Jeepers Creepers - Es ist angerichtet [2001]

Wertung: 3 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 27. März 2004
Genre: Horror / Fantasy

Originaltitel: Jeepers Creepers
Laufzeit: 90 min.
Produktionsland: USA / Deutschland
Produktionsjahr: 2001
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Victor Salva
Musik: Bennett Salvay
Darsteller: Gina Philips, Justin Long, Jonathan Breck, Patricia Belcher, Eileen Brennan, Brandon Smith


Kurzinhalt:
Die Geschwister Patricia (Gina Philips) und Darius (Justin Long) sind mit dem Wagen auf dem Weg vom College nach Hause, als ein alter Truck sie beinahe von der verlassenen Straße drängt; sie kommen zwar mit dem Schrecken davon, bemerken allerdings später einen verhüllten Mann (Jonathan Breck) auf einem einsamen Grundstück, der schwere, blutverschmierte Säcke in einen Röhre im Boden wirft – und neben der Gestalt steht derselbe, verrostete alte Truck!
Beunruhigt von dem, was sie gesehen haben, möchten Patricia und Darius die Polizei rufen, doch Darius will sich zunächst vergewissern. Er wirft deshalb noch einen Blick in das Rohr und entdeckt in einem Kellergewölbe unvorstellbares Grauen.
Die Polizeistreife, die die beiden Jugendlichen zu dem verlassenen Grundstück begleiten soll, wird jedoch von der mysteriösen Gestalt getötet, und wäre da nicht die etwas seltsame Jezelle Gay Hartman (Patricia Belcher), die Patricia und Darius davon erzählt, dass sie den "Creeper" in ihren Träumen gesehen hat und seinen Plan kennt, dann wären ihm die Jugendlichen sicherlich ebenfalls schon zum Opfer gefallen.
Doch dieses Höllenwesen ist schneller und stärker, als sie sich vorstellen können – und seit es Blut gerochen hat, lässt es sich von seiner Fährte auch nicht mehr abbringen ...


Kritik:
Mit Halloween – Die Nacht des Grauens [1978] erschuf Regisseur John Carpenter nicht nur einen der meistgesehenen und besten modernen Horror-Klassiker, sondern auch den Prototyp eines Horror-Protagonisten, dessen Mixtur sich bis heute gehalten hat. Selbst selbstironische Schocker wie Scream – Schrei! [1996] haben daran nichts geändert, und andere Horror-Reihen wie zum Beispiel Freitag, der 13. [1980] bedienten sich des Konzepts und haben es ansich bis heute beibhalten. Was Halloweens Michael Myers so beunruhigend machte, war zum einen seine tödliche Ruhe und die Tatsache, dass man sein Gesicht selbst nie zu sehen bekam. Vielmehr wurde der Zuschauer mit einer Maske abgespeist, hinter der sich ein vollkommen alltägliches Gesicht hätte verbergen können. Zudem blieb die Motivation für seine Morde stets im Dunkeln; Myers war schlicht das personifizierte Böse, er hatte (bis auf die Tatsache, dass er seine Schwester töten wollte) keinen Plan, nach dem er vorging. Was ihn zu seinen Taten bewog, was ihn böse werden ließ, interessierte John Carpenter nicht, er überließ es dem Zuschauer, daran zu verzweifeln, dass es wohl schlicht "böse" Menschen gibt.
Victor Salva, Autor und Regisseur von Jeepers Creepers wollte mit seinem Film ebenfalls einen solchen Bösewicht kreieren, und ihm wäre das sogar fast gelungen, hätte er nicht zwei fatale Fehler begangen, die dem Film als Horrorstreifen zum einen das Genick brechen und den Zuschauer bisweilen kopfschüttelnd zurück lassen. Seine zugegebenermaßen richtig beunruhigende und gelungene Atmosphäre hält Jeepers Creepers genau solange aufrecht, bis man den Creeper zum ersten Mal wirklich zu sehen bekommt. Wenn dann die Höllenbrut aber erkennen ist, der Creeper seine Flügel ausbreitet und den Opfern entgegenblickt, ist der Reiz des Unbekannten verflogen. Die Spannung ist dahin, das Vieh selbst erinnert zu stark an unzählige Horror-Figuren, oder zweitklassige allzu vertraute Science-Fiction-Kreaturen, vor allem jedoch fühlt man sich urplötzlich in eine Episode der Serie Buffy - Im Bann der Dämonen [1997-2003] versetzt – und das ist kein gutes Zeichen.
Und als wäre das nicht genug, erklärt Salva durch die übersinnliche Jezelle Hartman auch noch jede kleine Eigenart des Creepers, seine Verhaltensweisen, seinen Hintergrund, alles wird in wenigen Sätzen an den Zuschauer gebracht und erscheint gerade deshalb so gekünstelt und gequält; die einzig fehlende Information ist: Wie kann man den Creeper töten?
So ambitioniert das Drehbuch gewesen ist – und gerade der Beginn ist schlicht atemberaubend spannend – so sehr zerstört Salva alle Anstrengungen, indem er die Geschichte des Creepers bereits frühzeitig preisgibt, denn Neues ist so kaum mehr zu entdecken.

Über Victor Salva selbst ist bekannt, dass er am 29. März 1958 in Kalifornien geboren wurde und in San Francisco aufwuchs; bereits mit zwölf Jahren begann er, Filme zu drehen, sein persönlicher Lieblingsfilm, Der Schrecken vom Amazonas [1954], verleitete ihn letztendlich auch dazu, Horrorfilme zu drehen, von denen Jeepers Creepers sein bislang erfolgreichster gewesen ist – sogar die Fortsetzung, Jeepers Creepers II [2003], die sowohl ein höheres Budget, als auch höhere Marketing-Kosten aufweisen kann, spielte nicht so viel Geld ein.
Doch mit jedem weiteren Film kocht auch ein altes Thema wieder auf: 1988 gestand Salva, einen zwölf Jahre alten Jungen zum Geschlechtsverkehr genötigt zu haben. Verurteilt wurde er zu drei Jahren Haft, von denen er 15 Monate verbüßte und anschließend auf Bewährung freikam – 1995, als Salvas Film Powder [1995] in die Kinos kam, boykottierten das Opfer, dessen Familie und viele weitere Opfer von Kindesmissbrauch den Film, und seither sind Salvas Werke sowohl bei Zuschauern, als auch bei Kritikern verständlicherweise nicht unbedingt gern gesehen.

Die Drehbuchvorlage von Jeepers Creepers wartet mit einem zurückhaltenden und gerade deshalb sehr starken Anfang auf, in dem die Charaktere in langen Gesprächen eingeführt werden. Besonders diese Dialogsequenzen machen einen bedeutend natürlicheren und realistischeren Eindruck als dies in vielen anderen Teen-Horror-Streifen der Fall ist, und sie geben den Darstellern Raum, ihr durchaus vorhandenes Können zu zeigen.
Wenn der Truck des Creepers zum ersten Mal gezeigt wird, wandelt sich das Bild der zwar beunruhigenden – weil verlassenen – aber grundsätzlich harmlosen Landstraße (Anleihen bei Steven Spielbergs frühem Meisterwerk Duell [1971] inklusive). Statt den Zuschauer visuell zu überfordern, setzt das Skript auf Spannung durch das, was man nicht sieht. Die Art und Weise, wie Darius die Höhle entdeckt und auskundschaftet, ist überzeugend geschrieben und handwerklich erstklassig aufgebaut.
Doch nachdem die Jugendlichen die Tankstelle erreicht haben, baut der Film inhaltlich und spannungstechnisch rapide ab. Anstelle von beunruhigenden, atmosphärischen Momenten mutiert die Geschichte zu einem mit Splatterelementen durchtränkten Mysteryschocker, der für seinen Bösewicht so viele Erklärungen liefert, dass das Element des Unbekannten völlig verloren geht. Wer darüber hinaus auf den angedeuteten Story-Twist mit dem veränderten "Angstgeruch" durch den Duftbaum hofft, wird enttäuscht – stattdessen wechseln sich ab Mitte des Films bis zum Ende brutale Szenen mit einer mäßig spannenden, nicht enden wollenden Verfolgungsjagd ab, deren Kernausssge da lautet, dass einem solchen Gegner nicht mit intelligenten Tricks beizukommen ist, ja die Protagonisten dürfen dies nicht einmal richtig versuchen.
Die Idee, Informationen über den Creeper mittels einer Hellseherin an die Hauptfiguren weiterzugeben, hat nicht nur einen langen Bart, sie ist auch nicht wirklich innovativ eingebaut – vielmehr fragt sich der Zuschauer, weshalb Jezelle Hartman die Behörden nicht schon früher informierte, wenn sie von der Kirche und dem Keller wusste. An ihr wird zudem ein weiteres Manko der Vorlage sichtbar, denn obwohl die beiden Hauptcharaktere einen recht detailreichen Hintergrund zugeschrieben bekommen, bleiben alle Nebenfiguren äußerst blaß.
Im Allgemeinen gilt zwar die Regel, dass der erste Eindruck der entscheidende ist, bei Filmen allerdings verkehrt sich das meist ins Gegenteil, und dem Zuschauer bleiben eher die letzten Einstellungen in Erinnerung – umso enttäuschender, dass Autor und Regisseur Salva für Jeepers Creepers ausgerechnet eine unnötig brutale, unmotivierte, und geradezu pervers sadistische Szene gewählt hat, die einem das Gefühl gibt, man habe einen ultra-brutalen Splatter-Trash gesehen, und keinen Horrorfilm, der seinen vielversprechenden Anfang leider nicht konsequent genug weiterführen konnte.
Das Skript verschenkt die guten Ansätze zugunsten einer heute leider allzu populären Splatter-Aneinanderreihung, kann aber in keinster Weise an das erste Drittel anschließen, zum Leidwesen des intelligenten Zuschauers, der im Rest des Filmes vergeblich die Spannung sucht.

Den Darstellern ist hier kein Vorwurf zu machen, insbesondere die beiden Jungschauspieler Gina Philips (in Deutschland am ehesten durch eine kleine Rolle in der beliebten Serie Ally McBeal [1997-2002] bekannt) und Justin Long agieren sehr natürlich und bringen vor allem die stimmigen Dialoge zu Beginn voll zur Geltung; sogar, wenn die Stimmung des Films umschlägt und die Horror-Atmosphäre in den Vordergrund tritt, machen beide noch eine gute Figur. Sie sind es auch, die die zweite Hälfte von Jeepers Creepers erträglicher machen. Mimik und Gestik passen zu ihren Charakteren und wirken bei weitem nicht so übertrieben hochgestochen wie in vielen Teen-TV-Serien und anderen Kinofilmen.
Der restliche Cast hat ohnehin nicht viel zu tun und dient zumeist als Opfer des bösen Creepers, womit weder besonderes Engagement, noch überragende Leistungen nötig sind – einen kleinen Hintergrund bekommt lediglich noch Jezelle-Darstellerin Patricia Belcher zugesprochen. Sie spielt zwar ganz gut, kann aber ebenfalls keine richtigen Akzente setzen.
Als Creeper selbst ist von Jonathan Breck nur wenig zu sehen, seine darstellerischen Leistungen sind somit hinfällig.

Inszenatorisch überrascht Victor Salva mit einem hervorragend ausgetimten Auftakt, bei dem Kamera und Schnitt perfekt aufeinander abgestimmt sind; auch die Kontinuität fällt positiv ins Gewicht, so ist bei der Autofahrt ein überholtes Fahrzeug später durch die Rückscheibe zu sehen, wie es die Straße noch verlässt und auch sonst fallen keine grobe Schnittfehler auf.
Während Salva anfangs das Grauen im Kopf des Zuschauers entstehen lässt, indem er das Kellergewölbe behutsam in den Mittelpunkt des Geschehens rückt, steht leider kurz darauf der Splatter eindeutig im Vordergrund. Kamera und Schnitt scheinen es regelrecht zu genießen, wenn die Protagonisten vom Creeper massakriert werden.
Wie die deutsche FSK solch brutale Szenen ab 16 Jahren freigeben konnte, wird einmal mehr ein Rätsel bleiben. Bedenkt man aber, wie der Brutalitätsgrad des Films gerade zum Schluss hin ansteigt, möchte man sich gar nicht ausmalen, welche ekelerregende Momente sich als "Entfernte Szenen" auf der DVD-Edition wiederfinden.
Handwerklich wirkt sowohl das Finale, als auch die gesamte zweite Hälfte von Jeepers Creepers weit weniger durchdacht und choreografiert, als die erste, obgleich man keine groben Schnitzer in der Kamera- oder Schnittarbeit bemängeln kann.

Mit dem Filmkomponisten Bennett Salvay ist den Machern ein guter Fang gelungen; bislang seit den 1980ern hauptsächlich für Fernsehserien zuständig, hat der Musiker offensichtlich ein gutes Gespür für Dramaturgie und Atmosphäre, sein Score ist zurückhaltend aber doch präsent.
In den richtigen Situationen tritt er in den Vordergrund, unterstreicht die Szenen gekonnt und erzeugt Spannung, einzig beim Action-Finale hört man heraus, dass das Orchester zu klein geraten ist, an der musikalischen Qualität der Themen ändert das allerdings nichts.
Die Musik passt zum Film, ohne den modernen "Horror-Spezialisten" Marco Beltrami (Scream) zu kopieren, was unzählige Teen-Horror-Filme ohnehin schon tun.

Angesichts des heutzutage niedrigen Budgets von nur zehn Millionen Dollar, ist die Fülle an Spezial-Effekten durchaus beeindruckend; noch erstaunlicher ist, dass die meisten richtig gut aussehen, ebenso wie die Make-Up-Arbeiten.
Zwar hat man bei den dunklen Einstellungen und der in der Natur der Sache liegenden Brutalität nicht wirklich die Gelegenheit, selbige zu genießen, von der Machart her befinden sich die Masken-Effekte jedoch auf hohem Niveau.

Salva, der das Drehbuch ursprünglich mit Lance Henriksen (Terminator [1984], Aliens – Die Rückkehr [1986]) als Creeper im Hinterkopf schrieb, verlangte von den beiden Jungdarstellern, dass sie Johnathan Breck und den Truck des Creepers nicht vor den eigentlichen Dreharbeiten zu Gesicht bekamen, um so eine möglichst realistische Reaktion der beiden Jugendlichen zu bekommen.
In der Endeinstellung wird der Creeper übrigens von Justin Long selbst gespielt, der in der Fortsetzung ebenfalls einen Cameo-Auftritt hat.

Was am Schluss bleibt ist, ein Film mit einem überaus gelungenen Auftakt, der sich später leider in Splatter-Szenen ohne Atmosphäre verliert; und wären da nicht die beiden jungen Schauspieler Gina Philips und Justin Long, die mit ihren unverbrauchten Gesichtern frischen Wind ins Genre bringen, und die ansich handwerklich saubere Umsetzung des Stoffes, wäre Jeepers Creepers nach der Hälfte des Films unerträglich.
Eines ist der Film aber immer noch: Ärgerlich!
Hätte Salva das Konzept für einen Kurzfilm verwendet (eine grandiose Episode für Geschichten aus der Gruft [1989-1996] drängt sich förmlich auf), oder das Drehbuch einem anderen Autor überantwortet, der die wirklich nervenzerrende Spannung der ersten 20 Minuten auf den restlichen Film ausgedehnt hätte, dann hätte seine Regie-Arbeit deutlich mehr Anklang finden können. Denn an der Inszenierung hapert es hier keineswegs.


Fazit:
Regisseur Victo Salva war derart darum bemüht, allen Klischees aus dem Weg zu gehen, dass er seinen Film in eine Richtung führt, in die er schlicht nicht hingehört.
Unnötig sadistisch brutal, Splatter-Szenen, die so gekünstelt eingeflochten werden, dass man nur kopfschüttelnd zuschauen kann und eine Bösewichtsfigur, über die man nach dem ersten richtigen Anblick eher lachen kann, anstatt ihn zu fürchten. Jeepers Creepers begeht zwei folgenschwere Fehler: Zum einen wird der Creeper zu schnell enlarvt und der Vorhang des Unbekannten zerrissen, so dass der Reiz des Mysteriösen dahin ist; zum anderen wirkt der Film am Anfang nicht wie ein Splatter-Schocker, doch genau das ist es, was der Macher damit im Endeffekt wohl bezwecken wollte.
Splatter-Fans werden somit den Anfang zu lahm finden, Horror-Liebhaber mit Atmosphären-Faible sollten das erste Drittel durchaus mal gesehen haben, stören sich allerdings am gequält brutalen Schluss – auf seine Kosten kommt so niemand richtig, dafür gibt es andere Genreklassiker!