Shining [1980]

Wertung: 5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 7. April 2019
Genre: Horror / Drama

Originaltitel: The Shining
Laufzeit: 146 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 1980
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Stanley Kubrick
Musik: Wendy Carlos, Rachel Elkind
Darsteller: Jack Nicholson, Shelley Duvall, Danny Lloyd, Scatman Crothers, Barry Nelson, Philip Stone, Joe Turkel, Anne Jackson, Tony Burton, Lia Beldam, Billie Gibson


Kurzinhalt:

Für Jack Torrance (Jack Nicholson) scheint es eine große Chance, als er den Posten als Hausverwalter des Overlook-Hotels in den Rocky Mountains annimmt. Das Hotel wird über die Wintermonate für gewöhnlich eingeschneit und ist von der Außenwelt abgeschnitten. Als Hausverwalter soll er sich um kleinere anfallende Schäden kümmern und dafür sorgen, dass die Heizungsanlage nicht ausfällt. Er will die Monate in der Abgeschiedenheit nutzen, um ein neues Manuskript zu schreiben. Seine Frau Wendy (Shelley Duvall) und sein sechsjähriger Sohn Danny (Danny Lloyd) begleiten ihn. Die drei sind die einzigen Bewohner. Aber schon bald beginnt Jack, sich zu verändern. Er wird aggressiv und Wendy fürchtet sogar, dass er gewalttätig werden könnte. Auch Danny spürt die Auswirkungen des Hotels, in dem schlimme Dinge geschehen sind. Vor einigen hatte ihn der Koch Hallorann (Scatman Crothers) vor seiner Abreise gewarnt. Während Danny immer wieder von Visionen heimgesucht wird, treibt die Isolation Jack zunehmend in den Wahnsinn …


Kritik:
Stanley Kubricks Verfilmung von Stephen Kings drei Jahre zuvor erschienenem Horror-Roman Shining zählt gemeinhin nicht nur zu den besseren Adaptionen des Bestseller-Autors, sondern wird als Meilenstein des Genres angesehen. Die dichte Atmosphäre, die beängstigenden Darstellerleistungen und eine traumatisierend surreale Optik tragen ihren Teil jeweils dazu bei. All diese Punkte sind unbestritten und zutreffend, aber sie machen den Film selbst nicht leichter zugänglich.

Dass King die Änderungen, die der Filmemacher gegenüber der Buchvorlage vornahm, missfielen, ist vielfach dokumentiert. Während manche Aspekte wie die Hintergründe von Hauptfigur Jack Torrance dessen Verhalten und Wandlung vermutlich eher hätten erklären können, scheinen andere Entscheidungen, insbesondere das Hotel und die übernatürlichen Vorkommnisse darin, nachvollziehbarer. Letztendlich muss Shining für sich allein und weniger als Interpretation der Vorlage stehen. Das Zentrum der Geschichte bildet Familie Torrance um Vater Jack, der sich bereiterklärt, mit seiner Frau Wendy und dem sechsjährigen Sohn Danny über den Winter als einzige Bewohner im Overlook-Hotel in den Rocky Mountains zu bleiben. Da das Hotel im Winter für gewöhnlich eingeschneit wird, bleibt es für Besucher geschlossen. Als Hausverwalter ist es Jacks Aufgabe, die Heizung des Hotels funktionstüchtig zu halten. Er selbst will Monate in absoluter Isolation nutzen, um ein neues Manuskript zu schreiben.

Die Vorstellung, viele Wochen mit einer Person, oder in diesem Fall zwei Personen, in einem eingeschneiten Hotel zu verbringen, klingt von sich aus bereits beunruhigend. Doch das Overlook-Hotel ist kein gewöhnlicher Ort und Danny kein gewöhnlicher Junge. Er hat Visionen, die er nicht zuordnen kann, und einen imaginären Freund, Tony, der „in seinem Mund wohnt“ und ihm immer wieder Dinge zeigt, die geschehen werden. Nachdem die Torrances eingeschneit werden und Jack zu arbeiten anfängt, beginnt er, sich zu verändern. Er wird aggressiver, isoliert sich. Die ohnehin defensive Wendy nimmt seine Pflichten als Hausverwalter wahr, während Danny Visionen von Personen hat, die im Hotel gestorben sind, darunter die Zwillingsmädchen eines vorhergehenden Hausverwalters, die dieser ermordet hatte. Vor Zimmer 237 wurde Danny von Koch Hallorann vor dessen Abreise gewarnt. Hallorann besitzt, wie Danny ebenfalls, das „Shining“, eine übernatürliche Begabung.

An sich erzählt Shining zwei Storys: Diejenige von Jack Torrance, den die Abgeschiedenheit in den Wahnsinn treibt, und die des Overlook-Hotels selbst, das eine düstere und blutige Vergangenheit aufweist. Ein wenig deuten dies Stanley Kubrick und Drehbuch-Ko-Autorin Diane Johnson an, wenn Jack zu Beginn von Hotelmanager Ullman die Hintergründe seiner Aufgabe erläutert werden. Hierzu versucht die allerletzte Einstellung im Film einen Bogen zu schlagen. Doch vom Hotel als eigenständige Person ist in der Filmadaption kaum etwas wahrzunehmen. Es sind vielmehr die Spuren der vorigen Bewohner, die zu sehen sind. Da das Skript jedoch nicht herausarbeitet, inwiefern das Hotel selbst seine Bewohner beeinflusst, bleiben Jacks wahnhafte Wandlung und Abstieg umso unverständlicher.

Dass dies weit weniger ins Gewicht fällt, als man vermuten würde, ist der unwirklichen und Furcht einflößenden Darbietung von Jack Nicholson zu verdanken, dessen rasender Blick das letzte Drittel so sehr prägt, dass es dem Genre selbst buchstäblich ein Gesicht verliehen hat. Ihm zuzusehen ist gleichermaßen faszinierend wie erschreckend und sein Jack Torrance eine entfesselte Naturgewalt aus den schlimmsten Alpträumen menschlicher Raserei. Der Kontrast zu Shelley Duvalls Darstellung von Jacks Frau Wendy könnte größer kaum sein. Sie ist schüchtern, zurückhaltend, ängstlich und strahlt eine Hoffnungslosigkeit aus, die lediglich von ihrer Hilflosigkeit übertroffen wird. Dass dem auch dann so ist, wenn Jack gewalttätig wird, ist hauptsächlich deshalb kaum nachvollziehbar, da der Film über sie nichts verrät. So kräftezehrend und fantastisch die Rolle gespielt ist, die Figur an sich wirkt ein Jahr, nachdem Sigourney Weaver in Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt [1979] das Bild der starken, ums Überleben kämpfenden Frau auf der Leinwand verkörpert hat, vollkommen überholt.
Dass sich das Böse auf die schwächste Person, Danny, konzentriert, macht das Gezeigte für das Publikum umso schlimmer. Der damals tatsächlich erst sechsjährige Danny Lloyd ist eine Traumbesetzung und zeichnet Shining unschätzbar aus.

Handwerklich beweist Filmemacher Kubrick einmal mehr sein Gespür für fantastische Bilder und eine minutiös perfekt ausgewählte Schnittfolge. In langen Einstellungen stellt er das Hotel zu Beginn vor, um sich in der zweiten Hälfte mühelos darin zu bewegen, ohne dass das Publikum nicht wüsste, wo sich wer befindet. Die leeren Zimmer, die langen Gänge sind an sich bereits unheimlich genug, zusammen mit Dannys Visionen ergibt es ein riesiges Horror-Haus, in dem Alpträume zum Leben erwachen. Die vielgerühmten Einstellungen um Danny, der sich den Zwillingsmädchen gegenübersieht, oder dem Blutschwall, der sich aus dem Fahrstuhl ergießt, sind unerreicht und lassen das Blut in den Adern gefrieren, wie auch das Finale im eingeschneiten Irrgarten beim Hotel. Die Bilder sind auf eine beunruhigende Art und Weise hypnotisierend und ergeben zusammen mit den Darbietungen und der Musik eine beklemmende Atmosphäre. Die braucht zwar lange, ehe sie sich in dem Finale entlädt, aber sie ist von Beginn an spürbar.
Ungeachtet dessen bleibt das Verhalten der Figuren oft unverständlich. Und ohne einen Charakter, mit dem das Publikum mitfiebern kann – von Danny einmal abgesehen –, macht es Shining schwer, sich von dem gezeigten Horror auch mitreißen zu lassen.


Fazit:
Nicht zuletzt Jack Nicholsons beängstigende Darbietung eines Mannes, der spürbar dem Wahnsinn verfällt, macht Shining zu einem nach wie vor sehenswerten Klassiker des Genres. Das Hotel selbst, die langen Gänge und die leeren, aber doch nicht verlassenen Zimmer, zeichnen die spürbar beunruhigende Atmosphäre des Films aus. Das ist nicht nur sehenswert inszeniert, sondern setzt erfreulicherweise mehr auf Aufbau und Stimmung, denn auf billige Schockeffekte. Die langen Einstellungen zerren spürbar an den Nerven und wenn Jack die vollkommen verängstigte Wendy die Treppe hinauf verfolgt, wird es einem beim Zusehen merklich unwohl. Aber so gut all das umgesetzt ist, es ist die Geschichte, die Filmemacher Stanley Kubrick nicht vollends zu nutzen weiß. Die an sich so aussagekräftige Umgebung und die Persönlichkeit des Hotels und wie es die Bewohner verändert, werden kaum erklärt. Auch über die zentralen Figuren erfährt man zu wenig, als dass man von ihrem Schicksal mitgerissen würde, statt es lediglich zu beobachten. Shining ist ein Meilenstein des Genres; in manchen Aspekten mehr, als in anderen. Nicht als übersinnlicher Gruselfilm, sondern als Studie des Wahns, dem vor allem die zentrale Figur anheim fällt. Was am Ende Wirklichkeit ist und was Einbildung, bei allen Figuren, bleibt schwer zu greifen. Gerade das macht den Film nicht weniger eindrucksvoll, sondern eben sehenswert. Es verdeutlicht aber auch, dass dies nicht die beste Umsetzung des Stoffes sein muss.