Non-Stop [2014]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 06. April 2014
Genre: Thriller / Action

Originaltitel: Non-Stop
Laufzeit: 106 min.
Produktionsland: Großbritannien / Frankreich / USA
Produktionsjahr: 2014
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Jaume Collet-Serra
Musik: John Ottman
Darsteller: Liam Neeson, Julianne Moore, Michelle Dockery, Scoot McNairy, Linus Roache, Anson Mount, Nate Parker, Corey Stoll, Lupita Nyong'o, Omar Metwally, Jason Butler Harner, Quinn McColgan, Corey Hawkins, Frank Deal, Shea Whigham


Kurzinhalt:
Seiner Sitznachbarin Jen (Julianne Moore) erzählt Bill Marks (Liam Neeson), dass er ständig im Flugzeug unterwegs ist, auch wenn er Angst vor dem Start hat. Was sie erst später erfährt: Bill ist ein Air Marshal und als solcher für die Sicherheit des Flugzeugs verantwortlich. Schon kurz nach dem Start auf dem Weg von New York nach London, empfängt Bill auf seinem Diensthandy Nachrichten von einer unbekannten Nummer. Obwohl das Netzwerk geschützt ist. Der Unbekannte fordert 150 Millionen Dollar innerhalb von 20 Minuten, sonst werde einer der Passagiere sterben.
Während sich Marks mit seinem Kollegen Hammond (Anson Mount) kurzschließt, der das für einen schlechten Scherz hält, glaubt ihm nicht einmal der Pilot McMillan (Linus Roache). Er weiß wie die meisten der Crew von Marks Finanz- und Alkoholproblemen. Doch wenig später ist ein Passagier tot und der Erpresser startet den Countdown erneut – dabei verwischt er seine Spuren so geschickt, dass Marks als Täter dasteht ...


Kritik:
Wie abstrus die Ausgangslage bei Non-Stop, einem Thriller, der nie an Bord eines Langstreckenfluges gezeigt werden wird, ist, sind sich die Autoren offensichtlich durchaus bewusst. Doch statt sich davon entmutigen zu lassen, nutzen sie diesen Umstand, um das Erzähltempo immer weiter anzuziehen. Dass ihre Auflösung inhaltlich keinen rechten Sinn ergeben kann, kompensieren sie durch eine gelungene Wendung, so dass selbst aufmerksame Zuschauer mit ihrem Tipp beim Täter nur halb richtig liegen.

Verantwortlich dafür, dass die Geschichte funktioniert, ist der inzwischen immerhin schon 61jährige Liam Neeson, der sich als Charakterdarsteller mehr verdient gemacht hat, als dass er Filme wie Non-Stop retten sollte. Und doch scheint er seit geraumer Zeit auf manchmal gelungenere, bisweilen eher mittelmäßige Actionthriller abonniert, deren größter Pluspunkt er selbst ist. Als Air Marshal Bill Marks kann man sich kaum jemand besseren vorstellen. Die abgekämpfte Müdigkeit in Bills Augen lassen zwischen den im Alkohol ertränkten Phasen aufmerksame Momente durchblitzen, so dass man vermuten mag, er habe sein Potential selbst begraben.

Auf einem Non-Stop-Flug von New York nach London ist er für die Sicherheit an Bord verantwortlich, als ein Unbekannter droht, alle 20 Minuten einen Passagier zu töten, wenn nicht 150 Millionen Dollar auf ein Schweizer Bankkonto überwiesen werden. So viel ist aus dem Trailer bekannt, ebenso, dass wenig später tatsächlich eine Leiche an Bord mitfliegt. Wie es allerdings dazu kommt, verschweigt die Vorschau und ab diesem Moment entwickelt das Drehbuch die Idee in ungewohnten Variationen weiter.
Nicht nur, dass Marks mit einer Vielzahl an möglichen Verdächtigen konfrontiert wird, der Erpresser hat das Szenario so konstruiert, dass es nach außen aussieht, als wäre Marks der Entführer des Flugzeugs. In einem ernsthaften Thriller könnte dies an einen Ausgang à la Arlington Road [1999] erinnern. Doch Regisseur Jaume Collet-Serra (Unknown Identity [2011]) ist mehr am Unterhaltungsaspekt gelegen.

Die Actionmomente sind entsprechend schnell geschnitten, aber nie so verwackelt, dass man den Überblick verlieren würde. Den Spannungsbogen dazwischen erzeugt der Filmemacher durch ungewohnte Perspektiven, viele Kamerafahrten, in denen er bewusst mit deutlichen und undeutlichen Bildelementen spielt, die am ehesten Marks' durch den Alkohol gedämpfte Wahrnehmung widerspiegeln. Die Optik von Non-Stop ist überaus gelungen und entschädigt im letzten Drittel für die eher mauen Trickeffekte, die nicht einmal dem verhältnismäßig kleinen Budget gerecht werden. Dafür untermalt Komponist John Ottman so zurückhaltend und gelungen wie schon lange nicht mehr.

Je mehr Tote zu beklagen sind, umso undurchschaubarer wird das Motiv des Täters, der sich mit Bill über ein gesichertes Netzwerk via Kurzmitteilungen unterhält. Woran die augenscheinliche Geiselnahme des Flugzeugs durch den Air Marshal die Fluggäste erinnert, ist durchaus verständlich, auch wenn das Datum des 11. September nie angesprochen wird. Bills Verhalten – verdächtige Personen auszusondern und nach dem Abführen zu befragen – führt dazu, dass sich die Passagiere gegen ihn formieren und sogar für seine Vorgesetzten ergibt sich das Bild, als sei er selbst der Erpresser. Doch statt dem ernsten Grundton zu verfallen, behält Collet-Serra die Leichtfüßigkeit seiner Erzählung bei, garniert zum Schluss mit so überzogenen Actioneinfällen, dass niemand im Publikum das Gezeigte für bare Münze nehmen wird.

Dass die Textmitteilungen gelungen nahtlos im Bild eingedeutscht sind, spricht für den Vertrieb – man kann nur hoffen, dass dem in unterschiedlichen Sprachfassungen bei der Heimvideoveröffentlichung auch Rechnung getragen wird.


Fazit:
Regisseur Jaume Collet-Serra und seine Autoren nehmen die Ausgangslage ernst genug, daraus eine packende Geschichte zu erzählen, aber nicht so ernst, dass sie es ohne eine bewusste Selbstironie tun würden. Es ist eine Balance, die ihnen gut gelingt, unterstützt von einer absichtlich mit Schärfen spielenden Optik, die dem Tempo des Films zuspielt. Auch die im Bild eingeblendeten Mitteilungen sorgen dafür, dass das Publikum aufmerksam bleibt.
Es ist weder eine Überraschung, noch ein Kritikpunkt, dass der Thriller von Hauptdarsteller Liam Neeson lebt. Es verdeutlicht vielmehr dass sich die Produzenten der Schwächen der Story bewusst waren und Non-Stop dennoch so gelungen wie möglich umsetzen wollten. Schon deshalb erinnert der Film in vielerlei Hinsicht an Genrekollegen, wie sie in den 1990ern vermehrt gedreht wurden. Das ist durchaus positiv gemeint. Nur weil die Idee dahinter absurd ist, heißt das nicht, dass daraus kein gelungen rasanter und spannender Kinoabend werden kann.