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3....2....1 - keins
Treffpunkt: Kritik Wer kennt die Situation bei der weltgrößten Auktionsplattform im Internet nicht, wenn man sich bereitwillig darauf einstellt, etwas neues Altes zu erwerben, um seine Sammlung zu vervollständigen, oder aber um es einfach hinter sich zu bringen. Man hat sich das passende Angebot gesucht, geboten (auch wenn man nie als erster bieten sollte), einfach damit das Angebot nicht wieder verschwindet, und freut sich mehr oder weniger auf die letzten 20 Minuten der Auktion. Davor passiert ohnehin nichts spannendes, erst die letzten Momente entscheiden über Gewinn oder Verlust, Besitz oder Frust. Irgendwann schließlich kommt der Moment der Entscheidung, und hat man Glück – manchesmal schon unverschämt viel Glück – kann man sich als neuer Besitzer wähnen.
Eine solche Achterbahnfahrt ist man insbesondere bei eBay ja schon gewohnt, seit so viele Haushalte ans Internet angeschlossen wurden. Dass es den Menschen aber auch außerhalb der virtuellen Welt so ergehen kann, daran mochte man lange Zeit nicht denken. Bis die Kommunalwahlen kamen, bis die SPD kam, bis die Bahn und die GDL kamen, die Ver.di und die USA. Sie haben uns gelehrt, dass etwas, das versprochen ist, angekündigt ist, zugesichert ist, bei weitem nicht auch das sein muss, was man letztlich bekommt.
So hätte sich kaum jemand träumen lassen, als der Tarifabschluss vor nicht einmal acht Wochen zwischen der Bahn und der GDL getroffen wurde, es nach so kurzer Zeit – unmittelbar vor den Unterschriften auf dem Vertrag – erneut Schwierigkeiten geben würde. Doch die GDL rasselte mit den Ketten und sie rasselte laut; immerhin konnte der Vorsitzende Manfred Schell nicht zulassen, dass sein von ihm fest anvisiertes Mahnmal vor seinem Amtsabtritt noch ins Kippen kommt. So hat die Bahn also einen neuen Tarifvertrag mit Deutschlands ältester Gewerkschaft abgeschlossen. Leidträger sind Lokführer selbst, das Zugbegleitpersonal und die übrigen Bahnangestellten, deren Stellen abgebaut werden – und die Fahrgäste, deren Tickets wieder steigen sollen zum Ende des Jahres. Interessanterweise gibt es vom Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee derzeit keine Neuigkeiten zur Bahnprivatisierung, die erst vor einer Woche noch vom Kurt Beck zur SPD-Chefsache erklärt worden war.

Inwieweit die mittelste Partei Deutschlands jedoch überhaupt noch ernst genommen werden kann, darüber lässt sich derzeit bekanntlich streiten.
Nicht, dass die Kommunalwahlen in Bayern und Hessen an sich Grund zur Freude für die Partei geboten hätten, aber die Art und Weise, wie man bei der SPD dieses Stimmungshoch mit einem ewigen hin und her zur Ministerpräsidentenwahl in Hessen kaputt macht, grenzt beinahe schon an eine langjährige Planung. So soll nun die ebenso wie ihr Widersacher Koch populistische und opportunistische Andrea Ypsilantis doch nicht Ministerpräsidentin werden. Sieht man sich ihr und Kochs Verhalten an, muss man sich auch fragen, wo denn der große Unterschied zwischen beiden besteht.
Das Thema an sich ist aber immer noch nicht vom Tisch, die SPD in einer landesweiten Krise, die damit auch nicht besser wird, dass Herr Beck der Meinung ist, alles sei unter Kontrolle, wenn seine Grippe verflogen sei.

Das Anbiedern der SPD grenzt dabei beinahe schon an das Verhalten der CSU in Bayern, wo man nun alles daran setzen möchte, "Deutschlands strengstes Nichtraucherschutzgesetz" (wie es Ende letzten Jahres noch angekündigt war) wieder zu kippen – beziehungsweise zu entschärfen.
Und das muss alles natürlich schnell passieren, und alles nur zum Wohle und der Sicherheit der Menschen, die beim Oktoberfest (das nach wie vor unerfindlicherweise im September beginnt) sonst zu schaden kommen könnten. Von der langsamen Vergiftung durch die Raucher in den Zelten möchte man diesbezüglich aber nicht sprechen.
Wie dem auch sei, schnell muss es hauptsächlich deshalb sein, weil man rechtzeitig zu den Stichwahlen kommendes Wochenende die Stimmung der Bevölkerung (zumindest der rauchenden) wieder auf Seiten der CSU wissen möchte. Auch hier muss man sich fragen, ob so ein fahriger, unentschlossener Kurs die richtige Lösung ist. Von der Schwanz-einzieh-und-davon-renn-Taktik einmal ganz abgesehen, bei der es einem jeden Wähler an sich übel werden muss.

Unter selben Syndrom scheint man in den USA leider nicht zu leiden, denn wie heute bekannt wurde, hat es das Repräsentantenhaus leider nicht geschafft, ein Veto des US-Präsidenten Bush zu kippen.
Der hatte ein Gesetz blockiert, nach dem die Foltermethode des Waterboarding (simuliertes Ertrinken) gesetzeswidrig und damit strafbar sein würde. Diese Methode wird unter anderem vom CIA favorisiert, wenn es darum geht, Geständnisse und Ähnliches von vermuteten Terroristen zu erpressen. Doch würde man eine Foltertechnik wie diese verbieten (die in den USA auch nicht gegen die Menschenrechte zu verstoßen scheint), würde den Geheimdiensten die Hände bei der Bekämpfung des Terrorismus gebunden.
Auch die Ironie, dass auf diese Weise vermeintliche Terroristen terrorisiert werden, ist dem Anführer der mächtigsten Militärnation der Welt wohl entgangen.
Auch hier hatte man gehofft, dass Vernunft einkehren würde, die USA endlich einen Schritt in jene Richtung gehen würde, in die sie andere Länder seit Jahren drängen möchte – doch wie gewonnen, so zerronnen, denn das Repräsentantenhaus verfehlte die notwendige Zweidrittelmehrheit, Bushs Veto aufzuheben.

Es ist gelinde gesagt ein Trauerspiel, was sich die angeblichen Leistungs- und Verantwortungsträger allseits herausnehmen. Umso tragischer ist es, dass sich eben diese Personen nicht schämen, wenn sie sich vor die Kameras stellen und solch unqualifizierte Meinungen äußern und Entscheidungen treffen.
Die vermeintliche Macht des Bürgers, die Repräsentanten der eigenen Meinung zu wählen, beziehungsweise diejenigen abzuwählen, die nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen, wird bereits angesichts der Hessen-Situation ad absurdum geführt.
Was einem bleibt ist die Hoffnung, dass es irgendwann einmal besser kommt, als jetzt. Und man muss hoffen, dass es einem nicht geht, wie den kleinen Kindern beim Spielen mit Seifenblasen: 3....2....1....blup.
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