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Der Blog stellt eine Art Internettagebuch dar, in dem die Mitglieder der Redaktion ihre Gedanken mit den Lesern teilen. Er bietet Einblicke in den Alltag und in die Themen, die die jeweiligen Autoren am meisten beschäftigen.Für den Inhalt sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Auch spiegelt die Meinung eines einzelnen Autors nicht die Meinung der gesamten Redaktion wider.
Das Kind in jedem von uns | von Jens am 11.02.2008, um 18:00 Uhr. |
Wenn kleine Kinder sich mitunter ihre Eltern oder Menschen um sie herum anschauen, müssen sie immer wieder feststellen, dass diese für sie Entscheidungen treffen. Daran an sich ist nichts Verwerfliches, immerhin sehnt sich der Mensch nach jemandem, der ihm die Entscheidungen abnimmt. Wenn die Erwachsenen das Leben der "Kleinen" mit Vorschriften, Geboten und Verboten überfluten, kommt man sich als junger Mensch dann schon eher etwas bevormundet vor. Viel ärgerlicher ist es allerdings, wenn die Großen um einen herum dann die eigenen Gebote gar nicht zu beachten scheinen, man immer wieder damit vertröstet wird, dass man das verstehen würde, "wenn man groß ist", oder dass man "noch oft im Leben Befehle befolgen" müsse. Hat man das Kapitel Kindheit irgendwann abgeschlossen – und dies kommt für die Kinder gar nicht schnell genug, wenige Jahre später wünscht man sich, es wäre nicht so schnell gegangen – erfreut man sich zuerst an der neu gewonnenen Freiheit, der Unabhängigkeit und Selbstbestimmung ... bis man eines Tages aufwacht und erneut einen Wald von Vorschriften, Abhängigkeiten und Bevormundungen entdeckt. Nur dass man diesmal nicht darauf vertröstet wird, dass sich der Zustand irgendwann ändern würde. |
Diejenigen Menschen, die morgens mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren, müssen ihren Tagesrhythmus nach den Fahrplänen orientieren und können es selten so einrichten, dass sie genau zum rechten Zeitpunkt an die Arbeitsstätte kommen. Entweder man ist einige Minuten zu spät da, oder aber viele Minuten zu früh – wirklich ausgeglichen ist es allerdings sehr selten. Zumal die meisten Fahrer der öffentlichen Verkehrsmittel sehr darauf bedacht sind, genau in dem Moment abzufahren, da man völlig abgehetzt an der hintersten Tür angekommen ist. Allerdings nur, um sie verschlossen vorzufinden und mitansehen zu müssen, wie sie wenig später am Rande des Horizonts immer kleiner wird.
Gehört man zu dem unsäglichen Teil der Gesellschaft, der im Dienstleistungsgewerbe beschäftigt ist, muss man seine Einkäufe nach den Ladenöffnungszeiten richten. Dies ist insofern gar nicht so einfach, als dass die Öffnungszeiten des eigenen Betriebes meist mit denen der übrigen Geschäfte zusammen fallen; hat man also keinen großen Vorratsspeicher, in dem man die Vorräte einer ganzen Woche unterbringen kann, muss man in der Mittagspause seine Einkäufe erledigen – vom eigentlichen Sinn der "Pause" ist dann natürlich nicht mehr viel übrig geblieben.
Oder aber man freut sich, wenn ein Supermarkt in der Nähe an erweiterten Ladenöffnungszeiten teilnimmt, muss allerdings im Hinterkopf behalten, dass die eigenen Betriebsöffnungszeiten ebenfalls alsbald angehoben werden (können). Ämter- und Behördengänge, sowie Arztbesuche sind ohnehin nur an freien Tagen oder in seltenen Fällen möglich – weswegen gerade eine so wichtige Institution wie ein Amt von längeren Öffnungszeiten nicht betroffen ist, ist ein Rätsel.
Jodeln sich die Radiomoderatoren am Freitagmorgen die Seele aus dem Leib mit der frohlockenden Botschaft "Wochenende", kann man als Beschäftigter im Einzelhandel (mit Öffnungszeiten auch am Samstag!) nicht umhin sich zu fragen, ob genau diejenigen Moderatoren denn nicht auch arbeiten müssen, beziehungsweise wie viele Menschen das klassische zwei-Tage-Wochenende überhaupt noch in Anspruch nehmen können.
Wer mit dem eigenen Auto in die Arbeit gondelt, wird nicht umhin können, die heutigen Benzinpreise wohlwollend zur Kenntnis genommen zu haben – ob das Kopfschütteln des Tankenden an der Zapfsäule als Zustimmung zur Preispolitik gedeutet werden kann, sei allerdings dahin gestellt.
Viel interessanter ist allerdings, dass so gut wie überall im Land die Preise von Superbenzin und Normalbenzin dieselben sind. Hierfür verantwortlich war Ende des letzten Jahres der Aral-Konzern, der ankündigte, "den Preis für Superbenzin auf das Niveau von Normalbenzin zu senken". Die fahrende Bevölkerung höhnte bereits damals, dass auf lange Sicht gesehen eher der Normalbenzinpreis auf Superbenzin angehoben würde. Nach einigen Wochen Übergangszeit war es dann schließlich soweit. Inzwischen ist Normalbenzin so teuer wie Superbenzin – und während das für die Autofahrer ein tieferer Griff in die Tasche bedeutet, haben auch die Konzerne zu kämpfen.
Die Rechnung, auf Dauer nur noch einen Kraftstoff anbieten zu müssen, ist nämlich nicht ganz aufgegangen, beziehungsweise entschieden die führenden Köpfe, der Milchmädchenrechnung Folge zu leisten, ehe nachgesehen wurde, wie viel Milch denn noch übrig ist.
Der Unterschied zwischen Superbenzin und Normalbenzin liegt an sich nur in der Oktanzahl; diese "gibt an, wie viel %-Volumenanteil Isooktan [...] sich in einer Mischung mit n-Heptan [...]befinden muss", so das moderne Lexikon Wikipedia.org. Will heißen, das Normalbenzin 91 wird gemischt aus 91 vol.% Isooktan und 9 vol.% n-Heptan – Superbenzin 95 aus 95 vol.% Isooktan und 5 vol.% n-Heptan.
Erreicht wird die feinere Abstufung eines Superbenzins durch Raffinieren – im Nachhinein allerdings ein teurer Prozess – und doch einer, den viele Mineralölkonzerne jetzt in Angriff nehmen, weil angesichts der gleichen Preise kaum ein Autofahrer das Normalbenzin kauft. Statt allerdings das Normalbenzin wieder günstiger zu machen, investieren die Konzerne Hunderttausende von Euro, um die uferlosen Normalbenzinreserven auf Super zu raffinieren. Ob die Unkosten hierfür auf den Verbraucher umgelegt werden? Mit Sicherheit nicht ... oder doch?
So ist man also auch als Autofahrer machtlos – und doch ist es schön zu sehen, wie großen Firmen ebenfalls ein Riegel vorgeschoben wird. So machte sich das Kartellamt auf, die Geschäftsräume von sieben Schokoriegelherstellern gleichzeitig in einer Razzia zu durchsuchen – Grund hierfür waren die rein zufälligen und mit Sicherheit auch nicht abgesprochenen, gleichzeitigen Preiserhöhungen von Süßwarenherstellern in Deutschland.
Ob etwas dabei herauskommen wird, ist fraglich und letztlich auch nicht von Dauer. Doch es beruhigt einen etwas, wenn man sieht, dass "die Großen" nicht unbeobachtet, wenn schon ungestraft schalten und walten können, wie sie wollen. Traurig ist dabei lediglich, dass auch das wieder auf dem Rücken derer ausgetragen wird, die sich ohnehin nicht wehren können.
Der einzige Trost ist hierbei, dass man dieses Gefühl der Hilflosigkeit und der Bevormundung weitergeben kann – und ist man selbst kein Vorgesetzter, kann man dies zumindest an den "Kleinen" in der Gesellschaft anklingen lassen. Immer im Wissen, dass diese es uns gleich tun werden, wenn sie einmal groß sind.
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