Emergency Declaration - Der Todesflug [2022]

Wertung: 4.5 von 6 Punkten  |   Kritik von Jens Adrian  |   Hinzugefügt am 6. März 2023
Genre: Thriller / Action / Drama

Originaltitel: Bisang Seoneon
Laufzeit: 141 min.
Produktionsland: Südkorea
Produktionsjahr: 2022
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren

Regie: Han Jae-rim
Musik: Lee Byung-woo
Besetzung: Song Kang-ho, Lee Byung-hun, Jeon Do-yeon, Kim Nam-gil, Im Si-wan, Kim So-jin, Park Hae-joon, Ahn Jeong Ho, Lee Yul-eum, Moon Sook, Jeon Su-ji, Seol In-ah


Kurzinhalt:

Während viele seiner Kollegen das Internetvideo eines jungen Mannes, der mit einem Anschlag auf ein Flugzeug droht, für einen schlechten Scherz halten, stellt Polizist Gu In-ho (Song Kang-ho) Nachforschungen an. Immerhin macht sich seine Frau gerade an diesem Morgen auf zu einem Urlaub auf Hawaii. In der Wohnung des Mannes, dessen Bekanntmachung inzwischen viral gegangen ist, findet die Polizei nicht nur eine Leiche, sondern auch Spuren eines hoch ansteckenden, biologischen Krankheitserregers. Wie sie kurz darauf erfahren, ist Flug „Sky Korea 501“ von Südkorea nach Honolulu Ziel des Anschlags.Pilot Choi Hyun-soo (Kim Nam-gil) muss hilflos mitansehen, wie der erste Passagier verstirbt und immer mehr von ihnen Krankheitssymptome zeigen. Trotz besonnener Personen wie Park Jae-hyuk (Lee Byung-hun) eskaliert die Situation an Bord zusehends und während am Boden Verkehrsministerin Kim Sook-hee (Jeon Do-yeon), Gu In-ho und ein Krisenstab nach einer Lösung suchen, müssen die Menschen an Bord feststellen, dass sie isolierter sind, als sie selbst befürchten – denn nachdem bekannt wird, welcher Flug betroffen ist, will kein Land das Flugzeug landen lassen …


Kritik:
Der südkoreanische Thriller Emergency Declaration - Der Todesflug ist ein Film, den man nie im Bordprogramm eines Linienfluges finden wird. Zu greifbar die Ausgangssituation, zu erschreckend, was Filmemacher Han Jae-rim davon ausgehend erzählt. Wäre es nicht um eine kreative Entscheidung ganz am Ende, wäre dies ein so mutiger wie prägender Genrefilm. Eindrucksvoll sowie nervenaufreibend ist er dennoch und steht in dieser Beziehung anderen Produktionen in nichts nach.

Die Erzählung beginnt am größten Flughafen Südkoreas, Incheon, wo ein junger, im Anzug gekleideter Passagier am Check-in-Schalter die Mitarbeiterin fragt, auf welchem Flug die meisten Passagiere reisen. Er erhält keine Aussage dazu, bucht aber schließlich einen Flug nach Hawaii – ohne Rückflug. Ein Mädchen, das ebenfalls nach Hawaii fliegt, hat ihn beobachtet, wie er auf der Herrentoilette etwas bei sich versteckt hat. Parallel dazu beginnt Polizist Gu In-ho, dessen Frau sich ebenfalls in dem Flugzeug befindet, mit Nachforschungen, nachdem ein Video im Internet aufgetaucht ist, in dem ein kaum erkennbarer Mann ankündigt, ein Flugzeug zu „zerstören“. Die Ermittlung deutet schließlich darauf hin, dass der Attentäter einen viralen Krankheitserreger entwickelt hat und tatsächlich beginnt der gut gekleidete Passagier damit, die Biowaffe im Flugzeug zu verbreiten.

121 Passagiere befinden sich an Bord, mit Crew in etwa 150 Seelen, eingeschlossen und ohne die Möglichkeit, zu entkommen. Das Szenario von Emergency Declaration ist so beklemmend wie realistisch, die Art und Weise, wie der Attentäter seine Waffe an Bord bringt, alles andere als unglaubwürdig. Sieht man das Virus sich in diesem abgeschlossenen Kreislauf verbreiten, wie schnell die ersten Personen von Flug „Sky Korea 501“ erkranken, fühlt man sich selbst beim Zusehen geradezu hilflos. Umso unverständlicher ist, dass das Vorgehen der Polizei in diesem Zusammenhang wenig realistisch erscheint. Ehe die Verantwortlichen beginnen, Nachforschungen anzustellen, vergeht sehr lange, es ist beinahe, als wäre der eingerichtete Krisenstab nicht in der Lage, mehrere Probleme oder Fragestellungen auf einmal zu bewältigen. Dass der ermittelnde Polizist recht tollpatschig und unbeholfen vorgestellt wird, mag zwar für Auflockerungen der im Grunde todernsten Story sorgen, es passt aber kaum zur sonstigen Stimmung, die sowohl von der grundlegenden Idee lebt, wie auch der handwerklichen Umsetzung.

Filmemacher Han Jae-rim findet zahlreiche interessante wie gelungene Perspektiven, welche die klaustrophobische Situation an Bord des Flugzeugs noch unterstreichen. Die Optik ist so einfallsreich wie gelungen, wäre es nicht um zwei Elemente, die bei Emergency Declaration auffallen. Zum einen die von den Bildrändern einstrahlenden Lichtkegel, die an die „lens flares“ bei J.J. Abrams’ visuell anstrengendem Star Trek [2009] erinnern und selbst dunkle Bilder unnatürlich hell überstrahlt erscheinen lassen. Zum anderen sind vor allem ruhige Momente bei Polizist Gu In-ho so verwackelt in Szene gesetzt, dass man mitunter das Gefühl bekommt, hier wären verschiedene Regisseure beteiligt, derart unterschiedlich erscheinen die beiden Erzählstränge umgesetzt.

Dabei geht die Story selbst Wege, die in dem Genre eher selten erkundet werden. Während die eingeschaltete Verkehrsministerin und ihr Krisenstab versuchen, einen Weg aus dem Chaos zu finden, erfährt die Öffentlichkeit von dem Geschehen und bildet sich eine eigene Meinung, der die Passagiere dank Internet auch ausgesetzt sind. Spitzt sich zuerst die Situation an Bord zu, jenem Mikrokosmos, in dem die Menschen immer noch hoffen und bangen, dass sie sich vielleicht nicht infiziert haben und sich deshalb gegeneinander wenden, lotet die Geschichte Abgründe menschlichen Zusammenlebens aus, was die Situation nur umso greifbarer macht. Lange Zeit ist nicht klar, welche Rolle der Vater Park Jae-hyuk in alldem spielt, was die Auflösung nur noch gelungener macht. Denkt man, dass Emergency Declaration dramaturgisch auf das Finale zusteuert, wenn das Infektionsgeschehen an Bord eskaliert, ist tatsächlich erst die Hälfte der Laufzeit vergangen.

Inhaltlich kann dies ebenso wie in Bezug auf die Inszenierung insgesamt überzeugen, selbst wenn der Film gut 15 Minuten zu lange dauert. So verzeiht man dank der schweißtreibenden Erzählung, dass der Storyzweig um die ermittelnden Polizisten hinsichtlich der Stimmung nicht ganz überzeugen kann und auch die Motivation des geisteskranken Wissenschaftlers, der sich in den Kopf setzt, die Passagiere an Bord beim Sterben zu beobachten, spürbar klischeehaft und wenig glaubwürdig klingt. Es sind Kritikpunkte, die verhindern, dass Han Jae-rims Thriller mit den besten des Genres mitfliegt – eine packende Achterbahnfahrt ist er dennoch.


Fazit:
Arrangiert man sich mit den überstrahlenden Lichtern von außerhalb des sichtbaren Bildes und der wackeligen Inszenierung in zahlreichen Szenen, kann man sich von der grundlegend tollen Optik mit einfallsreichen Perspektiven und intensiven Eindrücken mitreißen lassen. Regisseur Han Jae-rim versammelt eine gute Besetzung, die er in Anbetracht der sich stetig verschlimmernden Situation an Bord merklich fordert. Die Ausgangssituation ist die beängstigend wie glaubwürdig, die Situation gleichermaßen beklemmend und erschreckend. Das steigert sich noch, wenn die Passagiere erfahren, wie sie von der Öffentlichkeit als entbehrlich abgestempelt werden, während sie ums Überleben kämpfen. An Bord wie am Boden sind die Menschen von der Angst getrieben, was im Flugzeug letztlich zu einer kollektiven Entscheidung führt, die getragener kaum sein könnte. Doch besitzt das Drehbuch nicht den Mut, diesen Weg bis zu Ende zu gehen. Das ist eine verpasste Chance, ändert aber nichts daran, dass die packende Umsetzung spürbar aufwändig ist und viele Momente findet, in denen man zurück rutscht und sich irgendwo festhalten will. Emergency Declaration - Der Todesflug ist trotz dramaturgisch rauer Kanten ein sehenswert intensiver Thriller zum Anschnallen und Mitfiebern. Klasse!



Die 4K Ultra-HD-Veröffentlichung von Emergency Declaration - Der Todesflug

Bei PLAION PICTURES ist eine 4K Ultra-HD-Veröffentlichung von Emergency Declaration - Der Todesflug als Steelbook® erschienen, die zusätzlich zur 4K Ultra-HD-Disc eine inhaltsgleiche Blu-ray-Disc enthält. Entsprechend ist auch das Bonusmaterial identisch, ebenso die vorhandenen Tonspuren. Wie so oft, ist das Steelbook® selbst zwar schön, aber dass die Informationen zum Bonusmaterial, den Ton- und Untertitelspuren nur auf einem zusätzlich angebrachten Backcover enthalten sind, das man entfernen muss, wenn man das Steelbook® öffnen will, ist bedauerlich. Denn ein Booklet gibt es bedauerlicherweise nicht und das Backcover kann man leider auch nicht in das Steelbook® hineinlegen.

Features der 4K Ultra-HD bzw. Blu-ray
Tonspuren  • Deutsch: DTS-HD Master Audio 5.1
 • Koreanisch: DTS-HD Master Audio 7.1
Untertitel Deutsch
Extras  • Making Of* (6 min.)
 • Cannes Film Festival – Weltpremiere* (4 min.)
 • Die Charaktere – Interviews* (3 min.)
 • The 360°-Shot* (3 min.)
 • Kinotrailer (nur auf Englisch)
 • Trailers (nur auf Deutsch)

* Untertitel sind wie oben verfügbar

Die visuellen Eigenheiten des Filmemachers kommen bei der 4K-Fassung, die dank HDR in einem höheren Kontrast- und Farbumfang vorliegt und überdies in Dolby Vision präsentiert wird, noch deutlicher zur Geltung. Das Bild selbst ist scharf, wobei durchweg ein deutliches Rauschen präsent ist, das hier jedoch weniger dem Ausgangsmaterial, als einem bewussten Stilmittel zuzuschreiben ist. Doch die Schärfe selbst verwandelt sich nicht, wie man erwarten würde, in eine gewisse Plastizität, da die einstrahlenden Lichtquellen dafür sorgen, dass das Bild nie wirklich dunkel wird. Es gibt gewissermaßen keine schwarzen Bildelemente, selbst der gezeigte Nachthimmel erscheint allzeit grau, als läge ein Schleier darüber. Vom HDR profitiert das Bild insofern, als dass einzelne Elemente im Flugzeug, unter anderem im Cockput selbst, als spürbare Highlights hervorstehen. Doch von der Farbgebung selbst hätte man sich, ungeachtet des Umstands, dass dies unzweifelhaft die beste Präsentation ist, die man sich für den Film wünschen kann, mehr erhofft.
Dahingegen ist der Ton mehr als gelungen. Die Klangkulisse erscheint merklich groß und angemessen, Geräusche verteilen sich toll im Raum und versetzen das Publikum mitten an Bord des schicksalshaften Fluges.
Das Bonusmaterial ist willkommen, besteht aber letztlich mehr aus Featurettes, denn einem wirklichen Making Of. Der Blick in die Entstehung der 360°-Aufnahme ist aufschlussreich, ein Audiokommentar, der in dem Fall mit deutschsprachigen Untertiteln hätte umgesetzt werden können, wäre aber eine schöne Ergänzung gewesen.

Alles in allem bietet die vorliegende 4K Ultra-HD-Veröffentlichung Fans und Interessierten genau das, worauf man gehofft hat. Der Film selbst wird in seiner bestmöglichen Präsentation dargeboten, wobei die Klangkulisse eindrucksvoll ist, das Bild den künstlerischen Entscheidungen gemäß durchweg gelungen. Das chice Steelbook® rundet ein Gesamtpaket ab, bei dem man sich ganz auf den packenden Thriller konzentrieren und die so eigenwillige wie einfallsreiche Optik bewundern kann. Dass das Bonusmaterial etwas knapp gehalten ist, ist ein wenig schade, doch es ändert nichts daran, dass es keine bessere Möglichkeit gibt, Emergency Declaration - Der Todesflug zu erleben. Klasse!

Wertung der 4K Ultra-HD-Disc:
5 von 6 Punkten

Emergency Declaration - Der Todesflug-Packshot Emergency Declaration - Der Todesflug
ist ab 9. März 2023 als Video-on-Demand
und ab 23. März 2023 als DVD, Blu-ray und 4K Ultra-HD-Steelbook®
im Verleih von PLAION PICTURES GmbH erhältlich!
Urheberrecht des Bildes liegt bei
PLAION PICTURES GmbH.
Verwendet mit freundlicher Genehmigung.