Harry Potter und der Orden des Phönix [2007]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 22. Juli 2007
Genre: Fantasy / ActionOriginaltitel: Harry Potter and the Order of the Phoenix
Laufzeit: 138 min.
Produktionsland: Großbritannien / USA
Produktionsjahr: 2007
FSK-Freigabe: ab 12 Jahren
Regie: David Yates
Musik: Nicholas Hooper
Darsteller: Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, Matthew Lewis, Evanna Lynch, Katie Leung, Michael Gambon, Maggie Smith, Imelda Staunton, Emma Thompson, Gary Oldman, Brendan Gleeson, Natalia Tena, David Thewlis, George Harris, Alan Rickman, Robbie Coltrane, Ralph Fiennes, Jason Isaacs, Helena Bonham Carter, Mark Williams, Julie Walters, James Phelps, Oliver Phelps, Bonnie Wright, Harry Melling, Fiona Shaw, Richard Griffiths, Robert Hardy, Chris Rankin, Tom Felton
Kurzinhalt:
Statt die Anzeichen für eine Rückkehr Lord Voldemorts (Ralph Fiennes) zu erkennen, wird Harry Potter (Daniel Radcliffe) vor ein Tribunal des Ministeriums für Magie gestellt – dass er von Magie nur Gebrauch gemacht hat, weil er von Dementoren angegriffen wurde, scheint niemanden zu interessieren. Zurück in Hogwarts offenbart sich für Harry nach wie vor ein seltsames Bild, denn während Hermine (Emma Watson) und Ron (Rupert Grint) wie er selbst als Lügner in Bezug auf Voldemort dargestellt werden, wird Harry von Professor Dumbledore (Michael Gambon) nach wie vor ignoriert. Dafür hat die Ministeriumsangestellte Dolores Umbridge (Imelda Staunton) einen Posten an Hogwarts übernommen.
Doch auch im Laufe des Jahres verdichten sich die Anzeichen auf eine Rückkehr des dunklen Lords, und während Harry im wieder von Alpträumen geplagt wird, und den Schülern durch Umbridge immer mehr Rechte genommen werden, deutet sich eine Konfrontation an, der Harry und seine Freunde nicht gewachsen sind – und die auch ihre Opfer fordern wird ...
Kritik:
Dass Harry Potter ein gut gepflegter Marken-Name ist, ist kein Geheimnis – im Gegensatz zur Auflösung des siebten und letzten Buches, das just in den Bücherregalen zu finden ist. Auch die Filmveröffentlichung fällt mit dem baldigen Ferienstart und dem Erscheinen des finalen Romans gut zusammen, doch der Hype um die Verfilmungen der Geld bringenden Bücher scheint bei weitem nicht mehr so groß, wie noch vor sechs Jahren, als der erste Teil in den Kinos lief.
War damals allerorts von der magischen Umsetzung die Rede, konnte man keine fünf Minuten Radio hören oder fernsehen, ohne dass einem eine Werbung zum Film über den Weg lief, ist es erstaunlich ruhig geworden um den "Jungen, der lebte". Am Erfolg lässt sich diese Rückwärtsentwicklung nicht ablesen, auch der fünfte Teil der Reihe spielte in Rekordzeit seine Kosten wieder ein – und wie lange er laufen wird, ist noch nicht abzusehen. Ein Rückwärtstrend scheint sich auch in anderer Hinsicht anzubahnen, denn während Harry Potter und der Orden des Phönix das bis dahin längste Buch darstellt, kommt der Film mit einer Lauflänge von gerade einmal zweieinviertel Stunden geradezu handlich daher. Dass er außerdem durchweg verständlich bleibt und nicht in einem kaum vorstellbaren Maße gehetzt erscheint, ist dem rundum gelungenen Skript des Autors Michael Goldenberg zu verdanken, der den Kern des Romans erfasst, ohne aber wie die Vorlage aufgebläht zu erscheinen.
Goldenberg, der auch zum Science-Fiction-Drama Contact [1997] die Skriptadaption lieferte, versteht es dabei, die wesentlichen Bestandteile der Vorlage herauszuarbeiten, die Figuren voran zu bringen und doch ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Actionszenen und der übrigen Handlung herzustellen. So zeigt sich der Einstieg überaus flott, wird aber gefolgt von viel weniger spannenden Momenten, in denen sich aber schließlich die Figuren etablieren.
Angesichts der schieren Menge an Charakteren ist es erstaunlich, wie spielend leicht dem Drehbuch die neuen Figuren zu fallen scheinen. Insbesondere Luna Lovegood oder auch Cho Chang werden gut etabliert – am meisten Aufmerksamkeit kommt zweifelsohne Dolores Umbridge bei, die als neue "Bösewichtin" aber auch den größten Effekt erzielt.
Das Skript balanciert gut die verschiedenen Ansätze der Geschichte aus, wartet mit glaubhaften, stellenweise überaus amüsanten Dialogen auf und arbeitet bereits von den ersten Momenten an auf das Finale hin, das hier deutlich mitreißender und spannender wirkt als in der Romanvorlage. Man kann nur hoffen, dass Goldenberg auch bei den kommenden Filmen mit von der Partie sein wird, sein Beitrag zum fünften Film stellt zweifelsohne den wichtigsten und vor allem auch Gewinn bringendsten dar. Er destilliert all diejenigen Aspekte des Romans heraus, die für die folgenden Erzählungen wichtig sind, ohne aber zu viel Zeit auf Facetten zu verwenden, die sich ohnehin nur wiederholen. Kein Wunder also werden sowohl die Vergangenheit von Neville Longbottoms Eltern, als auch die Jugend von Professor Snape abgehandelt, ohne dass der Erzählfluss der eigentlichen Geschichte darunter leiden müsste. Manche Ungereimtheiten der Romanvorlage sind allerdings nach wie vor im Film zu finden – vielleicht deckt Autorin J.K. Rowling diese ja mit dem letzten Roman noch auf.
Auch von den immerhin zwei Dutzend wiederkehrenden Darstellern scheinen die meisten das schnellere Erzähltempo zu genießen. Insbesondere Daniel Radcliffe, der sich merklich Mühe gibt, seine Figur zu vertiefen und ihr neue Facetten zu verleihen. Gerade beim Finale gelingt ihm dies besonders gut, aber auch zuvor, wenn sich Harry allein im Kampf gegen Voldemort wähnt, macht Radcliffe eine gute Figur.
Weit weniger zu tun hat diesmal Emma Watson, die zwar routiniert agiert, aber wenig zum Zug kommt. Dahingegen scheint Rupert Grint besser aufgelegt gewesen zu sein und versucht sich gar an der im Roman angedeuteten romantischen Beziehung zu Hermine Granger.
Zu sehen, wie sich Matthew Lewis seit seinem ersten Auftritt in Harry Potter und der Stein der Weisen [2001] entwickelt hat, ist in der Tat beeindruckend, und auch Neuzugang Evanna Lynch wirkt auf Anhieb sympathisch und doch ein wenig skurril. Dahingegen scheint Katie Leung ein wenig unterkühlt, wird aber schlichtweg zu wenig gefordert, um sich eine abschließende Meinung bilden zu können.
Von Michael Gambon ist leider nur wenig zu sehen, und auch Maggie Smith scheint nur einen Gastauftritt zugeschrieben bekommen zu haben. Dahingegen erfüllt die oscarnominierte Imelda Staunton ihre Figur mit so viel Charisma, dass man meinen könnte, sie wäre schon von Anfang an dabei gewesen. Ihr ist es auch zu verdanken, dass die Story um eine Übernahme Hogwarts durch das Ministerium für Magie überhaupt funktioniert.
Die wenigen Minuten mit Gary Oldman wird man nach dem Film sehr zu schätzen wissen, zumal der talentierte Mime gerade in der Szene, in der er Harry über seine Familie erzählt, seine Figur mit einer väterlichen Wärme erfüllt, wie es ihm im letzten Film nicht gelungen war. Emma Thompson, Brendan Gleeson und David Thewlis machen ihre Sache gut – Natalia Tena ist leider nur kurz zu sehen, und auch Robbie Coltrane wirkt arg unterfordert.
Einzig Alan Rickman scheint einige interessante Momente spielen zu dürfen, gleichwohl er weniger motiviert scheint, als in den ersten Filmen. Man kann nur hoffen, dass sich das im kommenden sechsten Film ändern wird, immerhin spielt er dort eine größere Rolle.
Auf der Widersacherseite stehen der routinierte Jason Isaacs und die ebenso charismatische wie nur selten gezeigte Helena Bonham Carter, die von einem nach wie vor beängstigenden Ralph Fiennes angeführt werden. Auch der übrige Cast kann sich dahingehend sehen lassen, auch wenn kaum jemand sonst noch in Aktion treten darf. Dank der starken und auch engagierten Hauptdarsteller gibt es nichts an der Besetzung zu bemängeln.
Mit einem Auge für gelungene, weil nicht zu konstruierte Bilder überzeugt auch Regisseur David Yates, der die Zuschauer mit einem ebenso farbenfrohen wie abwechslungsreichen Bilderreigen konfrontiert. Auch die Übergänge zwischen Traumwelt und realen Geschehnissen gelingen ihm sehr gut – schon deshalb verwundert es, weswegen sein Kameramann Slawomir Idziak (Black Hawk Down [2001]) bei den Actionszenen, bei Verfolgungsjagden insbesondere, auf eine wackelige Handkamera setzt. Gerade dieser "Stilbruch" wirkt in der handwerklichen Umsetzung nicht ganz schlüssig.
Die übrigen Szenen, beispielsweise die Jahreszeitenwechsel rund um Hogwarts, sind malerisch und ruhig inszeniert, und auch das Finale überzeugt durch eine an sich eher konventionelle, dafür aber effektive Szenenkomposition.
Durchweg gelungen sind in diesem Zusammenhang einmal mehr die Spezialeffekte, deren größter Schwachpunkt ohne Zweifel die diversen Flugszenen darstellen. Hier ist der Übergang zwischen Trick und Realaufnahme einfach zu deutlich. Gerade die unzähligen Bauten, wie das Ministerium für Magie oder Hogwarts selbst, der Raum der Bedürfnisse oder Umbridges Büro, sind allerdings tadellos gelungen, ebenso die Maskenarbeiten, dank denen Lord Voldemort noch ein wenig Furcht einflößender erscheint, als im letzten Teil.
Eine sehr angenehme Überraschung ist auch der Score vom bisher meist im TV vernommenen Komponisten Nicholas Hooper, der sich zwar was die bisher etablierten Themen angeht eher zurückhält und lediglich das von John Williams eingebrachte "Hedwig's Theme" aufgreift. Ansonsten trifft man auf dem Soundtrack viele neue Stücke an, die auch einige sehr einfallsreiche Melodien beinhalten.
In Erinnerung bleibt auf jeden Fall Umbridges Thema, sowie die sehr atmosphärischen, stellenweise getragenen, oft aber erstaunlich melodiösen Stücke, die sich alle nahtlos in den Film einfügen und einen angenehmen Kontrast zu den düsteren Kompositionen von Patrick Doyle im letzten Film bilden.
Den Actionszenen fehlt es zwar ein wenig an musikalischer Zugkraft, dennoch überraschen die Titel durch ein sehr reichhaltiges Sortiment an Instrumenten, die ein wenig zu oft durch Glocken unterstützt werden, insgesamt aber eines der Highlights des Films darstellen. So gibt sich der Score zu Harry Potter und der Orden des Phönix sehr abwechslungsreich und passend – ein Score, der auch diejenigen zufrieden stellen sollte, die wehmütig an Williams Beteiligung zurückdenken.
Dank neuer Impulse, einer straffen Erzählung und ebenso gelungenen Effekten wie überzeugenden Charakterdarstellungen haucht der Regisseur David Yates der Filmreihe neues Leben ein. Den in der Tat für Gänsehaut sorgenden Höhepunkt setzen die Macher dabei ins Finale des Films, wenn Harry mit all seiner Kraft gegen die geistige Übermacht Lord Voldemorts ankämpft.
Hier endlich wird deutlich, worauf der Kampf der beiden Magier hinauslaufen wird, auch wenn die Deutung der Prophezeiung im Film nicht so zweideutig ausfällt, wie es im Roman der Fall war. Man kann nur hoffen, dass Yates diesen Spagat auch im sechsten Film schaffen wird, für den er ebenso verantwortlich sein wird. Trotz der düsteren Handlung gibt sich Der Orden des Phönix bei weitem nicht so trostlos wie die Teile zwei bis vier. Und eben das macht einem als Leser der Bücher, wie als Zuschauer der Filme Mut.
Fazit:
Gerade da am Inhalt des Romans rigoros der Rotstift angesetzt wurde, die Handlung gestrafft und auf notwendige Situationen beschränkt wurde, funktioniert die Vorlage von Michael Goldenberg. Er konzentriert sich auf das Wesentliche und stellt die Figuren in den Vordergrund – allen voran Harry Potter, der hier nicht nur ein Puzzlestück zum Gesamtbild seines Schicksals erfährt, sondern einmal mehr mit einem großen Verlust konfrontiert wird.
So besitzt Harry Potter und der Orden des Phönix ein deutlich höheres Tempo als der letzte Teil – und gibt gleichzeitig auch mehr Sinn. Vor allem aber werden die Darsteller durchweg gefordert, und Daniel Radcliffe scheint dafür merklich dankbar zu sein. Regisseur Yates setzt die Suche nach der eigenen Bestimmung gelungen in Szene und hebt den fünften Teil der Reihe damit erstmals auf dieselbe Stufe wie den Einstand ins Magier-Universum. Umso gespannter darf man auf den sechsten und vorletzten Teil der Reihe sein.