Ron läuft schief [2021]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 11. Oktober 2021
Genre: Animation / Komödie

Originaltitel: Ron’s Gone Wrong
Laufzeit: 106 min.
Produktionsland: USA / Großbritannien / Kanada
Produktionsjahr: 2021
FSK-Freigabe: noch nicht bekannt

Regie: Sarah Smith, Jean-Philippe Vine, Octavio E. Rodriguez
Musik: Henry Jackman
Stimmen: Zach Galifianakis, Jack Dylan Grazer, Kylie Cantrall, Ricardo Hurtado, Ed Helms, Olivia Colman, Justice Smith, Rob Delaney, Marcus Scribner, Thomas Barbusca


Kurzinhalt:

Seit das Techunternehmen Bubble ihre neueste Erfindung vorgestellt hat, den personalisierten Roboter B*Bot, fühlt sich der Schüler Barney (Jack Dylan Grazer) noch ausgegrenzter als zuvor. Er ist der einzige an der Schule, der keinen B*Bot hat, während die Mitschülerinnen und Mitschüler, mit denen er früher Zeit verbracht hat, wie Savannah (Kylie Cantrall) oder Rich (Ricardo Hurtado), jede freie Minute mit ihren B*Bots verbringen. Die B*Bots analysieren alle verfügbaren Informationen über ihre Menschen und werden so zum perfekten Freund. Gleichzeitig suchen sie für ihre Menschen auch neue Freundschaften. Umso mehr freut es Barney, als sein Vater (Ed Helms) ihm auch einen B*Bot schenkt: Ron (Zach Galifianakis). Doch Ron ist offenbar defekt, denn er kann sich nicht mit Barneys Profil verbinden, so dass dieser Ron selbst beibringen muss, was es heißt, ein Freund zu sein. Doch der Ron zeigt seltsame Eigenschaften und Bubble-Gründer Marc (Justice Smith) und Andrew (Rob Delaney) sehen den Erfolg bedroht. Darum ordnen sie an, dass Ron verschrottet werden soll …


Kritik:
Der erste Spielfilm der Animationsschmiede Locksmith Animation, Ron läuft schief, bedient sich sowohl hinsichtlich der Geschichte als auch des Designs bei bekannten Genrevertretern. Nichts an der Science Fiction-Komödie um den etwas schüchternen Schüler Barney, der wie alle Kinder einen neuen, besten Freund in Form des Roboters B*Bot erhält, nur dass seiner auf Grund eines Defekts ein Eigenleben entwickelt, ist wirklich neu oder überraschend. Aber es ist so warmherzig und unterhaltsam dargebracht, dass es die Wenigsten im Publikum stören dürfte. Nur die Aussage am Ende lässt aufmerksames Mitmenschen doch etwas verwundert zurück.

Angesiedelt in einer Zukunft, in der das Techunternehmen Bubble aus dem Alltag der Menschen nicht mehr wegzudenken ist, steckt es doch in Handys oder Wearables und ist das Soziale Netzwerk, das alle zusammenbringt, stellt Bubble-Mitgründer Marc seine neueste Errungenschaft vor: Den Bubble-Bot, kurz B*Bot. Der hüfthohe, eiförmige Roboter kann sprechen, zuhören, auf Rollen fahren, springen, tauchen und weil er sich unmittelbar mit dem Bubble-Netzwerk verbindet, weiß er alles über seine Besitzerinnen und Besitzer. Er ist der neue beste Freund, direkt zum Auspacken. Und alle wollen einen haben, immerhin ist er individueller als die jeweiligen Menschen. Die Kinder interagieren miteinander nur noch durch ihre B-Bots, die für sie Freundschaften schließen. Nur Barney, der an seiner Schule ohnehin ein Außenseiter ist, hat keinen und sitzt in der Pause ganz allein. Darum ist er überglücklich, als sein alleinerziehender Vater ihm kurz nach seinem Geburtstag den B*Bot Ron schenkt. Doch Ron hat einen Defekt und anstatt ab Werk auf Barney eingestellt und so programmiert zu sein, dass er Barneys bester Freund ist, muss Barney Ron erst einmal beibringen, was Freundschaft überhaupt ist.

Die Aussagen, die Ron läuft schief in diesen Momenten findet, wenn Barney erklärt, was Freunde füreinander tun, sind nicht überraschend, doch findet die Geschichte im Verlauf hier einen interessanten und sogar lehrreichen Aspekt. Allerdings schwenkt die Story schnell in eine andere Richtung, wenn Ron, der nicht nur Barneys Profil nicht herunterladen konnte, sondern auch über keinerlei Sicherheitsfunktionen verfügt, zuerst seinen neuen Freund Barney nach erneuten Hänseleien verteidigt und fortan von Bubble verschrottet werden soll. Dies geht sogar noch weiter, so dass alle B*Bots ihre Sicherungseinstellungen verlieren und bei den Bubble-Gründern Marc und Andrew Panik ausbricht, ihre Erfindung könnte sie in den Ruin stürzen.
Anstatt aus den Botschaften um die künstliche Interaktion mit anderen, die Abhängigkeiten von Technologie und das Verpassen des wahren Lebens eine ermutigende Geschichte zu erzählen, etabliert das Drehbuch nicht Großkonzerne wie Bubble, die sogar zugeben, ihre Kundschaft auszuspionieren, als Widersacher, sondern nur einen der beiden Geschäftsführer. Es ist eine ungewöhnliche Entscheidung, die am Ende dazu führt, dass die Botschaft des Animationsabenteuers nicht lautet, dass das wirkliche Leben außerhalb Social Media und abseits eines B*Bots stattfindet. Das ist gelinde gesagt befremdlich.

Immerhin wartet die Story mit vielen anderen Botschaften zum Thema Freundschaft, der Akzeptanz von sich und anderen auf. Sieht man, wie Barneys Mitschülerin Savannah zuerst eine erfolgreiche Influencerin ist und später über sie hergezogen wird, werden eher Ältere im Publikum die Parallelen zu Mobbing, der Ausgrenzung durch Social Media sehen. Doch packen die Verantwortlichen noch mehr in ihre Story hinein, so dass im letzten Drittel auch Aussagen zum Thema Datenschutz und Privatsphäre unüberhörbar sind. Allerdings haben die letztlich ebenso wenig eine Auswirkung wie die Ermahnung von Barneys Vater, wenn er sagt, „Ich will nicht, dass Du süchtig bist nach einem Gerät“. Es sind Aspekte, die erzählerisch keine Konsequenzen aufweisen. Stattdessen versucht Ron läuft schief neben den eingängigen B*Bots mit Nebenfiguren wie Barney Familie zu unterhalten, zu der auch die Großmutter gehört, eine unsterbliche Ziege oder Hühner. Die Zusammenstellung reicht zwar gerade aus, dass ganze junge Zuschauerinnen und Zuschauer auf Grund der Situationskomik lachen werden, in der Geschichte notwendig oder sinnvoll sind sie aber alle nicht.

Das Design der Figuren und Landschaften ist ganz offenbar von anderen Animationsfilmen inspiriert, bezogen auf die B*Bots kann man die Einflüsse aus Pixars WALL·E - Der letzte räumt die Erde auf [2008] und der Raumsonde EVE nicht leugnen. Aber so rund die B*Bots, die Ohren der Figuren sind zum Teil auffallend kantig, während der Look insgesamt durchaus überzeugen kann. Manche Perspektiven und Bilder sehen toll aus, doch dann gibt es Momente wie wenn Ron und Barney im Gras liegen, und sich die Grashalme im Hintergrund keinen Millimeter bewegen. In solchen Einstellungen wirkt Ron läuft schief unerwartet steril, trotz der bunten Farben. Das mag daran liegen, dass dies der erste Spielfilm des Animationsstudios ist, oder daran, dass der, wie im Abspann zu lesen ist, pandemiebedingt von den Beteiligten teils von zuhause fertiggestellt wurde. Erscheint der Inhalt etwas rau, als würde der letzte Feinschliff fehlen, bleibt dieses Gefühl auch bei der technischen Präsentation. Doch das dürfte das Zielpublikum kaum stören.


Fazit:
Behauptet Tech-Chef Marc, er habe einen Algorithmus für Freundschaft geschrieben, oder stellt Barney später fest, wenn er seine Freunde sieht, die auf Social Media so fröhlich scheinen, in Wirklichkeit aber allein sind, „Ich dachte immer, ich wäre der, der einsam ist“, dann wartet der Animationsfilm mit vielen guten auch wichtigen Ideen auf, die aber im weiteren Verlauf des Films nicht nochmal aufgegriffen werden. Stattdessen widmen sich die Verantwortlichen immer noch einem weiteren Thema, beispielsweise wenn die B*Bots benutzt werden, um die Kinder auszuspionieren. Das sind viele Ansätze, die letztlich aber keinen großen Einfluss in das Ende finden. Das verdeutlicht zwar, was Freundschaft wirklich ist, doch aus dem, was zuvor war, macht die Story zu wenig. So ist Ron läuft schief inhaltlich lange Zeit absehbar, dabei aber stets unterhaltsam, so dass sich der lustige und bunt dargebrachte Animationsfilm, selbst wenn er sich vornehmlich an ein jüngeres Publikum richtet, doch für die ganze Familie eignet. Zwar ohne inhaltlich oder emotional bedeutsamen Tiefgang, ist das Science Fiction-Abenteuer durchaus spaßig und kurzweilig, und mit dem Herz am rechten Fleck.