The Contractor [2022]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 2. April 2022
Genre: Action / ThrillerOriginaltitel: The Contractor
Laufzeit: 104 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Tarik Saleh
Musik: Alex Belcher
Besetzung: Chris Pine, Ben Foster, Kiefer Sutherland, Eddie Marsan, Gillian Jacobs, Fares Fares, Amira Casar, Nina Hoss, J. D. Pardo, Florian Munteanu
Kurzinhalt:
Nach Jahren im Vaterlandsdienst und vier Auslandseinsätzen in fünf Jahren wird der U.S. Army Special Forces-Soldat James Harper (Chris Pine) unfreiwillig entlassen, da in seinem Blut nicht zugelassene Schmerzmittel gefunden wurden, die er auf Grund einer Verletzung genommen hat. Er sieht sich mit seiner Frau Brianne (Gillian Jacobs) und seinem Sohn einem wachsenden Schuldenberg gegenüber, als ihm sein ehemaliger Kamerad Mike (Ben Foster) anbietet, dem privaten Militärunternehmen des Veteranen Rusty (Kiefer Sutherland) beizutreten. Rusty arbeitet mit präsidialer Genehmigung an Aufträgen der nationalen Sicherheit. James schlägt ein und seine Familie erhält noch vor seinem ersten Auftrag einen großen Scheck. Die erste Mission führt James nach Berlin, wo er den Biologie-Professor Salim Mohamed Mohsin (Fares Fares) observieren soll. Der soll an einer Biowaffe arbeiten und als der Befehl kommt, ihn zu beseitigen, zögert James nicht. Auf sich allein gestellt, beginnt er jedoch zu hinterfragen, für wen er eigentlich arbeitet und gerät selbst ins Fadenkreuz – zudem bringt er seine Familie in größte Gefahr …
Kritik:
Welchen Film Regisseur Tarik Saleh basierend auf dem Drehbuch von J.P. Davis auch immer erzählen wollte, man darf bezweifeln, dass The Contractor der ursprünglichen Vision besonders nahekommt. Anfangs Militärdrama und später Actionthriller, weiß der Film weder aus seiner Idee, noch seiner mit bekannten Namen gespickten Besetzung allzu viel zu machen. Dass er zudem je länger er dauert, umso mehr auseinanderfällt, inhaltlich wie was die Umsetzung anbelangt, passt gewissermaßen ins Gesamtbild.
Wenn wir Hauptfigur James Harper zum ersten Mal sehen, befindet sich der Elitesoldat der U.S. Army Special Forces in einem Rehabilitationsprogramm. Seine Knieverletzung macht ihm so sehr zu schaffen, dass er sich selbst Spritzen injiziert. Was er verwendet, wird bei der offiziellen Gesundheitsuntersuchung jedoch festgestellt und als unerlaubte Substanz eingestuft. Zwar wird er ehrenhaft entlassen, verliert nach Jahrzehnten im Militärdienst jedoch seine Pension und Krankenversicherung. Die Anspannung angesichts der sich stapelnden Rechnungen ist dem Familienvater anzusehen. Hat er zuvor seinem Sohn noch Schwimmen beigebracht und blickte mit seiner Frau zuversichtlich in die Zukunft, ist er nun soweit, dass er sich sogar einem privaten Sicherheitsunternehmen verpflichten würde, was er bislang ablehnte. Den Kontakt stellt sein ehemaliger Vorgesetzter und Freund Mike her und auch Firmenchef Rusty ist ein Veteran, der ihm bei seinem ersten Treffen davon erzählt, wie die Soldaten alles für ihr Land gegeben haben, um dann fallengelassen zu werden. Rustys Unternehmen arbeitet angeblich für die Regierung und ist nur mit Einsätzen der Nationalen Sicherheit betraut. James’ erster Auftrag führt ihn nach Berlin, wo er den aus Syrien stammenden Universitätsprofessor Salim Mohamed Mohsin observieren soll. Dies tut er so lange, bis der Befehl kommt, zuzuschlagen, denn der Biologe soll an einem für Terroristen bestimmten, tödlichen Virus forschen.
Dass dies noch nicht alles ist, können Interessierte der Filmvorschau entnehmen, die nicht nur Station für Station die Story des gesamten Films vorwegnimmt, sondern auch in einem anderen Punkt überraschend authentisch ist. Sind wir es seit vielen Jahren gewohnt, dass Filmtrailer Szenen einer langen Sequenz aneinanderreihen, in denen Teilabschnitte fehlen, man aber durch das Gezeigte ein Gespür für den Ablauf des Filmabschnitts erhält, täuscht dies bei The Contractor nicht. So abgehackt, wie beispielsweise der Schusswechsel und die Verfolgungsjagd auf einer Brücke in Berlin in der Vorschau gezeigt werden, sind die Actionszenen im Film allesamt tatsächlich umgesetzt. Ist die Inszenierung im ersten Drittel geradezu bedächtig langsam, stellt den militärischen Hintergrund jener Eliteeinheiten vor, von denen sich manche sogar das Leben nehmen, damit ihre Familien mit dem Geld der Versicherung abgesichert sind, weil ihnen scheinbar nichts anderes bleibt, zieht das Erzähltempo beim beginnenden Laboreinbruch in Berlin merklich an. Doch bereits hier ergeben Entscheidungen der Figuren, allen voran James’, keinen richtigen Sinn mehr.
Ihn als pflichtbewussten Soldaten vorzustellen, der ohne zu zögern jedoch bereitwillig Zivilisten oder Polizisten tötet, ist ebenso absurd, wie im gesamten Film und insbesondere beim Finale diese Elitesoldaten zu zeigen, die auf freier Fläche im Licht stehend um sich schießen, anstatt sich anzupirschen, um – wenig überraschend – dann dahingerafft zu werden. Sie beweisen hier weniger taktisches Gespür als 12jährige Gelegenheitsvideospieler. Dass dies derart auffällt, liegt auch an der Tatsache, wie zerstückelt und behäbig die Action umgesetzt ist. Man könnte auch sagen, dass diese Szenen regelrecht in sich zusammenfallen und im Verlauf des Films umso mehr. Die Situationen wirken vollkommen konstruiert, mit Schusswechseln auf öffentlichen Plätzen, die unzählige Opfer fordern, unglaubwürdigen Entscheidungen der Figuren, fehlenden Übergängen zwischen einzelnen Einstellungen und außerdem haarsträubend klischeebeladenen Dialogen.
Das ist insofern schade, weil die Grundidee eines Militärdramas, aus dem sich eine Figur im Stile von Jason Bourne herauskristallisiert, nur bezogen auf ihre Fähigkeiten und die Tatsache, dass sie in Europa auf sich gestellt ist, durchaus interessant wäre. Doch The Contractor nimmt sich weder die Zeit, noch geben sich die Verantwortlichen die Mühe, die tragischen Aspekte der Hauptfigur herauszuarbeiten. Dies gipfelt vielmehr in einem Moment, in dem Chris Pine verdeutlicht, was er in der Lage gewesen wäre, zu leisten – wenn ihm das Drehbuch mehr zu tun gegeben hätte.
Ex-Soldat Mike stellt in Bezug auf seine neue Tätigkeit und die Parallelen zum Militärdienst fest,“Am Ende sind wir alle nur Söldner“. Das geschieht zu Beginn, doch anstatt sich dagegen zu wehren, begibt sich der vermeintliche Held der Geschichte bereitwillig auf diesen Pfad. Das macht für die Figur so wenig Sinn wie der Inhalt des ganzen Films, sobald man beginnt, darüber nachzudenken.
Fazit:
Gedreht bereits Ende 2019, lag Tarik Salehs Actionthriller beinahe zwei Jahre in der Schublade, ehe er nun veröffentlicht wird. Nicht wenige Produktionen, die während der Corona-Pandemie mit einem kleinen Budget umgesetzt wurden, weisen ähnliche Schwächen wie diese hier auf. Man kann versuchen, die Kritikpunkte mit den schwierigen Umständen der Dreharbeiten zu entschuldigen (ob nun gerechtfertigt, oder nicht), doch dies ist bei The Contractor nicht der Fall. Als bedächtig erzähltes Drama zu Beginn noch vielversprechend, werden die Figuren über das erste Drittel hinaus kaum entwickelt. Die Klischees reihen sich in einer Art und Weise aneinander, dass man sie kaum übersehen kann, während die Story selbst löchrig und unlogisch fortgesponnen wird. Spätestens in der zweiten Filmhälfte, wenn Actionmomente aus dem Nichts auftauchen (und ebenso schnell vorbei sind) und Entscheidungen der Charaktere kaum mehr nachvollziehbar sind, rutscht auch die mäßige Inszenierung spürbar ab. So altbekannt die Idee, die Umsetzung ist im besten Fall dürftig. The Contractor ist offenkundig B-Film-Material, über das man früher in den Videothekenregalen gestolpert wäre. In seinem Genre sonderlich gelungen, ist er aber auch nicht.