in einem schicken pink auf den Markt kommen wird. Aber nur in Japan. Hierzulande setzen wir dafür lieber auf Diskussionen, die man ohnehin schon ein Dutzend Mal gehört hat.

So hat die beliebteste Familienministerin Ursula von der Leyen jüngst wieder in einem Interview bekannt gegeben, dass Männer wie Frauen ihre Vorstellungen vom idealen Partner über Bord werfen müssen. Und auch die klassische Politik, von Männern dominiert, muss sich umstellen, möchte man denn je erreichen, dass Frauen trotz besserer Abschlüsse auch dieselben Jobs zum selben Gehalt bekommen, wie ihre männlichen Pendants.
Aber Männer haben es nicht leicht, den vielfältigen Ansprüchen gerecht zu werden, fürsorglich und stark, selbstständig zu sein und doch Hilfe anzunehmen. Dass Frau von der Leyen auch zum Thema Kindererziehung leicht reden hat, wenn sie mit ihrem Mann zusammen sieben Kinder auf die Gesellschaft loslassen möchte (mit Hilfe von Kindermädchen, Haushaltshilfe und Kinderfrau könnten das mit Sicherheit auch viele Paare), steht außer Frage.
Ob sie mit ihrer Einstellung bei ihren Parteigenossen – Verzeihung, Parteifreunden – Akzente wird setzen können, sei dahingestellt. Die haben sich ja bereits echauffiert, als unsere Kanzlerin bewies, dass unter dem Hosenanzug auch ein Dekolleté Platz haben kann. Im ansonsten prüden Amerika mussten sich die Wähler vor knapp zehn Jahren dafür damit abfinden, dass ihr Präsident ganz andere Körperteile im Oval Office einsetze.
Vielleicht ist es ja eher angebracht, dass einfach gewartet wird, bis die alten Dinosaurier in der Politik und Gesellschaft ausgestorben sind.

Damit hatte man übrigens auch gerechnet, als Sat.1 2004 die deutsch-österreichische Koproduktion Kommissar Rex nach zehnjähriger Laufzeit einstellte. Die Serie um den ermittelnden Schäfer Hund, der schlauer war als seine Herrchen (zumindest schlauer als die durchschnittlichen Sat.1-Zuschauer), war zeitweise ein großer Erfolg gewesen – und dann nicht mehr.
Doch als deutsch-italienische Koproduktion erlebte Kommissar Rex letztes Jahr einen zweiten Frühling, was das ZDF nun dazu veranlasst, die Serie aus Italien aufzukaufen und neue Folgen zu produzieren, die dann hierzulande ausgestrahlt werden sollen.
Will heißen, statt ein deutsches Serienformat selber neu aufzulegen, unterstützen wir ein italienisches Remake desselben, das dann auch wieder eingekauft, synchronisiert und ausgestrahlt wird – und das alles auf Kosten der GEZ-Beitragszahler. Bleibt abzuwarten, ob die Zuschauer des ZDF ebenso unter Hundeniveau liegen, wie diejenigen von Sat.1.

Überhaupt scheint das ZDF wie kaum ein anderer Sender momentan gegen das Niveau vorgehen, oder aber die Mittel der Rundfunkgebühreneintreiber bis auf den letzten Cent ausreizen zu wollen.
So wurde nun auch bekannt, dass man den legendären Torhüter Oliver Kahn, der seine Karriere im Sommer an den Nagel hängen möchte, und dem immer noch kein Werbevertrag von Chiquita angeboten wurde, als Sportkommentator verpflichten wolle.
Das wird mit Sicherheit ... äh ... sehr interessant werden, auch wenn noch nicht klar ist, ob denn eine solche Zusammenarbeit zustande kommen wird. Wenn ja könnte es bereits ab Ende August der Fall sein – Fußballfans steht also ein interessanter Spätsommer bevor.
Wie viel der mühsam ersparten Rundfunktgebühren dem Titan allerdings zur Verfügung gestellt werden, ist noch nicht bekannt. Wenig wird es aber definitiv nicht sein, auch wenn der bekannte Spieler bislang schon nicht schlecht verdient hat.

Sportler als Sportkommentatoren – das ist keine neue Idee. Ebensowenig, wie 40 Jahre nach der 68er-Bewegung das Thema Gleichberechtigung noch neue Aspekte vorzubringen hat. Eine neue Verpackung macht den Inhalt eben auch nicht besser oder interessanter.
Doch womit soll man sich dann trösten? Dass auch der Asteroid vor 65 Millionen Jahren keine neue Strategie war, kann man wohl kaum als Hoffnungsschimmer sehen.

Vielleicht muntert es ja auf, dass es immer schlimmer wird, bevor es besser wird. Auch etwas, das die Erdgeschichte von damals bis heute bewiesen hat ... behaupten zumindest manche.
Zurück