Venom: The Last Dance [2024]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 23. Oktober 2024
Genre: Action / FantasyOriginaltitel: Venom: The Last Dance
Laufzeit: 109 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien / Mexiko
Produktionsjahr: 2024
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: Kelly Marcel
Musik: Dan Deacon
Besetzung: Tom Hardy, Chiwetel Ejiofor, Juno Temple, Rhys Ifans, Peggy Lu, Alanna Ubach, Stephen Graham, Clark Backo, Cristo Fernández
Kurzinhalt:
Zusammen mit dem Alien-Symbionten Venom, der von ihm Besitz ergriffen hat, ist Reporter Eddie Brock (Tom Hardy) nach Mexiko geflohen, da er in San Francisco wegen eines vermeintlichen Mordes gesucht wird. Schon auf dem Weg zurück in die Vereinigten Staaten, um Eddies Namen reinzuwaschen, werden er und Venom von einer Xenophage heimgesucht, einem außerirdischen Wesen, das entsandt wurde, Symbionten aufzuspüren. Auch General Strickland (Chiwetel Ejiofor), der zusammen mit der Wissenschaftlerin Dr. Payne (Juno Temple an einem streng geheimen Symbionten-Programm arbeitet, wird auf Eddie und Venom aufmerksam. Aber nicht nur, dass sie von ihrer beider Welten gejagt werden, es steht nicht weniger als das Schicksal des Universums auf dem Spiel. Je dichter ihnen die unzerstörbare, wohnwagengroße Xenophage kommt, umso deutlicher wird für Eddie wie für Venom, dass dies ein Kampf ist, den sie nicht gewinnen können. Wenigstens nicht, ohne das größtmögliche Opfer zu erbringen …
Kritik:
Filmemacherin Kelly Marcel macht kein Geheimnis daraus, dass das dritte Comic-Abenteuer um den Titel gebenden Symbionten Venom und seinen Wirt Eddie Brock auch ihr letztes sein soll. Nicht nur angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, scheint der Ausgang von Venom: The Last Dance geradezu unausweichlich. Dabei beweisen die Verantwortlichen ausgerechnet im letzten Drittel, welches Potential in den Figuren steckt, das sie aber bis dahin viel zu selten ausspielen.
Nach einem Prolog, der den neuen Schurken des sogenannten Sony’s Spider-Man Universe (kurz SSU, das mit dem bekannten Marvel Cinematic Universe, MCU, über Spider-Man verbunden ist) vorstellt, setzt die Erzählung unmittelbar nach den Ereignissen von Venom - Let there be Carnage [2021] an. Eddie und Venom befinden sich in Mexiko auf der Flucht, da Eddie in San Francisco als Mörder gesucht wird. Wie die Geschichte mit der am Ende des letzten Films ganz kurz angedeuteten Verbindung zu den übrigen SSU-Filmen umgeht, wird Fans dabei vermutlich enttäuschen. Der gesamte erzählerische Einfall wirkt im Nachhinein mehr wie ein Gimmick, denn inhaltlich zielführend. Noch bevor sich Eddie und Venom nach New York aufmachen können, werden sie von einer Xenophage heimgesucht, einem riesigen, außerirdischen Wesen, das entsandt wurde, einen Kodex zu finden, ein Schlüssel, mit dem der neue Schurke aus seinem Gefängnis befreit werden kann.
Dieser Kodex befindet sich – wenig überraschend – bei Venom, der von den Xenophagen als Symbionten-Jägerinnen spricht. Venom erläutert daraufhin Eddie (und dem Publikum) im Schnelldurchlauf die Zusammenhänge, die Venom: The Last Dance im Prolog bereits vorgestellt hat. Wer auch beim zweiten Mal noch nicht zuhört, hat insofern Glück, da später eine weitere Figur die Hintergründe erklärt, als General Strickland und die Wissenschaftlerin Dr. Payne eingeweiht werden. Obwohl die Geschichte alles andere als komplex ist, wird man das Gefühl nicht los, die Verantwortlichen wollen sicherstellen, dass selbst die unaufmerksamsten Zuschauerinnen und Zuschauer folgen können. Das erklärt auch, weshalb jede Figur, wenn sie zum ersten Mal auftaucht, entweder sich selbst oder von einer anderen Person in ihrem Umfeld geradezu förmlich vorgestellt wird, mit persönlichem Werdegang und Motivation. Dieses erzählerische Stilmittel wirkt nicht nur platt, sondern von Seiten des Drehbuchs geradezu faul.
Strickland und Dr. Payne arbeiten in einer streng gemeinem Militärbasis an einem Symbionten-Programm, während Eddie und Venom auf den verschrobenen Martin und seine Familie treffen, die einen Road Trip zur Area 51 unternehmen. Auch hier wird deutlich, dass das Drehbuch Wegstationen und Figuren vorstellt, die keinen anderen Zweck besitzen, als Eddie und Venom dorthin zu bringen, wo sie für das Finale sein müssen. Wirkt der erste Auftritt des von Rhys Ifans gespielten Martin durchaus amüsant, ziehen sich seine Auftritte zunehmend deutlich länger, als sie sein müssten. Dass er mit Martins Familie überhaupt mehrmals in Erscheinung tritt, ist schon verwunderlich genug, zumal sie nichts wirklich Bedeutendes zur Geschichte beisteuern. Umso mehr wirkt ihre Beteiligung zum Ende hin inhaltlich geradezu absurd. Gleichermaßen verhält es sich mit anderen Gastauftritten wie demjenigen von Ladenbesitzerin Mrs. Chen, der in einer Tanznummer endet, die so erzwungen ist, dass selbst Eddie dies gegenüber Venom äußert. Doch es ist ein Abschnitt, den Venom: The Last Dance braucht, damit der Sprung zum nächsten Actionmoment eingeläutet werden kann.
Filmemacherin Kelly Marcel, die auch das Drehbuch schrieb, hat eine genaue Vorstellung davon, in welchen Situationen sie Eddie und Venom zeigen und gegen wen sie beide antreten lassen will. Doch dem Weg dorthin fehlt merklich ein roter Faden oder eine kohärente Story. Das heißt nicht, dass nicht immer etwas geschehen würde, ganz im Gegenteil. Venom: The Last Dance ist voller Momente, in denen vor allem Tom Hardy in seiner Rolle aufgehen darf. Werden er und Venom melancholisch ob ihrer gemeinsamen Verbindung, oder auf welches Leben Eddie verzichten musste, seit er seine Superkräfte erhielt, dann klingen differenzierte Zwischentöne an, die beinahe aus einem anderen Film zu stammen scheinen.
Diese Momente zählen zu den stärksten, während Fans vermutlich eher daran interessiert sein werden, in welche Richtung sich das SSU entwickeln soll bzw. ob der (voraussichtlich) letzte Film um Eddie Brock und Venom mit derselben Mischung aus anarchisch-brutaler Superhelden-Action und teils bösen Humors aufwartet, wie die vorherigen Teile. Was den letzten Punkt anbelangt, erscheint Venom: The Last Dance jedoch geradezu gemäßigt, als wollten die Verantwortlichen der getragenen Stimmung des „letzten Tanzes“ auch gerecht werden. Zumindest dieser Aspekt gelingt ihnen überraschend gut, selbst wenn das Gezeigte nur selten mitreißt.
Fazit:
So amüsant viele Momente und gerade die Zwiegespräche zwischen Venom und Eddie oftmals sind, ansteckend witzig sind sie ebenso wenig, wie die Auftritte der Alien-suchenden Familie oder Mrs. Chens. In vielerlei Hinsicht drängt sich daher das Gefühl auf, die Verantwortlichen hätten Wegstationen dieser letzten Reise vor Augen gehabt und die Geschichte notdürftig um diese herum erzählt. Dass die Hintergrundstory gleich drei Mal vorgestellt wird, ist ebenso unnötig, wie der gesamte Handlungsstrang um die Road Trip-Familie. Die Trickeffekte schwanken zwischen ganz gut bis mittelmäßig oder – beispielsweise bei der Szene während des Abspanns –, als wären sie einem sichtbar in die Jahre gekommenen Videospiel entnommen. Die Szene ganz, ganz am Ende sollten sich Fans aber nicht entgehen lassen. Venom: The Last Dance wird dem eigenen Anspruch, die Story um Eddie und Venom zu einem vernünftigen Abschluss zu bringen, durchaus gerecht und das stärkere letzte Drittel entschädigt für den ziellos mäandrierenden Mittelteil. Doch das täuscht nicht darüber hinweg, dass Tom Hardy der größte Pluspunkt der Reihe ist, oder die Action spürbar fahrig inszeniert. Fans wird das kaum stören, selbst wenn sie vermutlich mehr überzogenen Humor erwarten werden. Dass der ausbleibt, ist aber ebenfalls ein Pluspunkt, so dass Kelly Marcels Spielfilmregiedebüt unterhaltsam genug bleibt, um mehr als nur ein Zwischenstopp auf dem Weg zum nächsten Superhelden-Comic-Abenteuer zu sein.