Leberkäsjunkie [2019]

Wertung: 4 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. Juli 2019
Genre: Komödie / Krimi

Laufzeit: 96 min.
Produktionsland: Deutschland
Produktionsjahr: 2019
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren

Regie: Ed Herzog
Musik: Martin Probst
Darsteller: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Enzi Fuchs, Michael Ostrowski, Eisi Gulp, Gerhard Wittmann, Eva Mattes, Robert Stadlober, Manuel Rubey, Castro Dokyi Affum


Kurzinhalt:

Auch wenn Polizist Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) wieder zurück im geliebten, niederbayerischen Niederkaltenkirchen ist, gut ist deshalb noch lange nicht alles. Immerhin sind er und Susi (Lisa Maria Potthoff) inzwischen Eltern des kleinen Paul, leben aber getrennt, zum Leidwesen von Franz’ Oma (Enzi Fuchs). Auch sein Papa (Eisi Gulp) hält mit offener Kritik wie gewohnt nicht hinterm Berg. Während der Provinzermittler sich merklich gehen lässt und unkontrolliert in sich hinein schaufelt, wartet ein neuer Fall auf ihn. Das Haus der Mooshammer Liesl (Eva Mattes) wurde in Brand gesteckt und es gibt auch eine Leiche. Verdächtig ist unter anderem der aus Ghana eingereiste Fußballer Buengo (Castro Dokyi Affum), den manche Dorfbewohner ohnehin loswerden wollen. Von seinen privaten Problemen überwiegend eingespannt, bittet der Eberhofer seinen Ex-Kollegen Birkenberger (Simon Schwarz) um Hilfe …


Kritik:
Mit Leberkäsjunkie kommt die inzwischen sechste Verfilmung eines Krimis um Dorfpolizist Franz Eberhofer in sechs Jahren in die Kinos. Ausgelassen haben die Macher nur den Roman Zwetschgendatschikomplott [2015] von Autorin Rita Falk. Nach dem letztjährigen Sauerkrautkoma [2018] ist Eberhofer wieder im niederbayerischen Niederkaltenkirchen angekommen und wenn das Publikum erwartet, dass er es erneut mit einem Fall zu tun bekommt, den er ohne Feingefühl und vielleicht auch großteils ahnungslos aufklärt, dann wird der Provinzkrimi dem vollends gerecht.

Ausgangspunkt ist dabei jedoch nicht der Krimi selbst, sondern Eberhofers selbst eingebrocktes, privates Ungemach. Nicht nur, dass seine Freundin Susi von seiner Unentschlossenheit zunehmend die Nase voll hat, inzwischen sind sie auch noch Eltern des beinahe einjährigen Paul – getrennt lebend, zum Unverständnis von Oma Eberhofer und Franz’ Vater. Aber statt dass der grantige Polizist sein Leben in den Griff bekommen und Susi für sich gewinnen würde, ertränkt er sein Selbstmitleid in Bier und stopft das Loch in seinem Herzen mit Leberkässemmeln. Er gibt dem Film somit auch seinen Titel, denn der „Leberkäsjunkie“ ist nicht der bzw. die Täter/in, sondern der Eberhofer selbst. Dass die Völlerei ihren Tribut zollt, spürt der in sich hineinschlingende Franz alsbald am eigenen Leib, als er zum Brand im Haus der Mooshammer Liesl gerufen wird, in dem eine Leiche liegt.

So beginnt schließlich der Kriminalfall, der im Grunde durchaus interessant wäre. Bei der Ermordeten handelt es sich um eine erfolgreiche, junge Frau, die aus München angereist war und sich wegen eines umstrittenen Hotel-Neubaus im beschaulichen Niederkaltenkirchen einquartiert hatte. Der Bau wird von vielen Dorfbewohnern boykottiert, allen voran Franz’ eigenem Bruder Leopold. Wollte man mit dem Mord den Bau verhindern? Es könnte jedoch auch sein, dass die junge Frau gar nicht das eigentliche Ziel war, sondern der Fußballspieler Buengo, den „die Mooshammerin“ dort wohnen ließ. Während der Ghanaer bei seinen Fußballmitspielern beliebt ist und dem Ortsverein zu ungeahnten Erfolgen verhilft, haben einige Niederkaltenkirchener ganz offen Ressentiments gegen den aus Westafrika stammenden Zuzug. Könnte der Brandanschlag somit fremdenfeindlich motiviert sein?

Damit würde Leberkäsjunkie an sich ein sehr aktuelles und auch politisches Thema aufgreifen, das bis auf eine spätere Szene jedoch nicht mehr in den Mittelpunkt gerückt wird. In der ersten Filmhälfte überwiegt ohnehin der Anteil der Einblicke in Eberhofers Privatleben und das Lokalkolorit. An den ärztlichen Rat, auf Bier und die geliebten Leberkässemmeln zu verzichten, hält sich der Eberhofer zwar nicht, tatsächliche Auswirkungen hat dies aber auch nicht wirklich. Erst in der zweiten Hälfte der kurzen eineinhalb Stunden kommt der Krimi selbst in Fahrt. Ein wirkliches Mitraten empfiehlt sich jedoch deshalb nicht, da die verantwortliche/n Person/en zu spät vorgestellt und die Zusammenhänge unzureichend hergestellt werden. Denkt man im Nachhinein darüber nach, kann man Motivation und Tat zwar nachvollziehen, von selbst kann man darauf jedoch schlicht nicht kommen.

Handwerklich bleibt Ed Herzog dem Genre des eher seichten Provinzkrimis treu und präsentiert eine durchgängig ordentliche, aber zu keinem Zeitpunkt überraschende Inszenierung. Einen Anstieg des Erzähltempos gibt es nicht und auch die durchweg amüsante Atmosphäre bleibt – bis auf eine gut eingefangene Ausnahme, bei der Franz und sein Vater aneinandergeraten – stets erhalten. Die ist es auch, die die Eberhofer-Krimis und Leberkäsjunkie ebenso, auszeichnet. Die politisch unkorrekte, weil auch gelegentlich sexistische Art und Weise der Figuren verzeiht man dank des latenten, bayerischen Stammtischcharmes. Zumal, wenn Franz Eberhofer gegen die ausländerfeindlichen Niederkaltenkirchener mobil macht, der so gut wie nie lächelnde Dorfpolizist das Herz am rechten Fleck beweist. Vom Esprit des Dorflebens ist hier zwar nur wenig zu sehen, dafür konzentriert sich die Erzählung auf zu wenige Figuren, und auch die an sich traumhafte Landschaft wird so gut wie gar nicht in Szene gerückt. Die charmanten Figuren entschädigen das geneigte Publikum hierbei jedoch für Vieles.


Fazit:
Für Fans der Franz Eberhofer-Krimis ist auch Leberkäsjunkie bestens geeignet. Die Atmosphäre ist unverkennbar, die Figuren kantig wie eh und je. Dass sie eben nicht zugänglich sind, ihre eigene Sturheit ohne eine Miene zu verziehen auf die Spitze treiben und sich erst dann vom eigenen Standpunkt bewegen, wenn es gar nicht anders geht, macht den Charme dieser „Provinzkrimis“ aus. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Geschichte die Figuren nicht mit ungewollten Veränderungen konfrontiert. Auch am Ende dieses Teils ist wieder offen, was aus Franz, Susi, dem Papa und der Oma wird. Sie alle werden sich anpassen müssen, auf die ein oder andere Weise. Der Krimi selbst ist dabei fast eine Nebensache und nicht so weit ausgeschöpft, wie man hätte können. Beides zu verbinden, einen durchaus spannenden Krimi und den provinziellen Charme, kann an sich nicht so schwer sein. Dann gäbe es auch einen Grund mehr, dafür ins Kino zu gehen. Über das Niveau einer Fernsehproduktion wächst dieser Teil jedoch nicht hinaus. Schade.