Logan: The Wolverine [2017]

Wertung: 5.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 5. März 2017
Genre: Drama / Action / Science Fiction

Originaltitel: Logan
Laufzeit: 137 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 2017
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: James Mangold
Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Hugh Jackman, Patrick Stewart, Dafne Keen, Boyd Holbrook, Stephen Merchant, Elizabeth Rodriguez, Richard E. Grant, Eriq La Salle, Elise Neal, Quincy Fouse


Kurzinhalt:

Im Jahr 2029 sind die Mutanten so gut wie ausgelöscht. Seit vielen Jahren wurden keine neuen mehr geboren. Die wenigen der älteren, die überlebt haben, halten sich wie Logan (Hugh Jackman) versteckt. Jenseits der mexikanischen Grenze kümmert er sich zusammen mit dem Mutanten Caliban (Stephen Merchant) um den alternden Professor Charles Xavier (Patrick Stewart). Einst einer der mächtigsten Mutanten, ist Xavier nur ein Schatten seiner selbst, der an für seine Umgebung gefährlichen Anfällen leidet. Eines Tages tritt die Krankenschwester Gabriela (Elizabeth Rodriguez) an Logan heran, der als Chauffeur seinen Lebensunterhalt verdient. Er soll für sie das Mädchen Laura (Dafne Keen) nach North Dakota bringen. Der skrupellose Sicherheitschef der Firma Transigen, Pierce (Boyd Holbrook), ist auf der Suche nach Laura und mit seinen schwerbewaffneten Söldnern bereit, alles zu tun, um sie zu bekommen. Dabei ist Laura mehr als nur eine Mutantin, sie ist wie Logan ...


Kritik:
17 Jahre nach dem ersten X-Men [2000]-Film geben sowohl Hugh Jackman als der Titelgebende Mutant, als auch Patrick Stewart als Professor Charles Xavier hier ihren Ausstand. So zumindest die Äußerungen von beiden vor dem Kinostart von Logan: The Wolverine. Sollte dem so sein, dann könnte der von James Mangold inszenierte Comic-Film keinen besseren Abschluss für die Charaktere darstellen. Das düstere, merklich brutalere Actiondrama zählt zu den besten Filmen der Reihe.

Kenner des bislang acht bzw. neun Filme umspannenden X-Men-Comic-Universums werden bereits nach den ersten fünf Minuten bemerken, dass Logan sich merklich von allem abhebt, was zuvor gewesen ist. Auch wenn der mit unzerstörbaren Klauen ausgestattete Wolverine bislang nie zimperlich mit seinen Waffen umgegangen war, man bekam nicht zu sehen, was er damit anrichtete. Filmemacher James Mangold legt hier die sprichwörtlichen Samthandschuhe ab und erhöht den Brutalitätsgrad derart enorm, dass selbst die FSK-Freigabe ab 16 Jahren zu niedrig erscheint. Von der schieren Opferanzahl abgesehen, sind es die vielen abgetrennten Gliedmaßen und die explizite Gewaltdarstellung, mit denen sich Logan eindeutig an ein erwachsenes Publikum richtet.

Die Geschichte setzt im Jahr 2029 an. Mutanten gibt es so gut wie keine mehr. Seit vielen Jahren wurden keine neuen mehr geboren, die übrigen wurden gejagt oder sind inzwischen bereits verstorben. Logan, früher bekannt als Wolverine, hat seine Selbstheilungskräfte zum großen Teil verloren. Er ist krank und verdient seinen Lebensunterhalt als Chauffeur. Jenseits der mexikanischen Grenze kümmert er sich zusammen mit dem Mutanten Caliban um den senilen Charles Xavier, der immer wieder an Anfällen leidet, in denen er Menschen in seiner Umgebung ungewollt großen Schaden zufügt.

Die Ausgangslage, die Mangold hier wählt, könnte düsterer kaum sein. Den einst so vitalen, unverwüstlichen Hugh Jackman in der Rolle eines von Narben übersäten Logan zu sehen, schmerzt beinahe ebenso, wie ihn humpelnd und mit großer Anstrengung bei der Fürsorge um einen kaum wiedererkennbar gebrechlichen Professor X zu beobachten. Die ehemals größten X-Men sind hier zu etwas Glanzlosem reduziert und fristen ein Dasein, das ihrer Bestimmung nicht zu entsprechen scheint. Während viele heutige Comic-Verfilmungen auf schnelle Schnitte, groß angelegte Sets mit kaum Realitätsbezug setzen, geht Logan einen umgekehrten Weg. Die Bilder in der kargen Wüstenlandschaft, in verfallenen und verlassenen Lagerhäusern sind fantastisch ausgesucht, die Bildersprache wirkt persönlich, dicht und ist hervorragend gelungen.

Als die Krankenschwester Gabriela sich an Logan wendet, um die 11jährige Laura nach North Dakota zu bringen, lehnt er zuerst ab. Doch der kybernetisch veränderte Sicherheitschef Pierce ist hinter dem Mädchen her, das sich unbemerkt in Logans und Charles' Zufluchtsort geschlichen hat. So bleibt ihm, gejagt von Pierces Reaver-Truppe keine Wahl, als Laura zu helfen, die Logan ähnlicher ist, als er zunächst eingestehen möchte.
Die überraschend lange aufgebaute Sequenz, in der Pierce mit seinen Schergen Logans Versteck aufsucht, darauf aus, Laura gefangen zu nehmen, einschließlich der Flucht entlang der Zuggleise, gehört zum Packendsten und Besten, was seit langer Zeit nicht nur in irgendeinem Comic-Film auf der Leinwand zu sehen war. In den richtigen Momenten schält Regisseur Mangold von seiner melancholisch getragenen Inszenierung in ein explosives Actionstakkato um, dass es einem beinahe den Atem nimmt.

All das würde nichts nützen, würden die Opfer, die die Figuren hier erbringen, kein Gewicht besitzen. Aber nicht nur, dass Logan: The Wolverine auf Grund seiner Story und seiner Struktur eine Endgültigkeit ausstrahlt, die sich auch in den Handlungen der Charaktere widerspiegelt, sie alle besitzen eine Ausstrahlung und eine Tiefe, dass ihr Schicksal nahegeht. Anstatt sich einem computergenerierten Riesen am Ende zu stellen, reduziert der Film die Bedrohung unmittelbar auf diejenige, die von anderen Menschen ausgeht.
Einen solchen Abschluss zu finden, der in seiner unausweichlichen Finalität Parallelen aus Western-Klassikern zieht, ist mutig und krönt die Entwicklung von Figuren, die vor 17 Jahren begann und denen hier ein bestmöglicher Abschied zuteilwird. Das richtet sich zwar nicht zwangsläufig an dasselbe Publikum wie damals und sicher nicht an ein jugendliches. Bemerkenswert ist es dennoch.


Fazit:
Auch wenn die Actionhöhepunkte zum Besten gehören, was es seit langem nicht nur im X-Men-Franchise zu sehen gab, Regisseur James Mangold findet eine so intensive Inszenierung mit einer fantastischen Bildersprache, dass einen nicht nur die gezeigte Gewalt immer wieder unvermittelt trifft. Im Kern ist Logan: The Wolverine ein deutlich introvertierterer, ruhigerer Film. Die Geschichte widmet sich zum einen den bekannten Figuren, aber auch der jungen Laura. Was sowohl Hugh Jackman, als auch Patrick Stewart hierbei zeigen dürfen, ist fantastisch, so dass ihre Szenen ein überraschend tragisches Gewicht bekommen. Die junge Dafne Keen ist eine wahre Entdeckung. Sie strahlt in einem Moment eine Traurigkeit aus, die keine Worte benötigt und entfesselt im nächsten eine schier grenzenlose Intensität. Logan gelingt der Spagat, nicht nur ein toller Comic-Film zu sein, sondern ein tolles Actiondrama, das seine auf die Figuren bezogene Geschichte hervorragend erzählt. Das unterscheidet sich was die Stimmung angeht merklich von den übrigen Filmen der Reihe, ist aber auch darum gelungen. Tragisch und düster, ist Logan für ein erwachsenes Publikum eine klare Empfehlung.