Made in Italy [2020]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 16. Mai 2021
Genre: Komödie / Drama

Originaltitel: Made in Italy
Laufzeit: 95 min.
Produktionsland: Großbritannien / Italien
Produktionsjahr: 2020
FSK-Freigabe: noch nicht bekannt

Regie: James D’Arcy
Musik: Alex Belcher
Besetzung: Liam Neeson, Micheál Richardson, Valeria Bilello, Lindsay Duncan, Helena Antonio, Marco Quaglia, Gian Marco Tavani


Kurzinhalt:

Als seine künftige Ex-Frau Jack (Micheál Richardson) mitteilt, dass sie die Galerie, in der Jack erfolgreich arbeitet, verkaufen und er seine Arbeit verlieren wird, zieht es ihm den Boden unter den Füßen weg. So plant er, die Kunstgalerie selbst zu erwerben, doch um das finanzieren zu können, müsste er das Haus in der Toskana verkaufen, das ihm und seinem Vater Robert (Liam Neeson) gehört. Beide sind seit vielen, vielen Jahren nicht mehr dort gewesen. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen an jenen Ort für beide. Doch Jack kann seinen Vater, einst ein erfolgreicher Maler, überzeugen und so machen sie sich auf nach Italien. Dort teilt ihnen die Maklerin Kate (Lindsay Duncan) mit, dass sich das Haus in dem baufälligen Zustand nicht wird verkaufen lassen. Notgedrungen beginnen Vater und Sohn die Renovierung, und müssen sich dabei ihrer Vergangenheit stellen, die von einem Verlust geprägt ist, den beide nicht verarbeitet haben. Auch wenn sie sich dabei nicht merklich annähern, lernt Jack die Köchin Natalia (Valeria Bilello) kennen …


Kritik:
Es fällt schwer, Made in Italy zu sehen, ohne sich vorzustellen, wie viel von dem, was in Wirklichkeit ebenfalls Vater und Sohn, Liam Neeson und Micheál Richardson, hier nur spielen, und wie viele ihrer Momente auf Tatsachen basieren. Immerhin ist ihre Geschichte ebenso tragisch wie die ihrer Filmfiguren Robert und Jack, dessen Frau bzw. Mutter im Film starb, als letzterer ein Kind war. In Wirklichkeit starb die Ehefrau von Neeson und Mutter von Richardson, Natasha Richardson, im Frühjahr 2009 an den Folgen eines Skiunfalls. Wie sehr eine solche Tragödie eine Familie prägt, versucht Filmemacher James D’Arcy hier teilweise auszuloten. Sein Genremix ist ein besseres Drama als eine Komödie, wobei er ersteres bewusst in der letzten halben Stunde wird. Der Rest ist geprägt von einer malerischen Landschaft und viel gutem Willen.

In der Geschichte wird dem jungen Jack von seiner künftigen Ex-Frau Ruth die sprichwörtliche Pistole auf die Brust gesetzt. Jack arbeitet in einer Galerie, die Ruths Eltern gehört, die diese aber nun verkaufen wollen. Wenn Jack das Geld zusammenbekommt, kann er die Galerie selbst erwerben. Dafür plant er, ein Anwesen seiner Familie in der Toskana zu verkaufen, das zu gleichen Teilen ihm und seinem verwitweten Vater Robert gehört. Von dem einst erfolgreichen Maler, der inzwischen zurückgezogen in London lebt, hat sich Jack schon lange entfremdet. Für den Verkauf müssen beide in die Toskana reisen und damit in ihrer beide Vergangenheit. Es fällt nicht schwer zu erahnen, wohin sich die Geschichte in Made in Italy daraufhin entwickeln wird. Überraschend ist eher, wie unentschlossen sie im Zuge dessen erzählt ist.

Was genau mit Jacks Mutter geschehen ist und wie sowohl Robert als auch Jack die Tragödie verarbeitet haben, bleibt über weite Strecken unausgesprochen, selbst wenn das Thema ständiger Begleiter der Story ist. Stattdessen konzentriert sich Filmemacher James D’Arcy auf den Komödienteil, der damit beginnt, dass Robert seinem Sohn im Vorfeld bereits sagt, das Haus wäre nicht in dem Zustand, in dem es Jack als damals 7jähriger in Erinnerung hätte. Tatsächlich wäre es eine Untertreibung zu sagen, das Anwesen wäre nur baufällig und verwildert. Es ist eine Ruine, die widerspiegelt, wie verkümmert die Beziehung zwischen Vater und Sohn in Wirklichkeit ist. Der Unterschied zur Idylle der Landschaft der Toskana könnte keinen größeren Kontrast darstellen. Die unverblümte Maklerin Kate macht jedoch deutlich, dass die beiden keine Chance haben werden, das Haus in diesem Zustand zu verkaufen und so haben sie nur wenige Wochen, es zu renovieren und eine Käuferin oder einen Käufer zu finden. Selbst wenn sich Jack und Robert dabei unterhalten, wirklich näher kommen sie sich nicht. Dafür lernt Jack die Köchin Natalia kennen. Es ist ein weiterer Erzählstrang, den Made in Italy beginnt, ohne dass er den Film spürbar prägt.

Diese Unentschlossenheit ist ein großer Kritikpunkt des Films. Weder handfeste Renovierungskomödie, noch ergreifendes Drama oder romantischer Liebesfilm, versucht der Filmemacher, der auch die Vorlage liefert, von allem ein wenig beizusteuern und bleibt in allen Themen zu oberflächlich, als dass der Film in einem Bereich herausstehen würde. Es ist nicht, dass es hier keine guten Dialoge zu hören geben würde, aber viele Szenen wie das Abendessen, das die beiden Männer für Natalia organisieren, oder wenn sich Vater und Sohn beim Essen über die Dating-App Tinder unterhalten, sind ungeachtet der witzigen Absichten inhaltlich derart absehbar und ungeschliffen, als hätte das Drehbuch noch ein paar Überarbeitungen gebraucht, um wirklich natürlich zu klingen. Dass Micheál Richardson im Umgang mit seinem Vater Liam Neeson gestelzt agiert, lässt die Momente nicht natürlicher erscheinen. Insbesondere die amüsanten Situationen scheinen dem jungen Darsteller nicht zu liegen. Anstatt dass die Figuren wirklich miteinander zu sprechen scheinen, wechseln sich die Sätze der Figuren ab, als wenn man ein Gespräch aus einem Roman eben so für einen Film umsetzen würde.

Das nimmt den Momenten die Natürlichkeit ebenso, wie das im englischen Original stellenweise grausige ADR. Automatic Dialogue Recording ist eine gängige Technik, bei der Dialoge der Besetzung im Nachhinein im Studio aufgenommen werden und den am Set aufgenommenen Ton ersetzen. Das ist nicht neu und wird bei den allermeisten Kino-Produktionen praktiziert. Bei Made in Italy klingen viele Dialoge allerdings tatsächlich, als wären sie nicht in dem Moment entstanden, sondern nachträglich eingesprochen worden. Die Stimmen klingen künstlich, kalt, die Dialoge ohne Dynamik und zum Teil sieht man die Figuren leicht von hinten, sieht, dass sich ihre Gesichter nicht bewegen, während man aber ihre Stimmen über die Lautsprecher hört. Es ist, als ob den Machern im Nachhinein erst eingefallen ist, was die Figuren in dem Moment an sich sagen sollten.
Dieser unfertige Eindruck haftet der an sich vielversprechenden Produktion in den allermeisten Momenten an. Das ist nicht nur schade, sondern auch enttäuschend.


Fazit:
Dem informierten Publikum ist die tatsächliche Tragik der beiden Hauptdarsteller nicht nur präsent, sie überlagert manche Szenen geradezu. Wie schwierig es für beide gewesen sein muss, diese Figuren zu verkörpern, lässt sich nur erahnen. Vielleicht zögert Regisseur James D’Arcy deshalb, das Potential der Geschichte als Familiendrama zu ergründen. Immerhin ist dieser Aspekt besser gelungen, als weite Teile des komödiantischen Teils, der nicht nur mit den Kaufinteressenten, die mehr wie eine Karikatur denn wirkliche Figuren wirken, mitunter nicht zur restlichen Stimmung des Films passt. So malerisch schön die Landschaft teils fotografiert ist, die Bilder spiegeln selten das künstlerische Verständnis des Malers Robert wider, zumal die Farbgebung meist derart überzeichnet ist, als hätte man statt auf natürliche Farben Wert zu legen, einen lebhaften Farbfilter eingesetzt. Nicht nur, dass die Geschichte selbst bekanntes Terrain nie verlässt, Made in Italy hinterlässt trotz der guten, stellenweise sehenswerten Verkörperung durch Liam Neeson stets den Eindruck eines Films, der über das Niveau einer Fernsehproduktion nie hinauswächst und sich zu wenig bewusst ist, was er sein möchte. Wie eine weitere Darbietung, ist auch der Film selbst merklich bemüht. Doch am Ende ist das leider nicht genug.