Ein Fisch namens Wanda [1988]
Wertung: |
Kritik von Jens Adrian |
Hinzugefügt am 17. August 2003
Genre: Komödie / KrimiOriginaltitel: A Fish Called Wanda
Laufzeit: 108 min.
Produktionsland: USA
Produktionsjahr: 1988
FSK-Freigabe: ab 16 Jahren
Regie: Charles Crichton, John Cleese
Musik: John Du Prez
Darsteller: John Cleese, Jamie Lee Curtis, Kevin Kline, Michael Palin, Maria Aitken, Tom Georgeson, Patricia Hayes, Cynthia Cleese
Kurzinhalt:
Wanda Gershwitz (Jamie Lee Curtis) hat es in sich: zusammen mit ihrem Liebhaber Otto (Kevin Kline) möchte sie die Beute für sich kassieren, die die beiden zusammen mit Georges Thomason (Tom Georgeson) und Ken Pile (Michael Palin) bei einem Raub an sich gerissen haben. Sie verpfeifen Georges an die Polizei, doch zu früh, denn der hat die Beute weggeschafft.
Darum macht Wanda sich an Georges Anwalt Archie Leach (John Cleese) heran, um zu erfahren, wo die Beute ist. Der ist selbst von seiner Ehe mit Wendy (Maria Aitken) gelangweilt und blüht auf, als Wanda Farbe in sein Leben bringt. Otto sieht das verständlicherweise gar nicht gern und ist drauf und dran, Wandas Plan zu vereiteln.
Unterdessen soll der stotternde Ken Mrs. Coady (Patricia Hayes), eine ältere Dame, die Georges bei der Flucht von dem Überfall erkannt hat, aus dem Weg räumen, bevor die vor Gericht aussagen kann ...
Kritik:
Wer kann darüber lachen, wenn ein Mann gefesselt auf einem Stuhl sitzt und mitansehen muss, wie seine Aquariumfische verspeist werden, während er selbst zuerst je ein Pommes Frites in die Nase geschoben bekommt und anschließend eine Birne in den Mund?
Nun ja, eine ganze Menge Leute, und das ist auch durchaus verständlich!
Um bei Ein Fisch names Wanda nicht lachen zu können, muss man eigentlich stark humorbefreit sein. Um allerdings über beinahe alle Gags lachen oder schmunzeln zu können, braucht man eine ausgesprochen ausgeprägte Ader für den schwarzen Humor. Von plattgefahrenen Hunden über zerstörte Ehen bis hin zu plattgefahrenen Menschen und geplatzten Träumen ist in Wanda alles vertreten – doch das ist schon zu viel verraten, denn wenn man die Szenen nicht selbst gesehen hat, glaubt man ohnehin nicht, dass das spaßig sein soll.
Dass es im Film mitunter recht herb zugeht (wenn im Vergleich mit heutigen "Komödien" auch noch harmlos) zeigt auch die Freigabe ab 16 Jahren, die durchaus berechtigt ist.
Das Drehbuch versteht sich auf die Kunst, aus den einfachsten Situationen immens witzige Selbstläufer zu entwickeln, die man so zwar nicht vorhergesehen hätte, die aber im Verlauf der Geschichte irgendwie plausibel wirken und bei denen einem vor Lachen buchstäblich die Tränen kommen. Diese Verwicklungen steigern sich so weit, bis 20 Minuten vor Schluss das Finale beginnt, dann lässt der Film leider nach und das merklich. Zwar ist der letztendliche Höhepunkt des Films immer noch witzig anzusehen, aber aus den beiden Lungen lachen kann man darüber nicht mehr.
Der große Pluspunkt des Drehbuchs ist zweifellos, dass er sowohl mit britischen, als auch mit amerikanischen Klischees und den beiden doch sehr verschiedenen Kulturen jongliert und beide völlig ungeniert gegeneinander ausspielt. Das macht das Gezeigte für den Rest der Welt natürlich noch interessanter und auch witziger. Obwohl die Autoren dabei sicher hin und wieder über die Stränge schlagen ist das Skript schonungslos ehrlich und herzerweichend witzig geraten; so lachen die Macher weit weniger über die beiden Kulturen, als mit ihnen und wollen aufzeigen, dass man mit genügend Humor auch einmal über sich selbst lachen sollte.
Co-Autor John Cleese zollte allein durch den Namen seines Filmcharakters einer Hollywood-Legende Tribut: Archie Leach war der bürgerliche Name von Cary Grant, der wie Cleese aus Weston-Super-Mare stammt. Glücklicherweise ist der Film aber nicht zu einem Monty Python-Werk verkommen, obwohl einige Leute – neben Cleese – daran beteiligt waren, die in der Kult-Truppe der britischen Komiker vertreten sind – darunter auch Michael Palin. Hätte der bekannte Python-Humor hier Einzug gehalten wäre Wanda sicherlich ein ganz anderer Film geworden. So gibt er sich allerdings als bestmögliche Unterhaltung, die man mit diesem Skript und den ausgezeichneten Darstellern bekommen kann.
Und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn Kevin Kline erhielt für seine Darstellung des Otto sogar den Oscar als bester Nebendarsteller. Er zählt zweifelsohne zu den witzigsten Charakteren im Film und das, obwohl er eigentlich von Grund auf unsympathisch ist.
An seiner Seite zeigen sich die anderen Darsteller in absoluter Bestform, allen voran John Cleese, der nicht nur zusätzlich am Drehbuch mitschrieb, sondern auch teilweise Regie führte. Zu sehen wie er die Steifheit und Verkrampftheit (gleichzeitig aber die etwas fahrige Unsicherheit, etwas falsch zu machen) seiner englischen Landsleute auf die Schippe nimmt ist ein Fest für die Augen, und als wäre das nicht genug, scheint es ihm auch noch irrsinnig viel Spaß gemacht zu haben.
Jamie Lee Curtis setzt hier all ihre Reize ein, um ihre männlichen Kollegen und die Zuschauer auszustechen und entwickelt dabei ein urkomisches Talent, das man bei ihr so selten gesehen hat.
Eine etwas undankbare Rolle übernimmt Michael Palin, auf dessen Kosten viele Witze im Film gehen – und doch zählen gerade seine Momente zu den witzigsten im Film. Statt sich dabei über sein Stottern lustig zu machen, lacht man als Zuschauer vielmehr mit ihm (während sich Otto eher über ihn amüsiert) und begleitet ihn dabei, diese sprachliche Einschränkung zu überwinden. Mehr noch, Palin gründete nach dem Film das "Londoner Center für Stotternde Kinder", nachdem ihn Betroffene darauf angesprochen, wie er mit der Behinderung seines Charakters im Film umgegangen war.
Auch die restlichen Darsteller können sich sehen lassen, so besetzte Cleese die Rolle seiner Filmtochter Portia mit seiner richtigen Tochter Cynthia Cleese und auch Maria Aitken, vor der Kamera als Wendy zu sehen, hat einige wirklich witzige Momente. Das Ensemble als Ganzes hätte nicht besser ausgesucht werden können, alle Beteiligten leisten hervorragende Arbeit, darunter auch Patricia Hayes, die als rüstige Hundebesitzerin Ken das Leben schwer macht. Die Darstellerin verstarb 1998.
Die Inszenierung verliert nach dem recht flotten Anfang storybedingt schnell von ihrem Elan, doch dafür wird der Rest der Geschichte in sauberen Bildern eingefangn und überzeugt durch die geschickte Fotografie mancher Szenen, die allein schon auf Grund der Eigendynamik Spaß machen, anzuschauen.
Zu erwähnen sei hier beispielsweise diejenige Szene, in der Archie zusammen mit Wanda in seinem Haus ist und von Archies Frau überrascht wird. Mit dezenten Kameraschwenks und -fahrten bestimmen die Macher haargenau, was der Zuschauer sehen soll und was nicht – und das so gut, dass manche Szenen nicht nur witzig, sondern auch noch wirklich spannend sind. Dabei sollte man als Zuschauer auch immer wieder auf Personen im Hintergrund achten, insbesondere John Cleese überzeugt mimisch in vielen Szenen umso mehr, in denen man gar nicht auf ihn achtet.
Eine besser inszenierte Komödie hat man selten gesehen, für Regisseur Charles Crichton war es die letzte Regiearbeit, er verstarb 1999, John Cleese, der hier gar nicht offiziell in den Credits als Regisseur geführt wird, aber doch selbst Hand anlegte, nahm seither nicht mehr auf dem Regiestuhl Platz.
Genrebedingt gibt es bei Wanda nur sehr wenig abwechslungsreiche Musik zu hören, das meiste davon bereits zu Beginn beim Überfall. Doch schon hier überzeugt John Du Prez mit einer temporeichen und einprägsamen Melodie, die man sich gerne etwas länger gewünscht hätte. Der restliche Score wirkt nie aufdringlich oder aufgesetzt, sondern passt immer sehr gut zu den Szenen und ist vor allem auch ohne den Film angenehm anzuhören.
Bei einer Komödie fast noch wichtiger als bei einem Krimi, Thriller oder Drama ist die deutsche Synchronisation; wenn die Sprecher nicht in der Lage sind, das Geschehen witzig ins Deutsche zu transportieren, ist die witzigste Komödie zum Scheitern verdammt.
Vor 20 Jahren scheinen die Macher darauf noch deutlich mehr Wert gelegt zu haben, denn die Synchronfassung von Ein Fisch namens Wanda ist ausgesprochen gut gelungen. Dank Thomas Danneberg, der für John Cleese seine Stimme zum Besten gibt, sind Uta Hallant als Jamie Lee Curtis und Arne Elsholtz als Kevin Kline zu hören. Sie alle leisten hervorragende Arbeit und schaffen es problemlos, auch schwierige Situationen glaubwürdig zu übertragen.
Sicherlich entgehen einem in der lokalisierten Fassung viele Witze und Anspielungen der Originalfassung und wer die Möglichkeit hat, sollte sich den Film unbedingt auf Englisch ansehen, aber auch bei der Deutschen Fassung kann man richtig mitlachen – und das ist ein Verdienst des Synchronstudios.
Aufmerksame Zuschauer werden im Film viele Anspielungen finden, die sich nicht leicht entdecken lassen; so fragt Kevin Kline beispielsweise den inhaftierten Georges Thomason, ob ihn "Kevin Delaney" verpfiffen hätte – Kevin Delaney sind Klines erster und zweiter Vorname.
Oder bei den Hunde-Beerdigungen ist im Hintergrund der chorale Gesang zu hören, in dem es heißt "Miserere Dominus, miserere Dominus, Canis mortuus est", zu Deutsch: "Gnade, Herr, Gnade, Herr; der Hund ist tot." Doch gerade bei einer Szene, in der ein Hund überfahren wird, hätte die Zuschauer beinahe eine weitaus weniger witzige Szene erwartet, in der ersten Fassung des Films sah der Hund dann nämlich wirklich wie ein überfahrenes Tier aus – als das Testpublikum darauf gar nicht erfreut reagierte, wurde die Szene neu gedreht.
Wie im Film überdies zu hören ist, spricht Otto mit Wanda bisweilen italienisch, um sie "in Stimmung" zu bringen – in der italienischen Fassung des Films wich man für diese Szenen auf Spanisch aus.
Eine Komödie, die vor 20 Jahren für ein Budget von 7,5 Millionen Dollar inszeniert wurde, und in den USA allein über 60 Millionen wieder einspielte, kann man zurecht als vollen Erfolg bezeichnen. Viele Jahre später versuchten die Macher den Erfolg vergeblich mit einer indirekten Fortsetzung names Wilde Kreaturen [1997] zu wiederholen (der Film hat bis auf die Besetzung aber nichts mit Ein Fisch namens Wanda gemein).
Doch das schmälert den Unterhaltungswert von Wanda nicht im geringsten. Den Produzenten gelang hier eine der besten und schwärzesten Komödien aller Zeiten, die auch nach so vielen Jahren nichts von ihrem Witz eingebüßt hat.
Fazit:
Urkomisch, zeitlos und rasant – Wanda ist eine der besten Komödien, die bislang die Leinwand erobern durften, mit hemmungslos parodistischen Szenen, die Lachtränen garantieren.
Einzig das Finale hätte man sich anders gewünscht, doch das ist angesichts des restlichen Films leicht zu verschmerzen. Auf den Zuschauer warten 100 Minuten geballtes Komödienpotential ohne Körperflüssigkeiten- oder anderen neuzeitlichen Möchtegernhumor, die man sich immer wieder gern anschauen kann.
Wer den Film ernst nimmt, findet ihn grausam – Fans von schwarzem Humor können sich aber kaum besser unterhalten lassen.