Wonder Woman 1984 [2020]

Wertung: 2 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 17. Juni 2022
Genre: Fantasy / Action / Komödie

Originaltitel: Wonder Woman 1984
Laufzeit: 151 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Patty Jenkins
Musik: Hans Zimmer
Besetzung: Gal Gadot, Chris Pine, Kristen Wiig, Pedro Pascal, Robin Wright, Connie Nielsen, Lilly Aspell, Amr Waked, Kristoffer Polaha, Natasha Rothwell, Ravi Patel, Oliver Cotton, Lucian Perez, Gabriella Wilde, Kelvin Yu, Stuart Milligan


Kurzinhalt:

Seit mehr als einem halben Jahrhundert nimmt die Halbgöttin und Kriegerin Diana Prince (Gal Gadot) die Aufgabe wahr, die den Amazonen aufgetragen ist, und beschützt die Welt vor finsteren Mächten. Dabei musste sie viele Opfer bringen, wie unter anderem ihre große Liebe Steve Trevor (Chris Pine). Im Jahr 1984, als die Spannungen zwischen den Fronten des Kalten Krieges zunehmen, erhält Dianas Arbeitskollegin im Museum, Barbara Minerva (Kristen Wiig), ein bei einem Überfall entdecktes Artefakt, um dessen Herkunft zu bestimmen. Was wie eine Fälschung anmutet, ist tatsächlich der „Traumstein“, mit dem sich ein jeder einen Wunsch erfüllen kann – zu einem hohen Preis. Ohne dies zu ahnen, wünscht sich Diana Steve zurück und tatsächlich steht wenig später die Liebe ihres Lebens im Körper eines anderen Mannes vor ihr. Aber auch die schüchterne Barbara, die oftmals übersehen wird, hat sich etwas gewünscht, mit fatalen Folgen. Als der erfolglose, ambitionierte Geschäftsmann Maxwell Lord (Pedro Pascal) den Traumstein in die Finger bekommt, glaubt er, einen Weg gefunden zu haben, die fatalen Folgen des Wunsches zu umgehen. Doch damit tritt er eine Lawine in Gang, die unmittelbar in einen Dritten Weltkrieg führt …


Kritik:
Nicht zuletzt dank der fantastischen Besetzung mit Gal Gadot in der Titelrolle, gelang Filmemacherin Patty Jenkins mit Wonder Woman [2017] trotz Schwächen einer der spaßigsten und vielversprechendsten Superheldenfilme der vergangenen Jahre. Doch statt in Wonder Woman 1984 die Stärken auszubauen, werden die Schwachpunkte bis ins Unermessliche gesteigert. Das führt unter anderem dazu, dass man nach dem ersten Drittel der Meinung sein könnte, dies wäre eine Parodie. Doch die Tiefpunkte kommen erst noch – und zahlreich obendrein.

Nach einem Rückblick in die Kindheit von Diana Prince, bei dem sie auf Themyscira an einem Wettbewerb gegen erwachsene Amazonen teilnimmt und durch einen Betrug beinahe gewinnen würde, springt die Erzählung ins Jahr 1984. Dann arbeitet Diana im Smithsonian Institution in Washington, D.C., während sie als kostümierte Heldin immer wieder den Alltag rettet. Der zeitliche Sprung vom ersten zum zweiten Film, aus dem Jahr 1918 auf den Höhepunkt des Kalten Krieges, könnte bedeuten, dass Wonder Woman 1984 Diana mit den wahren Ereignissen jenes Konflikts konfrontiert. Aber auch wenn dieser Aspekt aufgegriffen wird, eine wirkliche Rolle spielt er nur am Rande. Man könnte auch meinen, dass Diana innerhalb der Erzählung an ihre Erfahrungen aus der Kindheit erinnert wird, dass sie durch einen Betrug nicht „gewinnen“ kann. Auch dies wird angedeutet und lässt sich in die Story hineinlesen, einen wirklichen Bezug dazu stellt aber auch Diana selbst nicht her. Insofern wirkt der Prolog des zweieinhalb Stunden dauernden Comicfilms wie eine ausgedehnte, Entfernte Szene, die aber keine tatsächliche Relevanz für das aktuelle Geschehen hat.

Das erzählt davon, wie Diana auf die schüchterne und gleichzeitig um Anerkennung buhlende Barbara Minerva trifft, die als Geologin und Kryptozoologin im Museum arbeitet. Barbara wird vom FBI beauftragt, ein Artefakt zu untersuchen, das Dianas vorige Heldentat unbeabsichtigt zutage gefördert hat, als sie in einem Einkaufszentrum einen Überfall vereitelte. Und bereits bei dieser Sequenz – abgesehen von der Eröffnung die einzige Actionszene der gesamten ersten Stunde des Films – weiß man nicht so richtig, was sich die Verantwortlichen gedacht haben. Denn anstatt eine mitreißende Sequenz zu zeigen, in der Diana darum bemüht ist, die Schurken dingfest zu machen, wirkt die Action vollkommen verkrampft witzig umgesetzt, mit buchstäblichem Augenzwinkern. Dass die Heldin die Räuber am Ende ohne Not auf ein Polizeiauto fallen lässt, das dadurch zerstört wird, setzt dem Abschnitt noch die Krone auf. Anschließend widmet sich die Story Barbara und dem Geschäftsmann Maxwell Lord, der zwar durch seine Fernsehwerbung in aller Munde aber trotz seiner Versprechen von sprudelnden Ölquellen im Grunde pleite ist. Maxwell ist hinter dem Artefakt her, das Barbara untersucht, denn dabei handelt es sich um nichts weniger, als den „Traumstein“. Damit kann sich ein jeder einen Wunsch erfüllen – doch erschaffen vom Gott der Lügen, nimmt der Traumstein den Wünschenden im Gegenzug das Wertvollste. Maxwell glaubt, den Traumstein austricksten zu können und da sich zuvor, nicht an die Inschrift glaubend, auch Diana und Barbara etwas gewünscht haben, steht unvermittelt der beinahe ein Dreivierteljahrhundert zuvor verstorbene Steve Trevor vor Diana und Barbara verwandelt sich zunehmend in Wonder Womans Gegnerin „Cheetah“.

Nun gut, als mit Comicverfilmungen überhäuftes Publikum hat man in den vergangenen zwei Jahrzehnten schon absurdere Ideen akzeptiert, als einen auf ein Artefakt reduzierten Geist in der Flasche, der einem Wünsche erfüllt. Wobei ein fliegender Teppich hier vermutlich nicht einmal für eine erhobene Augenbraue sorgen würde. In jedem Fall mutet die Idee eher an eine kindliche Märchengeschichte, denn eine vor dem Hintergrund des Kalten Krieges angesiedelte Superheldenstory an. Erschwert wird das dadurch, dass auch Maxwell nicht wie ein bedrohlicher Bösewicht auftritt, sondern mitunter unfreiwillig für Lacher sorgt, während Barbaras Verwandlung im Grunde ernsthafter ist, bis sie am Ende tatsächlich auch optisch zum Geparden (Cheetah) wird. Was Wonder Woman 1984 seinem Publikum dann optisch zumutet, lässt sich kaum beschreiben. Nicht nur, dass sich das Finale einmal mehr auf den Kampf computergenerierter Figuren konzentriert, sie sehen im Falle von Cheetah auch noch derart grotesk aus, dass selbst die vielen, vielen offensichtlichen Trickeffekte zuvor verblassen. Bei einem geschätzten Budget von 200 Millionen Dollar muss man sich durchaus fragen, wohin das Geld geflossen ist. Es waren in jedem Falle nicht das Drehbuch und auch nicht die Trickeffekte.

Woran es bei ersterem hakt, bemerkt man allein an der Idee, Steve Trevor (und damit auch Darsteller Chris Pine) auf diese Weise zurückzubringen, denn Steve kehrt auf Dianas Wunsch nicht einfach zurück. Vielmehr übernimmt seine Persönlichkeit den Körper eines attraktiven Mannes im Jahr 1984 in Dianas Nähe. Sie erkennt ihn dann als Steve und sieht ihn (wie auch das Publikum) nur so. Dass sie das Leben jenes Mannes quasi kapern, wird nicht einmal erwähnt, und es dauert bereits eine gemeinsame Nacht, bis sie sich überhaupt mit der Frage beschäftigen, wie Steves Rückkehr geschehen konnte. Um die Auswirkungen des Traumsteins aufhalten zu können, reisen Diana und Steve nach Kairo und stehlen dafür einen modernen Kampfjet. Weshalb Diana eine Schlüsselkarte für den abgesperrten Bereich besitzt, in dem dieser Jet steht, wird nie geklärt. Ebenso wenig, wie Steve ein hochmodernes Flugzeug fliegen kann, ohne an den Instrumenten (oder der Antriebstechnik) je ausgebildet worden zu sein. Dass der Jet wenig später unsichtbar wird, ist hier das Tüpfelchen auf dem i, denn Wonder Woman 1984 schweigt sich ebenso aus, wie Steve ein unsichtbares Flugzeug landen können will. Wer glaubt, dass die Geschichte nicht absurder werden kann, muss sich vor Augen führen, dass das Flugzeug damit auch vom Radar verschwindet, wie von Diana beabsichtigt. Nur dass ein auf Radiowellen basierendes Radar auch ein unsichtbares Objekt anzeigen würde. Regisseurin Patty Jenkins präsentiert all dies mit einer ernstgemeinten Gleichgültigkeit, als wäre das Publikum entweder zu dämlich, die unzähligen inhaltlichen Ungereimtheiten zu erkennen, noch während sie geschehen, oder als wäre sie aktiv darum bemüht, ihre Fortsetzung zur Genreparodie zu erheben. In jedem Fall kann man bei so viel inhaltlichen Unfug nicht anders, als ungläubig den Kopf zu schütteln.

Da helfen auch nicht die wenigen guten Momente zwischen Diana und Steve, oder wenn sich Diana am Ende an die Menschen auf der ganzen Welt wendet. Ganz ungeachtet dessen, dass weder der endgültige Plan von Maxwell, noch die Art, den drohenden Weltuntergang zu beenden, irgendeinen Sinn ergeben. Nimmt man dazu noch die Tatsache, dass kein Actionhighlight über das hinauswächst, was Wonder Woman 1984 in seinem zugegebenermaßen fantastisch eingängigen ersten Trailer zur instrumentalen Cover-Version von New Orders „Blue Monday“ (durch Sebastian Böhm) vorgestellt hat, ist man letztlich besser beraten, nur die Filmvorschau anzuschauen und einen weiten Bogen um den Film selbst zu machen. Man erspart sich nicht nur zweieinhalb Stunden Zeit, sondern auch eine riesige Enttäuschung.


Fazit:
Man würde vermuten, dass sich die Geschichte auch auf Grund des großen zeitlichen Versatzes mit Dianas Blick auf die Welt beschäftigten, sie vielleicht angesichts der wenigen Lehren der Menschen nach zwei Weltkriegen sogar verzweifeln lassen würde. Doch sie nimmt die wachsende nukleare Bedrohung und den drohenden Zusammenbruch der weltpolitischen Lage wahr, ohne dazu eine Meinung zu äußern, oder einzugreifen. Stattdessen kümmert sie sich um Alltägliches und geht einer Arbeit im Museum nach, bei der nie erläutert wird, wie lange schon, oder was sie genau tut. Als Figur lernt man sie nicht besser kennen, was schade ist, denn Gal Gadot ist und bleibt die größte Stärke des Franchise. Ihre Ausstrahlung ist bestechend, nur tritt sie hier gegen zwei Gegner an, die schwächer kaum sein könnten. Dabei ist die von Kristen Wiig verkörperte Barbara noch die interessantere, während Pedro Pascal in der überzogenen Rolle vollkommen verschenkt wird. Handwerklich enttäuscht Patty Jenkins, trotz einer grundsätzlich jener Zeit angemessenen Optik mit tollen Farben und ansprechender Ausstattung, mit Actionsequenzen, die nie wirklich mitreißen, oder aber derart künstlich wirken, dass man sich nie in den Moment fallen lassen kann. Überlang und darüber hinaus ermüdend langatmig, wirken zahlreiche Entscheidungen bei Wonder Woman 1984, als wollten die Verantwortlichen eine Parodie erzählen. Oder als wären sie – wie im Falle des unsichtbaren Jets – auf ein bestimmtes Bild, eine imposante Optik aus, auch wenn dies inhaltlich derart hanebüchener Unsinn ist, dass es dem Publikum geradezu ins Auge springt. Zu sagen, die Fortsetzung wäre eine Enttäuschung, ist eine Untertreibung. In mancherlei Hinsicht ist sie geradezu beleidigend.