TRON: Legacy [2010]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 29. Januar 2011
Genre: Science Fiction / Action

Originaltitel: TRON: Legacy
Laufzeit: 125 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2010
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Joseph Kosinski
Musik: Daft Punk
Darsteller: Jeff Bridges, Garrett Hedlund, Olivia Wilde, Bruce Boxleitner, James Frain, Beau Garrett, Michael Sheen, Anis Cheurfa, Serinda Swan, Yaya DaCosta, Elizabeth Mathis, Kis Yurij, Conrad Coates, Daft Punk


Kurzinhalt:
Seit zwei Jahrzehnten gilt Kevin Flynn (Jeff Bridges), CEO der weltweit erfolgreichsten IT-Firma Encom, als vermisst. Sein Waisensohn Sam (Garrett Hedlund) ist inzwischen erwachsen und größter Anteilsinhaber. Geleitet wird die Firma jedoch durch den Vorstand. Kevins ehemaliger Geschäftspartner Alan Bradley (Bruce Boxleitner) engagiert sich ebenso noch im Management, wird aber meist überstimmt. Er erhält von Kevin eine Pagernachricht, die aus dessen alter Spielhalle stammt. Sam macht sich dorthin auf den Weg und findet eine verlassene Computeranlage.
Ehe er sich versieht, befindet sich Sam im System, wie sein Vater vor ihm. Er stößt auf das Clu-Programm (Jeff Bridges), das die digitale Welt kontrolliert. Sam soll als Druckmittel benutzt werden, um Kevin Flynn aus seinem Versteck zu locken. Zusammen mit der kämpferischen Quorra (Olivia Wilde) trifft Sam auf seinen Vater, der seit Jahren von seiner eigenen Erfindung gefangen gehalten wird. Und Clu hat endlich einen Weg gefunden, seine irregeleitete Programmierung zu erfüllen ...


Kritik:
Selbst Fans des in den Kultolymp erhobenen Films Tron [1982] gaben damals zu, ihn nicht zu verstehen. Zu abstrakt war die Vorstellung einer Welt in einem Computer, zu fantastisch und vielleicht auch zu wenig greifbar die Befürchtungen, welche die Filmemacher damals äußerten. Inzwischen ist die Geschichte besser verständlich, wenn auch immer noch sehr fantastisch. TRON: Legacy setzt die Story viele Jahre später fort und präsentiert dem Publikum erneut ein Universum innerhalb der Elektronik mit vielen Anleihen an den ersten Film, aber auch mit neuen Botschaften. Ob diese jedoch in 30 Jahren verständlicher, oder sich gar als wahr erweisen werden, darf bezweifelt werden.

Von einem Besuch in seiner Firma kehrt der allein erziehende Kevin Flynn 1989 nicht zurück. Sein Sohn Sam wächst als Waise auf, tritt jedoch nicht in seines Vaters Fußstapfen und überlässt sein IT-Imperium Encom dem Vorstand und den Aktionären, die er gelegentlich mit Wohltätigkeitsausgaben ärgert. Eines Tages erhält Kevin Flynns ehemaliger Geschäftspartner Alan Bradley eine Pagernachricht aus Flynns an sich verlassener Spielhalle. Sam entdeckt dort ein abgeschottetes Computersystem, das seit über 20 Jahren läuft. Kenner des ersten Tron-Films werden bis dahin viele bekannte Gesichter und Ideen wiederfinden. Von der Beteiligung Bruce Boxleitners abgesehen und Anspielungen an bekannte Softwareentwickler, die neue Versionen veröffentlichen, ohne außer der Versionsnummer etwas zu verändern, ist unter anderem ein Wiedersehen mit einem 30 Jahre jüngeren Jeff Bridges ein lange angekündigtes Highlight von TRON: Legacy. Dieser sieht in der Tat beeindruckend aus, doch trotz der Mimik, die von Bridges übernommen wurde, wirkt der junge Kevin Flynn ebenso wie das spätere Clu-Programm leblos. Beinahe als würde eine Wachsfigur von Madame Tussauds animiert.
Ob die Abdunklung des Bildes durch die eingesetzte 3D-Technik hier hilfreich oder kontraproduktiv ist, wird sich weisen, wenn TRON: Legacy in hochauflösender Qualität für den Heimvideomarkt erhältlich ist.

Ehe er sich versieht, wird Sam in die Computerwelt portiert und dort gefangen genommen. Er soll wie andere Programme auch bei den tödlichen Spielen antreten. Clu, ein von Kevin Flynn in seinem Ebenbild erschaffenes Programm, hat die Kontrolle über die digitale Welt. Und er plant, Sam als Druckmittel zu benutzen, um einem im Verborgenen lebenden Kevin Flynn aus der Reserve zu locken. Was in den 20 Jahren geschehen ist, in denen Sam auf seinen Vater gewartet hat, wird in Dialogen erklärt, die ebenso aufschlussreich wie verwirrend sind. Hypothesen über eine Weiterentwicklung von Computerprogrammen könnten ebenso revolutionär wie abstrus sein. Auf diese inhaltlichen Aspekte von Joseph Kosinskis Regiedebüt geht womöglich eine angedachte Fortsetzung, oder die geplante Fernsehserie im Tron-Universum ein.
Was verständlich ist und dabei ebenso allgemeingültig wie die Aussagen des ersten Films, sind die geäußerten Befürchtungen, dass die Menschen Sklaven der Technologie werden, anstatt dass die Technologie ihnen dient. So wie Kevin Flynn von seiner digitalen Kreation eingesperrt wird, anstatt durch sie wahre Freiheit zu erreichen. Dass Perfektion nicht in Einsen und Nullen zu finden ist, sondern im Wunder des menschlichen Lebens, wie Flynn bemerkt, ist ebenfalls ein sehr bekannter Grundgedanke.

TRON: Legacy beeindruckt weniger durch den Inhalt denn durch die Präsentation. Aus dem beinahe 30 Jahre alten Konzept erschaffen die Macher eine Welt, die vertraute Elemente beinhaltet, aber auch weiter entwickelt erscheint. Das Design des digitalen Universums sowie der Anzüge, Fahrzeuge und der Look des Films sind beeindruckend und erstklassig dargebracht. Wie schon oben erwähnt, ist TRON: Legacy in großen Teilen in 3D gedreht worden. Nicht nur, dass dadurch das ohnehin eher düstere Bild noch dunkler wird, die vielen einfarbigen Flächen ermöglichen beispielsweise bei den schnellen Szenenwechseln der Duelle im Film keine vernünftige Zuordnung der Perspektiven. Insofern ist die dritte Dimension zwar ein netter Zusatz, aber nicht wirklich wichtig und manchmal sogar störend.

Jeff Bridges erweckt seine Figur des gealterten Flynn mit viel Charisma zum Leben. Dass Garrett Hedlund hier das Nachsehen hat, ist verständlich. In den gemeinsamen Szenen ist er Bridges nicht gewachsen, allein jedoch macht er durchaus eine gute Figur. Ebenso wie Olivia Wilde, die als kämpferische Quorra Akzente setzt. Ein Highlight ist Michael Sheen als überdrehtes Zerstreuungsprogramm Castor.


Fazit:
Es erstaunt, dass der Cast sich in der künstlichen Umgebung so zuhause zu fühlen scheint. Auch wirkt die stilisierte und artifizielle Welt nicht unorganisch. Regisseur Joseph Kosinski gelingt ein natürlich wirkender Designsprung über drei Jahrzehnte, der ebenso eine Weiterentwicklung ist, wie er dem Grundgerüst treu bleibt. Doch so opulent TRON: Legacy anzusehen ist, und auch das Finale macht auf Grund des Computerspieleflairs, der passend gelungenen Musik und der Figuren wirklich Spaß, inhaltlich lässt die Ausgangsidee nicht viel Spielraum.
Charakterentwicklungen sind abzusehen, an die Idee des "in den Computer beamen" sollte man keine logischen Ansprüche stellen und wovon Kevin Flynn mit seiner wegweisenden Entdeckung der isomorphen Algorithmen (kurz ISOs) eigentlich redet, weiß man am Ende ebenso wenig, wie Clu seinen Plan überhaupt umsetzen wollte. Wer die Fortsetzung durch die vielen Anleihen wie das versteckte Bit als Hommage und als Weitererzählung des ersten Films sieht, wird auch in den ruhigen Momenten gut unterhalten. Ob der Film ebenso visionäre Andeutungen hat wie sein Vorgänger, wird nur die Zeit zeigen.