Man of Steel [2013]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 02. Januar 2014
Genre: Action / Science Fiction

Originaltitel: Man of Steel
Laufzeit: 143 min.
Produktionsland: USA / Kanada / Großbritannien
Produktionsjahr: 2013
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Zack Snyder
Musik: Hans Zimmer
Darsteller: Henry Cavill, Amy Adams, Michael Shannon, Russell Crowe, Diane Lane, Kevin Costner, Antje Traue, Harry Lennix, Richard Schiff, Christopher Meloni, Ayelet Zurer, Laurence Fishburne, Dylan Sprayberry, Cooper Timberline, Michael Kelly, Rebecca Buller, Christina Wren, David Lewis


Kurzinhalt:
Da er weiß, dass sein eigenes Volk, wie dessen Heimatwelt Krypton, dem Untergang geweiht ist, entschließt sich der Wissenschaftler Jor-El (Russell Crowe) zu einem folgenschweren Schritt, den er mit dem Leben bezahlt. Er sendet seinen gerade erst geborenen Sohn Kal-El (Henry Cavill) zur Erde, damit er unter den Menschen aufwachsen soll. Dort wird das Baby von den Farmern Martha (Diane Lane) und Jonathan Kent (Kevin Costner) entdeckt, die ihn bei sich aufnehmen und als ihren eigenen Sohn großziehen. Dass Clark, wie sie den Jungen nennen, anders ist, merken sie schon früh. Er entwickelt übermenschliche Kräfte und Sinne, die er auf Wunsch seines Vaters gemeinhält, da Jonathan fürchtet, dass die Menschen für diese Wahrheit noch nicht bereit seien.
Als junger Mann wird Clark auf ein Forschungsprojekt aufmerksam und entdeckt im ewigen Eis ein Raumschiff, das von seinem Volk stammt. Darin trifft er auf eine Projektion seines Vaters, der ihm erklärt, wieso er ihn auf die Erde gesandt hat. Doch als kurz darauf ein weiteres Raumschiff auf der Erde eintrifft, dessen Befehlshaber General Zod (Michael Shannon) die Auslieferung von Kal-El verlangt, muss sich Clark entscheiden, ob er sich seinem Volk anschließt, oder seine Fähigkeiten den Menschen offenbart. Seinem Geheimnis war die Reporterin Lois Lane (Amy Adams) zwar ohnehin schon auf der Spur, doch wie wird es die Menschen verändern, wenn sie wissen, dass er unter ihnen gelebt hat? Zod allerdings hat eigene Pläne mit der Erde – und mit dem, was Jor-El seinem Sohn mit auf den Weg gegeben hat ...


Kritik:
Von allen Comichelden ist Superman vielleicht der ur-amerikanischste. Er kommt von außerhalb und muss sich in den Schmelztiegel der Gesellschaft integrieren. Er beschützt das Land auch vor den Gefahren, die ihm von innen drohen und nicht zuletzt kleidet er sich in den Farben der US-Flagge. Doch so erfolgreich die Figur auf dem gedruckten Papier auch ist, es scheint ungeheuer schwierig, mit ihr einen abendfüllenden Spielfilm zu erzählen. Selbst erfahrene Regisseure sind daran bereits gescheitert. Sieht man sich Zack Snyders, mit einem unvorstellbar großen Budget ausgestattetes Superhelden-Epos an, ist es nicht nur lang, sondern so düster, dass man zum Schluss beinahe vergessen könnte, dass die Welt nicht in Schutt und Asche liegt, sondern "nur" Metropolis und Smallville, die beiden Heimatstädte des beinahe unverwundbaren Kryptoniers. Vor allem erzählt der Regisseur seinen Film so ernst, dass man sich angesichts der ungeheuren Zerstörung und der unzähligen Opfer den leichtfüßig-unterhaltsamen Trash der durchaus erfolgreichen TV-Serie um Lois und Clark zurückwünscht. Ganz abgesehen davon, dass der Man of Steel, der Mann aus Stahl, hier eine Grenze überschreitet, die er bis dahin nur sehr selten überschritten hat. Es ist diejenige, die ihn am meisten von den Menschen unterscheidet und die ihn gleichzeitig zu einer Ikone macht. All das wird ihm hier bedauerlicherweise genommen.

Produziert von Christopher Nolan, der seinerseits für die Neuerfindung des Batman-Franchises verantwortlich war, beginnt der Film lang vor dem Wirkungskreis des Super-Mannes auf dessen Heimatwelt Krypton. Dort hat sein Vater Jor-El das drohende Ende seiner Welt kommen sehen. Doch während er noch versucht, die Verantwortlichen davon zu überzeugen, den sterbenden Planeten zu verlassen, gelingt dem Befehlshaber General Zod beinahe ein Putsch. Er wird zusammen mit seinen Anhängern gefangen genommen und bestraft. Jor-El sendet, gemeinsam mit seiner Frau Lara, ihren gemeinsamen Sohn Kal-El in einer Kapsel auf die Erde – dort soll Kal-El unter Menschen aufwachsen. Er soll von ihnen lernen, was sein eigenes Volk schon vor langer Zeit verloren hat.
Doch so bedeutsam sich all das anhört, verpackt ist der überaus lange Prolog in eine ausdauernde Actionsequenz, die stark an Avatar - Aufbruch nach Pandora [2009] erinnert, ohne aber überzeugen zu können. Wer hofft, Kal-Els Zieheltern Martha und Jonathan kennenzulernen, wie sie das Raumschiff entdecken und sich an den kleinen Jungen mit übernatürlichen Fähigkeiten gewöhnen müssen, der wird enttäuscht. Zwar springt der Film an einige Schlüsselmomente aus Clarks Kindheit und Jugend zurück, doch ein wirkliches Miterleben schließt Man of Steel bedauerlicherweise aus. Vielmehr trifft man ihn als jungen Mann wieder, der wenig erfolgreich versucht, Gutes zu tun und dabei unerkannt zu bleiben. Als wäre all das nicht genug Story für einen Ursprungsfilm, in dem die Figur sich selbst erst entdecken muss, stößt Kal-El/Clark wenig später auf ein Raumschiff seines Volkes und erfährt, woher er stammt, ehe kurz darauf General Zod auf der Erde eintrifft, um von Kal-El zurückzufordern, was er glaubt, das ihm zusteht. Dass zum Finale hin noch eine halbe Stunde übrig bleibt, in der die beiden Außerirdischen halb Metropolis dem Erdboden gleich machen können, verdeutlicht, wie aufgebläht das Drehbuch von David S. Goyer ist.

Man wird das Gefühl nicht los, dass Man of Steel im Grunde genommen zwei Filme im Schnelldurchlauf erzählt, von denen der erste damit hätte enden sollen, dass Clark Kent zum ersten Mal den blauen Anzug mit roten Umhang überzieht. Doch dies hätte vermutlich viele Fans enttäuscht, die von einem Superman-Film erwarten, auch Superman zu sehen. Im Ergebnis hechtet Snyder von einem Actionhöhepunkt zum nächsten und schildert dazwischen in stark komprimierter Form, wie aus dem Jungen, der in einem Feld in Kansas notgelandet ist, ein ruhiger, einsiedlerischer junger Mann geworden ist, der seine Kräfte so gut kontrollieren kann, dass er sich lieber demütigen und auslachen lässt, anstatt einmal zurückzuschlagen.

Nur hätte es denn mehr Sinn gemacht, hätten sich die Macher auf die beiden Hälften der Story ausführlicher konzentriert? Zuzusehen, wie Clark, sei es in sehr jungen Jahren, oder im Teenager-Alter, seine Kräfte entdeckt, wie er lernt, sie zu verbergen, auch wenn es ihm schwer fällt, bietet mit Sicherheit seinen Reiz. Nicht zuletzt dank Diane Lane und Kevin Costner, die den bekannten Figuren eine Ruhe und Ausstrahlung verleihen, die sie noch wichtiger für Clarks Entwicklung erscheinen lassen. Insofern würde man sich sogar wünschen, mehr aus diesem Bereich zu erfahren. Gelangt General Zod hingegen auf die Erde, dreht sich der Film merklich in Richtung Science Fiction. Dagegen ist nichts einzuwenden, zumal Michael Shannon der vermutlich überzeugendste Zod ist, den irgendeine Superman-Verfilmung bislang gesehen hat. Doch wird mit dem Aufeinandertreffen der Superkräfte deutlich, dass diese im Comic funktionieren mögen, im Film jedoch immer darunter leiden, dass sie nun mal nicht echt aussehen, geschweige denn sind.
Angefangen bei den Atemmasken der Besucher, die durchscheinend fraglos stylish sind, aber ebenso künstlich aussehen, bis hin zu den unzähligen Explosionen, Totalschäden und einstürzenden Gebäude, bei denen selbst Michael Bay zugeben dürfte, dass es ihm irgendwann zu viele sind. Liefern sich Zod und Superman im Flug oder am Boden einen Faustkampf in Supergeschwindigkeit, erinnert das frappierend an so genannte Beat 'em up-Videospiele. Aber nicht zuletzt, da die wilde Klopperei ohne jede Auswirkung für die beinahe unsterblichen Kryptonier bleibt, sondern nur die Umgebung in Mitleidenschaft zieht, ist das Ganze letztendlich vollkommen sinnlos. Dabei stellt Zod nur Supermans Endgegner dar, bis es soweit ist, hat er dessen Gehilfin Faora-Ul ebenso durch Wände und Silos geworfen, wie einen weiteren Schergen.

Wie viele andere Sommer-Produktionen der großen Hollywood-Studios, zeigen die Filmemacher hier alles, was sie dank moderner Computertechnik zeigen können, ohne sich je zu fragen, ob sie es überhaupt zeigen sollten, weil es inhaltlich keinen Sinn ergibt – oder ob sie es besser nicht zeigen sollten, da es nicht echt aussieht. Damit reiht sich Man of Steel zwar in eine lange Linie bekannter Filme ein, die meist sogar von bekannten Regisseuren umgesetzt worden sind. Doch irgendetwas, das ihn auszeichnet, sucht man lange vergebens.
Vielleicht ist eines, und das ist durchaus ein Kompliment, dass Henry Cavill als Superman eine ebenso gute Figur macht, wie Amy Adams als Lois Lane. Nur eine prickelnde Chemie, wie man sie erwarten würde, mag sich zwischen beiden noch nicht einstellen.


Fazit:
Man of Steel als Hau-drauf-Actionfilm zu bezeichnen, würde bedeuten, nicht zu erkennen, dass die Filmemacher mit einer großen Vision auftrumpfen wollen, die alle anderen Superhelden in den Schatten stellen soll. Dabei übersehen sie allerdings, dass ihre eigene Story zu wenig neu erfindet, sondern Bekanntes zu offensichtlich kopiert. Auch wenn Superman Returns [2006] kein großer Erfolg vergönnt war, Bryan Singers Film zeichnete sich zumindest durch eine spürbare Selbstironie und den originellen Look aus, der manche der offensichtlichen Spezialeffekte vergessen ließ. All das fehlt Zack Snyder, der auf eine hervorragende Besetzung und eine epische Lauflänge bauen kann. Doch am Ende ist all das nicht genug, um mehr als nur ein unterhaltsames, lautes Explosionsfest aufzutischen. Die bedeutungsschwangeren Perspektiven und die permanent eindringliche Musik sind nicht erst am nächsten Tag schon wieder vergessen.